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Die Wachstumsdynamik der deutschen Wirtschaft hat sich seit Jahresbeginn deutlich abgeschwächt. Nach einem kräftigen Plus Anfang 2014 (+0,8%) hatten sich die Konjunkturaussichten im Laufe des Jahres eingetrübt, so dass das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Frühjahr leicht schrumpfte (-0,1%). Im Sommer ist die deutsche Wirtschaft an einer technischen Rezession vorbeigeschrammt und mit +0,1% im Vergleich zum Vorquartal leicht gewachsen. Stützende Effekte kamen vom privaten Konsum und den Exporten. Die günstige Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt und steigende Reallöhne führten zu einem deutlichen Anstieg der Konsumausgaben. Gleichzeitig sind trotz eines schwierigen weltwirtschaftlichen Umfelds die Exporte stärker gewachsen als die Importe, so dass der Außenbeitrag positiv zum Wachstum beitrug. Gebremst wurde diese Entwicklung von rückläufigen Investitionen und Lagerbeständen. Trotz Nachholbedarfs und äußerst günstiger Finanzierungsbedingungen wurde deutlich weniger in Ausrüstungen investiert. Geopolitische Risiken veranlassten die Unternehmen weiterhin zur Investitionszurückhaltung. Zudem zeigte sich der Wohnungsbau nach zweijähriger Phase niedriger Zinsen und steigender Einkommen weniger dynamisch.

Abbildung 1
Preisbereinigtes BIP in Deutschland
Saison- und arbeitstäglich bereinigt mit Census-Verfahren X-12-Arima
35878.png

1 Veränderung gegenüber dem Vorquartal in %, auf Jahresrate hochgerechnet, rechte Skala.

2 Zahlenangaben: Veränderung gegenüber dem Vorjahr in %.

Quellen: Statistisches Bundesamt; ab 2014: Prognose des HWWI.

Auftragseingänge, Einzelhandelsumsätze und die Indus­trieproduktion sind in der Tendenz immer noch abwärtsgerichtet. Die Weltwirtschaft entwickelt sich verhalten und vor allem der Euroraum erholt sich nur sehr träge. Auf Basis dieser Entwicklung rechnen wir für 2014 mit einem Wachstum von 1,5% des realen BIP. Die deutsche Wirtschaft wächst damit bei annähernd geschlossener Produktionslücke mit Potenzialrate und steht somit auf einem soliden Fundament. Für 2015 rechnen wir mit einem Wachstum von rund 1,3%.

Hierbei wird die Binnenwirtschaft die wichtigste Wachstumsstütze bleiben. Vor allem der private Konsum wird aufgrund der günstigen Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt und steigender Realeinkommen deutlich zum Wachstum beitragen. Auch wenn sich das Beschäftigungswachstum von 0,8% (2014) auf 0,5% (2015) etwas abschwächen wird, bleibt die Lage auf dem Arbeitsmarkt robust. Dennoch stellen die Einführung des Mindestlohnes und die abschlagsfreie Rente mit 63 einen Unsicherheitsfaktor für die Prognose dar. Insgesamt gehen wir davon aus, dass 2015 ähnlich wie in diesem Jahr durchschnittlich rund 2,9 Mio. Personen arbeitslos sein werden. Die Arbeitslosenquote bleibt bei dieser Entwicklung konstant bei 6,3%.

Die derzeit außenwirtschaftlich dämpfenden Effekte werden im nächsten Jahr laut Prognoseannahme nicht zusätzlich belasten, so dass vom Außenhandel vermehrt mit positiven Impulsen zu rechnen ist. Die Exportaussichten sollten sich mit zunehmender Aufhellung der Weltwirtschaft, einer weiteren Abwertung des Euro und sinkenden Ölpreisen wieder verbessern. Insgesamt ergibt sich für 2015 ein positiver Wachstumsbeitrag (0,3%) des Außenhandels.

Tabelle 1
Eckdaten für Deutschland
Veränderung gegenüber dem Vorjahr in %
  2012 2013 2014 2015
Bruttoinlandsprodukt1 0,4 0,1 1,5 1,3
   Private Konsumausgaben 0,7 0,8 1,2 1,6
   Staatliche Konsumausgaben 1,2 0,7 1,1 1,2
   Anlageinvestitionen -0,7 -0,6 2,9 2,7
      Ausrüstungen -3,1 -2,4 3,3 4,5
      Bauten 0,6 -0,1 3,3 1,9
      Sonstige Anlagen 0,1 1,3 0,6 1,9
Inlandsnachfrage -0,9 0,7 1,4 1,1
   Ausfuhr 2,8 1,6 3,8 5,5
   Einfuhr 0,0 3,1 3,9 5,7
Arbeitsmarkt        
      Erwerbstätige 1,1 0,6 0,8 0,5
      Arbeitslose (in Mio.) 2,90 2,97 2,85 2,89
      Arbeitslosenquote2 6,5 6,6 6,3 6,3
Finanzierungssaldo des Staates (in % des BIP) 0,1 0,1 0,3 0,1
Verbraucherpreise 2,0 1,5 1,0 1,5
Leistungsbilanzsaldo3 (in % des BIP) 7,1 6,7 7,0 6,8

