In der Januar-Ausgabe 2014 des Wirtschaftsdienst erschien ein Aufsatz von Stefan Schäfer zur Unabhängigkeit von Zentralbanken. Dabei ging es unter anderem darum, woran deren Erfolg zu messen sei. Arne Heise ergänzt hier die Ergebnisse von Untersuchungen, die von einer Interaktion zwischen Zentralbank- und Lohnpolitik und ihren Wirkungen auf Inflation, Arbeitslosigkeit und Wohlstand ausgehen. Stefan Schäfer setzt sich in einem weiteren Beitrag mit diesen Ergebnissen auseinander.
Sollten Zentralbanken unabhängig sein? – Ergänzungen
In einem interessanten Artikel in dieser Zeitschrift1 befasst sich Stefan Schäfer mit einem der unumstößlichsten Dogmen der deutschen akademischen Wirtschaftspolitik: Zentralbankunabhängigkeit ist eindeutig positiv mit Preisstabilität korreliert. Dieser institutionstheoretisch begründbare Zusammenhang ist empirisch zwar immer schon hinterfragt worden, doch schien die überwiegende Mehrheit der Studien nicht nur den positiven Zusammenhang zwischen Zentralbankunabhängigkeit und Inflationsperformanz, sondern auch zwischen Zentralbankunabhängigkeit und Inflationsvarianz (also der Volatilität der Inflation, die für die Informationsunsicherheit der Wirtschaftssubjekte von größerer Bedeutung ist als die Höhe der Inflationsrate per se) zu bestätigen. Jüngere Studien, die Schäfer benennt, greifen – einmal mehr2 – die Aussagekraft der den empirischen Studien zugrundeliegenden Unabhängigkeitsindizes an. Allerdings geht es hierbei nicht allein darum, Raum für eine diskretionäre Geldpolitik seitens einer weniger unabhängigen Zentralbank im Sinne keynesianischer Stabilisierungspolitik zu schaffen, sondern darum, Zentralbanken eine klare Regelbindung abzufordern, statt auf schwer bestimm- und messbare Unabhängigkeit abzustellen.
Hier nun kommt ein Versäumnis Schäfers ins Visier: Die Zentralbankunabhängigkeit war nicht nur aufgrund der überlegenen Preisstabilitätsperformanz so beliebt, sondern vor allem, weil dies scheinbar ohne realwirtschaftliche Kosten erreicht werden konnte: „Having an independent central bank is almost like having a free lunch; there are benefits but no apparent costs in terms of macroeconomic performance“, formulieren mit Grilli/Masciandaro/Tabellini3 einflussreiche Theoretiker der Zentralbankunabhängigkeit. Damit wird nicht nur die Preisstabilitätsorientierung als alleiniges Ziel einer Zentralbank soweit empirisch gefestigt, dass daraus – im Falle der Bundesrepublik mit seiner Bundesbank – eine regelrechte „Stabilitätskultur“ werden konnte, es konnten auch alle konkurrierenden theoretischen Paradigmen zurückgewiesen werden, die nicht nur kurzfristig die Nicht-Neutralität der Geldpolitik behaupteten und deshalb Zentralbankautonomie zumindest dann ablehnen, wenn „Autonomie“ als Kooperationsverbot im Sinne eines einseitigen Assignments interpretiert wurde.4
Neo- und postkeynesianische Modelle5 behaupten hingegen, dass die geldpolitische Orientierung einer Zentralbank nicht nur – mittels Täuschung oder vorausschauender Mengenanpassung angesichts von Preisrigiditäten – kurzfristige Effekte auf die realwirtschaftlichen Größen wie Wirtschaftswachstum und Beschäftigungsentwicklung haben kann, sondern langfristig den Wachstums- und Beschäftigungspfad mitbestimmt. Obwohl sich die theoretischen Grundlagen beider Paradigmen durchaus unterscheiden,6 sind sich doch beide Ansätze darin einig, dass Instrument-Ziel-Interdependenzen zu einer Koordinierung verschiedener Politikbereiche (Geld-, Fiskal- und Lohnpolitik) bzw. einer Kooperation verschiedener (quasi-)autonomer Politikträger (Regierung, Notenbank und Tarifparteien) zwingen, soll es nicht – wie z.B. im Falle eines einseitigen Assigments (also der Zuweisung einzelner Instrumente und Ziele an einzelne Akteure) – zu Makrokonflikten oder sub-optimalen nicht-kooperativen Führerschaften einzelner Akteure kommen.
