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Veranstaltungsrückblick: Harald Trabold: Kapital Macht Politik

Dienstag, 16.09.2014

18:00 – 19:30 Uhr

ZBW, Raum 519
Neuer Jungfernstieg 21
Hamburg

Harald Trabold stellte am 16. September sein Buch „Kapital Macht Politik“ im vollbesetzten Tagungsraum der ZBW Hamburg vor. Seine provokante These setzte er gleich an den Anfang der Buchpräsentation: „Das Kapital verwendet seinen Reichtum dazu, die westlichen Demokratien in demokratisch legitimierte Plutokratien zu verwandeln.“ Als Kronzeugen für seine These zitiert er die ansonsten unverdächtigen Journalisten und Politiker Al Gore, Kevin Phillips und Jens Jessen.

Buchcover: Kapital Macht Politik

Harald Trabold stellte am 16. September sein Buch „Kapital Macht Politik“ im vollbesetzten Tagungsraum der ZBW Hamburg vor. Seine provokante These setzte er gleich an den Anfang der Buchpräsentation: „Das Kapital verwendet seinen Reichtum dazu, die westlichen Demokratien in demokratisch legitimierte Plutokratien zu verwandeln.“ Als Kronzeugen für seine These zitiert er die ansonsten radikaler Kapitalismuskritik unverdächtigen Journalisten und Politiker Al Gore, Kevin Phillips und Jens Jessen.

Trabold meint, die „Plutokraten“ haben erkannt, dass das derzeitige Politiksystem die kostengünstigste und ertragreichste Form der politischen Herrschaft sei, die zudem den moralischen Vorteil bietet, durch demokratische Wahlen legitimiert zu sein. Schon der bekannte Ökonom John Kenneth Galbraith hatte drei Formen der Machtausübung beschrieben, die repressive, die kompensatorische und die konditionierte, wobei die letzten beiden in der Plutokratie angewendet werden: „Die Menschen richten ihr tägliches Leben im Sinne der Machthaber aus, ohne dies als Machtausübung wahrzunehmen (Konditionierung).“ Das Kapital habe aber die Ressourcen, seine Protagonisten durch Job-Angebote oder – im Falle von Zeitungen – durch die Vergabe von Anzeigenaufträgen für ihr Wohlwollen zu entlohnen (kompensatorische Macht).

Trabold sieht als Mittel zur Umwandlung von ökonomischer in politische Macht das Lobbying und die Propaganda, die teilweise auch von Ökonomen verbreitet wird, wie beispielsweise von der Chicago School oder den Anhängern Hayeks. Aber auch die Etablierung von Begriffen wie „Lohnkosten“, was impliziert, Löhne seien lediglich ein Kostenfaktor und nicht die Entlohnung für essenzielle Inputs in die Produktion, trage zu einer Meinungsbildung im Sinne der „Plutokraten“ bei.

In der anschließenden von Brigitte Preissl moderierten Diskussion ging es um das Investitionsschutzabkommen als Teil des TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnership), um die Datenschutzproblematik, die Frage, wer die Plutokraten seien und schließlich, was getan werden könne, um das System wirklich zu demokratisieren. Trabold setzt dabei vor allem auf Bürgerbewegungen und direkte Demokratie sowie auf Genossenschaften. Eine Reduzierung staatlicher Macht hält er allerdings nicht für geboten, eher sollten die Steuern auf Kapitalerträge erhöht werden, damit die wirtschaftlichen Ressourcen besser geteilt werden können.

 

Zum Buch

Wer das Erstarken des Kapitalismus und speziell der Finanzbranche verstehen will, wer wissen möchte, warum die westlichen Demokratien eine systemrelevante Großbank nach der anderen mit bislang unvorstellbaren Summen gerettet haben, der muss die Frage nach Mechanismen hinter den Machtstrukturen unserer Gesellschaft stellen.

Die Macht des Volkes ist da längst zu einer Phrase in Sonntagsreden verkommen. Harald Trabold meint, in den westlichen Demokratien herrsche nicht mehr das Volk, sondern das Kapital. Politiker regieren die Bürger, aber Finanzmärkte und Großkonzerne regieren die Politik. Lobbyisten steuern die Gesetzgebung zum Wohl der Großkonzerne und das Bildungssystem erzieht ökonomisch verwertbaren Nachwuchs.

Doch stehen wir auf verlorenem Posten? Harald Trabold demonstriert, wie die Bürgerinnen und Bürger ihre eingebüßte Macht zurückerobern können. Dafür müssen sie jedoch bereit sein, sich in neuer Freiheit gegen die Herrschaft der Konzerne und Reichen zu behaupten und den Kapitalismus in die Schranken zu weisen.

Noch ist es nicht zu spät, resümiert Harald Trabold in seinem neuen Buch „Kapital Macht Politik – Die Zerstörung der Demokratie“.

Das Buch „Kapital Macht Politik“ ist im Juli 2014 im Tectum Wissenschaftsverlag erschienen. Weitere Literatur von Harald Trabold finden Sie im bei EconBiz, dem Online-Katalog der ZBW.

 

Zum Autor

Prof. Dr. Harald Trabold hat nach seinem VWL-Studium in Regensburg und Boulder (USA) je zwei Jahre für die KfW (Frankfurt) und die UNCTAD (Genf) gearbeitet. Von 1990 bis 2004 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter am DIW Berlin, Forschungsschwerpunkt Globalisierung. 1998 folgte die Promotion an der FU Berlin, und er war Visiting Scholar am MIT (USA).

Seit 2005 ist er Professor für Volkswirtschaftslehre an der Hochschule Osnabrück, wo er seit 2011 den Studiengang Angewandte Volkswirtschaftslehre leitet. Er war lange als Berater für UN-Organisationen, die Europäische Kommission und das Wirtschaftsministerium tätig.