1 Preisbereinigt.

2 Arbeitslose in % der inländischen Erwerbspersonen (Wohnortkonzept).

3 In der Abgrenzung der Zahlungsbilanzstatistik.

Quellen: Statistisches Bundesamt; Deutsche Bundesbank; Bundesagentur für Arbeit; ab 2014: Prognose des HWWI.

Gedämpft wird die binnenwirtschaftliche Entwicklung 2014 von der Wirtschaftspolitik. So stellen unter anderem der Mindestlohn und die Rente mit 63 eine direkte Belastung für die deutsche Wirtschaft dar und wirken hemmend auf die Investitionstätigkeit der Unternehmen. Der erhoffte selbsttragende Investitionsaufschwung wird sich weiter verzögern. Das Staatskonto sollte im gesamten Prognosezeitraum einen leicht positiven Finanzierungssaldo aufweisen. Auf der Ausgabenseite führen öffentliche Investitionen und die Leistungsausweitung in der gesetzlichen Rentenversicherung zu Mehrausgaben. Dagegen führt die gegenüber den Jahren 2012 und 2013 belebte Konjunktur zu einem deutlich erhöhten Steueraufkommen. Mögliche Finanzierungsüberschüsse sollten 2015 für öffentliche Investitionen verwendet werden. Die größten Risiken für diese Prognose bestehen weiterhin in der Entwicklung im Euroraum und einer mögliche Eskalation der geopolitischen Krisen. Eine „überraschende“, also schneller und deutlicher als erwartete Zinswende in den USA könnte zudem die Finanzmärkte destabilisieren und einen echten Test für die Robustheit der Weltwirtschaft darstellen.

HWWI-Index der Weltmarktpreise für Rohstoffe

35513.png

2010 = 100, auf US-Dollar-Basis.


HWWI-Index mit Untergruppena 2013 Mai 14 Jun. 14 Jul. 14 Aug. 14 Sep. 14 Okt. 14 Nov. 14
Gesamtindex 122,6 123,7 125,8 122,5 117,3 112,4 102,7 94,1
  (-2,0) (4,9) (6,7) (-0,1) (-6,7) (-10,9) (-16,7) (-21,9)
Gesamtindex, ohne Energie 97,6 97,2 95,2 94,6 94,2 90,4 89,1 88,9
  (-5,3) (0,1) (-0,6) (0,3) (-1,2) (-4,4) (-6,3) (-5,9)
Nahrungs- und Genussmittel 109,0 118,4 112,9 103,8 101,8 95,5 97,6 99,5
  (-11,1) (4,2) (-1,1) (-3,9) (-1,0) (-7,1) (-3,9) (-0,8)
Industrierohstoffe 93,6 89,7 88,9 91,4 91,5 88,6 86,1 85,1
  (-2,7) (-1,8) (-0,4) (2,1) (-1,3) (-3,2) (-7,2) (-7,9)
Agrarische Rohstoffe 93,8 95,1 94,8 94,2 93,3 90,9 89,8 87,4
  (2,0) (2,8) (2,3) (2,7) (0,2) (-3,4) (-6,5) (-9,0)
NE-Metalle 88,1 87,0 88,1 92,5 93,7 91,7 88,5 90,7
  (-7,8) (0,2) (3,2) (11,0) (8,5) (8,2) (2,4) (7,8)
Eisenerz, Stahlschrott 106,8 89,2 83,0 84,8 83,3 77,5 74,9 68,2
  (3,5) (-11,7) (-11,9) (-16,8) (-22,6) (-26,1) (-28,1) (-36,9)
Energierohstoffe 129,2 130,7 133,9 129,9 123,4 118,2 106,2 95,5
  (-1,3) (5,9) (8,2) (-0,2) (-7,7) (-12,1) (-18,7) (-25,1)

a2010 = 100, auf US-Dollar-Basis, Periodendurchschnitte; in Klammern: prozentuale Änderung gegenüber Vorjahr.

Weitere Informationen: http://hwwi-rohindex.org/


DOI: 10.1007/s10273-014-1769-4