Inhaltliches Fundament zahlreicher Stabilitäts-, Produktivitäts- und Rentabilitätsanalysen zur Bankenwirtschaft ist die präzise Einschätzung der Wettbewerbsverhältnisse. Aus theoretischer Sicht steht hierzu eine ganze Reihe an alternativen Konzepten zur Verfügung. Gleichwohl gestaltet sich die Operationalisierung der Maße aufgrund regionaler Marktbedingungen, individueller Geschäftsmodelle und der zumeist hohen Datenerfordernisse als äußerst schwierig. Erhebliche Divergenzen und widersprüchliche Ergebnisse offenbart der Abgleich von über 50 Studien aus vier Jahrzehnten. Mit Blick auf die Belast- und Vergleichbarkeit ordnungspolitischer Rückschlüsse bleibt daher die Frage zu klären, welches Maß in der Praxis zu favorisieren ist.
Seit Jahren sind die Funktionsfähigkeit des europäischen Finanzsystems im Allgemeinen und die der deutschen Bankenwirtschaft im Speziellen in vielfältiger Hinsicht Gegenstand wissenschaftlicher, institutioneller und praxisbezogener Analysen. Zahlreiche Untersuchungen setzen sich mit Fragen zur Stabilität, Rentabilität und Leistungsfähigkeit (im engeren und weiteren Sinne) der Finanzsektoren auseinander. Dabei zeigt sich, dass wiederholt die Wettbewerbsintensität – direkt oder indirekt – als zentrale Erklärungsgröße ins Feld geführt wird.
So dominieren bei der Beurteilung der Risikotragfähigkeit von Banken/Bankensystemen die Competition-Fragility- und Competition-Stability-Hypothesen.1 Auch in der Diskussion um die (zu geringe) Rentabilität der deutschen Kreditinstitute wird wiederkehrend auf vermeintliche Überkapazitäten und einen begleitend zu hohen Konkurrenzdruck verwiesen.2 Ergänzend sind es die (mutmaßlich) zu stark fragmentierten Heimatmärkte, die als Hindernis für Produktivitätssteigerungen aufgrund ungenutzter Skalenerträge angeführt werden.3 Ferner hängt die Kreditversorgung der Unternehmen zu wettbewerbskonformen Konditionen4 wesentlich von den Preissetzungsmöglichkeiten der Banken ab und nicht zuletzt entscheidet die Wettbewerbsqualität mittelbar über die „… dynamische Effizienz von Märkten“5.
Unabhängig davon, welche Perspektive im Einzelnen im Rahmen der spezifischen Fragestellungen eingenommen wird, ist die adäquate Beurteilung der Wettbewerbsverhältnisse offensichtlich von besonderer Bedeutung. Hierfür steht in der theoretischen und empirischen Literatur eine ganze Reihe an alternativen Ansätzen zur qualitativen und quantitativen Einschätzung zur Verfügung. Entweder an der Marktstruktur, dem Marktverhalten oder dem Marktergebnis ansetzend werden unterschiedliche methodische Ansätze angewendet, die im Idealfall allesamt im Ergebnis auf die gleichen Wettbewerbsverhältnisse einer Bank bzw. eines Bankensystems hinweisen sollten. Gleichwohl prägen verschiedene (theoretische) Vor- und Nachteile die spezielle Eignung der jeweiligen Maße.6 Erschwerend kommt hinzu, dass die Operationalisierbarkeit der zur Verfügung stehenden Messkonzepte aufgrund unterschiedlichster Datenerfordernisse in der Praxis keineswegs trivial ist. Insbesondere aus diesem Grund stützt sich die Mehrzahl der empirischen Arbeiten zur Wettbewerbsmessung lediglich auf ein oder zwei Messgrößen – zumeist unter Nutzung von Proxys und Sekundärstatistiken.
