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Viele Mitgliedstaaten der Europäischen Union vergeben staatliche Innovationshilfen, um die Innovationstätigkeit von Unternehmen anzuregen. Abhängig davon, ob die Förderung auf der Ebene der Länder, des Bundes oder der Europäischen Union angesiedelt ist, werden unterschiedliche Effekte erzielt. Da jedoch wenige Analysen zur Zielerreichung der unterschiedlichen Programmebenen vorliegen, wird hier untersucht, welche Effekte sich durch föderale Strukturen auf die Vielfalt der geförderten Unternehmen und auf die Effektivität der Förderung ergeben.

Viele europäische Länder unterstützen aktiv privatwirtschaftliche Innovationstätigkeiten, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu steigern. Unabhängig davon, ob man den Koalitionsvertrag auf Bundesebene, die Koalitionsverträge in den Bundesländern oder die Zielsetzungen auf europäischer Ebene betrachtet, nimmt die Forderung nach einer Erhöhung der Innovationskraft eine prominente Stelle ein. In Zahlen ausgedrückt bedeutet dies, dass europaweit 2010 allein von den Nationalstaaten rund 9,7 Mrd. Euro als direkte oder indirekte Hilfsmaßnahmen für Forschung, Entwicklung und Innovation bei der Europäischen Union hinterlegt waren (vgl. Tabelle 1). Dies entspricht 14,5% der generell ausgewiesenen staatlichen Unterstützungsmaßnahmen (Hilfen für Krisen sind in diesen Maßnahmen nicht eingeschlossen).

Die Entwicklung dieser Innovationsförderung unterscheidet sich innerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union stark: Während der Anteil der Innovationsfördermaßnahmen in Deutschland zwischen 2007 und 2012 um 4,4 Prozentpunkte zugenommen und in Frankreich im gleichen Zeitraum um 4,2 Prozentpunkte abgenommen hat, kam es in Belgien zu einem deutlichen Rückgang um 12,8 Prozentpunkte. Rumänien weist nur einen Rückgang von 2,0 Prozentpunkte auf, der jedoch die Innovationsförderung in absoluten Zahlen auf einen Wert nahe Null zurückgehen ließ. Im gleichen Zeitraum erhöhte Portugal den Anteil seiner staatlichen Innovationsfördermaßnahmen um 21,9 Prozentpunkte. Auch in anderen Mitgliedstaaten wie Luxemburg (Erhöhung um 19,8 Prozentpunkte) oder Spanien (Erhöhung um 4,9 Prozentpunkte) ist ein Anstieg zwischen 2007 und 2012 belegt.

Tabelle 1
Staatliche Innovationshilfen 2012
Land in Mio. Euro in % aller Hilfen für das jeweilige Land
EU27 9732,44 14,49
Belgien 416,61 22,50
Bulgarien 1,60 2,08
Dänemark 211,45 8,12
Deutschland 2253,28 18,98
Estland 0,11 0,18
Finnland 230,47 8,69
Frankreich 2108,19 14,07
Griechenland 4,10 0,21
Großbritannien 920,75 18,73
Irland 94,90 10,87
Italien 1030,77 17,98
Lettland 0,87 0,25
Litauen 10,44 4,48
Luxemburg 41,84 43,50
Malta 0,75 0,72
Niederlande 457,10 19,03
Österreich 227,78 15,53
Polen 93,85 3,42
Portugal 209,42 22,75
Rumänien 8,54 1,03
Schweden 119,82 3,71
Slowakei 11,80 9,03
Slowenien 80,10 17,83
Spanien 764,21 19,38
Tschechien 270,90 17,68
Ungarn 161,36 15,01
Zypern 1,35 1,14

Quellen: European Commission: State Aid Scoreboard, 2013; eigene Berechnungen.

