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Durch die zunehmende Globalisierung verstärkt sich der Wettbewerb der Staaten untereinander. Diese konkurrieren durch ihre institutionellen Rahmenbedingungen, wobei das jeweilige Steuersystem eine große Rolle spielt. Jessica Ölschläger untersucht Zusammenhänge zwischen der Wettbewerbsfähigkeit und dem Verhältnis von direkten und indirekten Steuern in einer Volkswirtschaft.

Die Existenz eines Standortwettbewerbs wird in Zeiten fortschreitender Globalisierung und der daraus resultierenden Integration der Märkte nicht mehr in Frage gestellt. Regional ist die Integration schon weit fortgeschritten, Beispiele sind der Binnenmarkt der Europäischen Union (1992) sowie Freihandelszonen wie die EFTA (European Free Trade Association, 1960), NAFTA (North American Free Trade Agreement, 1994), AFTA (ASEAN Free Trade Area, 2002) oder auch GAFTA (Greater Arab Free Trade Area, 2005). Durch die Bemühungen der OECD (Organisation for Economic Cooperation and Development) und der WTO (World Trade Organisation) wurden außerdem Zölle und nicht-tarifäre Handelshemmnisse immer weiter abgebaut.1 Dies führte zu einer fortschreitenden Vernetzung der Weltmärkte und brachte nicht nur verbesserte Handelsbedingungen mit sich, sondern verstärkte auch den Konkurrenzdruck zwischen Unternehmen und Ländern.

Die daraus resultierende Frage nach der Wettbewerbsfähigkeit einer Volkswirtschaft bzw. der in ihr ansässigen Unternehmen beschäftigt nicht nur die Wissenschaft, sondern auch die Politik und die breite Öffentlichkeit. Sinkt beispielsweise das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts oder kommt es zu einem Anstieg der Arbeitslosigkeit, so wird dies häufig auf eine Verschlechterung der inländischen Wettbewerbsfähigkeit zurückgeführt. Dabei wird das Steuersystem bzw. die hohe steuerliche Belastung der Unternehmen wie auch der Arbeitnehmer als Ursache für einen Rückgang der Wettbewerbsfähigkeit genannt.

Im Rahmen dieses Artikels soll empirisch untersucht werden, wie sich die Steuersysteme einzelner Staaten auf die Wettbewerbsfähigkeit dieser Volkswirtschaften auswirken. Diese wird mit Hilfe von Wettbewerbsfähigkeitsindikatoren gemessen.

Treten Staaten untereinander in einen Wettbewerb?

In der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur herrschen sehr unterschiedliche Ansichten darüber, ob eine Volkswirtschaft oder die in ihr ansässigen Unternehmen die eigentlichen Träger von Wettbewerbsfähigkeit sind. Borner2, van Suntum3 und Krugman4 vertreten die Position, dass Wettbewerbsfähigkeit eine firmenspezifische Eigenschaft darstellt. Balassa5, Gries und Hentschel6, Straubhaar7 sowie Porter8 stellen fest, dass Unternehmen nur dann wettbewerbsfähig sein können, wenn die vom Staat bereitgestellten institutionellen Rahmenbedingungen günstig sind. Im Rahmen der Theorien des Standortwettbewerbs wird jedoch der Volkswirtschaft, beispielsweise von Kantzenbach9, Buchanan und Goetz10, Wildasin11, Frey12, Dümler13, Rodemer und Dicke14 sowie Lorz15, eine eigenständige Wettbewerbsfähigkeit zuerkannt; von dieser Position wird auch im vorliegenden Artikel ausgegangen.16