Die Brisanz der skizzierten Zusammenhänge und die Bedeutung der Finanz- für die Realwirtschaft legen unmittelbar die Aufgabe nahe, zu prüfen, inwieweit die alternativen Messkonzepte tatsächlich zu einer (im Zeitablauf) konsistenten Einschätzung der Wettbewerbsintensitäten gelangen. Sollten erhebliche Diskrepanzen zwischen den Maßen zu Tage treten bzw. der vorherrschende Konkurrenzdruck nicht präzise ermittelt werden können, fehlt es allen nachgelagerten Analysen an einem inhaltlich-geschlossenem Fundament, respektive an Vergleichbarkeit. Getroffene Rückschlüsse können in diesem Fall sachlogisch in ordnungspolitischen Fehlentscheidungen münden. Dieser Beitrag geht daher in Form eines Querschnitts- und Längsschnittsvergleichs (1980 bis 2014) am Beispiel Deutschlands überblicksartig dieser Thematik nach.
Theoretische Basis der Wettbewerbsmessung
Ausgehend von der Structure-Conduct-Performance-Hypothese kann ein kausaler Zusammenhang zwischen der Marktstruktur, dem Marktverhalten und dem Marktergebnis angenommen werden.7 In diesem theoretischen Rahmen begünstigt ein konzentrierter Markt kollusives Verhalten. Verstärkte aktiv- wie passivseitige Preissetzungsspielräume einhergehend mit Überschussgewinnen können dann, insbesondere bei den für die Bankenwirtschaft typischerweise hohen Marktein- und -austrittsbarrieren, die Folge sein. Die im Schrifttum etablierten, alternativen Wettbewerbsmaße lassen sich korrespondierend mit dieser Dreiteilung klassifizieren (vgl. Abbildung 1).
Abbildung 1
Structure-Conduct-Performance-Paradigma
Quelle: eigene Darstellung.
Wesentlich zur Erfassung der Struktur ist der Konzentrationsgrad des Marktes – verstanden als „… Grad der ökonomischen Machtballung“.8 Diesbezüglich etabliert haben sich vor allem zwei Maße: Die Konzentrationsrate als Summe der Marktanteile (sk ) der n größten Unternehmen einer Branche (zumeist bezogen auf die Bilanzsumme) findet sich aufgrund ihrer geringen Datenerfordernisse bei gleichzeitig einfacher Berechnungsweise sogar im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB § 18) wieder. Der Index strebt im Falle unendlich vieler Anbieter mit geringen Marktanteilen gegen Null und nimmt in der Monopolsituation den Wert Eins an.
In Erweiterung dazu bezieht der Hirschman-Herfindahl-Index (HHI) Informationen über alle Anbieter (N) innerhalb des relevanten Marktes ein und gewichtet als Summe der quadrierten Marktanteile zudem größere Unternehmen stärker als kleine. Da der Index infolgedessen nicht nur die absolute, sondern auch relative Konzentration erfasst, steigt der HHI entweder mit abnehmender Zahl der Anbieter oder mit zunehmender Ungleichverteilung der Marktanteile.
Unabhängig von den Konzentrationsverhältnissen versuchen die sogenannten nicht-strukturalistischen Konzepte anhand der am Markt zu beobachtenden Preis- und Mengenstrategien indirekt auf die Wettbewerbsqualität zu schließen: Das Panzar-Rosse-Modell fußt dabei auf der Überlegung, dass die Überwälzung der von den Banken zu zahlenden Faktorpreise (wi ) für die Inputfaktoren i, beispielsweise Depositen, in Abhängigkeit der jeweiligen Marktkonfiguration (unterschiedlich) ausfällt. Konkret wird über die Schätzung der Erlösfunktion die Summe der Elastizitäten der Inputpreise gemessen – die sogenannte H-Statistik. Diese prozentuale Veränderung der Erlöse (R) eines Unternehmens als Reaktion auf eine Erhöhung der Inputpreise bzw. der Grenzkosten ist im Monopolfall gleich Null. Den Wert Eins nimmt die H-Statistik dagegen im vollkommenen Wettbewerb an.