Bei der Untersuchung der Wirkung dieser Innovationsförderung wurde in der Vergangenheit häufig angenommen, dass die Förderpolitik in den jeweiligen Ländern einheitlich ist.1 Mit Blick auf sehr unterschiedliche politische Systeme, Geschichte und Größe der Länder ist dies jedoch kritisch zu hinterfragen: Insbesondere in föderalen oder semiföderalen – aber auch in einigen zentralistischen – Ländern innerhalb der Europäischen Union kommt regionalen Förderprogrammen eine besondere und zunehmende Bedeutung zu.

Wenn die regionalen Förderprogramme in Deutschland exakt identische Ziele abdecken würden wie die nationalen Förderprogramme, z.B. das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM) des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi), würde dies ausschließlich zusätzliche Verwaltungsstrukturen schaffen und wäre keine sinnvolle föderale Aufgabenteilung.

Die Zahl der Untersuchungen hierzu ist in Europa begrenzt. Allerdings sind einzelne Untersuchungen in Deutschland sowie im europäischen Ausland in Spanien und insbesondere Katalonien und mit Abstrichen im baltischen und skandinavischen Ostseeraum vorhanden.2 In einer umfassenden Evaluation des ZIM werden auch die verschiedenen Programme der deutschen Bundesländer beleuchtet. Die entsprechende Studie belegt, dass alle Bundesländer – mit Ausnahme von Baden-Württemberg – zum Zeitpunkt der Analyse neben diversen technologie-spezifischen auch Programme zur allgemeinen Innovationsförderung privater Unternehmen anboten.3 Gleichzeitig ist mit Blick auf die angestrebte Vielfältigkeit der regionalen Förderlandschaft festzuhalten, dass neben zweifelsfrei regionalen Besonderheiten, wie der Förderung der Luft- und Raumfahrt in Bremen oder der Schaffung von Institutionen zur Vernetzung der Forschung in Ostdeutschland auch überschneidende Programme auf Landesebene feststellbar sind: Es ist zumindest zweifelhaft, ob wirklich fast jedes deutsche Bundesland einen Schwerpunkt auf nanotechnologische Forschung oder Energieeffizienz aufgrund seiner regionalen Besonderheiten rechtfertigen kann oder ob hier nicht eher eine stärkere Bündelung auf Bundesebene effektiver wäre.

Charakteristika geförderter Unternehmen in Deutschland

Bei der Analyse staatlicher Innovationsförderung sind unabhängig vom gewählten Kriterium immer Selektionsmechanismen zu berücksichtigen: Mit Blick auf die spätere Evaluation von Programmen besteht die Gefahr, dass die verantwortlichen Institutionen von vorneherein diejenigen Unternehmen fördern, bei denen sie eine größere Wahrscheinlichkeit eines Erfolgs vermuten.4 Dieser Effekt kann zu Verzerrungen insbesondere bei der Messung der Effektivität von Fördermaßnahmen führen und ist deshalb besonders bei den politischen Implikationen zu berücksichtigen.

Die Förderlandschaft in Deutschland ist dadurch geprägt, dass es mit den deutschen Bundesländern starke regionale Akteure gibt. Das spiegelt sich teilweise in der Förderung auf europäischer Ebene wider. Für diverse europäische Förderprogramme, die auch Innovationsförderung betreiben, dienen Bundesländer als ausführende Institutionen. Mit Blick auf die Innovationsförderung stellt das ZIM des Bundes jedoch mit deutlichem Abstand das größte finanzielle Volumen. Beachtenswert ist, dass auch 25 Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung eine Vielzahl von Programmen speziell die ostdeutschen Bundesländer fördert. Aufgrund der sehr unterschiedlichen Wirtschaftsstrukturen erscheint dies angemessen, da in den ostdeutschen Bundesländern Großunternehmen mit starken Innovationsstrukturen, die als Anker für andere innovationstätige Unternehmen dienen können, noch immer fehlen und dies durch staatliche Einrichtungen und Fördermaßnahmen zumindest teilweise kompensiert werden soll.5