Unterschiedliche Marktkonstellationen
Die neokeynesianische Interaktions- und die postkeynesianische Marktkonstellationsliteratur knüpfen die wohlfahrtstheoretischen Auswirkungen einer unabhängigen Zentralbank, die gewöhnlich mit dem Misery-Index gemessen werden, also daran, wie die institutionellen Einbettungen der anderen makroökonomischen Politikfelder konkret aussehen:7 Dezentrale Kollektivvertragssysteme und instabile Regierungen lassen eher nicht-kooperative Szenarien (unkooperatives Nash-Gleichgewicht) erwarten, zentrale Kollektivvertragssysteme und stabile Regierungen eher eine einseitige Politikfixierung der „schwächeren“ Akteure bei strategischer Handlungsoptimierung des „stärkeren“ Akteurs8 (die sogenannte Stackelberg-Führerschaft). Wenn allerdings entsprechend ausgestattete Institutionen vorhanden sind,9 die eine Koordination der Politiken erwarten lassen, ist ein „optimales“ Kooperationsergebnis nicht ausgeschlossen (kooperatives Nash-Gleichgewicht). Daraus lassen sich folgende Hypothesen ableiten,10 die es empirisch zu testen gilt;
- Es besteht tatsächlich eine positive Korrelation zwischen Zentralbankunabhängigkeit und Preisstabilität: Unabhängig davon, wie die institutionellen Voraussetzungen der Tarif- und Fiskalpolitik sind, kann die unabhängige Zentralbank ihre Vorstellungen von Preisstabilität durchsetzen – je konfliktorischer dies geschieht, desto größer wird der gesellschaftliche Wohlfahrtsverlust. Abhängige Zentralbanken hingegen, denen eine akkommodierende Geldpolitik unterstellt wird, können Preisstabilität nicht garantieren, sondern müssen auf die makroökonomische Einsichtsfähigkeit bzw. geringe Markt- oder Interventionsmacht der Tarifparteien bzw. der Regierung hoffen.
- Es besteht keine eindeutige Korrelation zwischen der Zentralbankinterdependenz und der realwirtschaftlichen Performanz – aber nicht etwa, weil die Geldpolitik in Bezug auf die Realwirtschaft „neutral“ wäre, sondern weil die Auswirkungen sowohl von der institutionellen Dimension der Zentralbank als auch von der institutionellen Dimension der Kollektivvertragssysteme und der Fiskalpolitiken abhängen: Obwohl ceteris paribus eine unabhängigere Zentralbank immer ein restriktiveres Demand Management erzwingen kann als eine abhängige Zentralbank und deshalb ein geringeres Wirtschaftswachstum bzw. höhere Arbeitslosigkeit verursachen wird, kann der Policy Mix in einem Szenario mit Lohnführerschaft (unabhängige Zentralbank + zentrale Lohnpolitik) expansiver ausfallen als in einem unkooperativen Szenario (abhängige Zentralbank und dezentrale Lohnpolitik).11 Franzese/Hall12 haben diese Hypothesen auf der Basis von 16 OECD-Ländern über den Zeitraum von 1955 bis 1990 getestet (vgl. Tabelle 1) und nicht widerlegen können.
Tabelle 1
Entwicklung wichtiger Indizes in unterschiedlichen institutionellen Settings
Grad der Zentralbankunabhängigkeit | |||
---|---|---|---|
Gering (10) | Hoch (6) | ||
Zentralisierungsgrad des Kollektivvertragssystems | Gering (8) | INF: 7,5 | INF: 4,8 |
ALQ: 4,7 | ALQ: 6,1 | ||
MI: 12,2 | MI: 10,9 | ||
Hoch (8) | INF: 6,2 | INF: 4,8 | |
ALQ: 2,3 | ALQ: 2,8 | ||
MI: 8,9 | MI: 7,6 |
Anmerkungen: INF: Inflationsrate (BIP-Deflator), ALQ: Arbeitslosenquote; MI: Misery Index (Summe aus Inflationsrate und Arbeitslosenquote); gering bedeutet: < 0,5 in einem selbstkonstruierten Unabhängigkeitsindex, der von 0 bis 1 kodiert ist; < 0,25 in einem selbstkonstruierten Zentralisierungsindex, der von 0 bis 1 kodiert ist; hoch bedeutet: > 0,5 im Unabhängigkeitsindex und > 0,75 im Zentralisierungsindex.
