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Die Wirtschaft hat sich 2010 von der tiefsten Krise der Nachkriegsgeschichte erholt. Die Industriebranchen haben dabei schon wieder fast das Vorkrisenniveau erreicht. Die Branchenvertreter blicken trotz verschiedener Unsicherheitsfaktoren optimistisch auf das Jahr 2011.

Automobilindustrie: Realistischer Optimismus

Das Automobiljahr 2010 hat sich besser entwickelt als erwartet. Der globale Pkw-Absatz stieg um 8% auf 59,7 Mio. Einheiten und lag damit um knapp 1,8 Mio. Fahrzeuge über dem Vorkrisenjahr 2008. Bis auf Westeuropa und die neuen EU-Länder haben alle wesentlichen Pkw-Märkte zugelegt. Die US-Markt stieg um +12% auf 11,7 Mio. Light Vehicles, die größten Wachstumsraten verbuchten allerdings China (+30% auf 10,9 Mio. Pkw) und Indien (+27% auf 2,3 Mio. Pkw). Der russische Markt lag 2010 um ein Viertel höher als 2009.

In Deutschland hat sich der Markt im Jahr eins nach der Umweltprämie als robust erwiesen und ein besseres Ergebnis erzielt, als viele erwartet hatten. 2,92 Mio. Pkw wurden hier 2010 neu zugelassen. Dabei hatten die deutschen Konzernmarken mit einem Marktanteil von 70% einen klaren Heimvorteil. Die Verkäufe von Dieselmodellen zogen im Vergleich zum Vorjahr wieder an und auch der Anteil der gewerblichen Neuzulassungen stieg. Das ist insbesondere für die heimischen Hersteller wichtig, denn im Firmenwagengeschäft sind sie mit einem Marktanteil von 86% führend.

Und auch die Perspektiven sind erfreulich: Die Bestelllisten sind voll, seit September liegt der inländische Auftragseingang im Plus und steigt mit zunehmender Geschwindigkeit an. Die Kurzarbeit ist beendet. Einige Hersteller haben sogar die Werksferien während der Feiertage verkürzt, um ihre vollen Auftragsbücher schneller abarbeiten zu können.

Globaler Erfolg

Die deutschen Hersteller und Zulieferer sind mit hohem Drehmoment aus der Krise gefahren. Ein Grund hierfür ist zweifelsohne die Dynamik auf den internationalen Märkten. Aufgrund ihrer Exportstärke profitiert die deutsche Automobilindustrie in besonderer Weise von dem weltweiten Aufschwung und gewinnt in den wichtigsten Wachstumsregionen Marktanteile hinzu. So zählt fast jeder fünfte Neuwagen in China zu einer deutschen Konzernmarke. In Indien hat sich der Absatz deutscher Hersteller im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdoppelt. Auf dem US-Markt haben die Verkäufe deutscher Anbieter seit Anfang des Jahres stärker angezogen als der Gesamtmarkt, sie konnten ihren Marktanteil auf 7,6% ausbauen. Und auch in Brasilien dominieren die deutschen Hersteller mit einem Anteil von knapp 22% das Automobilgeschäft. In Westeuropa und den neuen EU-Ländern liegt der Marktanteil deutscher Automobile sogar deutlich über der 40%-Marke, in Russland bei immerhin rund 16%.

Für einen globalen nachhaltigen Erfolg ist die Präsenz auf den wichtigen Auslandsmärkten nötig. Deswegen treibt die deutsche Automobilindustrie ihre Internationalisierung konsequent und offensiv voran. Allein die deutschen Zulieferer sind inzwischen mit rund 2000 Standorten weltweit vertreten. Die deutschen Hersteller haben ihre Auslandsproduktion 2010 um 17% auf 5,7 Mio. Pkw gesteigert. Diese stärkeren Auslandsaktivitäten stabilisieren den Standort Deutschland zusätzlich. Export und Fertigung in den Märkten sind zwei Seiten einer Medaille. Der Schritt zu globaler Präsenz ist eine notwendige Bedingung, um unseren heimischen Produktions- und Forschungsstandort stark zu halten. Denn drei neue Arbeitsplätze im Ausland sichern oder schaffen einen Arbeitsplatz im Inland. Es ist also vor allem die Expansion der automobilen Weltmärkte, die dafür gesorgt hat, dass hierzulande die Belegschaften in den Unternehmen – Hersteller wie Zulieferer – stabil gehalten werden konnten.

Einen ganz erheblichen Beitrag zu diesem Erfolg haben Politik und Gewerkschaften geleistet: Sie haben in Zeiten der Krise gemeinsam mit der Industrie an einem Strang gezogen, die Kurzarbeit verlängert, mit viel Flexibilität die Mannschaften an Bord gehalten – und damit die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass die derzeit anziehende Nachfrage bedient werden kann. Ebenso Respekt verdienen die Hersteller, die in der Krise so manchem Zulieferer unter die Arme gegriffen haben, als es auch von Bankenseite eng wurde. Auch wenn es manchmal ein Spannungsverhältnis zwischen Herstellern und Zulieferern gibt – in der Krise hat sich die Entwicklungspartnerschaft durchaus bewährt!

Ausblick auf 2011

Der Ausblick auf das Jahr 2011 gibt Anlass zu vorsichtigem Optimismus. Wir erwarten einen stabilen Aufwärtstrend, denn der Aufschwung fasst auch beim Konsum langsam Tritt. Wir gehen davon aus, dass im Jahr 2011 3,1 Mio. Pkw neu zugelassen werden. Damit wäre sogar das Vorkrisen-Niveau des Jahres 2008 überschritten. Der Export wird 2011 etwas langsamer zulegen, wir rechnen mit einem Plus von knapp 5% auf 4,4 Mio. Einheiten. Das wäre ein neuer Rekord. Ähnlich rasant wird die Pkw-Inlandsproduktion wachsen: Wir erwarten einen Anstieg um 5% auf knapp 5,8 Mio. Einheiten. Ebenfalls eine neue Bestmarke! Es geht 2011 also weiter aufwärts, allerdings mit geringerer Geschwindigkeit.

Natürlich wird die Nachfrage im Inland weiterhin moderat sein. Die Erholung geht auch 2011 vor allem von den internationalen Märkten aus. Der Wunsch der Menschen nach individueller Mobilität, nach dem eigenen Automobil, ist kulturübergreifend und interkontinental. Insbesondere in den Emerging Markets dient das Auto der sozialen Differenzierung und ist Zeichen des gesellschaftlichen Aufstiegs. So hat vor allem Asien erhebliches Potenzial: Während in Deutschland mehr als 500 Pkw auf 1000 Einwohner kommen, sind es in China 23, in Indien nur 12. Gerade in diesen beiden Ländern wird die Nachfrage daher kräftig steigen, der chinesische Pkw-Absatz rückt immer näher an das Volumen des US-amerikanischen Light-Vehicles-Marktes heran, der ebenfalls zulegen wird. Auch in Russland ziehen die Verkäufe etwas an.

Weltweit rechnen wir für 2011 mit einem Plus des Pkw-Absatzes um 8% auf 64,5 Mio. Fahrzeuge – das bedeutet einen neuen Höchststand. Dabei verlagern sich die Gewichte mit hoher Geschwindigkeit. Während China im Jahr 2008 einen Anteil von 10% am Weltmarkt verbuchte, werden es im kommenden Jahr schon knapp 19% sein. Auch Indien wird seinen – noch vergleichsweise niedrigen – Anteil steigern (von 2,6 2008 auf über 4,2% 2011). Die USA und Westeuropa hingegen verlieren Marktanteile. Allerdings entfallen auf diese beiden Regionen immer zwei Fünftel des globalen Absatzes. Der Pkw-Weltmarkt legt also nicht nur kräftig zu, sondern er ändert auch sein Gesicht.

Auch der Nutzfahrzeugmarkt wird sich positiv entwickeln: In Deutschland wird 2011 mit rund 206 000 verkauften Transportern wieder der Schnitt der letzten zehn Jahre erreicht. In der schweren Klasse war die Krise deutlich stärker ausgeprägt. Aber auch hier können wir feststellen: Die Wende ist geschafft und der Aufwärtstrend ist stabil. Wir gehen davon aus, dass im Jahr 2011 die Nutzfahrzeugproduktion um 11% auf 380 000 Einheiten anziehen wird. Insbesondere die Fertigung schwerer Lkw dürfte kräftig zulegen.

Export, Produktion und Neuzulassungen werden also weiter wachsen, dies gilt für den Pkw-Bereich ebenso wie für Nutzfahrzeuge. Aber es gibt auch Risiken. Die Preisentwicklung an den Rohstoffmärkten macht uns Sorgen, hinzu kommen Unwägbarkeiten von den Finanzmärkten und Haushaltsprobleme bei einigen europäischen Ländern. Zwar ist die Eurozone derzeit auf einem Wachstumspfad, dieser stellt jedoch noch keine nachhaltige dynamische Entwicklung dar. Der Ausblick für das Jahr 2011 setzt voraus, dass die Wirtschaft in Europa und der Welt von weiteren Turbulenzen verschont bleibt.

Neue Anforderungen

Das Automobil wurde in Deutschland erfunden und feiert 2011 sein 125-jähriges Jubiläum. Es ist alles andere als „old economy“, sondern Technologieträger, Innovations- und Beschäftigungsmotor weltweit. Zudem wandelt es sich mit den neuen Anforderungen. So stehen die Entwicklung besonders kraftstoffeffizienter Motoren und die Erforschung und schrittweise Einführung alternativer Antriebe auch im Jahr 2011 ganz oben auf unserer Agenda.

