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Veranstaltungsrückblick: Mark Schieritz: Die Inflationslüge

Donnerstag, 30.01.2014

18:00 – 19:30 Uhr

ZBW, Raum 519
Neuer Jungfernstieg 21
Hamburg

Die Angst vor der Inflation hat das Land im Griff. Sie treibt die Bürger in riskante Gold- und Immobiliengeschäfte und lähmt die Politik. Mark Schieritz zeigt auf, wer diese Angst schürt, wer damit Profit macht und warum sie keine reale Grundlage hat. Sein Buch ist ein Plädoyer für die Überwindung des deutschen Traumas der Hyperinflation.

Buchcover: Die Inflationslüge

Die Deutschen haben Angst vor steigenden Lebenshaltungskosten, mehr noch als vor Arbeitslosigkeit oder zerbrechenden Partnerschaften. Dies hat eine Umfrage der R+V-Versicherung ergeben, die Mark Schieritz zu Beginn der Präsentation seines Buches „Die Inflationslüge“ zitiert. Der Autor hält diese deutsche Angst vor Inflation für derzeit völlig unbegründet: Die Daten zeigen, dass es eine inflationsauslösende Geldschwemme – wie von vielen Journalisten und auch Ökonomen heraufbeschworen – nicht gibt. Zwar hat die Zentralbankgeldmenge in der Krise deutlich zugenommen, die tatsächliche Kreditvergabe der Geschäftsbanken in Deutschland ist aber sogar zurückgegangen. Inflation kommt jedoch nur zustande, wenn die Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen das Angebot übersteigt. Eine solche realwirtschaftliche Situation ist gegenwärtig  aber nicht absehbar.

Die Angst vor Inflation hat Einfluss auf die Politik. Sie wird von Medien, die immer an Zuspitzungen interessiert sind, und von Interessengruppen geschürt. Diese Gruppen geben zwar vor, sich für „den kleinen Sparer“, einzusetzen. Historische Untersuchungen haben aber gezeigt, dass vor allem Anleger von Großvermögen unter Inflation leiden. Sie haben also auch ein sehr begründetes Interesse an einer konservativen Geldpolitik und sie instrumentalisieren die Angst vor Inflation, um aus ihrer Sicht gesellschaftlich unerwünschte Entwicklungen zu verhindern: das sind vor allem Lohnerhöhungen und steigende Staatsausgaben.

Schieritz hält die Angst vor Inflation für gefährlich, weil sie zu einer falschen Politik führt. Deutschland könnte nach seiner Diagnose ganz gut ein wenig Inflation vertragen, die Löhne sollten steigen, auch um das außenwirtschaftliche Ungleichgewicht in Europa etwas auszubalancieren.

Die anschließende Diskussion leitete Brigitte Preissl. Hier ging es zunächst um die Gefahr einer Vermögenspreisinflation, die Schieritz zumindest in Deutschland nicht entdecken kann, da an den Börsen keine außergewöhnlichen Kurs-Gewinn-Verhältnisse und bei den Immobilienpreisen keine Abweichungen vom historischen Mittel zu verzeichnen sind. Es wurde auch gefragt, wie denn eine Politikänderung herbeigeführt werden könne. Schieritz meint, ganz einfach durch demokratische Prozesse. Er weist aber auch auf eine interessante Beobachtung des amerikanischen Nobelpreisträgers Paul Krugman hin: Die Politik in Deutschland hat bisher immer so getan, als würde sie ausschließlich einen restriktiven Kurs unterstützen. Tatsächlich wäre aber die Draghi-Zusicherung von letztem Sommer, alles für den Erhalt des Euro zu tun, ohne die Unterstützung der deutschen Bundeskanzlerin undenkbar. Manche Regierungen blinken offenbar rechts und fahren links!

Anschließend diskutierten die Zuhörer bei Wasser, Wein und Häppchen noch lebhaft weiter.

 

Zum Buch

Das Buch „Die Inflationslüge - Wie uns die Angst ums Geld ruiniert und wer daran verdient“ ist im Mai 2013 beim Droemer Knaur Verlag erschienen. Weitere Literatur von Mark Schieritz finden Sie bei ECONIS, dem Online-Katalog der ZBW. Einen Auszug aus dem Buch finden Sie im Herdentrieb-Blog oder als Pdf-Download am Ende dieser Seite.

 

Zu Mark Schieritz

Mark Schieritz ist wirtschaftspolitischer Korrespondent der „Zeit“ in Berlin. Bei der „Financial Times Deutschland“ war er als Leiter der Finanzmarktredaktion tätig. Mark Schieritz wurde mit dem Ernst-Schneider-Preis der Industrie- und Handelskammern und dem Medienpreis der Keynes-Gesellschaft ausgezeichnet. 2011 wurde er von der Zeitschrift Wirtschaftsjournalist für seine Berichterstattung über die Eurokrise zu einem der Wirtschaftsjournalisten des Jahres gekürt.