Ein Service der

Artikel als PDF herunterladen

Abfall ist das unumgängliche Nebenprodukt menschlichen Handelns. Dies gilt insbesondere für wirtschaftliche Aktivitäten im Sinne von Produktion und Konsum. Seit einiger Zeit wird in Deutschland ebenso wie in verschiedenen anderen entwickelten Volkswirtschaften verstärkt das umweltpolitische Ziel verfolgt, die Abfallmengen zu begrenzen oder zumindest ihr Wachstum zu bremsen und die verbleibenden Abfälle vermehrt wiederzuverwerten. Im Laufe der Jahre hat sich in Deutschland zugleich ein umfangreiches gesetzliches Regelwerk für den Abfallbereich entwickelt. Einerseits werden verschiedenen Akteuren der Abfallwirtschaft in diesem Zusammenhang Berichtspflichten auferlegt, andererseits werden zur Erhebung von Daten regelmäßig Befragungen durch die Statistischen Ämter der Länder durchgeführt, deren Ergebnisse das Statistische Bundesamt für die Bundesebene zusammenführt. Im Folgenden sollen einige interessante Aspekte der aktuellen Statistik zur Abfallentsorgung in Deutschland aufgezeigt werden.

Das bundesdeutsche Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz legt eine abfallwirtschaftliche Zielhierarchie fest, nach der Abfall zunächst zu vermeiden, dann zu verwerten und schließlich zu beseitigen ist. Die Beseitigung sollte nur dann erfolgen, wenn die Verwertung technisch nicht möglich und wirtschaftlich unzumutbar ist oder die Beseitigung die umweltverträglichere Option darstellt. Hinter der abfallwirtschaftlichen Zielhierarchie steht die Überlegung, dass einer zunehmenden Ressourcenknappheit auch dadurch begegnet werden sollte, Stoffflüsse zunehmend durch Stoffströme zu ersetzen. Stoffflüsse verlaufen linear vom Abbau eines Rohstoffes über die Produktion und den Konsum eines Gutes bis hin zur Entsorgung des Abfalls; Stoffströme haben dagegen Kreislaufcharakter. Abfallstatistiken können Anhaltspunkte liefern, inwieweit eine verstärkte Vermeidung und Verwertung schon gelungen ist.

Abbildung 1 zeigt, dass zwischen den Jahren 2000 und 2008 das gesamte Abfallaufkommen in Deutschland zurückgegangen ist.1 Während es im Jahr 2000 noch 406,6 Mio. Tonnen betrug, waren es im Jahr 2008 nur noch 344,6 Mio. Tonnen. Allerdings ist diese Abnahme fast ausschließlich darauf zurückzuführen, dass die Menge der Bau- und Abbruchabfälle von 260,7 auf 200,5 Mio. Tonnen gesunken ist. Der Rückgang des Bergematerials aus dem Bergbau von 48,2 auf 39,3 Mio. Tonnen wurde vom Zuwachs bei den Abfällen aus Produktion und Gewerbe von 47,7 auf 56,4 Mio. Tonnen kompensiert. Gleichzeitig ging die Menge der Siedlungsabfälle leicht von 50,1 auf 48,4 Mio. Tonnen zurück. Zwischen 2006 und 2008 haben sich die einzelnen Abfallmengen und ihre Anteile am Abfallaufkommen kaum verändert. Die Anteile lagen bei etwa 58% für die Bau- und Abbruchabfälle, bei etwa 16,5% für die Abfälle aus Produktion und Gewerbe, bei gut 12,5% für das Bergematerial aus dem Bergbau und bei knapp 14% für die Siedlungsabfälle.

Abbildung 1
Abfallaufkommen in Deutschland 2000-2008
in 1000 Tonnen

Quelle: Statistisches Bundesamt: Umwelt, Zeitreihe zum Abfallaufkommen 1996-2008, Wiesbaden 2010. Darstellung HWWI.

Die Siedlungsabfälle setzen sich zusammen aus den Haushaltsabfällen und den sonstigen Siedlungsabfällen. Zu den sonstigen Siedlungsabfällen gehören vor allem nicht über die öffentliche Müllabfuhr eingesammelte hausmüllähnliche Gewerbeabfälle, Straßenkehricht, Garten- und Parkabfälle sowie biologisch abbaubare Küchen- und Kantinenabfälle. Seit dem Umstieg auf eine neue Klassifikation der Abfallarten im Jahr 2002 beträgt der Anteil der Haushaltsabfälle an den gesamten Siedlungsabfällen stets etwa 89%.

Menge, Zusammensetzung und Entwicklung der Haushaltsabfälle spiegeln im besonderen Maße das Verhalten der Konsumenten wider, das zugleich von den wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen mitbestimmt wird. In den letzten Jahren ist bei den Haushaltsabfällen kein eindeutiger Trend auszumachen. Zwischen 2002 und 2006 ging ihre Menge von 46,7 auf 40,8 Mio. Tonnen zurück, um bis 2008 wieder auf 43,2 Mio. Tonnen anzusteigen.