Die bereits erreichten Fortschritte der deutschen Hersteller bei der CO2-Einsparung sind deutlich sichtbar: So haben sie mehr als 260 Pkw-Modelle im Angebot, deren CO2-Ausstoß unter 130 g/km liegt. Gegenüber 2007 hat sich diese Zahl verfünffacht. Nach offiziellen Zahlen des Kraftfahrzeug-Bundesamtes haben die deutschen Marken in zehn von zehn Fahrzeug-Segmenten, vom Kleinwagen bis zum Familien-Van, jeweils einen durchschnittlich niedrigeren CO2-Wert als die Importeure. Und in sechs von zehn Segmenten stellen sie den CO2-Champion. In der aktuellen Umweltliste des Verkehrsclub Deutschland e.V. (VCD) finden sich unter den umweltfreundlichsten Top-Ten in der Kompaktklasse sieben Modelle deutscher Konzernmarken. Bei den Familienautos ist die Dominanz der deutschen Marken noch ausgeprägter: hier sind es neun von zehn Modellen. Diesen Weg werden wir weiter gehen.

Für die Mobilität der Zukunft wird unter anderem das Elektroauto eine wichtige Rolle spielen. Als Technologieführer strebt die deutsche Automobilindustrie auch hier eine Spitzenposition an. Doch der Wettbewerbsdruck ist enorm. Damit Deutschland hier die Nase vorn hat, müssen Industrie, Politik, Wissenschaft und Gesellschaft an einem Strang ziehen. Dafür bietet die im vergangenen Jahr von der Bundesregierung gegründete Nationale Plattform Elektromobilität, die im Frühjahr 2011 ihren Abschlussbericht vorlegen wird, eine gute Grundlage. Klar ist, dass die Industrie den Löwenanteil der Forschungs- und Entwicklungsanstrengungen trägt – allein die deutsche Automobilindustrie investiert in den kommenden drei bis vier Jahren 10 bis 12 Mrd. Euro in alternative Antriebe. Doch angesichts des massiven Engagements anderer Länder wie etwa China oder den USA sollten auch in Deutschland bestehende Förderprogramme unter Beteiligung von Industrie und Wissenschaft gezielt fortentwickelt und ausgebaut werden, um die internationale Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitsplätze zu sichern. Hier geht es um eine strategische Weichenstellung für den Industriestandort Deutschland.

Die Erwartungen der Bauwirtschaft für das Jahr 2011

Die deutsche Bauwirtschaft hat sich in den vergangenen beiden Jahren von der Entwicklung im Verarbeitenden Gewerbe abgekoppelt. Während 2009 der Produktionseinbruch im Baugewerbe bei weitem nicht so deutlich ausfiel wie in vielen Bereichen der Industrie, konnte die Bauwirtschaft 2010 vom gesamtwirtschaftlichen Aufschwung nur bedingt profitieren. So mussten die Firmen des Bauhauptgewerbes einen leichten Umsatzrückgang hinnehmen, während das Ausbaugewerbe – vor allem bedingt durch die beiden staatlichen Konjunkturprogramme – deutlich zulegte. Für das Gesamtjahr 2010 erwartet der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie ein Umsatzminus von nominal etwa 1%.

Dennoch hat sich die Stimmungslage in der Branche etwas aufgehellt. Erwarteten im Dezember 2009 noch 43% der vom ifo Institut befragten Firmen des Bauhauptgewerbes für die nächsten sechs Monate eine Verschlechterung der Geschäftslage, waren es im Dezember 2010 nur noch 32%. Auch bei der DIHK-Herbstumfrage wurden sowohl Geschäftslage als auch -erwartung deutlich besser beurteilt als noch ein Jahr zuvor.

Diese verhalten positive Einschätzung dürfte auch auf die Entwicklung des Auftragseinganges im Bauhauptgewerbe zurückzuführen sein. Nachdem dieser 2009 noch um 5,4% zurückgegangen war, legte er von Januar bis Oktober 2010 um 2,5% zu. Positiv stimmt zudem die Tatsache, dass auch 2010 ein erheblicher Teil der Mittel aus den Konjunkturprogrammen für die Bauwirtschaft noch nicht umgesetzt wurde und damit 2011 noch zur Verfügung steht.

Baujahr 2011: Hoffen auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung

Die Entwicklung im Bauhauptgewerbe wird im neuen Jahr in entscheidendem Maße davon abhängen, ob sich der Konjunkturaufschwung – wenn auch mit abgeschwächten Werten – wie prognostiziert fortsetzen wird. Kommt es zu den derzeit erwarteten Wachstumsraten des realen Bruttoinlandsproduktes zwischen 2 und 2,5%, wird davon auch das Bauhauptgewerbe profitieren. Die Entwicklung in den einzelnen Bausparten wird aber auch 2011 äußerst unterschiedlich verlaufen.

Wirtschaftsbau

Nachdem der Wirtschaftsbau in den Jahren 2006 bis 2008 um immerhin ein Viertel zugelegt hatte, war er in den vergangenen beiden Jahren von der rückläufigen Entwicklung im Bauhauptgewerbe besonders betroffen. 2010 lag das Produktionsniveau wieder auf dem Wert von 2006. Dies ist vor allem auf die drastischen Investitionskürzungen im Verarbeitenden Gewerbe zurückzuführen.

Bei den Vorlaufindikatoren gab es im vergangenen Jahr zwei divergierende Entwicklungen. Während die Baugenehmigungen nach veranschlagten Baukosten für gewerbliche Auftraggeber von Januar bis Oktober im Trend deutlich rückläufig waren und sogar das ohnehin schon schwache Vorjahresniveau nochmals um 11% unterschritten wurde, legten gleichzeitig die Auftragseingänge im Wirtschaftsbau im gleichen Zeitraum um 8% zu.

Diese erfreuliche Entwicklung bei den Auftragseingängen dürfte zum einen darauf zurückzuführen sein, dass die Firmen auf Baugenehmigungen zugreifen konnten, die 2007 und 2008 vor dem Ausbruch der Wirtschaftskrise erteilt, dann aber nicht realisiert wurden. Zudem wurden in erheblichem Umfang kleinteilige Ersatzinvestitionen in Auftrag gegeben.

Das Fazit lautet: Die Entwicklung im Wirtschaftsbau bleibt äußerst labil. Im vierten Quartal 2010 lag der Auslastungsgrad in der Industrie noch relativ deutlich unter dem Vorkrisenniveau. Nur ein Anhalten des Konjunkturaufschwungs, verbunden mit der Erwartung, dass diese auch über 2011 hinaus reicht, dürfte die Industrie zu bauintensiven Erweiterungsinvestitionen bewegen.

Wohnungsbau

Deutlich positiver gestimmt sind wir hingegen für den Wohnungsbau, wo man nach langen Jahren der Neubaukrise von einer „kleinen Renaissance“ sprechen kann. Bereits 2009 war trotz der Konjunkturkrise eine leichte Zunahme der Genehmigungen für neue Wohnungen zu verzeichnen. Dieser Trend verstärkte sich 2010; in den ersten zehn Monaten nahmen die Genehmigungen um mehr als 7% zu, vor allem im Geschosswohnungsbau. Bereits im Vorjahr legten daher die Umsätze im Wohnungsbau um 6% zu.

Derzeit stehen im Wohnungsbau alle Ampeln „auf grün“. Die Fortsetzung des gesamtwirtschaftlichen Aufschwungs, sinkende Arbeitslosenzahlen, eine Zunahme der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, weiterhin – trotz eines leichten Zinsanstiegs – niedrige Hypothekenzinsen sowie positive Einkommenserwartungen der privaten Haushalte werden auch 2011 den Wohnungsbau beflügeln. Zu hoffen bleibt, dass es von der kommunalen Seite zu keinem Störfeuer durch höhere Grunderwerbsteuern, Gewerbesteuern, Grundsteuern oder gar neue Substanzsteuern kommt.

Öffentlicher Bau

Der Öffentliche Bau war 2010 mit Blick auf die staatlichen Konjunkturprogramme dagegen eine reine Enttäuschung. Noch vor einem Jahr sind wir davon ausgegangen, dass im Bauhauptgewerbe die Umsätze im Öffentlichen Bau um etwa 8% zunehmen dürften; stattdessen ist nun für 2010 ein Rückgang von 3% zu verzeichnen. Dies hat mehrere Gründe: Zum einen sind die Konjunkturprogramme so gestreckt worden, dass ein erheblicher Teil erst 2011 wirksam werden wird. Darüber hinaus haben viele Kommunen nach der Löschung des „Zusätzlichkeitskriteriums“ im Zukunftsinvestitionsgesetz massive Streichungen ihrer eigenen Investitionsetats vorgenommen, so dass der erwartete zusätzliche Impuls komplett verpuffte. Das Konjunkturprogramm II wurde so zu einer reinen Budgethilfe für viele Kommunen. Zudem hat die starke Konzentration der Fördermittel auf die energetische Sanierung im Gebäudebestand dazu geführt, dass vor allem Unternehmen des Ausbaugewerbes von den Konjunkturprogrammen profitiert haben.

Für 2011 ist leider mit einer Fortsetzung des negativen Trends im Öffentlichen Bau zu rechnen. Während sich der Rückgang der Bauausgaben auf der Ebene des Bundes noch in Grenzen hält, planen viele Kommunen nach Auswertung des aktuellen KfW-Kommunal-Panels, ihre Investitionen weiter massiv zu kürzen. Da die öffentliche Bautätigkeit von den Kommunen mit einem Anteil von 60% entscheidend abhängt, ist ein weiterer Rückgang der öffentlichen Bauumsätze im Bauhauptgewerbe vorgezeichnet.

Damit dürfte sich 2011 die gespaltene Konjunktur in der Bautätigkeit fortsetzen. Während die Wirtschaftsforschungsinstitute derzeit von einer realen Zunahme der Bauinvestitionen um etwa 2% ausgehen, erwarten wir allenfalls eine nominale Stabilisierung der Umsätze im Bauhauptgewerbe, möglicherweise sogar einen leichten Umsatzrückgang.