All diese Aspekte der Vielfalt der Innovationsförderung in föderalen Staaten leiten zur empirischen Untersuchung der verschiedenen Förderebenen. Im Gegensatz zu früheren Studien6 untersucht dieser Beitrag dabei die gesamte Förderung in Deutschland nicht wie einen monolithischen Block, sondern unterscheidet die drei Ebenen der Förderung: Regionale (Landes-)Förderung, nationale (Bundes-)Förderung und europäische (EU-)Förderung. Dies geschieht durch binäre Regressionen (für Deutschland mittels Logit-Regressionen), da die entsprechenden abhängigen Variablen des Erhalts der Förderung von der jeweiligen Ebene binär kodiert sind. Zur besseren Interpretierbarkeit dienen neben den Koeffizienten auch die Odds Ratios bei den Logit-Regressionen.

Als erklärende Variablen dienen dabei verschiedene Firmencharakteristika, wie Unternehmensgröße, Ausgaben für Forschung und Entwicklung, aber auch die Lage des Unternehmens in Deutschland. Für alle Regressionen in Deutschland wird das Mannheim Innovation Panel des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) mit Daten aus dem Jahr 2007 verwendet. Es handelt sich hierbei um ein unbalanciertes Panel, so dass wir die Daten in den Regressionen als Querschnittsdaten verwenden, um die Zahl der Beobachtungen nicht zu reduzieren. Insgesamt befinden sich so 1259 Firmen aus ganz Deutschland in der Stichprobe. Tabelle 2 stellt neben den Erklärungen aller Variablen auch die Ergebnisse der drei logistischen Regressionen dar.

Tabelle 2
Charakteristika geförderter Unternehmen in Deutschland
    Abhängige Variable  
  Landesförderung (suppst) Bundesförderung (suppfe) EU-Förderung (suppeu)
Erklärende Variable Koeffizient Standard-fehler Odds Ratio Koeffizient Standard-fehler Odds Ratio Koeffizient Standard-fehler Odds Ratio
Landesförderung (suppst)           1,3399 *** 0,1817 3,8187 *** 1,2281 *** 0,2345 3,4147 ***
Bundesförderung (suppfe) 1,3413 *** 0,1820 3,8240 ***       4,8022 *** 1,5767 *** 0,2303 4,8389 ***
EU-Förderung (suppeu) 1,1995 *** 0,2313 3,3185 *** 1,5691 *** 0,2302              
KMU (sme) 0,0231   0,2120 1,0233   -0,1782   0,1861 0,8368   -0,5227 * 0,2761 0,5929 *
F&E-Ausgaben in logs (lnrdexp) 0,1501 * 0,0801 1,1620 * 0,0511   0,0676 1,0525   0,3548 *** 0,1061 1,4260 ***
Anteil hochqualifizierter Mitarbeiter (highedu) 0,0036   0,0033 1,0036   0,0164 *** 0,0028 1,0165 *** 0,0148 *** 0,0037 1,0149 ***
Regelmäßigkeit F&E (regularly) 0,1953   0,2088 1,2157   0,6695 *** 0,1845 1,9533 *** 0,5823 ** 0,2929 1,7901 **
Marktanteil (mshare) -0,0023   0,0035 0,9977   -0,0007   0,0030 0,9993   0,0085 ** 0,0038 1,0085 **
Nationaler Marktfokus (national) 0,1305   0,3128 1,1394   0,2315   0,2830 1,2605   -0,8773 ** 0,3495 0,4159 **
Internationaler Marktfokus (international) 0,4546   0,3347 1,5756   0,3239   0,3009 1,3825   -0,5872   0,3690 0,5559  
Hoher Qualitäts-wettbewerb (qualcomp) 0,2247   0,2186 1,2519   0,4674 ** 0,1914 1,5958 ** -0,2083   0,2536 0,8120  
Ostdeutschland (east) 1,3127 *** 0,2535 3,7162 *** 1,1255 *** 0,2388 3,0817 *** -0,7736 ** 0,3196 0,4613 **
Geberland im Länder- finanzausgleich (donor) -0,5032 * 0,2609 0,6046 * 0,3086   0,2264 1,3615   -0,4855 * 0,2864 0,6154 *
_cons -2,7018 *** 0,5146 0,0671 *** -3,4385 *** 0,4708 0,0321 *** -2,0787 *** 0,6025 0,1251 ***
LR chi² (12) 298,38         335,58         209,64        
Prob > chi² 0,0000         0,0000         0,0000        
Pseudo R² 0,2462         0,2282         0,2408        

