Wirtschaftsdienst - Zeitschrift für Wirtschaftspolitik

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Heft 6, Juni 2011

In der Juni-Ausgabe des Wirtschaftsdienst befassen sich neben dem Zeitgespräch zwei weitere Artikel mit der Schuldenkrise in der Europäischen Union. Dirk Meyer (Helmut-Schmidt-Universität Hamburg) analysiert den Begriff der destabilisierenden Spekulation im Zusammenhang mit der Staatschuldenkrise für einzelne Euromitgliedsländer. Armin Steinbach (Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie Berlin) macht auf das Risiko einer zunehmenden Spreizung nationaler Inflationsraten in der Eurozone aufmerksam. Seine Vorschläge zur Minimierung dieses Risikos dienen zugleich einer Verbesserung des makroökonomischen Umfeldes für die EZB-Zinspolitik.

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Wohin entwickelt sich die Europäische Union?

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THEMA DES MONATS
Wohin entwickelt sich die Europäische Union?

Die finanziellen Hilfspakte für Griechenland, Irland und Portugal, die Einschätzung, dass weitere Hilfspakete für finanziell wankende Länder aufgelegt werden, sowie der Beschluss, ab 2013 einen permanenten Rettungsschirm einzurichten, haben in weiten Teilen der Öffentlichkeit aber auch in der Politik zu der Befürchtung geführt, dass die EU auf dem Weg Transferunion sei. Ein Szenario, das eigentlich von den Architekten des europäischen Projektes nicht intendiert war. Prof. Dr. Stephan Leibfried (Universität Bremen), Prof. Dr. Renate Ohr (Universität Göttingen), Prof. Dr. Christoph Degenhart (Universität Leipzig), Prof. Dr. Heiner Flassbeck (UNCTAD) und Friederike Spiecker sowie Dr. Konrad Lammers (Europa-Kolleg Hamburg) diskutieren in der aktuellen Ausgabe des Wirtschaftsdienst die Tragweite dieser nun scheinbar unabwendbaren Entwicklung.

Leibfried stellt in seinem Beitrag fest, dass eine Finalität in der Entwicklung der Europäischen Integration noch nicht erreicht ist und auch in Zukunft nicht erreicht werden kann. Er bezieht die aktuelle Problematik in der EU auf ein unauflösbares Dilemma, "zwischen einer sinnvollen Problemlösung, die eben meist nur europäisch, international und transnational zu haben ist, und einer territorial definierten politischen Identität in den Köpfen der EU-Bürger".

Ohr analysiert die Europäische Union und ihre rasante Entwicklung zur Währungsunion nach clubtheoretischen Kosten-Nutzen-Überlegungen der Mitgliedsländer. "Dabei ist die optimale Größe der Gemeinschaft negativ abhängig vom Grad der Heterogenität der Volkswirtschaften und vom Ausmaß der gemeinsamen Politik", erläutert Ohr. Die heutige Währungsunion besteht aus einer Vielzahl heterogener Mitgliedsländer, die weiterhin auf ihre nationale Souveränität in wesentlichen Elementen der Wirtschaftspolitik pochen. Dies stelle eine Gefahr für die gesamte Integration in der EU dar, konstatiert die Autorin. Ein [vorübergehender] Austritt überschuldeter Länder aus der Währungsunion müsse dabei als ernstzunehmende Alternative in Betracht gezogen werden.

Degenhart sieht die Europäische Union durch die Schaffung eines dauerhaften Rettungsschirms in ihrer Entwicklung einen weiteren Schritt in Richtung auf bundesstaatliche Strukturen und in eine europäische Transferunion zugehen. Er verweist in seinem Beitrag aus verfassungsrechtlicher und europarechtlicher Sicht auf den für nach 2013 beschlossenen Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM), nach dem "die leistungsstärkeren Mitglieder des Euroraumes Einstandspflichten für die leistungsschwächeren Länder übernehmen". Die damit verbundene Entwicklung der EU hin zu einer quasi-föderalen Einstands- und Haftungsgemeinschaft und insbesondere die dafür vorgesehene Änderung der sogenannten "No-Bailout-Klausel" aus dem Lissabon-Vertrag kritisiert Degenhart und fürchtet um Glaubwürdigkeit und Akzeptanz in der Bevölkerung und einer Entfremdung zwischen Bürgern und EU.

Flassbeck und Spiecker halten für die Zukunft einer langfristig funktionierenden Europäischen Währungsunion einen Systemumbau für erforderlich. Zentrale Bedingung für die dauerhafte Funktionstüchtigkeit einer gemeinsamen Währungsunion stelle dabei die Übereinstimmung der nationalen Inflationsraten dar, "geeint und konsequent anzusteuern durch eine entsprechende nationale Lohnpolitik". Die fehlende Koordinierung der Lohnpolitik innerhalb der EWU habe zur Folge, dass die weniger preisstabilen Länder dauerhaft Marktanteile beim internationalen Handel einbüßen und sich zunehmend ohne jede Rückzahlungsperspektive bei den Überschussländern verschulden.