Große Infrastrukturvorhaben in der Akzeptanzkrise

Gibt es am Standort Deutschland noch eine Zukunft für Großprojekte? Diese Frage hat nicht nur die Bauwirtschaft, sondern die ganze Gesellschaft im letzten Jahr bewegt. Bei vielen Kritikern, die Großprojekte für verzichtbar halten, schwingt die Meinung mit, dass Deutschland inzwischen „gebaut“ ist und allenfalls noch Reparaturarbeiten erforderlich seien. In einer „alternden Gesellschaft“ gibt es zudem immer weniger Bereitschaft zur Veränderung, da die persönlichen Kosten und Nachteile, die mit Großprojekten zwangsläufig verbunden sind, mehr im Blickpunkt stehen, als der langfristige Nutzen für die gesamte Gesellschaft. Wer derzeit in Deutschland Großbauvorhaben vorantreiben will, sieht sich daher schnell Bürgerbewegungen gegenüber, die zur Blockade dieser Projekte aufrufen. Das gilt für Großprojekte in allen Bereichen, sei es nun die Verkehrsinfrastruktur, die Energieerzeugung oder die Energieverteilung:

  • Moderne Kraftwerksprojekte wie im Saarland und im westfälischen Datteln stoßen auf einen breiten Widerstand, auch wenn dadurch alte CO2-intensive Kraftwerke vom Netz gehen könnten.
  • Fast alle Deutschen unterstützen die Umstellung der Energieversorgung von fossilen auf regenerative Energien. Gleichzeitig formieren sich aber auch Bürgerbewegungen, die sich gegen Hochspannungsleitungen über den Thüringer Wald oder Pumpspeicherkraftwerke im Schwarzwald richten.
  • Besonders starker Widerstand richtet sich traditionell aber gegen Verkehrsprojekte. Nicht nur in Baden-Württemberg, auch in Rheinland-Pfalz gegen die Hochmoselquerung und in Schleswig-Holstein gegen die Fehmarnbeltquerung – überall mobilisieren Bürgerbewegungen gegen Verkehrsprojekte. Und zwar unabhängig davon, ob es sich um Straßen- oder Schienenprojekte handelt.

Für die deutsche Bauindustrie ist klar, dass wir dieser zunehmenden Blockade von Infrastrukturvorhaben in Deutschland nicht tatenlos zusehen dürfen. In Deutschland gibt es zwar noch gut ausgebaute Infrastrukturnetze in den Bereichen Verkehr, Ver- und Entsorgung, die im internationalen Standortwettbewerb die deutsche Position stärken. Neue Untersuchungen zeigen aber auch, dass Deutschland gemessen am Standortfaktor „Infrastruktur“ im Ranking der Investitionsstandorte allmählich zurückfällt. Politik und Verwaltung müssen deshalb neue Strategien entwickeln, wie sie künftig Akzeptanz für große Infrastrukturvorhaben in Deutschland schaffen wollen.

Politik und Verwaltung sollten die Bürger früher als bisher in die Entwicklung von großen Infrastrukturvorhaben einbinden. Die Berücksichtigung von berechtigten Bürgerinteressen in der Frühphase der Planung kann dazu beitragen, die Menschen mitzunehmen und in die Entscheidungsprozesse besser und vor allem „transparenter“ einzubinden. Wie das Beispiel Start- und Landebahn Flughafen Frankfurt zeigt, kann die Einschaltung eines Mediators zur Befriedung beitragen.

Planungs- und Genehmigungsverfahren müssen allerdings auch schneller abgeschlossen werden. Eine Studie des Consulting-Unternehmens Schmid Mobility Solutions GmbH hat ergeben, dass bei Neubauprojekten im Bereich der Bundesfernstraßen von der ersten Planung bis zur Fertigstellung mehr als 20 Jahre vergehen. Das führt nicht nur dazu, dass die Planungskosten fast so hoch sind wie die reinen Baukosten; es führt auch dazu, dass sich viele Bürger nach einer so langen Zeit mit dem Projekt nicht mehr identifizieren können.

Demokratische Entscheidungen für oder gegen ein Infrastrukturvorhaben müssen aber auch von der unterlegenen Partei respektiert werden. Wenn Gegner des Projekts Stuttgart 21 für sich ein übergesetzliches Widerstandsrecht reklamieren, dann stellt dies die Grundsätze unseres Rechtsstaats in Frage. Ich teile deshalb die Auffassung von Bundesverkehrsminister Dr. Peter Ramsauer, der in der Bundestagsdebatte über Stuttgart 21 festgestellt hat: „Die Politik muss dazu stehen, was der Rechtsstaat hervorgebracht hat“.

Deutsche Chemie kehrt nach Ausnahmejahr zu normalem Wachstum zurück

Die chemisch-pharmazeutische Industrie in Deutschland kann auf ein gutes Geschäftsjahr 2010 zurückblicken. Die Weltwirtschaft erholte sich nach der Krise schneller als erwartet. In allen Regionen und in fast allen Ländern stieg die Industrieproduktion kräftig an. Von dieser Entwicklung profitierten die deutschen Chemieunternehmen frühzeitig. Bereits im Jahresverlauf 2009 deutete sich an, dass sie die Krise rascher überwinden werden als angenommen. Nach dem Anziehen der Nachfrage aus dem Ausland trug zunehmend auch die Inlandsnachfrage zur Erholung unserer Branche bei. Bereits im Sommer 2010 erreichte die Kapazitätsauslastung wieder ihr normales Niveau. Nach diesem erfolgreichen Jahresbeginn verlangsamte sich allerdings die Dynamik im Chemiegeschäft deutlich. Die weitere Erholung erfolgte nur noch in kleinen Schritten.

Für das Gesamtjahr 2010 konnte die Branche mit einem Produktionsplus von 11% ein Rekordergebnis verbuchen. Dies war der stärkste Zuwachs der Branche seit 1976. Die Chemieproduktion hat damit das Niveau vor der Krise schon fast wieder erreicht. Mit der wachsenden Nachfrage nach Chemikalien zogen auch die Preise kräftig an. Im Durchschnitt waren Chemikalien und Pharmazeutika rund 3% teurer als ein Jahr zuvor. Vor allem in den rohstoffnahen Sparten stiegen die Preise deutlich. Höhere Preise und größere Mengen führten zu einem deutlichen Umsatzplus: Die Umsätze legten um 17,5% zu und erreichten ein Volumen von insgesamt 170,6 Mrd. Euro. Das Geschäft mit Kunden im Ausland lief dabei besser als das Inlandsgeschäft. Der Auslandsumsatz lag 2010 bereits wieder höher als im Jahr 2007.

Die Produktionsanlagen, die im Zuge der Krise stark heruntergefahren und teilweise auch ganz abgestellt worden waren, laufen inzwischen wieder auf Hochtouren. Die Unternehmen konnten deshalb die Kurzarbeit beenden. Niedrige Zinsen und konsequente Programme zur Kostensenkung sorgten zusätzlich dafür, dass die Ertragssituation in den Unternehmen sich wieder erfreulich darstellt.

Perspektiven der deutschen Chemieindustrie für 2011

Mit der raschen Erholung im deutschen Chemiegeschäft steigen die Chancen für ein stabiles Wachstum in diesem Jahr. Die Unternehmen werden nach unserer Einschätzung 2011 bei Produktion und Umsatz wieder das Niveau vor der Krise erreichen. Die Branche lässt damit die schwerste Wirtschaftskrise seit 35 Jahren hinter sich. Der Blick nach vorne fällt jedoch nicht mehr so optimistisch aus wie ein Jahr zuvor. In den nächsten Monaten sehen die Unternehmen die Geschäftsentwicklung deutlich skeptischer. Zwar rechnet kaum jemand in der Branche mit einem konjunkturellen Rückschlag. Das Tempo wird sich aber in den kommenden Monaten weiter verlangsamen.

Der Grund: Das weltwirtschaftliche Umfeld bleibt auch 2011 schwierig. Die rasche Erholung, die in den zurückliegenden zwölf Monaten zu beobachten war, geht wesentlich auf eine expansive Geld- und Fiskalpolitik zurück. Von einem selbsttragenden Aufschwung der Weltwirtschaft kann deshalb nicht die Rede sein. Die hohe Staatsverschuldung zwingt viele Länder zu sparen. In den kommenden Monaten wird sich zeigen, wie stark die Auftriebskräfte wirklich sind. Und hiervon hängt wesentlich ab, wie sich das deutsche Exportgeschäft entwickeln wird.

Vor diesem Hintergrund sind die Wachstumsaussichten der Industrieländer begrenzt. Dagegen dürfte sich der Aufwärtstrend in den Schwellenländern mit hoher Dynamik fortsetzen. Insgesamt sind aber große Zuwächse für das Chemiegeschäft in den kommenden Monaten nicht zu erwarten. Schließlich bleibt die Europäische Union für die deutsche Chemie der mit Abstand wichtigste Exportmarkt. Knapp 62% der Ausfuhren gehen dorthin. Und in den anderen EU-Ländern ist die Erholung bei weitem nicht so vorangeschritten wie in Deutschland.

Dank einer guten Auftragslage und leerer Fertigwarenlager wird die Industrieproduktion in Deutschland 2011 weiter zulegen. Allerdings wird sich auch hier die Erholung verlangsamen. Zudem verschiebt sich das Wachstum zunehmend in weniger chemieintensive Wirtschaftszweige. Die Wachstumsraten der Branche werden sich daher normalisieren und dem langfristigen Trend anpassen. Das bedeutet konkret: Für das Gesamtjahr 2011 rechnen wir mit einem Anstieg der Chemieproduktion in Deutschland um 2,5%. Die Chemikalienpreise dürften um 1,5% zulegen. Der Gesamtumsatz der Branche steigt voraussichtlich um 4%.