Messung der Wettbewerbsfähigkeit

Da Wettbewerbsfähigkeit ein vielschichtiges Phänomen darstellt und nicht direkt gemessen werden kann, ist es notwendig, geeignete Indikatoren zur Bewertung der Wettbewerbsfähigkeit von Volkswirtschaften zu finden. Walterskirchen17 verwendet den Leistungsbilanzsaldo, um die österreichische Wettbewerbsfähigkeit zu bewerten. Bei Grilo und Koopmann18 kommt der Lebensstandard zur Erfassung der Wettbewerbsfähigkeit von Volkswirtschaften zum Einsatz. Außer den Multiindikatorenansätzen des World Economic Forum und des Institute for Management Development19 existieren allerdings in der Literatur bisher kaum vergleichende Untersuchungen zur Wettbewerbsfähigkeit mehrerer Länder. Der Einfluss von Steuersystemen auf die Wettbewerbsfähigkeit von Volkswirtschaften blieb bisher in der Literatur weitgehend unberücksichtigt. Lediglich Widmalm20 sowie Young und Gordon21 untersuchen die Wirkungen von Steuern bzw. Steuersystemen auf das Wirtschaftswachstum.

Für die in diesem Artikel vorliegenden Untersuchungen wurden drei Wettbewerbsfähigkeitsindikatoren ausgewählt, die die Erfassung der Wettbewerbsfähigkeit von Volkswirtschaften aus unterschiedlichen Blickwinkeln erlauben. Der Leistungsbilanzsaldo (LBS) zeigt die Wettbewerbsposition der Volkswirtschaft in Relation zum Ausland. Die eingehenden ausländischen Direktinvestitionen (FDI) bilden die Wettbewerbsfähigkeit aus der Sicht ausländischer Investoren ab. Das Pro-Kopf-Wachstum des Bruttoinlandsprodukts stellt einen Indikator für die Entwicklung der Wohlfahrtsposition eines Staates dar. Es zeigt, inwiefern es einer Volkswirtschaft gelingt, ihren Wohlstand zu mehren, und hat entsprechend eine nach innen gerichtete Perspektive.

Analysen

Die Analysen wurden mit Hilfe moderner panelökonometrischer Methoden durchgeführt. Für die Frage, ob Steuersysteme einen Einfluss auf die Wettbewerbsfähigkeit einer Volkswirtschaft ausüben, wurde ein Paneldatensatz verwendet, der Daten über die OECD-Länder über einen Zeitraum von 1990 bis 2005 enthält. Weiterhin war es notwendig, die Steuersysteme der 30 OECD-Länder vergleichbar zu machen. Die Steuersysteme der einzelnen Staaten sind historisch gewachsen und daher nur schwer vergleichbar. Es musste ein geeignetes Kriterium gefunden werden, anhand dessen alle Steuern der OECD-Länder eindeutig kategorisiert werden konnten. Dies geschah mit Hilfe der Aufteilung in direkte und indirekte Steuern. Die wichtigsten direkten Steuern sind nach ihrer Bedeutung für das Einnahmenaufkommen die Einkommen- und Körperschaftsteuern, den indirekten Steuern sind alle allgemeinen und speziellen Verbrauchsteuern zuzurechnen. Die Steuervariablen gingen neben weiteren Variablen als unabhängige Variable in die Regressionsanalysen ein. Zur besseren Vergleichbarkeit wurde das Steueraufkommen aus den direkten und indirekten Steuern jeweils mit dem Bruttoinlandsprodukt (BIP) skaliert.22 Um die Ergebnisse der Regressionsanalysen zu verifizieren, wurden die Ergebnisse mit denen bereits früher veröffentlichter Untersuchungen verglichen. Es konnte so gezeigt werden, dass eine Erweiterung des jeweiligen Modells um die Steuervariablen sinnvoll und zulässig ist.23

Als unabhängige Variablen wurden drei Wettbewerbsfähigkeitsindikatoren ausgewählt. Dabei wurde darauf geachtet, dass diese ein möglichst breites Bild der Wettbewerbsfähigkeit liefern. Die Indikatoren fokussieren sich zum einen auf die Beurteilung der Wettbewerbsfähigkeit aus Sicht der jeweiligen Volkswirtschaft, zum anderen beurteilen sie die Wettbewerbfähigkeit einer Volkswirtschaft aber auch aus der Perspektive anderer Volkswirtschaften bzw. Investoren. Sie konzentrieren sich außerdem auch auf eine Beurteilung der Wettbewerbsfähigkeit in Relation zu anderen Ländern.