Quelle: Berechnet nach R. J. Franzese, P. A. Hall: Institutional Dimensions of Coordinating Wage Bargaining and Monetary Policy, in: T. Iversen, J. Pontusson, D. Soskice (Hrsg.): Unions, Employers and Central Banks: Macroeconomic Coordination and Institutional Change, Cambridge 2000.
Die neokeynesianische Interaktions- und die postkeynesianische Marktkonstellationsforschung verbinden also die langfristige Nicht-Neutralität der Geldpolitik mit der Anforderung an eine institutionelle Unabhängigkeit der Zentralbank, wenn diese in eine Marktkonstellation (oder ein Regime oder ein Institutionensetting) eingebunden ist, die zumindest eine Stackelberg-Führerschaft von Lohn- oder Fiskalpolitik ermöglicht oder, besser noch, eine echte Kooperation der Politikakteure anleitet. Da eine erfolgversprechende Koordinierung die Festlegung akzeptierter und überprüfbarer Handlungsregeln zwingend erfordert, ließe sich nunmehr Zentralbankunabhängigkeit und Regelbindung (nicht nur, aber auch der Zentralbank) sinnvoll miteinander verbinden – damit ließe sich auch das Problem lösen, dass Unabhängigkeit zwar die geldpolitische Akkomodationsbereitschaft schlüssig einschränkt, gleichwohl unterschiedliche Handlungsmuster zulässt, die gelegentlich als „wagemutig“ (bzw. Fed-orientiert) oder „nicht-wagemutig“ (bzw. Bundesbank-orientiert) bezeichnet wurden13 und, vor dem Hintergrund der Nicht-Neutralität der Geldpolitik, entsprechende realwirtschaftliche Auswirkungen zeigen. Zentralbankunabhängigkeit ist also kein Wert an sich, sondern nur im jeweiligen institutionellen Setting zu beantworten: „und um ein 'keynesianisches' institution building zu ergänzen.”14
- 1 S. Schäfer: Sollten Zentralbanken unabhängig sein? Neue Diskussionen über ein altes Dogma, in: Wirtschaftsdienst, 94. Jg. (2014), H. 1, S. 69-75.
- 2 Dies ist natürlich bereits viel früher kritisiert worden; vgl. z.B. G. Mangano: Measuring central bank independence: a tale of subjectivity and of its consequences, in: Oxford Economic Papers, 50. Jg. (1998), Nr. 3, S. 468-492; und J. C. Fuhrer: Central bank independence and inflation targeting: monetary policy paradigms for the next millennium?, in: New England Economic Review, 8. Jg. (1997), H. 1, S. 19-36.
- 3 V. Grilli, D. Masciandaro, G. Tabellini: Political and monetary institutions, and public financial policies in the industrial countries, in: Economic Policy, 6. Jg. (1991), H. 13, S. 375.
- 4 Vgl. N. Berthold: Beschäftigungspakt – ein gefährlicher Irrweg, in: Wirtschaftsdienst, 75. Jg. (1995), H. 2, S. 67-71.
- 5 Für die neokeynesianische Nicht-Neutralität: vgl. z.B. D. Soskice, T. Iversen: The Nonneutrality of Monetary Policy with Large Price or Wage Setters; in: Quarterly Journal of Economics, 115. Jg. (2000), H. 1, S. 265-284. Die postkeynesianische Nicht-Neutralität erwächst aus der Theorie der endogenen Geldmenge: z.B. B. Moore: Horizontalists and Verticalists. The Macroeconomics of Credit Money, Cambridge 1988; oder A. Heise: Limitations to Keynesian Demand Management through Monetary Policy – wither Cartesian Policy Control, in: M. Setterfield (Hrsg.): Complexity, Endogenous Money and Macroeconomic Theory. Essays in Honor of Basil J. Moore, Cheltenham 2006, S. 438-460.