Bemerkungen: Berechnet mit Stata. *** Signifikanz auf 1%-Niveau. ** Auf 5%-Niveau. * Auf 10%-Niveau.

Quellen: L. Becker: No gains of federalism in innovation support? The case of Germany, in: DRUID society (Hrsg.): Conference Proceedings, 35th DRUID Celebration Conference, 2013, S. 12, http://druid8.sit.aau.dk/druid/acc_papers/rv1s78ke8jm7n4lrad6udnov2bld.pdf (30.3.2015); ZEW: Mannheim Innovation Panel (MIP), 2007.

Wie erwartet lässt sich ein signifikanter Effekt für Firmen mit Sitz in Ostdeutschland (east) feststellen, der sowohl bei regionalen als auch bei nationalen Maßnahmen positiv verläuft. Lediglich für die Europäische Union erscheint dieser Koeffizient negativ, wenn auch weniger signifikant – was mit dem höheren Koordinierungsbedarf und einhergehenden Problemen für die kleinteiligeren Strukturen in Ostdeutschland erklärt werden kann.7 Neben dieser regionalspezifischen ostdeutschen Perspektive ist der negative, wenn auch nur schwach signifikante Koeffizient für Firmen aus Geberländern des Länderfinanzausgleichs (donor) bei regionalen Programmen beachtenswert. In diesen Ländern stehen offensichtlich für die Firmen insgesamt weniger regionale Programme zur Verfügung oder diese sind schwerer zu erreichen.

Ein schwach signifikanter negativer Koeffizient für die Förderung kleiner und mittlerer Unternehmen (sme) durch die europäische Ebene zeigt, dass die europäische Förderung kleine und mittlere Unternehmen (KMU) schlechter als Großunternehmen erreicht. Der Koeffizient ist auch auf nationaler Ebene für KMU negativ, wenn auch nicht signifikant, was die Erkenntnis der europäischen Ebene unterstreicht. Er erreicht zwar ebenfalls keine Signifikanz bei regionalen Programmen, zeigt jedoch ein positives Vorzeichen, was den empirischen Ergebnissen aus anderen föderalen Ländern entspricht und aufzeigt, dass regionale Programme in föderalen Staaten kleine und mittlere Unternehmen besser erreichen als nationale oder supranationale Programme.

Für nationale und europäische Förderprogramme zeigen sowohl der Anteil der hochqualifizierten Beschäftigten (highedu) als auch die Kontinuität der Innovationstätigkeit (regular) hoch signifikante positive Koeffizienten, wohingegen diese Faktoren in regionalen Programmen durch fehlende Signifikanz und erheblich niedrigere Koeffizienten auffallen. Relevant und positiv auf allen Ebenen ist die Höhe der finanziellen Aufwendungen der Unternehmen für Forschung und Entwicklung (lnrdexp).

Die Position am Markt ist insbesondere für nationale und supranationale Programme relevant: Während ein höherer Grad an Qualitätswettbewerb (qualcomp) einen signifikanten und positiven Koeffizienten auf nationaler Ebene zeigt, ist auf europäischer Ebene die positive Wirkung eines höheren Marktanteils (mshare) und die negative Wirkung einer Ausrichtung auf nationale Märkte (national) signifikant sichtbar. Der ebenfalls negative Koeffizient für internationale Marktausrichtung (international) ist nicht signifikant. Beide Marktausrichtungskoeffizienten unterscheiden sich auf europäischer Ebene in ihrer negativen Ausrichtung von den Koeffizienten in den Regressionen für regionale und nationale Förderprogramme.