Als erster Indikator wurde der Leistungsbilanzsaldo gewählt. Er misst vor allem das Ausmaß an Wettbewerbsfähigkeit, das eine Volkswirtschaft in Bezug auf Exporte und Importe von Gütern und Dienstleistungen im Vergleich zu konkurrierenden Volkswirtschaften innehat. Der Leistungsbilanzsaldo wird innerhalb der Untersuchungen traditionell interpretiert, d.h. ein Leistungbilanzüberschuss wird als Zeichen von Wettbewerbsfähigkeit angesehen.

Als zweiter Indikator wurden die ausländischen Direktinvestitionen gewählt, die in das jeweilige Land hineinfließen. Damit wird derjenige Aspekt der Wettbewerbsfähigkeit abgedeckt, der erfassen soll, wie es um die Wettbewerbsfähigkeit des Inlands aus Sicht anderer Volkswirtschaften bzw. ausländischer Investoren bestellt ist. Der Indikator misst somit das Ausmaß an Wettbewerbsfähigkeit, den das Ausland der inländischen Wirtschaft zuschreibt.

Als dritter Indikator wurde das Pro-Kopf-Wachstum des Bruttoinlandsprodukts ausgewählt. Dieser Indikator bildet das Ausmaß der Wettbewerbsfähigkeit aus einer inländischen Sicht ab. Das Pro-Kopf-Einkommen stellt zum einen einen guten Indikator für den Entwicklungsstand eines Landes dar, zum anderen werden durch die Wachstumsraten des Pro-Kopf-Einkommens Veränderungen der Wohlfahrtsposition und somit eine Veränderung der Wettbewerbsfähigkeit der Volkswirtschaft abgebildet.

Der Aufbau der Regressionsgleichungen wird im Folgenden exemplarisch dargestellt, da der Fokus auf den Ergebnissen für die Steuervariablen liegt.24 Der schematische Aufbau der Regressionsgleichung lautet:

ylt = a + Εkltbkxklt + bK+1direktlt + bK+2indirektlt + ult,

wobei ylt für den jeweiligen Wert des Wettbewerbsfähigkeitsindikators steht. Der Index l bezeichnet die Querschnittseinheit, d.h. das jeweilige Land, während der Index t für die Längsschnitteinheit, d.h. die Zeitdimension gemessen in Jahren, steht. Die Variable xklt beinhaltet K+2 (mit k = 1, 2, ..., K, K+1, K+2) makroökonomische und andere Einflussfaktoren (inklusive der Steuervariablen für k = K+1 und k = K+2) auf den Wettbewerbsfähigkeitsindikator.25 Dazu zählen z.B. die Inflationsrate, das Bruttoinlandsprodukt und die Jahre an höherer Schulbildung der inländischen Bevölkerung. Die Indikatoren für das Steuersystem sind dagegen in den Variablen direkt und indirekt enthalten. Sie beinhalten das Verhältnis von direkten bzw. indirekten Steuern zum BIP. Die Koeffizienten bk (und die Konstante a) werden innerhalb der Regressionsanalysen geschätzt. Ihr Vorzeichen gibt an, ob die jeweilige Variable einen positiven oder negativen Einfluss auf den Wettbewerbsfähigkeitsindikator ausübt. Liegt der berechnete Wert des Koeffizienten mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit in einem zuvor festgelegten Konfidenzintervall, so ist das Ergebnis statistisch signifikant. Die Variable ult steht für den Fehlerterm.

Die Überprüfung der Ergebnisse auf ihre Plausibilität fand außerdem durch statistische Tests statt, die die korrekte Modellspezifikation ermitteln. Darüber hinaus wurde die ökonomische Konsistenz der Regressionsergebnisse für alle Nicht-Steuervariablen bezüglich ihrer Wirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeitsindikatoren mit den Aussagen theoretischer Modelle verglichen. Ferner wurden für die empirischen Untersuchungen verschiedene ökonometrische Verfahren verwendet und die daraus resultierenden Ergebnisse einander gegenübergestellt.