Wird die gesamte Menge der Siedlungsabfälle Deutschlands 2008 weiter aufgeschlüsselt, so sind die sogenannten „anderen getrennt gesammelten Fraktionen“ mit 18,2 Mio. Tonnen (37,6% der Siedlungsabfälle), der Hausmüll mit 14,2 Mio. Tonnen (29,4%) und die sonstigen Siedlungsabfälle mit 5,1 Mio. Tonnen (10,6%) die wichtigsten Teilmengen. Allerdings machen sie mit 5,3%, 4,1% beziehungsweise 1,5% in Relation zum gesamten Abfallaufkommen in Deutschland nur recht geringe Anteile aus. Die „anderen getrennt gesammelten Fraktionen“ setzen sich zusammen aus Glas (2,5 Mio. Tonnen), Papier, Pappe und Karton (8,5 Mio. Tonnen), Leichtverpackungen/Kunststoff (4,9 Mio. Tonnen), Elektrogeräten (0,5 Mio. Tonnen) und Sonstigen (1,8 Mio. Tonnen). Die als „andere getrennt gesammelte Fraktionen“ klassifizierten Abfallmengen sind aber weder deckungsgleich mit der Menge an getrennt gesammelten Wertstoffen noch mit den eingesammelten Verpackungsmengen, deren Erfassung durch die sogenannte Verpackungsverordnung geregelt ist. Im Jahr 2008 sind in Deutschland etwa 11,7 Mio. Tonnen an Wertstoffen getrennt gesammelt und etwa 9,9 Mio. Tonnen an Verpackungsmaterialien erfasst worden. Diese Mengen machen mithin etwa zwei Drittel beziehungsweise etwas mehr als die Hälfte der „anderen getrennt gesammelten Fraktionen“ aus.

Während die absoluten Zahlen einen Eindruck von den Größenordnungen vermitteln, mit denen man es in der Abfallwirtschaft zu tun hat, sind Pro-Kopf-Größen dafür geeignet, Vergleiche zwischen Regionen anzustellen. In der Tabelle sind die Pro-Kopf-Daten für die Haushaltsabfallmengen und ihre Teilmengen für die einzelnen Bundesländer aufgeführt. In einer zusätzlichen Spalte findet sich die in jedem Bundesland pro Einwohner erfasste Menge an Verkaufsverpackungen. Die Tabelle verdeutlicht, dass es zwischen den Bundesländern merkliche Unterschiede sowohl in den Abfallmengen pro Kopf als auch in der Zusammensetzung der Abfallmengen gibt. Die ostdeutschen Bundesländer Sachsen, Brandenburg und Thüringen weisen bei den Gesamtmengen die niedrigsten Werte auf, während Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und das Saarland am schlechtesten abschneiden. Dagegen verursachen die Einwohner Hamburgs den meisten und die Einwohner Baden-Württembergs den wenigsten Haus- und Sperrmüll pro Kopf. Die meisten Wertstoffe pro Kopf werden in Rheinland-Pfalz erfasst, die wenigsten wiederum in Hamburg. Im Bereich der Verkaufsverpackungen ist Bremen Spitzenreiter und Berlin Schlusslicht. Verantwortlich für dieses insgesamt relativ differenzierte Bild sind vor allem unterschiedliche siedlungsstrukturelle und abfallwirtschaftliche Gegebenheiten in den einzelnen Bundesländern.

Tabelle 1
Haushaltsabfallmengen in den einzelnen Bundesländern 2008
in kg pro Einwohner
  Haushalts­abfälle gesamt Haus- und Sperrmüll Organische Abfälle Wertstoffe davon Verkaufs­verpackungen1
Baden-Württemberg 426 143 120 163 70
Bayern 461 163 137 156 63
Berlin 414 262 32 120 58
Brandenburg 370 200 32 138 73
Bremen 459 243 88 128 94
Hamburg 462 339 20 102 64
Hessen 464 204 122 137 65
Mecklenburg-Vorpommern 415 228 47 139 76
Niedersachsen 501 194 152 154 73
Nordrhein-Westfalen 463 223 106 132 64
Rheinland-Pfalz 501 191 138 168 76
Saarland 498 240 133 125 59
Sachsen 322 153 49 119 79
Sachsen-Anhalt 433 208 92 130 76
Schleswig-Holstein 469 225 91 152 80
Thüringen 381 183 67 128 73
Deutschland 448 196 107 143 69

1 Bei privaten Endverbrauchern eingesammelte Verkaufsverpackungen. Im Jahr 2008 betrug die Gesamtmenge in Deutschland gut 5,6 Mio. Tonnen.