Zusammenfassend stellen wir für Deutschland aus den Ergebnissen der Regressionen fest, dass die Programme auf regionaler, nationaler und europäischer Ebene unterschiedliche Zielgruppen ansprechen, da die erklärenden Variablen deutliche Unterschiede aufzeigen. Somit kommt es nicht zu einer massiven Überlappung. Insbesondere für die Förderung von KMU erscheint ein breiteres Angebot unterschiedlicher Ebenen durchaus sinnvoll. Das bedeutet, dass es im Bereich der Innovationsförderung im föderalen Gefüge zu einer sinnvollen Arbeitsteilung kommt.

Tabelle 3
Kategorisierung von Ländern nach Föderalismusgrad in der Europäischen Union
Föderal und dezentralisiert Semiföderal Zentralistisch und zentralisiert
Belgien (seit 1993) Deutschland Dänemark Finnland Großbritannien (seit 1998) Niederlande Österreich Spanien Schweden





Bulgarien Estland Frankreich Griechenland Irland Italien Lettland Litauen Luxemburg Malta Portugal Rumänien Slowakei Slowenien Tschechien Ungarn














Bemerkungen: Als semiföderale Nationen werden hierbei Staaten bezeichnet, die weder klar dezentralisierte und föderale Strukturen, noch klar zentralisierte und zentralistische Strukturen besitzen. Drei Unterkategorien aus der Originalquelle werden zu einer Kategorie „semiföderal“ aggregiert.

Quellen: A. Lijphart: Patterns of democracy. Government forms and performance in thirty-six countries, New Haven 2012, S. 178; A. Roberts: What Kind of Democracy Is Emerging in Eastern Europe?, in: Post-Soviet Affairs, 22. Jg. (2006), H. 1, S. 44.

Föderale und semiföderale Strukturen begünstigen kleine und mittlere Unternehmen in Europa

Auf europäischer Ebene lassen sich anhand von Daten der Community Innovation Survey (CIS) von Eurostat aus dem Jahr 2008 ähnliche Schlüsse für 16 Mitgliedstaaten der Europäischen Union ziehen.8 Zur Untersuchung der Auswirkung föderaler Strukturen ordnen wir hierzu die Nationen in Tabelle 3 den Kategorien föderal, semiföderal und zentralistisch zu. Regionale Programme in föderalen oder semiföderalen Nationen erreichen kleine und mittlere Unternehmen besser als zentralisierte und zentralistische Strukturen. Zentralistische EU-Mitgliedsländer hingegen erreichen nur bei Komponenten der europäischen Förderung einen positiven Effekt für kleine und mittlere Unternehmen. Verglichen mit Großunternehmen haben kleine und mittlere Unternehmen europaweit beim Erhalt nationaler Förderung einen Nachteil. Dies gilt in semiföderalen und föderalen Nationen auch für den Erhalt europäischer Förderung.

Andere Einflussfaktoren, wie die Kontinuität der Innovationstätigkeit, aber auch die Höhe der Ausgaben für diese, zeigen positive und signifikante Koeffizienten – hier allerdings auf allen Ebenen. Teilweise sind jedoch diese Berechnungen nur in 14 oder 15 EU-Mitgliedstaaten möglich, da nicht für alle Nationen vollständige Daten vorliegen. Anders als in Deutschland zeigen die Koeffizienten für Marktausrichtungen keine eindeutige Tendenz in den Länderstudien zu Europa. Deutliche Unterschiede zwischen den verschiedenen politischen Systemen treten in der Analyse hervor. Insbesondere der untersuchte Aspekt der Förderung kleiner und mittlerer Unternehmen wird hierbei vor allem durch regionale Programme semiföderaler und föderaler Länder erreicht.