Lammers sieht den Wendepunkt in der EU Strategie im Aufheben des Bailout-Verbots. Damit sind zwischenstaatliche Transfers als Anpassungsinstrument möglich. Die Hilfspakete für überschuldete Mitgliedsstaaten und die Beschlüsse über den permanenten Rettungsschirm ab 2013 würden bereits eine Art Transferunion realisieren, so Lammers. Er hält dies für den Preis, der für den politischen Gehalt der Integration zu zahlen wäre, sofern dieser gegen die ökonomische Logik spricht. Dabei betont der Autor die Notwendigkeit der Einrichtung einer Governance innerhalb der Währungsunion, "die eine verantwortliche Wirtschafts- und Haushaltspolitik der Mitgliedstaaten erzwingen kann".

WEITERE THEMEN AUS DER AKTUELLEN AUSGABE

Weltklimarat: Politische Entscheidungen gefragt

Was kann die Nutzung erneuerbarer Energien weltweit zur Vermeidung des Klimawandels beitragen? Die ist die zentrale Frage, die dem Mitte Juni 2011 veröffentlichten "Special Report on Renewable Energy Sources and Climate Change Migration" der Arbeitsgruppe III des Weltklimarates (IPCC) zugrunde liegt.
Ein Kommentar von Dr. Markus Groth (Helmholtz-Zentrum Geesthacht)

Toleranz, Talente und Technologien - die räumliche Verteilung der Kreativen Klasse in Deutschland

Für die Entwicklung einer Volkswirtschaft sind Menschen mit technologischer und ökonomischer Kreativität von großer Bedeutung. Richard Florida hat für die USA einen Ansatz zur Identifizierung dieser sogenannten Kreativen Klasse und zur Erklärung ihrer räumlichen Verteilung entwickelt, der weltweit Aufmerksamkeit gefunden hat. Die Autoren haben diesen Ansatz auf Deutschland übertragen.
Eine Analyse von Christian Gottschalk und Dr. Rüdiger Hamm (Hochschule Niederrhein)

Erfolg von Existenzgründungen aus der Arbeitslosigkeit

Die Förderung von Existenzgründungen aus der Arbeitslosigkeit hat Tradition: Bis in die Zeit der Weimarer Republik reichen ihre Wurzeln. Heute spielt die Gründungsförderung eine wichtige Rolle in der aktiven Arbeitsmarktpolitik. Schon seit langem sind die diversen Förderprogramme auch immer wieder Gegenstand wissenschaftlicher Evaluation.
Ein Bericht von Susanne Noll und Dr. Frank Wießner (Bundesagentur für Arbeit)

Das Juni-Heft des Wirtschaftsdienst im Netz

AUSBLICK AUF DIE NÄCHSTE AUSGABE

Zeitgespräch:
Der Rettungsschirm und die Banken: Gibt die Politik die richtigen Signale?

Sebastian Dullien und Mark Schieritz
Die deutsche Investitionsschwäche: Die Mär der Standortprobleme

Ökonomische Trends:
Ergebnisse des Konjunkturpakets II

VERANSTALTUNGEN DES WIRTSCHAFTSDIENST

Buchvorstellung "Wachstum!" mit Karl-Heinz Paqué

DIENSTAG, 28. Juni 2011, 18.00 UHR | ZBW HAMBURG

Wirtschaft ist ohne Wachstum undenkbar: Unternehmen wollen ihre Gewinne steigern, Anteilseigner ihre Aktienkurse, ganze Volkswirtschaften ihr Bruttoinlandsprodukt. Wer nicht wächst, stirbt, so scheint es. Doch diese Sicht wird zunehmend in Frage gestellt. Immer mehr Wachstumskritiker fordern die Abkehr vom "Wachstumswahn". Ihre Argumente: Wachstum zerstört unsere Lebensgrundlagen, es führt zu unbeherrschbaren Finanzkrisen, es spaltet die Gesellschaft in Arm und Reich.

Prof. Dr. Karl-Heinz Paqué ist Dekan der Fakultät für Wirtschaftswissenschaft und Inhaber des Lehrstuhls für Internationale Wirtschaft an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg. Von 2002 bis 2006 war er Finanzminister des Landes Sachsen-Anhalt.

Weitere Details und Anmeldung

Herausgeber der Zeitschrift

ZBW - Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft
Die Leibniz-Einrichtung ZBW ist eine Stiftung öffentlichen Rechts.

Verlag

Der Wirtschaftsdienst erscheint im Springer-Verlag Berlin Heidelberg.
Nutzen Sie SpringerAlerts für kostenlose Inhaltsverzeichnisse des Wirtschaftsdienst per E-Mail:
http://www.springer.com/economics/policy/journal/10273

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