Quelle: Statistisches Bundesamt: Umwelt, Abfallentsorgung 2008, Fachserie 19, Reihe 1, Wiesbaden 2010.

Die Zahlen zum Abfallaufkommen geben zunächst nur die Mengen und die Zusammensetzung der Abfälle wieder, die bei verschiedenen Abfallverursachern eingesammelt wurden. Im Sinne der abfallwirtschaftlichen Zielhierarchie ist dann von Interesse, inwieweit der erfasste Abfall auch wiederverwertet wird. Im Jahr 2009 gab es in Deutschland nach vorläufigen Ergebnissen insgesamt 8858 Abfallentsorgungsanlagen, unter ihnen beispielsweise 1552 Deponien und 994 Sortieranlagen.2 Die Sortieranlagen sind ein wesentlicher Abnehmer für getrennt beim privaten Endverbraucher erfasste Verpackungsabfälle. Etwa zwei Drittel dieser Mengen werden hier vor ihrer Weiterverarbeitung sortiert.

Für die Etablierung einer Stoffstrom- beziehungsweise Kreislaufwirtschaft ist es nun wichtig, in welchem Maße der Abfall wiederverwertet wird. Bis zum Jahr 2008 ist die Entwicklung der Verwertungsquoten für die Hauptabfallströme nach Angaben des Bundesumweltministeriums günstig verlaufen.3 Im Einzelnen stiegen zwischen 2000 und 2008 z.B. die Verwertungsquoten des gesamten Abfallaufkommens von 67 auf 75%, der Abfälle aus Produktion und Gewerbe von 49 auf 82% sowie der Siedlungsabfälle von 51 auf 77%.

In der öffentlichen Wahrnehmung spielt das sogenannte Recycling bestimmter Wertstoffe eine große Rolle. In der abfallwirtschaftlichen Terminologie wird unter Recycling aber nur eine stoffliche Verwertung verstanden. Sie liegt vor, wenn primäre Rohstoffe durch die Rückgewinnung aus Abfällen ersetzt werden. Daneben ist auch eine energetische Verwertung denkbar. Dies ist der Fall wenn mit dem Abfall thermische Energie gewonnen wird, indem dieser als Ersatzbrennstoff dient und zugleich einen Mindestheizwert erreicht. Folglich setzen sich (umfassende) Verwertungsquoten aus einem stofflichen und einem energetischen Teil zusammen.

Laut Umweltbundesamt4 sind die Verwertungsquoten für Wertstoffe aus Verpackungen in den letzten Jahren entweder recht konstant geblieben, wie beim Glas, bei Papier, Pappe und Karton sowie bei Holz, oder leicht gestiegen, wie bei Metallen oder bei Kunststoffen. Allerdings zeigt die Abbildung 2 auch, dass die energetische Verwertung von 2003 bis 2008 sowohl beim Kunststoff als auch beim Holz merklich zugenommen hat, während die stoffliche Verwertung zurückgegangen ist.

Abbildung 2
Verwertungsquoten der wichtigsten Wertstoffe aus Verpackungen 2003 und 2008
in %

Quelle: Umweltbundesamt: Aufkommen und Verwertung von Verpackungsabfällen in Deutschland im Jahr 2008, Texte 58/2010, 2010; Darstellung HWWI.

Die Verwertungsquoten zeigen einerseits, dass es im komplexen Feld der Abfallstatistik begriffliche Spielräume gibt, die die erhobenen Daten und ihre Interpretation beeinflussen. Andererseits zeigen sie auch, dass auf dem Wege zu einer Abfallwirtschaft, die einen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung in Deutschland leistet, erste Erfolge erzielt wurden. Doch stehen weitere Schritte aus, um zu einer echten Kreislaufwirtschaft und zu einer konsistenten statistischen Berichterstattung zu gelangen.

  • 1 Das genannte Abfallaufkommen entspricht dem Nettoaufkommen. Nicht berücksichtigt sind die Abfälle aus Abfallbehandlungsanlagen, die erst seit 2006 zusätzlich ausgewiesen werden. Im Jahr 2008 machten sie 38,2 Mio. Tonnen aus.
  • 2 Vgl. Statistisches Bundesamt: Umwelt, Abfallentsorgung: Vorläufiger Ergebnisbericht 2009, Wiesbaden 2011.
  • 3 Vgl. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Statistiken zur Abfallwirtschaft, 2011, http://www.bmu.de/abfallwirtschaft/statistiken/doc/5886.php.
  • 4 Umweltbundesamt: Aufkommen und Verwertung von Verpackungsabfällen in Deutschland im Jahr 2008, Texte 58/2010, 2010, http://www.uba.de/uba-info-medien/3967.html.

Beitrag als PDF


DOI: 10.1007/s10273-011-1196-8