Effektivität der Förderung in föderalen Systemen unklar

Die Effektivität staatlicher Innovationsfördermaßnahmen untersuchen viele Studien anhand des Kriteriums der Additionalität der Förderung. Untersuchungen für Deutschland bestätigen eine Additionalität, obgleich in unterschiedlicher Höhe. Diese reicht von 0,28 Euro zusätzlicher privater Innovationsaktivitäten pro Euro staatlicher Förderung9 bis zu einem Euro zusätzlicher privater Innovationsaktivitäten pro Euro staatlicher Förderung.10 Auch in anderen europäischen Ländern zeigt sich ein ähnliches Bild mit zumindest teilweiser Additionalität.

Da Innovationen nicht Selbstzweck, sondern vielmehr das Mittel zu Erreichung des Zwecks höherer Wettbewerbsfähigkeit sein sollen, kann die Frage der Effektivität nicht auf die Frage der Additionalität beschränkt bleiben.11 Sie analysiert zwar die Gefahr eines möglichen Crowding-Out, beantwortet aber nicht die Frage, ob durch eine Innovation wirklich die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens oder Landes erhöht wird. Die Effekte, die bei Untersuchungen zu Wachstumspfaden, Arbeitsproduktivität oder Innovationstätigkeit in verschiedenen europäischen Ländern und im europäischen Vergleich sichtbar werden, sind eher als gering beziehungsweise unklar einzustufen.

Zur Analyse dieser Fragestellung in Deutschland wird erneut das Mannheim Innovation Panel von 2007 herangezogen. In diesen Regressionen besteht die Stichprobe aus 6069 Beobachtungen. Diesmal dienen die Förderungen der drei Ebenen (Landes-, Bundes-, EU-Förderung) jedoch als erklärende Variablen der abhängigen Variablen für den Anstieg respektive das Absinken von Umsatz (turn­up, turndown) sowie Umsatzrendite (rosup, rosdown). Wie Tabelle 4 zeigt, sind die Ergebnisse in Deutschland auf den verschiedenen Förderebenen nicht eindeutig. Für regionale und europäische Fördermaßnahmen zeigt sich kein gewünschter Effekt, dieser wird nur für nationale Programme bei Entwicklung von Umsatzrendite und Umsatz sichtbar.

Tabelle 4
Wirkung staatlicher Förderung auf Umsatz und Umsatzrendite von Unternehmen in Deutschland
  Abhängige Variable
  Umsatzanstieg (turnup) Umsatzrückgang (turndown) Anstieg Umsatzrendite (rosup) Rückgang Umsatzrendite (rosdown)
Erklärende Variable Koeffi- zient Standard- fehler Odds Ratio Koeffi- zient Standard- fehler Odds Ratio Koeffi- zient Standard- fehler Odds Ratio Koeffi- zient Standard- fehler Odds Ratio
Landes- förderung (suppst) -0,1640 0,1139   0,8487   0,2316 0,1156 ** 1,2606 ** 0,0015 0,1304   1,0015   0,0758 0,1796   1,0787  
Bundes- förderung (suppfe) 0,6039 0,1116 *** 1,8292 *** -0,6078 0,1152 *** 0,5445 *** 0,5279 0,1158 *** 1,6954 *** 0,1483 0,1661   1,1599  
Europa- förderung (suppeu) 0,2172 0,1499   1,2426   -0,2123 0,1539   0,8087   -0,2907 0,1696 * 0,7477 * -0,2406 0,2417   0,7861  
_cons 0,3614 0,0278 *** 1,4354 *** -0,5254 0,0283 *** 0,5913 *** -1,3857 0,0341 *** 0,2501 *** -2,2453 0,0464 *** 0,1059 ***
LR chi² (3) 43,87         40,13         22,44         1,67        
Prob > chi² 0,0000         0,0000         0,0001         0,6442        
Pseudo R² 0,0054         0,0050         0,0036         0,0004        

Bemerkungen: Berechnet mit Stata. *** Signifikanz auf 1%-Niveau. ** Auf 5%-Niveau. * Auf 10%-Niveau.