Ergebnisse Leistungsbilanzsaldo

Für den Leistungsbilanzsaldo konnte gezeigt werden, dass die Koeffizienten der verwendeten Nicht-Steuervariablen mit der Theorie und einschlägigen Ergebnissen in der Literatur übereinstimmen. Für alle durchgeführten Schätzungen ergab sich ein statistisch signifikanter positiver Zusammenhang zwischen den direkten Steuern und dem Leistungsbilanzsaldo. Dies bedeutet, dass ein Anstieg des direkten Steueraufkommens bzw. des direkten Steueraufkommens im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt c.p. zu einer Verbesserung des Leistungsbilanzsaldos führt. Der positive Einfluss der direkten Steuern kann darauf zurückzuführen sein, dass sie das verfügbare Einkommen von Personen bzw. Personengesellschaften durch Einkommensteuern verringern. Körperschaftsteuern setzen am Gewinn der Kapitalgesellschaften an und schmälern auch hier die zur Verfügung stehenden Mittel. Da Importe stark vom verfügbaren Einkommen abhängig sind, führen direkte Steuern über den Umweg der Einkommensminderung zu einem Rückgang der Importe und damit c.p. zu einer Verbesserung des Leistungsbilanzsaldos.

Traditionell würde man vermuten, dass die direkten Steuern auf die Exportpreise überwälzt werden und diese erhöhen. Dies würde die Wettbewerbsposition und damit den Leistungsbilanzsaldo verschlechtern. Für einen solchen Wirkungszusammenhang wurden keine Hinweise gefunden. Volkswirtschaften, die ein stärkeres Gewicht26 auf die direkte Besteuerung legen, weisen somit eine tendenziell höhere Wettbewerbsfähigkeit, gemessen an der Höhe des Leistungsbilanzsaldos, auf.

Für die Betrachtung der indirekten Steuern gemessen am Verhältnis des Aufkommens der indirekten Steuern zum Bruttoinlandsprodukt ergab sich ein statistisch insignifikanter positiver Zusammenhang, so dass keine Auswirkungen der indirekten Steuern auf die Höhe der Wettbewerbsfähigkeit von Volkswirtschaften in Bezug auf den Leistungsbilanzsaldo nachgewiesen werden konnten. Aufgrund des in der OECD angewandten Bestimmungslandprinzips wirken sich Unterschiede in der Höhe der Mehrwertsteuer nicht direkt auf den grenzüberschreitenden Güter- und Dienstleistungshandel aus. Andere Verbrauchsteuern sind vom Aufkommen her sehr gering, so dass kaum ein Einfluss auf die Höhe der Importe und Exporte zu erwarten ist.

Ergebnisse Direktinvestitionen

Für den Einfluss der direkten Steuern bzw. des Verhältnisses des Aufkommens der direkten Steuern zum Bruttoinlandsprodukt auf die eingehenden ausländischen Direktinvestitionen ergab sich ein stabiler, statistisch höchst signifikanter negativer Zusammenhang.27 Dies kann darauf zurückzuführen sein, dass eine hohe direkte Besteuerung, insbesondere beispielsweise durch die Einkommen- oder Körperschaftsteuer, die Attraktivität einer Volkswirtschaft für Investitionen generell, vor allem aber speziell auch aus der Sicht ausländischer Investoren, vermindert. Die direkten Steuern können einen Rückgang der Rendite der ausländischen Direktinvestitionen bewirken und somit die Opportunitätskosten einer alternativen Verwendung der Gelder senken.