Der in der Literatur noch junge Boone-Indikator leitet den Konkurrenzgrad eines Marktes anhand der kostenseitigen Ineffizienz der Marktteilnehmer ab. Ihm liegt die Auffassung zugrunde, dass ein Unternehmen umso größere Gewinne πk realisiert, je produktiver es ist. Formal wird die Stärke (βk ) der Beziehung zwischen den individuellen Marktanteilen (sk ) und den Produktionsgrenzkosten (mck )bei einem gegebenen Outputniveau der am Markt agierenden Kreditinstitute ermittelt.9 Operiert eine Bank in einem wettbewerbsstarken Umfeld, wird eine Erhöhung der Grenzkosten in sinkenden Gewinnen münden. Für den Fall ausgeprägter Preissetzungsmacht kann die Bank die höheren Kosten hingegen vollständig überwälzen.
Das Bresnahan-Modell nutzt das individuelle Gewinnmaximierungskalkül der Anbieter, um das Verhalten der Marktteilnehmer bei annahmegemäß oligopolistischer Struktur abzubilden.10 Über die Schätzung der konjekturalen Variationen λk spiegeln sich die erwarteten, durchschnittlichen Output-Reaktionen (q¯) des jeweiligen Unternehmens bezüglich aller Mitkonkurrenten bei Veränderungen des eigenen Outputs (qk ) wider. Anhand der nachfolgend ableitbaren Preiselastizitäten der Nachfrage und Gewinnmargen können wiederum alternative Wettbewerbsszenarien identifiziert werden.
Neben den gängigen Jahresabschlussgrößen dominiert allen voran der Lerner-Index (LIk ) in einer Vielzahl an Bankenstudien die direkten Messkonzepte.
Er bemisst die individuelle Preissetzungsmacht eines Anbieters anhand der Fähigkeit, Preise (p (Q)) oberhalb der Grenzkosten (mck (qk )) durchzusetzen. Der Lerner-Index nimmt dabei einen Wert zwischen Null und Eins an. Je schwächer der Konkurrenzdruck, desto höher der mögliche Aufschlag auf den (vollkommenen) Wettbewerbspreis und umso größer der Lerner-Index.
Empirische Aufarbeitung
Trotz der skizzierten Unterschiede der Messkonzepte sollten diese bei Gültigkeit des SCP-Paradigmas im (theoretischen) Ergebnis zu grundsätzlich ähnlichen Wettbewerbseinschätzungen gelangen. Vielfach stehen jedoch die zur Berechnung der Größen notwendigen Daten nicht oder nur eingeschränkt zur Verfügung. In Bezug auf die Bankenwirtschaft kommt erschwerend hinzu, dass zum einen keine Einigkeit in der Wissenschaft über die Gestalt der tatsächlichen Produktionsfunktion von Banken existiert. So stehen sich insbesondere der Intermediations- und der Produktionsansatz gegenüber.11 Während der Erste die Einlagen einer Bank als Inputgüter wertet, fasst der Zweite diese als Outputgüter auf. Zudem agieren Banken als Multiproduktunternehmen auf vielfältigen (Sub-)Märkten in unterschiedlichen Konkurrenzsituationen – zumeist regional und auf Produktebene. Die notwendige Abgrenzung des sachlich und räumlich relevanten Marktes wäre insofern im Vorfeld einer jeden Wettbewerbsanalyse zwingend, stellt aber ein grundsätzliches Hindernis in der angewandten Industrieökonomik dar. Entsprechend schwierig gestaltet sich bereits die grundsätzliche Operationalisierung der alternativen Maße (vgl. Tabelle 1).