Erfolgsfaktoren der deutschen Chemieindustrie

Die deutsche chemisch-pharmazeutische Industrie geht gestärkt aus der Krise hervor. Ihre langfristigen Wachstumsaussichten sind besser als in manch anderem Industrieland. Und dies ist kein Zufall:

  1. Die Unternehmen haben in den letzten zehn Jahren die Strukturen in den Betrieben optimiert. Die Anlagen arbeiten kosteneffizient, die Verfahren wurden konsequent auf Ressourceneffizienz getrimmt. Dieser Prozess ist nicht abgeschlossen, er bleibt eine ständige Aufgabe. Die Unternehmen konnten so die Kostennachteile in einem Hochlohnland kompensieren.
  2. Den deutschen Chemieunternehmen ist es wie kaum einem anderen Wettbewerber gelungen, von den aufstrebenden Schwellenländern zu profitieren. Über Exporte und über Produktionsanlagen vor Ort, die wiederum Exporte vom Heimatland induzieren, haben die Unternehmen am Wachstum dieser Regionen teil. Mit aufstrebenden Ländern wie Brasilien, Russland, Indien und China (BRIC-Staaten) hat die deutsche Chemie frühzeitig Kundenbeziehungen aufgebaut. Noch liegt die Summe der Exportanteile dieser vier Länder unter 8%. Aber der Außenhandel entwickelt sich mit großer Dynamik. Der Anteil der Direktinvestitionsbestände der BRIC-Staaten an den gesamten Investitionen im Ausland liegt bereits über 7%. Tendenz auch hier: steigend.
  3. Ein weiterer Erfolgsfaktor der deutschen chemisch-pharmazeutischen Industrie ist ihre starke Position bei Forschung und Entwicklung (FuE). Auch in der Krise haben die Unternehmen ihre Forschungsetats auf hohem Niveau weitergeführt. Außerdem haben sie ihre Forschung auf zentrale Zukunftsfelder mit hohen Wachstumschancen ausgerichtet: Gesundheit, Erhöhung der Energie- und Ressourceneffizienz, erneuerbare Energien, alternative Rohstoffbasis, Entwicklung neuartiger Materialien und die Verbesserung der Umweltverträglichkeit von Produkten.
  4. Auch die Vernetzung und Einbindung der Chemie in eine starke deutsche Industrielandschaft trägt zum Erfolg der Branche bei: Chemieprodukte nehmen eine Schlüsselposition in den Wertschöpfungsketten der Industrie ein. Erst durch die enge Zusammenarbeit der Unternehmen mit den Kunden entstehen Spitzenleistungen in Forschung und Entwicklung, aus denen Produkte mit höchstem Qualitätsanspruch resultieren. Die enge Verzahnung innerhalb der Industrie, die Weite der Industrielandschaft und die große Bedeutung der Industrie für die Volkswirtschaft insgesamt sind weltweit einzigartig.

Der Grundstein für eine erfolgreiche Zukunft der Branche ist also gelegt. Damit Deutschland auf Dauer eine Basis für die weltweiten Aktivitäten der Unternehmen bleibt, muss es wettbewerbsfähig sein. Doch dies allein genügt nicht: Am Wirtschaftsstandort Deutschland selbst muss nachhaltiges Wachstum generiert werden. Hier spielt die Politik eine entscheidende Rolle.

Erfolgsfaktoren des Standorts Deutschland

Die Industrie hat maßgeblich dazu beigetragen, dass sich die wirtschaftliche Situation in Deutschland so rasch gebessert hat. Sie ist das Fundament der wirtschaftlichen Stärke Deutschlands. Sie hilft, die Herausforderungen in den Bereichen Gesundheit, Energieversorgung, Klimaschutz, Mobilität und demographischer Wandel zu lösen. Innovationen der Industrie sind der Schlüssel für mehr Lebensqualität und eine nachhaltige Entwicklung. Industrielle Produkte mit hoher Qualität machen Deutschland zu einer führenden Exportnation. Mit diesen Exporterlösen kann Deutschland seinen Wohlstand sichern. Damit die Industrie ihre Stärke weiter ausspielen kann, braucht sie auch in Zukunft wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen. Konkret heißt dies: Der Standort Deutschland braucht eine industriepolitische Gesamtstrategie.

Bundeswirtschaftsminister Brüderle hat hierzu ein Konzept vorgelegt, das den richtigen Weg weist. Es stellt klar heraus, was Deutschland tun muss, um wettbewerbsfähig zu bleiben und nachhaltiges Wachstum zu schaffen: Deutschland muss seine Forschung intensivieren, die Bildung verbessern und die Infrastruktur modernisieren. Um diese Ziele zu erreichen, sollte die Bundesregierung die Industriepolitik als ressortübergreifende Aufgabe in der Politik verankern.

  • Stichwort Forschung: Als ressourcenarmes Land ist Deutschland auf seine Innovationsleistung angewiesen. Wie diese noch erfolgreicher stimuliert werden kann, zeigt ein Blick auf die anderen OECD-Staaten: Sie fördern Forschung und Entwicklung in der Wirtschaft intensiv. In Deutschland ist zwar die Förderung wissenschaftlicher Einrichtungen in den letzten Jahren gestiegen, der Anteil der FuE-Förderung für die Firmen aber rückläufig. Um den Forschungsstandort Deutschland zu stärken, Wachstum zu fördern und die Innovationskraft der Unternehmen zu erhalten, sollte der Staat deshalb baldmöglichst eine steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung zusätzlich zur bisherigen Projektförderung einführen.
  • Stichwort Bildung: Mehr Innovationskraft setzt eine höhere Bildung voraus. Denn die Industrie kann nur mit gut ausgebildeten Wissenschaftlern, Ingenieuren und Technikern wettbewerbsfähig sein. Sie sind der Schlüssel für Innovationen und technischen Fortschritt. Deshalb müssen die Bedingungen für Forschung und Lehre an den Hochschulen und für den naturwissenschaftlichen Unterricht an den Schulen weiter verbessert werden. Die chemische Industrie leistet dazu über das Förderwerk der Branche – dem Fonds der Chemischen Industrie – einen kontinuierlichen Beitrag. Allein im letzten Jahr stellte der Fonds gut 10 Mio. Euro für Wissenschaftler und Lehrer zur Verfügung, um Forschung kreativer und Chemieunterricht lebensnaher gestalten zu können.
  • Stichwort Infrastruktur: Ein entscheidender Faktor für eine energieintensive Branche wie die Chemie ist eine bezahlbare und zuverlässige Energieversorgung. Das Energiekonzept der Bundesregierung ist ein erster Schritt für den Umbau der Energieversorgung von traditionellen auf erneuerbare Quellen. Unklar bleibt allerdings, wie die Infrastruktur dafür aufgebaut werden soll. Ohne Speichertechnik und zusätzliche Leitungsnetze kann es keine stabile Energieversorgung mit Wind- und Solarstrom geben. Außerdem ist ein realistischer Finanzierungsplan erforderlich. Die Kostenbelastungen für die im internationalen Wettbewerb stehenden energieintensiven Industrien sind schon heute sehr hoch. Und schließlich muss die Frage der Energieversorgung in einem europäischen Kontext diskutiert werden. Gegenwärtig gibt es keine grenzüberschreitende Infrastruktur und somit keinen Energiebinnenmarkt. Das neue Energiekonzept von EU-Kommissar Oettinger bildet einen ersten Schritt, um Hindernisse und Engpässe im europäischen Binnenmarkt zu beseitigen.

Elektroindustrie auch 2011 weiter im Aufwind

Die deutsche Elektroindustrie hat sich 2010 fulminant von der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise erholt. Die Wiederbelebung unserer Branche fiel dabei weitaus kräftiger aus, als wir das zu Beginn des vergangenen Jahres noch haben erwarten können. Alle Fachbereiche der Elektroindustrie haben Anteil an der positiven Entwicklung. Besonders schnell haben sich die fahrzeugnahen Bereiche sowie die elektronischen Bauelemente erholt. Will man es auf einen kurzen Nenner bringen, so lässt sich sagen: 2010 ging es ähnlich steil bergauf, wie es 2009 zuvor bergab gegangen war. Ein ganz wesentlicher Treiber des Aufholprozesses war vor allem das Auslandsgeschäft. Auch für das kommende Jahr rechnen wir weiter mit Wachstum.

Rückblick auf 2010

Nach den heftigen Rückgängen so gut wie aller Größen um ein Fünftel und mehr im Krisenjahr 2009 sind

  • die reale – also um Preiseffekte bereinigte – Elektroproduktion zwischen Januar und Oktober des letzten Jahres um 13%,
  • der Umsatz mit elektrotechnischen und elektronischen Produkten und Systemen um 15%,
  • die Exporte um 24% und
  • die Auftragseingänge ebenfalls um 24%

gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Die Produktivität – also der Output pro Beschäftigtem – hat sich um 16% verbessert. Die Lohnstückkosten sind entsprechend um 12% gesunken. Für das gesamte Jahr 2010 ergibt sich unseren Schätzungen zufolge ein Anstieg der Produktion um 12% sowie ein Wiederanstieg des Branchenumsatzes auf über 162 Mrd. Euro – nach 145 Mrd. Euro im Jahr 2009.

Aufholprozesse brauchen Zeit

Diese allesamt erfreulichen Zahlen dürfen aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Verluste des Jahres 2009 noch nicht wieder aufgeholt sind. Bei Produktion, Umsatz und Auftragseingängen befinden wir uns noch immer mehr als 10% unterhalb des Niveaus des Vor-Krisen-Jahres 2008. Bei den Exporten wurden immerhin schon wieder 98% des Levels von 2008 erreicht.