Für die indirekten Steuern konnte ein statistisch hoch signifikanter positiver Zusammenhang zwischen dem Quotienten des indirekten Steueraufkommens zum BIP und den eingehenden Direktinvestitionen nachgewiesen werden. Dies war aus theoretischer Sicht nicht zu erwarten. Jedoch erweist sich der Einfluss als über alle Schätzungen stabil. Indirekte Steuern wirken sich bei Anwendung des Bestimmungslandprinzips nicht wettbewerbsverzerrend aus, da unabhängig vom Produktionsort alle Produkte im jeweiligen Bestimmungsland gleich besteuert werden. Jedoch kann es für Unternehmen von Interesse sein, ob ein Land sein Steueraufkommen eher über die Erhebung direkter oder indirekter Steuern erwirtschaftet. Steigt der Anteil indirekter Steuern, so kann dies für internationale Investoren ein Signal für eine Verlagerung des Standorts in das betreffende Land darstellen. Geht man von einer gegebenen Höhe des Steueraufkommens aus, so ist für die Unternehmen ein Rückgang der direkten Besteuerung, vor allem der Körperschaftsteuer, vorteilhaft, da indirekte Steuern die Gewinnsituation des Unternehmens und damit die Rendite der Direktinvestitionen nicht direkt beeinflussen.

Um diese Ergebnisse näher zu beleuchten, wurden in den Regressionsanalysen aus der Summe aller individuellen Einzelsteuern die Körperschaftsteuer und die Umsatzsteuer näher betrachtet. Es ergab sich ein noch signifikanteres Bild als unter Verwendung der Variablen für das gesamte Steuersystem. Es erscheint daher die Folgerung zulässig, dass die Körperschaftsteuer einen wichtigen Faktor bei der Auswahl des Standorts für Direktinvestitionen darstellt. Es ist davon auszugehen, dass Volkswirtschaften mit höherem Körperschaftsteueraufkommen c.p. geringere eingehende Direktinvestitionen aufweisen. Die Körperschaftsteuer wirkt sich somit signifikant negativ auf die Wettbewerbsfähigkeit von Volkswirtschaften, gemessen an der Höhe der eingehenden Direktinvestitionen, aus. Für die Umsatzsteuer ergab sich demgegenüber ein deutlicher statistisch signifikanter positiver Einfluss. Es konnte somit bestätigt werden, dass sich ein höheres Aufkommen aus indirekten Steuern positiv auf die Wettbewerbsposition einer Volkswirtschaft auswirkt, indem es zu einer vermehrten Investitionstätigkeit aus ausländischen Direktinvestitionen führt.

Wie zu erwarten war, konnten für den Indikator der eingehenden ausländischen Direktinvestitionen diese Ergebnisse mit Hilfe des Verhältnisses von direktem zu indirektem Steueraufkommen verifiziert werden. Ein höherer Anteil an direkten Steuern wirkte sich negativ auf die Höhe der eingehenden ausländischen Direktinvestitionen aus und verschlechterte so die Wettbewerbsfähigkeit des Inlands.

Ergebnisse Pro-Kopf-Wachstum des BIP

Die Untersuchungen bezüglich der Auswirkungen des Steuersystems auf den Wettbewerbsfähigkeitsindikator Pro-Kopf-Wachstum des Bruttoinlandsprodukts ergaben, dass eine vermehrte direkte Besteuerung, gemessen am Verhältnis des direkten Steueraufkommens zum Bruttoinlandsprodukt, einen statistisch signifikanten negativen Einfluss auf diesen Indikator ausübt. Es konnte gezeigt werden, dass direkte Steuern sich über eine Minderung des Wirtschaftswachstums negativ auf die Wettbewerbsfähigkeit von Volkswirtschaften auswirken. Für die indirekten Steuern, d.h. dem Verhältnis indirekter Steuern zum Bruttoinlandsprodukt, ergab sich über alle Schätzmethoden hinweg ein positiver Koeffizient, der in den meisten Fällen auch statistisch signifikant war. Eine mögliche Erklärung für diese Effekte liegt in der Tatsache begründet, dass direkte Steuern für die Wirtschaftssubjekte in der Regel merklicher sind als indirekte, da die direkten Steuern das verfügbare Einkommen bzw. den Gewinn unmittelbar schmälern (Fiskalillusion).28

Fazit

Im Zuge der fortschreitenden Globalisierung treten die Staaten in einen stärkeren Wettbewerb untereinander. Im Standortwettbewerb konkurrieren Volkswirtschaften mit Hilfe ihres „Angebots“ an institutionellen Rahmenbedingungen um mobile Faktoren. Dabei spielt das Steuersystem eine bedeutende Rolle. Da die Wettbewerbsfähigkeit einer Volkswirtschaft nicht direkt messbar ist, müssen zu ihrer Quantifizierung geeignete Indikatoren gefunden werden, die die einzelnen Aspekte der Wettbewerbsfähigkeit möglichst ganzheitlich abbilden.