Quelle: L. Becker: No gains of federalism in innovation support? The case of Germany, in: DRUID society (Hrsg.): Conference Proceedings, 35th DRUID Celebration Conference, 2013, S. 12, http://druid8.sit.aau.dk/druid/acc_papers/rv1s78ke8jm7n4lrad6udnov2bld.pdf (30.3.2015); ZEW: Mannheim Innovation Panel (MIP), 2007.

Im europäischen Vergleich ist ein gewünschter Effekt nur bei der Arbeitsproduktivität ableitbar. Effekte bei der Entwicklung der Beschäftigtenzahlen und der Umsatzentwicklung laufen eher auf einen Rückgang hinaus. Klare Ländereffekte für föderale, semiföderale und zentralistische Länder lassen sich nicht finden.12 Zusammenfassend ist mit Blick auf die Effektivität ein unklarer Nutzen für föderale Strukturen festzustellen und nach ersten Erkenntnissen für Deutschland insbesondere auch eine Untersuchung der Maßnahmen der Bundesländer und der Europäischen Union notwendig.

Folgen für politisches Handeln

Aus den Analysen der Charakteristika der Unternehmen ergeben sich wie auch aus den Erkenntnissen zur Effektivität der staatlichen Innovationsförderung Folgen für politisch Handelnde. Die Politik strebt einerseits eine große Vielfalt geförderter Unternehmen, besonders kleinerer Unternehmen, an und verfolgt andererseits das Ziel, möglichst effektiv zu fördern. Die unterschiedlichen Charakteristika der von den drei Ebenen geförderten Unternehmen in Deutschland ebenso wie die Effekte für kleine und mittlere Unternehmen im europäischen Vergleich machen deutlich, dass semiföderale und föderale Systeme KMU besser erreichen und so Barrieren zur Innovationstätigkeit umfassender reduzieren als es zentralistische Systeme oder nationale Programme allein könnten.

Dies spricht grundsätzlich für eine Aufgabenteilung und Koordinierung zwischen den Ebenen und gegen eine starke Überlappung der unterschiedlichen Programmebenen mit entsprechenden Wohlfahrtsverlusten. Dennoch wäre eine weitergehende Fokussierung der regionalen Programme auf die spezifischen Gegebenheiten, wie sie z.B. bereits heute in Teilen Ostdeutschlands erfolgreich praktiziert wird, für alle Bundesländer sinnvoll, um die Effektivität der Förderung zu erhöhen. Mit Blick auf die Effektivität erscheint eine Fokussierung auf der nationalen Ebene vorteilhafter. Jedoch bleiben die empirischen Ergebnisse hierbei unklar. Zu beachten ist ferner, dass durch Selektionsprobleme insbesondere die Schwerpunktsetzung auf kleinere Unternehmen per se zu einem Rückgang der Effektivität der Förderung führen kann. Die Wahrscheinlichkeit, dass größere Unternehmen sowohl innovationstätiger als auch erfolgreicher und wettbewerbsfähiger sind und deshalb eher für Programme ausgewählt werden, ist hierbei von politisch Handelnden zu berücksichtigen. Politische Entscheider müssen die Abwägung zwischen größerer Vielfalt der geförderten Unternehmen oder größtmöglicher Effektivität der Förderung treffen. Zusammenfassend und abwägend lässt sich eine positive Wirkung föderaler Förderstrukturen belegen, obgleich damit Verluste bei der Effektivität verbunden sein können.