Aufholprozesse nach Rezessionen brauchen eben Zeit. Nach der Rezession 1993 – die bekanntlich das Ende des deutschen Wiedervereinigungsbooms markierte – hat es 70 Monate gedauert, bis die Elektroproduktion wieder den Höchstwert ihres Vor-Krisen-Niveaus erreicht hat. Nach der Rezession 2003 – die nach dem Platzen der New-Economy-Blase eintrat – waren es 52 Monate. Was den aktuellen Aufholprozess nach der jüngsten und gleichzeitig mit Abstand schwersten der insgesamt sechs deutschen Nachkriegsrezessionen anbelangt, so sind seit dem Produktionshoch vor der Krise erst 30 Monate vergangen.

Die gegenwärtige Erholung unserer Branche ist stark vom Außenhandel getragen. Dies liegt auch auf der Hand, denn die Elektroindustrie ist die exportstärkste Branche hierzulande. Selbst im Krisenjahr 2009 haben wir mit einem Volumen von 122 Mrd. Euro von allen Industriezweigen am meisten exportiert. Ein Achtel aller deutschen Ausfuhren geht auf das Konto der Elektroindustrie. Alles deutet darauf hin, dass bereits dieses Jahr wieder das Vor-Krisen-Export-Level von 144 Mrd. Euro übertroffen wird. Die stärksten Impulse für das Exportgeschäft kommen derzeit aus Südostasien und Lateinamerika. So legten die Elektroausfuhren nach China und Hongkong in den ersten zehn Monaten 2010 um 45 bzw. 54% zu. Bei den Ausfuhren nach Argentinien und Brasilien lag das Plus bei 106 und 57%. Aber: Mehr als zwei Drittel der deutschen Elektroexporte werden nach wie vor in Europa abgesetzt. Und hier waren die Steigerungen mit plus 22% vergleichsweise geringer.

Die Kapazitätsauslastung in der Elektroindustrie liegt inzwischen wieder bei 86% der betriebsüblichen Vollauslastung. Das sind beachtliche drei Prozentpunkte mehr als im langfristigen Durchschnitt. Zum Vergleich: Der Höchstwert von 2008 lag bei 88%, der Tiefststand von 2009 bei 72%. Die Auftragsbestände reichen mittlerweile wieder für rund drei Produktionsmonate.

Materialknappheit derzeit größtes Produktionshemmnis

Das größte Produktionshemmnis für unsere Firmen bildet derzeit eine Knappheit an Material bzw. Rohstoffen. 2009 hatte dagegen der globale Auftragsmangel alles überschattet. Eine nachhaltig sichere und verlässliche Versorgung mit Rohstoffen zu fairen und kalkulierbaren Preisen ist für die Elektroindustrie somit von größter Bedeutung. Immerhin sind wir der größte Abnehmer von Kupfer und Blei sowie der drittgrößte Abnehmer von Stahl innerhalb des Verarbeitenden Gewerbes. Zudem benötigen wir für unsere Hightech-Produkte wie keine andere Branche Seltene Erden. In unseren Halbleitern werden heute 60 verschiedene chemische Elemente verbaut. In den 1990er Jahren waren es erst 16 und in den 1980er Jahren zwölf. Wichtig ist, dass die Rohstoffmärkte offen sind und nicht durch tarifäre und nicht-tarifäre Handelshemmnisse blockiert werden.

Trotz eines Produktionsrückgangs von einem Fünftel ist die Zahl der Beschäftigten in der Elektroindustrie 2009 „nur“ um 17 000 auf insgesamt 810 000 gesunken. Ende September 2010 waren bereits wieder 815 000 Beschäftigte in unserer Branche tätig. Zudem stellen die Elektrounternehmen inzwischen auch wieder verstärkt Zeitarbeiter ein. Die Kurzarbeit ist zum Ende des letzten Jahres mehr oder weniger komplett ausgelaufen. Zur Erinnerung: Auf dem Tiefpunkt der Krise waren in der Spitze knapp 170 000 Beschäftigte – also mehr als 20% der Belegschaft – in Kurzarbeit.

Ausblick auf 2011

So gut wie alle Stimmungsindikatoren für unsere Branche sind expansiv. Das Geschäftsklima in der Elektroindustrie ist so hoch wie zur Zeit der Wiedervereinigung. Weil sich Lagebeurteilung und Geschäftserwartungen seit etlichen Monaten mehr oder weniger im Gleichschritt verbessern, stehen letztere auf einem soliden Fundament. Wir haben es also nicht mit einer Erwartungsblase zu tun. Neun von zehn Elektrounternehmen wollen ihren Output in den kommenden drei Monaten aufrechterhalten oder (weiter) erhöhen und erwarten stabile oder zunehmende Exportgeschäfte im nächsten Vierteljahr.

Bei den Auftragseingängen gab es erstmals im Januar 2010 wieder echtes Wachstum gegenüber dem entsprechenden Vorjahresmonat. Bis Mitte des vergangenen Jahres haben sich die Wachstumsraten dann von Monat zu Monat erhöht und lagen in der Spitze mehr als 40% über dem Vorjahr. Zwar geht es jetzt seit September mit geringeren Zuwächsen voran. Dies ist aber auch darauf zurückzuführen, dass die letzten Monate des Jahres 2009 schon nicht mehr ganz so schlecht waren wie die ersten. Entsprechend fallen die Ende 2010 angestellten Vorjahresvergleiche schon allein aus statistischen Gründen moderater aus. Die kräftige Aufwärtsdynamik in der Elektroindustrie ist also weiterhin intakt.

Unsere Branche wird sich 2011 weiter erholen – wenn auch nicht mehr im gleichen Tempo wie 2010. Konkret gehen wir davon aus, dass die Elektro-Produktion im nächsten Jahr um 7% zulegen wird. Der Branchenumsatz dürfte sich in etwa der gleichen Größenordnung erholen und damit auf die Marke von 175 Mrd. Euro zusteuern. Anfang des vergangenen Jahres hatten wir zunächst noch befürchtet, es könnte bis zu sieben Jahre dauern, bis wir zurück auf dem Niveau vor der Krise sind. Heute sind wir sehr zuversichtlich, dass es wesentlich schneller gehen wird.

Herausforderungen vor allem globaler Natur

Natürlich sehen wir auch – vor allem weltwirtschaftliche – Herausforderungen. Um hier nur einige zu nennen:

  • Die USA schwächeln. China drosselt das Tempo aus Angst vor einer Überhitzung am Immobilienmarkt. Das heißt: Die beiden größten Volkswirtschaften der Welt gehen mit langsamerer Gangart voran.
  • Die Schuldenprobleme in den Randstaaten der Eurozone sind weiter nicht gelöst. Damit bleibt der Euroraum samt seiner Gemeinschaftswährung angreifbar.
  • Ungelöst ist nach wie vor auch die Problematik der globalen Leistungsbilanzungleichgewichte. Die jüngsten Währungsstreitigkeiten sind Ausdruck davon.
  • Wechselkurse und Rohstoffpreise werden immer volatiler, was die Planungen der Unternehmen erschwert und darüber hinaus auch ihre Gewinn- und Verlustrechnungen belastet.
  • Schließlich hat der Finanzsektor noch nicht endgültig zur gewünschten Stabilität zurückgefunden.

Unsere betriebswirtschaftlichen Hausaufgaben haben wir gemacht. Zwischen 2002 und 2008 haben die Elektrounternehmen ihre Profitabilität – gemessen an der Umsatzrendite – von 3 auf 7% mehr als verdoppelt. Die Eigenkapitalquote der Unternehmen lag 2008 bei 40% und damit zehn Prozentpunkte höher als im Durchschnitt des Verarbeitenden Gewerbes insgesamt. Selbst im Krisenjahr 2009 ist die Quote nur bei 2% der Elektrofirmen gesunken. Es ist diese – bereits vor der Krise – gestärkte Substanz der Unternehmen, die maßgeblich dazu beigetragen hat, dass die lange befürchtete Kreditklemme am Ende nicht eingetreten ist.

Zuversichtlich stimmen insbesondere die Kompetenz- und Wachstumsfelder der Elektroindustrie. So ist die Branche strukturell sehr gut aufgestellt: Moderne und innovative Technologien sowie Embedded Software & Systems sind unentbehrlich, wenn man zu mehr Klimaschutz, Energie- und Ressourceneffizienz, Elektromobilität, Intelligenten Netzen und Häusern oder einer effizienten Gesundheitswirtschaft kommen will. Zudem profitiert die Branche vom weltweit nach wie vor hohen Bedarf an Infrastruktur-Ausrüstungen – gerade in den Schwellenländern.

Die Zeichen stehen also gut, dass die deutsche Elektroindustrie schon bald auf ihren langfristigen Wachstumspfad zurückkehren und damit auch ihre Rolle als Wegbereiter des gesamtwirtschaftlichen Wachstums wieder übernehmen wird.

Leitlinien für die Wirtschaftspolitik

Es gehört zu den wichtigsten Aufgaben der Wirtschaftspolitik, die Rahmenbedingungen für stetiges und langfristiges Wirtschaftswachstum adäquat zu setzen. Leitlinie wirtschaftspolitischen Handelns sollte dabei die Stärkung des gesamtwirtschaftlichen Produktionspotenzials sein.