Tabelle 1
Qualitative Einteilung der Wettbewerbsverhältnisse
Messkonzept/ Wettbewerbsmaß | Wettbewerbsintensität | ||
---|---|---|---|
hoch | mittel | gering | |
CR3 | CR3 ≤ 0,2 | 0,2 < CR3 ≤ 0,5 | CR3 > 0,5 |
CR5 | CR5 ≤ 0,3 | 0,3 < CR5 ≤ 2/3 | CR5 > 2/3 |
HHI | HHI < 1500 | 1500 ≤ HHI ≤ 2500 | HHI > 2500 |
H-Statistik | H ≥ 0,8 | 0,2 < H < 0,8 | H ≤ 0,2 |
Bresnahan-Modell | λk ≤ 0,2 | 0,2 < λ < 0,8 | λk ≥ 0,8 |
Boone-Indikator | βk ≤ -0,5 | -0,5 < βk < -0,2 | βk ≥ -0,2 |
Lerner-Index | LIk ≤ 0,15 | 0,15 < LI ≤ 0,3 | LIk > 0,3 |
Quellen: Die qualitative Einteilung der Wettbewerbsintensitäten orientiert sich bei den Konzentrationsraten an dem deutschen Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), § 18; für den Hirschman-Herfindahl-Index an den Richtlinien des US-amerikanischen Kartellamtes, vgl. http://www.weil.com/~/media/files/pdfs/101810October2010PracticeNote.pdf (8.6.2016), S. 78; für die H-Statistik an J. A. Bikker, S. Shaffer, L. Spierdijk: Assessing Competition with the Panzar-Rosse Model: The Role of Scale, Costs, and Equilibrium, in: The Review of Economics and Statistics, 94. Jg. (2012), H. 4, S. 1025-1044; für das Bresnahan-Modell an S. Shaffer: Banking conduct before the European single banking license: A cross-country comparison, in: North American Journal of Economics and Finance, 12. Jg. (2001), H. 1, S. 79-104; für den Boone-Indikator an S. N. Brissimis, M. D. Delis, M. Iosifidi: Bank Market Power and Monetary Policy Transmission, in: International Journal of Central Banking, 10. Jg. (2014), H. 4, S. 173-214; und für den Lerner-Index an der Klassifikation von K.-H. Fischer, H. S. Hempell: Regional Markets, Oligopoly, and Market Power in Banking, Deutsche Bundesbank, Discussion Paper Nr. 14, Frankfurt a.M. 2006.
Anhand der Wettbewerbsanalysen von 56 Studien wurde vor diesem Hintergrund am Beispiel des deutschen Finanzsystems (1980 bis 2014) geprüft, inwieweit substanzielle Diskrepanzen zwischen den gemessenen Wettbewerbsverhältnisse über die vorgestellten Maße bestehen.
Abbildung 2, als Synopse der Vielzahl an Studien, stellt für die vorgestellten Wettbewerbsmaße die jeweiligen Ergebnisse als arithmetisches Mittel über vier Jahrzehnte dar.12 Hintergrund dieser zeitlichen Systematisierung ist die Annahme, dass sich der Wettbewerbsdruck eher lang- als kurzfristig ändert. Dunkelblau schattierte Werte kennzeichnen einen geringen Wettbewerbsgrad, blaue einen mittleren und hellblaue entsprechend einen hohen Wettbewerbsgrad. Sofern lediglich eine Schattierung pro Zeitraum und Wettbewerbsmaß hinterlegt ist, kann von Konsistenz innerhalb des jeweiligen Maßes ausgegangen werden. Sollten jedoch zwei oder drei Farbgebungen bestehen, sind bereits innerhalb einer Messmethode erhebliche Diskrepanzen über die Studien hinweg aufgetreten.
Abbildung 2
Panelanalyse „Deutsches Bankensystem“
Quelle: eigene Darstellung.
Inkonsistenz der Ergebnisse in vielfacher Hinsicht
Bereits zwischen den im Zeitablauf ermittelten Marktstrukturkennzahlen zeigen sich wesentliche Unterschiede. Während die Werte der Konzentrationsraten der drei oder auch der fünf größten Banken – weitgehend konsistent – für eine aktuell mittlere Wettbewerbsintensität sprechen, deutet der HHI auf eine geringe absolute bzw. relative Konzentration hin und damit auf nahezu vollständige Kompetitivität. Obwohl bei allen Studien +die Bilanzsumme als Proxy für die Marktanteile verwendet wurde, kommen einige dennoch zu erheblich anderen Einschätzungen der Marktstruktur.13 Ein genauerer Blick zeigt, dass mitunter Jahresdurchschnittswerte der Bilanzsumme genutzt wurden anstelle der gängigen Jahresendbestände.