Die in den jeweiligen Staaten implementierten Steuersysteme unterscheiden sich stark voneinander. Soll der Einfluss des Steuersystems auf die Wettbewerbsfähigkeit gemessen werden, so müssen die Steuern anhand geeigneter Kriterien systematisiert und dadurch vergleichbar gemacht werden. In der hier diskutierten Analyse geschah dies mit Hilfe der Unterscheidung in direkte und indirekte Steuern.

Die Ergebnisse zeigen, dass Steuersysteme einen deutlichen Einfluss auf die Wettbewerbsfähigkeit einzelner Staaten ausüben. In den Analysen kristallisierte sich heraus, dass eine vermehrte direkte Besteuerung sich auf die Wettbewerbsfähigkeit eher negativ auswirkt, während aus einer vermehrten indirekten Besteuerung tendenziell positive Wirkungen ableitbar sind. Die positiven Wirkungen der indirekten Besteuerung ergaben sich dabei insbesondere für die Variablen der eingehenden ausländischen Direktinvestitionen und für das Wachstum des BIP pro Kopf.

  • 1 Vgl. OECD: The Doha Development Agenda: Tariffs and Trade, Paris 2003.
  • 2 Vgl. S. Borner: Internationalization of Industry, An Assessment in the Light of a Small Open Economy, Berlin 1986.
  • 3 Vgl. U. van Suntum: Internationale Wettbewerbsfähigkeit einer Volkswirtschaft. Ein sinnvolles wirtschaftspolitisches Ziel?, in: Zeitschrift für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Vol. 106 (1986), S. 495-507.
  • 4 Vgl. P. R. Krugman: Competitiveness: A Dangerous Obsession, in: Foreign Affairs, Vol. 73 (1994), H. 2, S. 28-44.
  • 5 Vgl. B. Balassa: Recent Developments in the Competitiveness of American Industry and Prospects for the Future, in: Joint Economic Committee – Congress of the United States (Hrsg.): Factors Affecting the United States Balance of Payments, Washington 1962, S. 27-54.
  • 6 Vgl. H. Gries, C. Hentschel: Internationale Wettbewerbsfähigkeit – was ist das?, in: Wirtschaftsdienst, 74. Jg. (1994), H. 8, S. 416-422.
  • 7 T. Straubhaar: Internationale Wettbewerbsfähigkeit einer Volkswirtschaft – was ist das?, in: Wirtschaftsdienst, 74. Jg. (1994), H. 10, S. 534-540; ders.: Das Konzept „internationaler Wettbewerbsfähigkeit einer Volkswirtschaft“ auf dem analytischen Prüfstand: Grundsätzliche Bemerkungen zu einem vielfach (miß-)verwendeten Begriff, in: H. Albach: Globale Soziale Marktwirtschaft – was ist das? Ziele – Wege – Akteure, Festschrift für Santiago Garcia Echevarria aus Anlaß seines sechzigsten Geburtstages, Wiesbaden 1994.
  • 8 Vgl. M. E. Porter: The Competitive Advantage of Nations, in: Harvard Business Review, 68. Jg. (1990), H. 3, S. 73-93.
  • 9 Vgl. E. Kantzenbach: Der Wirtschaftsstandort Deutschland im internationalen Wettbewerb, in: Wirtschaftsdienst, 73. Jg. (1993), H. 12 S. 625-632; ders.: Deutschland im internationalen Standortwettbewerb, Baden-Baden u.a.O. 1995.
  • 10 Vgl. J. M. Buchanan, C. J. Goetz: Efficiency Limits of Fiscal Mobility: An Assessment of the Tiebout Model, in: Journal of Public Economics, Vol. 1 (1972), S. 25-43.
  • 11 Vgl. D. E. Wildasin: Factor Mobility and Fiscal Policy in the EU: Policy Issues and Analytical Approaches, in: Economic Policy, Vol. 15 (2000), H. 31, S. 337-378.