  • Innovationen befördern. Mit einer innovationsfreundlichen Wirtschaftspolitik muss der Staat die F&E-Aktivitäten der Industrie unterstützen – nicht zuletzt auch mit Blick auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen. Mit jährlichen F&E-Aufwendungen von 12 Mrd. Euro zählt die deutsche Elektroindustrie zu den forschungsintensivsten Branchen überhaupt. Sie setzt sich entsprechend für eine steuerliche Forschungsförderung ein.
  • In Bildung investieren. Deutschland geht einem gravierenden Ingenieur- und Fachkräftemangel entgegen. Der Staat muss mehr in Bildung investieren, mit einem Punktesystem mehr qualifizierte Bewerber aus dem Ausland anziehen und sich zugleich sehr viel stärker um das brachliegende Arbeitskräftepotenzial bereits Zugewanderter kümmern.
  • Investitionsklima verbessern und in Zukunftstechnologien investieren. Das Investitionsklima muss verbessert werden. Dazu gehören adäquate Abschreibungsregelungen, die sich am tatsächlichen Werteverzehr der Kapitalgüter orientieren. Der Staat muss mehr für Investitionen und weniger für Konsum ausgeben. Werden etwa bei Investitionen in eine energieeffiziente öffentliche Beleuchtung alle damit verbundenen Aufwendungen und Erträge einbezogen, so wird schnell klar, dass die Reduktion von Treibhausgasen um 1,6 Mio. t CO2 bei Straßenleuchten auch 400 Mio. Euro jährlich an Energiekosten einspart. Zum Ausbau der Erneuerbaren Energien sind große Investitionen in ein intelligentes Energienetz nötig. Die staatlichen Voraussetzungen dafür sind zügig zu schaffen, namentlich kürzere Planungszeiten und ein Ausbaukonzept ähnlich dem Bundesverkehrswegeplan. Nötig sind ein neues Verteilnetz, die Offshore-Anbindung, flächendeckend Smart Meter sowie Pumpspeicherwerke zur Integration der Erneuerbaren Energien.
  • Elektromobilität voranbringen. Staatliche Fördermittel für die Elektromobilität sollten vorrangig für Forschung – insbesondere bei Batterien –, Lehre und Ausbildung aufgewendet werden. Vorrang müssen hier auch die Unterstützung der Speichertechnologie und die Schaffung der Infrastruktur für E-Mobile haben.
  • Bürokratie abbauen. Hohe Bürokratiekosten stellen für viele Unternehmen ein Investitionshemmnis dar. Nach einer im Dezember 2008 abgeschlossenen Messung belasten allein durch Gesetze und Verordnungen des Bundes auferlegte Informations- und Dokumentationspflichten die Wirtschaft jährlich mit fast 50 Mrd. Euro. Den Berg von Verwaltungsvorschriften gilt es abzutragen und die Belastung der Unternehmen mit bürokratischen Vorschriften auf ein Minimum zu reduzieren.
  • Staatshaushalte konsolidieren, auch in Europa. Die starke Verschuldung der Öffentlichen Hände gefährdet Wirtschaftswachstum und Wohlstand. Die Staatshaushalte müssen zügig in Ordnung gebracht und die öffentlichen Schulden spürbar verringert werden, nicht zuletzt auch, um die ständige Verunsicherung der Wirtschaft über die Zukunft der Eurozone zu beenden.
  • Finanzsystem stabiler machen. Industrieunternehmen sind auf Kredite angewiesen. Deshalb muss eine effizientere Regulierung der Finanzmärkte künftige Krisen vermeiden. Das Eingehen übermäßiger Risiken durch Banken muss durch geeignete Eigenkapital- bzw. Haftungsregelungen begrenzt werden. Basel III ist hier ein richtiger Schritt.

Maschinenbaukonjunktur: Wie Phönix aus der Asche

Will man die Ereignisse der Jahre 2009 und 2010 aus Sicht des deutschen Maschinen- und Anlagenbaus in drei Sätzen zusammenfassen, so lauten diese: Niemals zuvor hat es so schnell einen so tiefen Absturz gegeben wie 2009. Noch nie ging es anschließend so schnell wieder aufwärts wie 2010. Für eine Entwarnung ist es gleichwohl zu früh.

Fakt ist, dass die Branche nach einem außergewöhnlich langen und starken Aufschwung in den Jahren 2004 bis 2008 im Jahr 2009 den stärksten Einbruch in der jüngeren Geschichte des deutschen Maschinenbaus erlebt hat. Die Produktion brach um fast ein Viertel ein.

Fakt ist auch, dass sich die Weltwirtschaft schneller als von vielen erwartet erholte. Zwei, drei Quartale nach dem Beinahe-Zusammenbruch des weltweiten Finanzsystems setzte eine Entwicklung ein, die mit einem einzigen Buchstaben charakterisiert werden kann: dem „V“. Die Kurvenverläufe wichtiger Indikatoren zur Beschreibung der wirtschaftlichen Lage kannten nur eine Richtung: Aufwärts!

Ab April 2009 kam es zu einer kräftigen Aufhellung der für das Investieren wichtigen Stimmungsindikatoren. Die Fallhöhe der Auftragseingänge des Maschinenbaus konnte, mit der üblichen Verzögerung, im Sommer 2009 auf Null gebracht werden. Die tiefsten Indexstände der Produktionskurve datieren im August 2009 und im Januar 2010. Im März 2010 schrieb der deutsche Maschinen- und Anlagenbau erstmals seit 15 Monaten ein Plus im Vergleich zum zugegeben äußerst mageren Vorjahresergebnis in die Produktionsstatistik.

Aktuell, das heißt gemäß dem statistisch verfügbaren Datenstand Oktober 2010, beträgt der Zuwachs der Maschinenproduktion kumuliert 5,4% gegenüber dem Vorjahr. Die Exporte stiegen im gleichen Beobachtungszeitraum um über 10%. Die Kapazitätsauslastung lag mit knapp 85% der üblichen Vollauslastung branchendurchschnittlich wieder im „Wohlfühlbereich“. Und es wird wieder eingestellt: Die Zahl der festangestellten Mitarbeiter im Maschinenbau übertraf im Oktober mit 910 000 den Tiefpunkt vom Mai 2010 um 8000 Stellen.

2010 Jahr der Erholung, aber nicht der Entwarnung

Dennoch spricht nicht nur aus Branchensicht einiges dagegen, dem Jahr 2010 schon den Stempel „Entwarnung“ aufzudrücken. „Erholung“ passt da schon besser. Auch wenn einige Industriebranchen in Deutschland das Erreichen des Vorkrisenniveaus verkünden können oder in greifbarer Nähe sehen: Der Maschinen- und Anlagenbau wird sich noch etwas in Geduld üben müssen, bis die historischen Spitzenwerte wieder erreicht werden können.

Nach Maßgabe der VDMA-Produktionsschätzung von 6% für das gerade zu Ende gegangene Jahr 2010 und eines prognostizierten Wachstums von 8% wird das 2011er Produktionsniveau insgesamt immer noch um 14% unter dem 2008er Top liegen. Der Grund hierfür ist nicht in einer schlechteren Branchenperformance zu suchen. Der Maschinen- und Anlagenbau ist schlichtweg von einer größeren Höhe gefallen als viele andere, der Weg zurück ist länger. Hinzu kommt, dass es dem Maschinen- und Anlagenbau als Ausrüster der Industrie erst dann besser gehen kann, wenn seine Kunden angesichts ausgelasteter Kapazitäten sowie dringender, nicht mehr aufschiebbarer Modernisierung ihrer Produktion den Wunsch nach Neuem verspüren – und investieren.

Differenziertes Bild in den Maschinenbausektoren

Die höchst unterschiedliche Performance der Kunden dürfte im Regelfall auch die Ursache für eine wie immer sehr differenzierte Entwicklung auf Teilbranchenebene sein: Einige Fachzweige wie Bekleidungs- und Ledertechnik, Elektrische Automation oder Productronic haben, gemessen am Auftragseingang, längst ihre ehemaligen Top-Niveaus hinter sich gelassen. Die Erstgenannten profitieren von der Auflösung des über mehrere Jahre aufgelaufenen Investitionsstaus. Den elektronischen Komponentenhersteller und deren Ausrüstern kommen Lagereffekte und Engpässe in der Versorgung zugute. Es gibt aber auch andere wie Bau- und Baustoffmaschinen, Landtechnik, Fördertechnik, Druck- und Papiertechnik und Power Systems, die erst anfangen, sich zu berappeln. Die Gründe sind vielfältig. Sie reichen von der nicht bewältigten Baukrise über massive strukturelle Verschiebungen in den Kundenbranchen bis hin zu der schlichten Tatsache, dass man zeitversetzt die Krise zu spüren bekommen hat – und nun eben auch erst später herauskommt. Immerhin berichten mittlerweile ausnahmslos alle von der VDMA-Statistik erfassten Bereiche über zunehmende Auftragseingänge. Doch zwei-, teilweise sogar dreistellige Zuwächse im Vorjahresvergleich bedürfen dringend der Relativierung: Das Vergleichsniveau 2009 ist teils katastrophal niedrig. Insgesamt bewegen sich Umsatz und Produktion der Branche 2010 leicht über dem Level des Jahres 2006, mit starken Ausschlägen der Sektoren nach beiden Seiten.

Europa kommt nur langsam in die Spur zurück

Ein facettenreiches Bild liefert auch der deutsche Maschinenexport: Besonders kräftig expandierten die deutschen Maschinenausfuhren 2010 nach Asien, allen voran nach China, aber auch nach Taiwan und Südkorea sowie in die ASEAN-Staaten. Erfreulich ist ferner die Maschinennachfrage aus Lateinamerika, insbesondere aus Brasilien. Selbst Russland erholt sich allmählich von der schweren Rezession.

Weiterhin zögerlich gestaltet sich dagegen die Nachfrage aus den EU-Ländern. Während die exportorientierten Volkswirtschaften, insbesondere Deutschland, sehr früh von der Wiederbelebung des Welthandels profitieren konnten, stieg das Bruttoinlandsprodukt in Portugal, Spanien und Italien bislang nur schwach. In Griechenland und Irland schrumpfte es sogar. Dieses Muster findet sich in den Außenhandelszahlen für zahlreiche Länder bestätigt. So sanken die deutschen Maschinenexporte in den ersten zehn Monaten des Jahres 2010 nach Griechenland um 26%, nach Irland um 7%, nach Spanien um 8%. Es gibt aber auch Ausnahmen: Portugal nahm im gleichen Zeitraum 12% mehr Maschinen und Anlagen ab, Italien immerhin 8%. Und auch der US-Markt legt mit einem Zuwachs von 17% eine überraschend gute Performance für die deutschen Maschinenbauer hin. Diese Ausreißer in ansonsten krisengebeutelten Ländern sind eindrucksvolle Zeichen dafür, dass es für qualitativ hochwertige, die Wettbewerbsfähigkeit der Kunden stärkende Produkte und Prozesse immer einen Markt gibt.