- 6 Während der Neokeynesianismus eine walrasianische Fundierung beibehält, ist die Zurückweisung dieses walrasianischen Fundaments konstituierend für eine postkeynesianische Vermögensökonomie; vgl. A. Heise: Neuere keynesianische Ansätze zur Geldtheorie und -politik, in: Berliner Debatte Initial, 17. Jg. (2006), H. 4, S. 37-48.
- 7 Zur neokeynesianischen Interaktionsliteratur: W. D. Nordhaus: Policy Games: Coordination and Independence in Monetary and Fiscal Policies, in: Brookings Papers on Economic Activity, Nr. 2, 1994, S. 139-216; T. Iversen: Contested Economic Institutions. The Politics of Macroeconomics and Wage Bargaining in Advanced Democracies, Cambridge 1999; T. Iversen, J. Pontusson, D. Soskice (Hrsg.): Unions, Employers and Central Banks: Macroeconomic Coordination and Institutional Change, Cambridge 2000; zur postkeynesianischen Marktkonstellationsliteratur: A. Heise (Hrsg.): Market Constellation Research, Frankfurt 2010; A. Heise: Economic Governance and Employment. Policy, Polity and Politics of Economic Rise and Decline, Münster 2008; T. Pusch: Policy Games. Die Interaktion von Lohn-, Geld- und Fiskalpolitik im Lichte der unkooperativen Spieltheorie, Münster 2009.
- 8 Wer hier „schwächer“ oder „stärker“ ist, hängt von den Verlustfunktionen der Akteure ab – also davon, wer stärker unter einer Reaktion des jeweils anderen Akteurs leidet. In der Interaktion von Geld-, Fiskal- und Lohnpolitik darf die unabhängige Zentralbank als der „starke“ Akteur angesehen werden; vgl. z.B. T. Pusch, A. Heise: Central banks, trade unions, and reputation – is there room for an expansionist maneuver in the European Union?, in: Journal of Post Keynesian Economics, 33. Jg. (2010), H. 2, S. 105-126.
- 9 Die Konzertierte Aktion (KA) des Stabilitäts- und Wachstumsgesetzes von 1966 ist ebenso eine solche Koordinierungsinstitution wie der Europäische Makrodialog (EMD) des so genannten Kölner Prozesses – beide sind aber scheinbar nicht hinreichend ausgestattet, um kooperative Ergebnisse zu erzielen; zu der institutionellen Implementierung der Kooperation vgl. A. Heise: Optimale Zentralbank-Verfassung oder: Zur institutionellen Sicherung der Geldpolitik aus Sicht der postkeynesianischen Marktkonstellationsforschung, in: H. Hagemann, G. Horn, H.-J. Krupp (Hrsg.): Aus gesamtwirtschaftlicher Sicht. Festschrift für Jürgen Kromphardt, Marburg 2008, S. 337-362.
- 10 Zur Herleitung der Hypothesen vgl. A. Heise: Market Constellations and Macroeconomic Policymaking: Institutional Impact on Economic Performance, in: Intereconomics, 41. Jg. (2006), H. 5, S. 272-281.
- 11 Aufgrund der Komplexität einer Kooperation dreier Akteure wird in der Literatur zumeist nur eine Kooperation von zwei Akteuren – Notenbank und Tarifparteien oder Notenbank und Regierung – modelliert.
- 12 R. J. Franzese, P. A. Hall: Institutional Dimensions of Coordinating Wage Bargaining and Monetary Policy, in: T. Iversen, J. Pontusson, D. Soskice (Hrsg.), a.a.O., S. 173-203. Auch kleineren Ländervergleichsstudien gelingt keine empirische Falsifikation; vgl. z.B. A. Heise: Market Constellations and Macroeconomic Policymaking ..., a.a.O.; und A. Heise: Economic Governance and Employment ..., a.a.O., S. 27 ff.