  • 12 Vgl. B. S. Frey: Flexible Citizenship for a Global Society, Institute for Empirical Research in Economics, University of Zurich, Working Paper Series, Working Paper Nr. 94 (2001).
  • 13 Vgl. H. Dümler: Steuersysteme im Standortwettbewerb: zur Notwendigkeit und Ausgestaltung einer Wettbewerbsordnung für den Systemwettbewerb. Ein Beitrag aus Sicht der neuen politischen Ökonomie und des Liberalismus, Bayreuth 2000.
  • 14 Vgl. H. Rodemer, H. Dicke: Globalisierung, europäische Integration und internationaler Standortwettbewerb, Baden-Baden u.a.O. 2000.
  • 15 Vgl. J. O. Lorz: Standortwettbewerb bei internationaler Kapitalmobilität: eine modelltheoretische Untersuchung, Tübingen u.a.O. 1997.
  • 16 Zur Diskussion um die Wettbewerbsfähigkeit einer Volkswirtschaft vgl. J. Ölschläger: Der Einfluss von Steuersystemen auf die Wettbewerbsfähigkeit von Volkswirtschaften, Göttingen 2009; sowie Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung: Jahresgutachten 2004/05, Wiesebaden 2004.
  • 17 Vgl. E. Walterskirchen: Leistungsbilanz und Wettbewerbsfähigkeit, in: WIFO Monatsberichte, 1991, Nr. 3, S. 134-141.
  • 18 I. Grilo, G. J. Koopman: Productivity and Microeconomic Reforms: Strengthening EU Competitiveness, in: Journal of Industry, Competition and Trade, Vol. 6 (2006), H. 2, S. 67-84.
  • 19 Vgl. hierzu etwa das World Competitiveness Yearbook des International Institute for Management Development (IMD) und den Global Competitiveness Report des World Economic Forum (WEF).
  • 20 Vgl. F. Widmalm: Tax Structure and growth: Are some taxes better than others?, in: Public Choice, Vol. 107 (2001), S. 199-219.
  • 21 R. H. Gordon, L. Young: Tax structure and economic growth, in: Journal of Public economics, Vol. 89 (2005), S. 1027-1043.
  • 22 Die Analysen wurden jeweils auch mit dem Verhältnis von direkten zu indirekten Steuern als Indikator für das Steuersystem durchgeführt. Die Ergebnisse hierfür sind auf Anfrage erhältlich.
  • 23 Vgl. hierzu J. Ölschläger, a.a.O.
  • 24 Die Details zum Untersuchungsaufbau und die Ergebnisse aller Regressionsanalysen sowie Erweiterungen der Untersuchungen unter der Verwendung des Verhältnisses direkter und indirekter Steuern können J. Ölschläger, a.a.O. entnommen werden.
  • 25 Für eine ausführliche Darstellung vgl. J. Ölschläger, a.a.O.
  • 26 Als Kriterium für die Frage danach, ob das Gewicht der Besteuerung auf direkten oder indirekten Steuern liegt, dient das Verhältnis des Aufkommens direkter und indirekter Steuern.
  • 27 Ein positiver Zusammenhang beschreibt dabei die Tatsache, dass ein höherer Wert einer x-Variable zu einem höheren Wert der y-Variable führt, während bei einem negativen Zusammenhang ein höherer Wert der x-Variablen zu einem geringeren Wert der y-Variable führt.
  • 28 Details der aufgeführten Ergebnisse sowie die Ergebnisse der Untersuchungen unter Verwendung des Verhältnisses direkter zu indirekten Steuern als Indikator für das Steuersystem einer Volkswirtschaft können in J. Ölschläger, a.a.O. nachgelesen werden.


DOI: 10.1007/s10273-010-1090-9