Maschinenproduktion 2011: Moderateres Wachstum

Kurz: Die Aufholjagd ist im Gange. Doch sie ist – erstens – noch nicht für alle gewonnen. Und sie wird – zweitens – für viele kein leichter Durchmarsch. Schon jetzt ist absehbar, dass der kräftige Aufschwung 2011 auch in unserer Branche einer moderateren Expansion weichen wird. Wichtige Stimmungsindikatoren und zuletzt auch der Bestelleingang signalisieren eine Verlangsamung des Wachstums. Aus dem „V“ droht ein Wurzelzeichen „√“, eine „Radix“ zu werden.

Die Exporterfolge des Jahres 2010 dürfen zudem nicht darüber hinwegtäuschen, dass deutsche Maschinenbauerzeugnisse weltweit weiterhin auf eine höchst unterschiedliche Aufnahmebereitschaft und -fähigkeit stoßen werden. Die mit der Finanzkrise offengelegten Risiken sind nicht einfach über Nacht verschwunden. Im Gegenteil: Weltweit wurden sich im Zuge der Krisenbewältigung notgedrungen neue Probleme eingehandelt. Die Aufräumarbeiten halten an. Insbesondere die direkt von der Immobilien- und Finanzkrise betroffenen Volkswirtschaften – USA, Großbritannien, Spanien, Irland – werden dem Maschinen- und Anlagenbau wegen der notwendigen Korrekturen auf absehbare Zeit eher weniger Freude bereiten. Das kann die Branche nicht kalt lassen. Immerhin sind der europäische und der US-amerikanische Markt unverändert bedeutende Absatzregionen.

Mit wettbewerbsfähigem Angebot in Wachstumsregionen präsent

Umso wichtiger ist es, mit einem international wettbewerbsfähigen Angebot in anderen Wachstumsregionen fest verankert zu sein. Insbesondere auf den asiatischen Märkten bieten sich gut positionierten Volkswirtschaften, Industrien und Unternehmen weiterhin gute Chancen. Der deutsche Maschinen- und Anlagenbau ist in Asien gut aufgestellt. Mehr als ein Viertel der deutschen Maschinenausfuhren, Produkte im Wert von fast 30 Mrd. Euro trugen 2009 einen Versandstempel nach Asien – vom Nahen Osten bis nach Japan. Deutsche Maschinenbauer sind mit ihrem Angebot in den asiatischen Ländern regelmäßig auf den vorderen Plätzen zu finden. Sicher, der Markt ist hart umkämpft. Die Lokalmatadoren Japan und zunehmend auch China sind keine einfachen Wettbewerber. Doch speziell in den ASEAN-Staaten besteht weiterhin ein großes Potential für deutsche Investitionsgüter, Maschinen und Anlagen einschließlich deren Teile, Komponenten und Systeme.

Ein großes Potential für deutsche Investitionsgüter verspricht nicht zuletzt aber auch der deutsche Markt selbst. Deutschland steht vor „Goldenen Jahren“, wie zum Jahresende die Wirtschaftswoche frohlockte. „Aus dem einst kranken Mann Europas ist das Powerhouse des Kontinents geworden.“ Die Absenz einer hausgemachten Kredit- und Immobilienkrise, Arbeitsmarktreformen, Lohnzurückhaltung und eine insgesamt verbesserte preisliche Wettbewerbsfähigkeit sowie – nicht zuletzt – innovative Produkte und Prozesse helfen deutschen Maschinenbauunternehmen nicht nur auf prosperierenden Auslandsmärkten. Diese Trümpfe können auch auf dem Heimatmarkt ausgespielt werden.

Mehrheit der deutschen Maschinenbauer verfolgt Offensivstrategie

Der Hinweis auf einen hoffentlich wieder ergiebigeren deutschen Markt darf freilich nicht als Beschwichtigungsformel einer folgenschweren Verschiebung der weltwirtschaftlichen Plattentektonik hin zu ergiebigeren, außereuropäischen Wachstumsregionen missverstanden werden. Hier sind die deutschen Maschinen- und Anlagenbauer hellwach. Gemäß einer aktuellen Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft/IW Köln Consult, in Auftrag gegeben von der IMPULS-Stiftung des VDMA, erwarten bereits 40% der größeren Maschinenbauunternehmen, dass in fünf Jahren ihr Hauptkonkurrent aus den BRIC-Staaten kommt – und bereiten sich hierauf vor! Befragt nach den Lehren aus der Krise setzt die Mehrheit der knapp 500 befragten Maschinenbauunternehmen dabei auf eine Offensivstrategie. Und weil die Krise des Jahres 2009 für den Maschinen- und Anlagenbau eher als Wachstumspause denn als Strukturbruch gesehen wird, sind – so die strategische Konsequenz – die Erfolgsfaktoren der Zeit vor der Krise die Erfolgsfaktoren der Zukunft: Internationalisierung, Know-how, Differenzierungsfähigkeit und Netzwerke.

IT- und Telekommunikationsbranche geht mit Schwung ins Jahr 2011

Im vergangenen Jahr haben sich viele Wirtschafts- und Branchenanalysten immer wieder die Augen gerieben: Konnte es sein, dass die deutsche Wirtschaft sich so schnell und kräftig von dem historischen Einbruch 2009 erholt? Handelte es sich vielleicht nur um ein kurzes Zwischenhoch? Inzwischen ist bekannt, dass die deutsche Wirtschaft 2010 um rund 3,7% gewachsen ist – weit mehr, als die meisten Auguren noch Mitte des Jahres für möglich gehalten hatten. Auch die Informationstechnik- und Telekommunikationsbranche (ITK) konnte positiv überraschen. Anfang letzten Jahres hatten wir für die Branche eine „schwarze Null“ prognostiziert, doch nach der BITKOM-Prognose vom Oktober ist der deutsche ITK-Markt im vergangenen Jahr immerhin um 1,4% gewachsen. Diese Steigerungsrate nimmt sich im Vergleich zu manch anderem Wirtschaftszweig eher bescheiden aus, dabei ist zu berücksichtigen, dass die ITK-Branche mit einem Umsatzrückgang von 4,8% im Jahr 2009 weitaus glimpflicher durch die Krise gesteuert ist als viele andere. Die Erholung zeigte sich zuerst bei den Ausgaben für ITK-Hardware und setzt sich fort im Bereich der Software und Dienstleistungen. Für das Jahr 2011 rechnet der BITKOM mit einem sich insgesamt noch verstärkenden Wachstum der ITK-Nachfrage in der Größenordnung von 2% bei unterschiedlich ausgeprägter Dynamik in den großen Teilmärkten Informationstechnik, Telekommunikation und digitaler Consumer Electronics. Die enorme Bedeutung der ITK-Branche für Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit der Anwenderbranchen verdeutlicht eine aktuelle Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW). Danach haben rund 40% der innovativen Unternehmen in Deutschland im vergangenen Jahr auf Informations- und Kommunikationstechnologien basierende Innovationen eingeführt.

ITK-Markt erholt sich weltweit

Weltweit sind die IT- und Telekommunikationsausgaben 2010 gemäß Angaben des European Information Technology Observatory (EITO) angetrieben durch die starke Nachfrage aus asiatischen und lateinamerikanischen Schwellenländern um 5% gewachsen. Zweistellige Zuwachsraten erzielten demnach z.B. der chinesische (+15%) und der indische (+17%) ITK-Markt. Deutschland liegt nach Größe der Absatzmärkte mit einem Anteil von 5% an vierter Position. China hat sich an Deutschland vorbei geschoben und ist drauf und dran, Japan den zweiten Platz streitig zu machen. Mit Abstand größter Absatzmarkt bleibt die USA mit einem Anteil von fast 29%. Die Europäische Union kommt in Summe auf einen Marktanteil von 26%. Der europäische Markt verbuchte 2010 mit 1,2% ein Wachstum in der gleichen Größenordnung wie der deutsche Markt.

Kräftige Investitionen in IT-Hardware

In der Informationstechnik gab es 2010 in Deutschland ein Wachstum von etwas unter 3% auf 65 Mrd. Euro. Bereits im laufenden Jahr wird voraussichtlich wieder das Vorkrisenniveau des Jahres 2008 erreicht. Bemerkenswert ist, dass IT-Hardware beim Wachstum 2010 mit 5% an der Spitze liegt. Das war seit Jahren nicht mehr der Fall, doch hier kommt ein besonders starker Basiseffekt zum Tragen: 2009 war der Umsatz mit IT-Hardware um rund 12% eingebrochen. Der Umsatz mit Personal Computern einschließlich Tablet-PCs wuchs 2010 um 8% auf rund 7 Mrd. Euro. Die verkauften Stückzahlen legten sogar um 13% auf 13,7 Mio. zu. 2010 konnten selbst die stationären Geräte sowohl beim Absatz als auch beim Umsatz zulegen. Sie machen noch 30% aller verkauften Personal Computer aus. Als noch relativ neues Segment haben sich bei den stationären PCs die so genannten All-in-one-Geräte etabliert. Sämtliche Komponenten wie Festplatte, Laufwerk, Prozessor sowie der Bildschirm sind in einem Gehäuse integriert. Diese kompakten Geräte sorgen für eine Stabilisierung des Preisniveaus.