- 13 Vgl. S. Dullien: The Interaction of Monetary Policy and Wage Bargaining in the European Union – Lessons from the Endogenous Money Approach, Houndsmill 2004. „Wagemutig“ (bold) ist ein Handlungsmuster dann, wenn in der Reaktionsfunktion der Zentralbank Symmetrie hinsichtlich positiver und negativer Abweichungen von der Inflationslücke feststellbar ist, „nicht-wagemutig“ (tentative) ist das Handlungsmuster, wenn positive Abweichungen von der Inflationslücke deutlichere (restriktive) geldpolitische Reaktionen zeigen als im Falle negativer Abweichungen von der Inflationslücke (wenn also die Expansion weniger deutlich ausfällt). Für den empirischen Test entsprechender Reaktionsfunktionen verschiedener Zentralbanken vgl. P. L. Siklos: The Changing Face of Central Banking. Evolutionary Trends since World War II, Cambridge 2002.
- 14 Vgl. H. Herr, M. Kazandziska: Macroeconomic Policy Regimes in Western Industrial Countries, London 2011.
Sollten Zentralbanken unabhängig sein? – Erwiderung
Arne Heises Ergänzungen zu meinem Aufsatz vom Januar 2014 ist inhaltlich zuzustimmen; allerdings greift er Fragestellungen auf, die nicht im Fokus meines Beitrages standen. Diesen ausgelöst hatte ein Blogeintrag des FAZ-Journalisten Gerald Braunberger,1 der sich mit der Jahrestagung der American Economic Association (AAA) im Januar 2013 beschäftigt. Prominente Theoretiker der Geldpolitik – allen voran John Taylor – hatten dort die von mir referierte Kritik am „Dogma“ der Unabhängigkeit vorgetragen. Braunbergers Zusammenfassung der AAA-Diskussion bestätigte meine Beobachtung, dass „die Deutschen“ mit ihrer spezifischen Auffassung von Wirtschaftspolitik (Primat der Ordnungspolitik, Unabhängigkeit der Zentralbank, Priorisierung des Ziels Preisstabilität, strikte Trennung von Geld- und Fiskalpolitik etc.) zunehmend alleine stehen – und zwar in der täglichen politischen Praxis ebenso wie in der wissenschaftlichen Debatte.
Deutsche Wirtschaftspolitiker – von Wolfgang Schäuble bis Jens Weidmann – sehen sich und ihre Auffassungen einer heterogenen Phalanx von Kritikern gegenüber, darunter Institutionen wie IWF und OECD, die Mehrheit im EZB-Rat, große Teile der Bevölkerung in Südeuropa, Publizisten wie Paul Krugman oder Joseph Stiglitz sowie weitere durchaus renommierte Ökonomen – siehe AAA-Tagung. Streitpunkte sind dabei unter anderem die Stellung und Aufgaben einer Zentralbank, die deutschen Exportüberschüsse sowie die angeblich zu kontraktiv ausgerichtete und noch dazu anderen Ländern aufgezwungene Fiskalpolitik (Stichwort „Austerität“).
Das bedeutet: Die „deutsche“ Sichtweise – möglicherweise mit dem Begriff „Stabilitätskultur“ auf den Punkt zu bringen – gerät immer mehr ins Hintertreffen. Das ist gerade jetzt von besonderer Bedeutung, wo die Karten im großen Spiel der internationalen Wirtschaftspolitik aufgrund der Krise neu gemischt werden. Es ist dringend notwendig, dass die Verfechter der „Stabilitätskultur“ sich dieser Herausforderung bewusst werden und angemessen darauf reagieren. Letzteres erfordert, die Kritik – hier: am Dogma der Unabhängigkeit – ernst zu nehmen und seine eigene Position auf ein solides Fundament zu stellen. Arne Heises Ergänzungen zu meinem Aufsatz leisten dazu einen enorm wichtigen Beitrag. Sie sollten aber nur der Auftakt zu einer weiterreichenden Diskussion über die Grundlagen der „deutschen Stabilitätskultur“ und die an ihr geäußerte Kritik sein.
- 1 Vgl. G. Braunberger: AAA-Meeting (3): Hat die Unabhängigkeit der Zentralbank überhaupt noch einen Sinn?, in: Fazit – das Wirtschaftsblog, http://blogs.faz.net/fazit/2013/01/04/geldpolitik-regeln-sind-wichtiger-als-unabhaengigkeit-869/ (25.3.2014)