In vielfacher Hinsicht ein nahezu vollständig heterogenes Bild zeichnen die Befunde der Marktverhaltensmaße. Allein für die 1980er Jahre schwanken die H-Statistiken – sowohl auf Basis von Preis- als auch auf Basis von Ertragsgleichungen – errechnet, zwischen -0,04 bis 0,89 und begründen so die drei Schattierungen für dieses Jahrzehnt in Abbildung 2. Während die Studien zum Panzar-Rosse-Modell für die 1990er bzw. 2000er Jahre in der Gesamtschau immerhin mehr oder weniger konsistent eine mäßige Wettbewerbsqualität (H-Statistik im Mittel zwischen 0,5 und 0,6) vermuten lassen, deuten Analysen mittels des Bresnahan-Modells auf einen hohen Wettbewerbsgrad hin. Empirische Arbeiten zum Boone-Indikator weisen gar ein in sich widersprüchliches Bild für diesen Zeitraum auf und attestieren dem deutschen Bankenmarkt mitunter eine mittlere, bisweilen aber auch eine geringe Wettbewerbsintensität.
Zu widersprüchlichen Analyseergebnissen kommt es nicht nur bei den Marktstruktur- und Marktverhaltensmaßen, sondern auch bei den Marktergebnisgrößen. Der Lerner-Index als prominentester Vertreter dieser Gruppe weist dabei die größten Diskrepanzen unter den Messmethoden auf. Dafür verantwortlich sind unterschiedliche Approximationen des Preisniveaus und die Berechnung der Grenzkosten ausgehend von verschiedenen Gesamtkostenfunktionen sowie die Adjustierung des Lerner-Indexes um Risikogrößen oder der alleinige Bezug auf einzelne Submärkte.14 In der Folge schwanken die unterschiedlichen Studien in ihrer Einschätzung der Konkurrenzsituation deutscher Banken zwischen schwach, mittel und stark.
Die diskutierte Problematik wird auch mit Blick auf die paarweisen Korrelationen deutlich. Tabelle 3 stellt diese für die 2000er Jahre dar, da für dieses Jahrzehnt mit Ausnahme des (ohnehin selten verwendeten) Bresnahan-Modells Wettbewerbsuntersuchungen zu allen Maßen auf Basis jüngerer Daten vorliegen. Es zeigt sich, dass die Konzentrationsraten untereinander, Lerner-Index und HHI sowie Lerner-Index und Boone-Indikator faktisch unverbunden sind. Indessen lassen die Korrelationskoeffizienten von -0,37 zwischen dem HHI und der CR3 bzw. von 0,42 zwischen dem HHI und der CR5 vollständig konträre Zusammenhänge vermuten. Ein mäßiger, aus theoretischer Sicht in der Tendenz vorhergesagter Zusammenhang zeigt sich zumindest zwischen der H-Statistik und dem Lerner-Index, respektive dem Boone-Indikator.
Tabelle 3
Korrelationsmatrix auf Basis aller Studienergebnisse der 2000er Jahre (Deutschland)
CR3 | CR5 | HHI | H-Statistik | Lerner-Index | Boone-Indikator | |
---|---|---|---|---|---|---|
CR3 | 1,00 | |||||
CR5 | -0,11 | 1,00 | ||||
HHI | -0,37 | 0,42 | 1,00 | |||
H-Statistik | 0,75 | -0,55 | -0,27 | 1,00 | ||
Lerner-Index | -0,26 | 0,66 | 0,09 | -0,55 | 1,00 | |
Boone-Indikator | -0,70 | 0,15 | 0,19 | -0,52 | -0,12 | 1,00 |
Quelle: eigene Darstellung.