Bei den mobilen Computern erreichen die handlichen Netbooks einen Absatzanteil von 13%. Allerdings gerät dieses Segment offenbar unter den Druck der neuen Tablet-PCs, die über einen berührungsempfindlichen Bildschirm gesteuert werden. Der Verkauf von Netbooks sank im vergangenen Jahr zweistellig. Tablet-PCs haben sich auch in Deutschland schnell im Markt etabliert und dürften ihren beeindruckenden Wachstumskurs im laufenden Jahr mit der wachsenden Angebotsvielfalt fortsetzen. Im professionellen Bereich wirkt zudem die Einführung von Windows 7 als Beschleuniger für neue Hardware-Investitionen. Viele Unternehmen nehmen dies zum Anlass, ihre Systeme jetzt insgesamt zu erneuern.

Megathema Cloud Computing

Etwas verhaltener als vor der Krise wuchsen zuletzt die Umsätze mit Software (+2,4%) und IT-Services (+1,4%). Hier kommt zum einen zum Tragen, dass einige Anwenderbranchen bis weit in das vergangene Jahr noch zurückhaltend mit neuen IT-Projekten waren, zum anderen haben die Anwender während der Krise kräftig auf die Preise gedrückt, das wirkt jetzt nach. Dennoch dürften beide Segmente, Software und IT-Services 2011 wieder zu den Wachstumstreibern im ITK-Markt gehören. Dazu trägt auch das Thema Cloud Computing bei. Dabei erfolgt die Nutzung von IT-Anwendungen, Speicherplatz oder Rechenleistung in Echtzeit über Datennetze (in der „Wolke“) anstatt auf lokalen Rechnern. Der BITKOM schätzt, dass der Markt für Cloud Computing von 1,1 Mrd. Euro 2010 auf 8,2 Mrd. Euro 2015 steigen wird. Etwa 10% der gesamten IT-Ausgaben in Deutschland werden dann auf Cloud-Lösungen entfallen.

Smartphones beflügeln Telekommunikationsmarkt

Der Markt für Telekommunikation blieb im letzten Jahr mit einer leicht roten Null und einem Volumen von knapp 64 Mrd. Euro nahezu auf dem Niveau des Jahres 2009. Der Umsatz mit Handys und anderen Endgeräten stieg nach einem zweistelligen Rückgang 2009 im vergangenen Jahr um fast 5% auf 4,6 Mrd. Euro. 2011 dürfte der Umsatz noch einmal kräftig zulegen und das Vorkrisenniveau erreichen oder sogar übertreffen. Besonders Smartphones beflügeln den Markt. Sie machen inzwischen ein Viertel aller verkauften Handys und 40% des Handy-Umsatzes in Deutschland aus. Parallel dazu boomt der Markt für mobile Datendienste. Der Zusammenhang ist klar: Wer ein Smartphone besitzt, nutzt verstärkt mobile Datendienste. Gleichzeitig tragen attraktive Datentarife die mobile Internetnutzung in die Breite. Nach wie vor unter Druck ist der Umsatz mit Mobilfunkgesprächen. Nicht zuletzt wegen der Absenkung der Terminierungsentgelte durch die Bundesnetzagentur betrug der Rückgang im Vorjahr rund 400 Mio. Euro oder 2,2%. Der Umsatz mit Festnetzgesprächen geht ebenfalls weiter zurück.

Der Erfolg mobiler Internetanwendungen zeigt sich auch in dem noch neuen Markt für mobile Apps. Nach BITKOM-
Berechnungen wurden in Deutschland 2010 rund 755 Mio. Apps installiert oder heruntergeladen. Der Umsatz mit den Zusatzprogrammen für Smartphones und Tablet-PCs stieg um 81% auf rund 343 Mio. Euro. Hier entsteht auch für die Entwicklerszene ein völlig neues Segment, in dem sich junge Firmen etablieren können.

Überraschend erfreulich verlief im vergangenen Jahr das Geschäft mit Unterhaltungselektronik. Dank der Fußball-Weltmeisterschaft sowie technischer Innovationen wie Web-TV und 3D-Fernsehen waren vor allem Flachbildfernseher noch stärker gefragt als erwartet. Die Prognosen konnten deshalb in den vergangenen zwölf Monaten mehrfach nach oben korrigiert werden, aus dem zunächst erwarteten leichten Umsatzminus wurde gemäß der Prognose vom Herbst ein deutliches Wachstum von 3,4%.

Positive Beschäftigungsentwicklung

Sehr positiv wirkt sich die Erholung auf die Entwicklung bei den Beschäftigtenzahlen aus. Selbst im Krisenjahr 2009 ist die Zahl der Beschäftigten in der ITK-Industrie stabil geblieben. Das ist ein hervorragendes Ergebnis. Für das gerade zu Ende gegangene Jahr erwarten wir einen Anstieg um gut 8000 auf 843 000 Arbeitsplätze. Während in der Telekommunikation die Zahl der Beschäftigten weiter rückläufig ist, steigen die Mitarbeiterzahlen bei den IT-Firmen steil an. Allein seit dem Jahr 2007 sind hier mehr als 50 000 zusätzliche Arbeitsplätze entstanden, in den vergangenen zehn Jahren sogar rund 100 000.

Außenhandel im Aufwärtstrend

Bei der Hardware ist Deutschland seit Jahren Netto-Importeur. Computer, Bildschirme, Handys, Flachbildfernseher – das alles kommt überwiegend aus Asien und hier vor allem aus der VR China und Taiwan. Negativ hat sich dabei in den vergangenen Jahren die Schließung von Produktionsstätten in der Kommunikationstechnik ausgewirkt. Das heißt aber nicht, dass in Deutschland nichts mehr produziert wird. Immerhin ging im vergangenen Jahr Informations- und Kommunikationstechnik für rund 30 Mrd. Euro in den Export – ein Plus von 17% gegenüber 2009. Einen positiven Saldo erzielt Deutschland bei Software und IT-Dienstleistungen. Immerhin 11,5 Mrd. Euro gingen 2010 ins Ausland, für rund 10 Mrd. Euro wurde importiert.

Rückblick und Ausblick: Noch nie waren ITK-Themen so wichtig

Innovations- und netzpolitische Themen haben selten eine so wichtige Rolle in der öffentlichen Debatte gespielt wie in den vergangenen zwölf Monaten. In vielen Bereichen ging es gut voran, in anderen stehen wichtige Schritte noch aus:

  • In der Netzpolitik ist die Bundesregierung aufgewacht und mehrere Minister beschäftigen sich nun intensiv mit dem Thema. In der Enquete-Kommission und der Dialogreihe zur Netzpolitik von Innenminister de Maiziere findet ein wichtiger Austausch der verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen darüber statt, wie die digitale Welt gestaltet werden soll.
  • Im Bereich des Datenschutzes hat die Zusammenarbeit von Wirtschaft und Politik zu einer Selbstverpflichtung der Industrie für Geodatendienste wie Google Streetview geführt. Im laufenden Jahr erwarten wir zum Datenschutz einen Gesetzentwurf des Innenministeriums, der die so genannte „Rote Linie“ festschreiben soll. Hier sollte der Dialog konstruktiv weitergeführt werden.
  • Gescheitert ist 2010 eine Verbesserung des Jugendschutzes im Internet. Geplant war u.a. die Einführung von Alterskennzeichnungen für bestimmte Internet-Angebote. Da der Jugendschutz Sache der Bundesländer ist, mussten dem Staatsvertrag alle 16 Länder zustimmen. Das haben auch alle getan bis auf Nordrhein-Westfalen, das den Staatsvertrag nicht unterzeichnet hat. In diesem Jahr sollte beim Jugendschutz im Internet ein neuer Anlauf unternommen werden.
  • Einen großen Durchbruch gab es bei der Breitbandversorgung mit der Nutzung der digitalen Dividende. Im Rahmen der Breitbandstrategie der Bundesregierung wurden Frequenzen für den Aufbau von schnellen Mobilfunknetzen frei gemacht. Sie schließen die letzten weißen Flecken bei der Breitbandversorgung. Damit nimmt Deutschland jetzt eine führende Position in Europa ein. Die nächste Stufe ist der Breitbandausbau der nächsten Generation, der dieses Jahr vorangetrieben wird.
  • Eine wichtige Rolle hat das Thema Zuwanderung gespielt. Leider sind wir hier trotz der öffentlichen Debatten kaum einen Schritt weiter gekommen. Und das, obwohl sich mit Wirtschaftsminister Brüderle, Forschungsministerin Schavan und Arbeitsministerin von der Leyen inzwischen drei Kabinettsmitglieder klar für eine Öffnung des Zuwanderungsrechts ausgesprochen haben. Hier sollte sich in den nächsten Monaten etwas bewegen.
  • Ein wichtiges Gesprächsthema beim IT-Gipfel 2010 war der Ausbau intelligenter Infrastrukturen. Das Thema hat eine herausragende Bedeutung für den Standort Deutschland. Das betrifft neben dem Breitbandausbau, den Aufbau intelligenter Stromnetze (Smart Grids), elektronische Systeme zur Verkehrslenkung sowie den Ausbau digitaler Strukturen in der öffentlichen Verwaltung, im Bildungswesen und im Gesundheitssystem.
  • Große Projekte wie die elektronische Gesundheitskarte, der Breitbandausbau oder die Einführung des neuen Personalausweises sind wichtige Schritte beim Aufbau digitaler Infrastrukturen. Sie können nur in enger Zusammenarbeit zwischen Politik und Wirtschaft gelingen. Die Politik setzt den notwendigen regulatorischen Rahmen, legt Strukturen und Standards fest und stellt z.B. Frequenzen zur Verfügung. Die Wirtschaft investiert. Den Aufbau intelligenter Infrastrukturen jenseits des Breitbandnetzes sollten wir im kommenden Jahr mit Nachdruck vorantreiben.


DOI: 10.1007/s10273-011-1165-2

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