  • 1 Vgl. exemplarisch K. Hussinger: R&D and Subsidies at the Firm Level. An Application of Parametric and Semiparametric Two-Step Selection Models, in: Journal of Applied Econometrics, 23. Jg. (2008), H. 6, S. 729-747.
  • 2 L. Becker: No gains of federalism in innovation support? The case of Germany, in: DRUID society (Hrsg.): Conference Proceedings, 35th DRUID Celebration Conference, 2013, http://druid8.sit.aau.dk/druid/acc_papers/rv1s78ke8jm7n4lrad6udnov2bld.pdf (30.3.2015); A. Fernández-Ribas: Public support to private innovation in multi-level governance systems: an empirical investigation, in: Science and Public Policy, 36. Jg. (2009), S. 457-467; A. Vitola: Innovation policy mix in a multi-level context. The case of the Baltic Sea Region countries, in: Science and Public Policy, Oktober 2014.
  • 3 M. Kulicke et al.: Evaluierung des Programmstarts und der Durchführung des „Zentralen Innovationsprogramms Mittelstand (ZIM)“, Endbericht, Karlsruhe/Berlin 2010, S. 79.
  • 4 Vgl. D. Radicic, G. Pugh: The impact of innovation support programmes on SME innovation in traditional manufacturing industries. An evaluation for seven EU regions, in: DRUID society (Hrsg.): Conference Proceedings, DRUID Academy, 2013, S. 20, http://druid8.sit.aau.dk/acc_papers/bqon0p6k7nppx07f6gk96qmm0cte.pdf (15.10.2014); U. Cantner, S. Kösters: Picking the Winner? Empirical Evidence on the Targeting of R&D Subsidies to Start-Ups, in: Small Business Economics, 39. Jg. (2012), H. 4, S. 932 f.
  • 5 H. Belitz, A. Eickelpasch, A. Lejpras: Technologieoffene Förderung: Zentrale Stütze der Industrieforschung in Ostdeutschland, in: DIW Wochenbericht, 77. Jg. (2010), H. 51-52, S. 4.
  • 6 D. Czarnitzki, A. Fier: Do Innovation Subsidies Crowd Out Private Investment? Evidence from the German Service Sector, in: Applied Economics Quarterly (Konjunkturpolitik), 48. Jg. (2002), H. 1, S. 1-25; K. Hussinger, a.a.O.
  • 7 In den direkten Programmen der Europäischen Union wird z.B. häufig eine Kooperation mit Institutionen aus mindestens zwei anderen Mitgliedsländern der EU vorausgesetzt. Dieses Ziel ist für global agierende Großunternehmen erheblich leichter zu erreichen als für mittelständische Unternehmen, die den Großteil der Unternehmen in Ostdeutschland ausmachen.
  • 8 L. Becker, K. Bizer: Federalism and innovation support for small and medium-sized enterprises. Empirical evidence in Europe 2015, http://wwwuser.gwdg.de/~cege/Diskussionspapiere/DP245.pdf (27.5.2015).
  • 9 A. Fier, D. Czarnitzki: Zum Stand der empirischen Wirkungsanalyse der öffentlichen Innovations- und Forschungsförderung, S. 4, http://www.zew.de/de/publikationen/evaluationinno/ZEW_Ueberblick_Wirkungsanalyse.pdf (11.3.2015).
  • 10 K. Hussinger, a.a.O., S. 743.
  • 11 Vgl. G. Cerulli: Modelling and Measuring the Effect of Public Subsidies on Business R&D. A Critical Review of the Econometric Literature, in: Economic Record, 86. Jg. (2010), H. 274, S. 421-449.
  • 12 L. Becker: Effectiveness of public innovation support in Europe. Does public support foster turnover, employment and labour productivity?, http://wwwuser.gwdg.de/~cege/Diskussionspapiere/DP236.pdf (26.3.2015).

Title:Federalism and Public Innovation Support: Effects and Policy Implications

Abstract:Public innovation support claims to reach out to firms facing barriers hindering them from innovating, especially smaller firms. Earlier studies showed that governmental programmes do not fulfil those aims. But the distinctions between different political levels introducing programmes were rarely analysed. The authors’ empirical evidence from Germany and Europe shows that regional programmes and decentralised structures reach smaller companies better than national or European level programmes. Empirical evidence on the effectiveness of public support from different levels is less clear. Policy makers have to consider a trade-off between a bigger variety of firms receiving support and the reduced effectiveness of public support.


DOI: 10.1007/s10273-015-1840-9