Fazit
Die Bestandsaufnahme internationaler Studien zu den Konkurrrenzverhältnissen von Bankensystemen legt offen, dass die alternativen Wettbewerbsmaße zu substanziell unterschiedlichen Einschätzungen gelangen. Die in der Theorie mit Bezug auf das SCP-Paradigma zu vermutende, grundsätzliche Kausalkette zwischen der Struktur, dem Verhalten und dem Ergebnis eines Marktes, wird durch die Empirie faktisch nicht gestützt. Sogar innerhalb einzelner Messmethoden zeigen sich für ein und dieselbe Bankenwirtschaft (Deutschland) erhebliche Divergenzen und dies über einen Untersuchungszeitraum von über 35 Jahren. Insbesondere Studien auf Basis der Panzar-Rosse-Statistik, dem Boone-Indikator und dem Lerner-Index weisen mitunter vollständig konträre Wettbewerbsintensitäten aus. Die im Rahmen dieses Beitrags nur kursorisch angeführten Ursachen für diese Widersprüche sollten allen voran in den zum Teil gänzlich unterschiedlichen Operationalisierungsansätzen der Studien liegen. So wissen alle Maße in der Theorie zu überzeugen. Mit ihrer uneingeschränkten, präzisen Umsetzung in die Praxis sind – offensichtlich – jedoch erhebliche Schwierigkeiten verbunden, insbesondere aufgrund der spezifischen Datenerfordernisse.
Vorrangiges Anliegen dieses Beitrags ist es, für eine sehr sorgfältige Auseinandersetzung mit der Art und Weise von Wettbewerbsmessungen in der Finanzwirtschaft zu sensibilisieren. Entsprechend mit Bedacht sollten nachgelagerte Fragestellungen zur Stabilität, Rentabilität und Produktivität von Banken bzw. Bankensystemen angegangen werden. Nur unter genauer Kenntnis der Grenzen der jeweiligen Untersuchungsmethodik können fehlerhafte Schlussfolgerungen und damit ordnungspolitische Schnellschüsse vermieden werden.
Die Autoren danken der Sparkassen-Finanzgruppe für ihre finanzielle Unterstützung.
- 1 Vgl. F. Allen, D. Gale: Competition and Financial Stability, in: Journal of Money, Credit and Banking, 36. Jg. (2004), H. 3, S. 453-480; A. N. Berger, L. F. Klapper, R. T. Ariss: Bank Competition and Financial Stability, in: Journal of Financial Services Research, 35. Jg. (2009), H. 2, S. 99-118; D. Zigraiova, T. Havranek: Bank Competition and Financial Stability: Much Ado About Nothing?, William Davidson Institute, Working Paper, Nr. 1087, Prag 2015, S. 1-40; B. Căpraru, M. Andrieş: Nexus between concentration and fragility across EU banking systems, in: Procedia Economics and Finance, 32. Jg. (2015), H. 1, S. 1140-1147.
- 2 Vgl. C. Weistroffer: Niedrigzinsumfeld und Banken, in: Deutsche Bank Research, Aktuelle Themen, Globale Finanzmärkte, Frankfurt a.M. 2013, S. 4 f.; I. Schnabel: Das europäische Bankensystem: Bestandsaufnahme und Herausforderungen, in: Wirtschaftsdienst, 94. Jg. (2014), H. 13, S. 8, http://archiv.wirtschaftsdienst.eu/jahr/2014/13/das-europaeische-bankensystem-bestandsaufnahme-und-herausforderungen/ (28.10.2016).
- 3 Vgl. in diesem Kontext jüngst die Arbeiten von G. Feng, X. Zhang: Returns to scale at large banks in the US: A random coefficient stochastic frontier approach, in: Journal of Banking and Finance, 39. Jg. (2014), H. C, S. 135-145; und D. Carvalho: The Real Effects of Government-Owned Banks: Evidence from an Emerging Market, in: The Journal of Finance, 69. Jg. (2014), H. 2, S. 577-609.
- 4 Vgl. I. Love, M. S. M. Peria: How Bank Competition Affects Firms’ Access to Finance, in: The World Bank Economic Review, 29. Jg. (2014), H. 3, S. 413-448.
- 5 Monopolkommission: Hauptgutachten XX: Eine Wettbewerbsordnung für die Finanzmärkte, Berlin 2013, S. 519.
- 6 Vgl. für eine ausführliche Auseinandersetzung hierzu T. Richter: Zur Performancemessung im Bankensektor: Wettbewerbs- und Produktivitätsverhältnisse im innereuropäischen Vergleich, Berlin 2013, S. 91 ff.
- 7 Grundlegend geht das SCP-Paradigma auf Mason und Bain zurück, vgl. E. S. Mason: Price and Production Policies of Large-Scale Enterprise, in: American Economic Review, 29. Jg. (1939), H. 1, S. 61-74; J. S. Bain: Workable Competition in Oligopoly: Theoretical Considerations and some Empirical Evidence, in: American Economic Review, 40. Jg. (1950), H. 2, S. 35-47.
- 8 U. G. Baxmann: Hintergründe und Facetten der Bankenkonzentration im Überblick, in: U. G. Baxmann (Hrsg.): Konzentrationsprozesse in der Kreditwirtschaft, Frankfurt a.M. 1999, S. 5.
- 9 J. Boone: A new way to measure competition, in: The Economic Journal, 118. Jg. (2008), H. 531, S. 1246 f.
- 10 Ausgehend von Iwata erweiterten Bresnahan und Lau dieses Verfahren. Vgl. G. Iwata: Measurement of Conjectural Variations in Oligopoly, in: Econometrica, 42. Jg. (1974), H. 5, S. 947-966; T. F. Bresnahan: The Oligopoly Solution Concept is Identified, in: Economics Letters, 10. Jg. (1982), H. 1-2, S. 87-92; L. J. Lau: On Identifying the Degree of Competitiveness from Industry Price and Output Data, in: Economics Letters, 10. Jg. (1982), H. 1-2, S. 93-99.
- 11 Vgl. für den Intermediationsansatz C. W. Sealey, J. T. Lindley: Inputs, Outputs, and a Theory of Production and Cost at Depository Financial Institutions, in: Journal of Finance, 32. Jg. (1977), H. 4, S. 1251-1266; und für den Produktionsansatz G. J. Benston: Branch Banking and Economies of Scale, in: Journal of Finance, 20. Jg. (1965), H. 2, S. 507-549.
- 12 Auf Wunsch werden die genauen Quellenangaben bzw. eingegangenen Daten gern zur Verfügung gestellt.
- 13 So gelangen Hempell und Liu et al. zu deutlich höheren Konzentrationsraten bzw. Werten des HHIs, vgl. H. Hempell: Testing for Competition Among German Banks, Economic Research Centre, Deutsche Bundesbank, Discussion Paper, Nr. 04/02, Frankfurt a.M. 2002; H. Liu, P. Molyneux, J. O. Wilson: Measuring competition and stability: recent evidence for European banking, Bangor Business School, Working Paper, Nr. 57, Bangor 2010.
- 14 So ermitteln beispielsweise Weill und Coccorese das Preisniveau als Quotient aus „Gesamterträge/Bilanzsumme“, während H. Gischer et al. dieses segmentspezifisch als Relation aus „Zinserträge/zinstragende Aktiva“ bestimmen, vgl. L. Weill: Bank competition in the EU: How has it evolved?, in: Journal of International Financial Markets, Institutions and Money, 26. Jg. (2013), S. 100-112; P. Coccorese: Estimating the Lerner index for the banking industry: A stochastic frontier approach, in: Applied Financial Economics, 24. Jg. (2014), H. 2, S. 1-38; H. Gischer, H. Müller, T. Richter: How to measure the market power of banks in the lending business accurately: A segment-based adjustment of the Lerner Index, in: Applied Economics, 47. Jg. (2015), H. 4, S. 1-10.