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Die Diesel-Technologie und die mit ihrer Nutzung verbundenen Belastungen durch lokale oder globale Schadstoffemissionen stehen seit längerem im Fokus der umweltpolitischen Diskussion. In diesem Beitrag werden unterschiedliche negative externe Effekte aus der Nutzung von Verbrennungsmotoren betrachtet. Für eine Langfriststrategie bieten sich ökonomische Instrumente zur Zielerreichung an: eine an die lokale Schadstoffbelastung gekoppelte City-Maut sowie eine zusätzliche CO2-Vermeidung in den Sektoren des EU-Emissionshandels oder eine Integration des Verkehrssektors in den Emissionshandel.

Als erste deutsche Stadt hat Hamburg kürzlich ein Fahrverbot für Diesel ausgesprochen. So ist dort seit Ende Mai 2018 auf zwei ausgewählten Hauptverkehrsadern die Durchfahrt für ältere Dieselautos beschränkt. Damit reagiert die Stadt auf die Klage der EU-Kommission gegen Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof wegen zu schlechter Luft in zahlreichen Städten. Es ist der vorläufige Höhepunkt in der „Diesel-Krise“, die mit dem Bekanntwerden der Abgasmanipulationen beim Automobilhersteller Volkswagen im Spätsommer 2015 begann.

Hintergrund der EU-Klage gegen Deutschland sind wiederholte Überschreitungen der vereinbarten Grenzwerte für die Luftverschmutzung aus Stickoxiden in 26 Gebieten, vor allem in Großstädten wie Berlin, München und eben Hamburg. Die EU-Mitgliedstaaten sind gemäß der Rechtsvorschrift zur Luftqualität (Richtlinie 2008/50/EG) dazu verpflichtet, ihre Bürger vor schädlichen Luftschadstoffen zu schützen. Denn hohe Schadstoffkonzentrationen in der Luft können zu Atemwegs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen und Symptome bei bereits erkrankten Menschen verschlimmern. Die Europäische Umweltagentur geht davon aus, dass 2014 mehr als 80 000 vorzeitige Todesfälle in Deutschland auf verschmutzte Luft zurückzuführen seien, nach ihren Berechnungen 13 000 davon alleine auf Stickoxide (NOx).

Der mit Abstand größte Verursacher von NOx-Emissionen ist der Straßenverkehr. Darauf entfallen etwa 40 % des EU-weiten Ausstoßes insgesamt, davon wiederum sind etwa 80 % Diesel-Fahrzeugen zuzurechnen.1 Aber nicht nur bei Schadstoffen auf lokaler Ebene, die die „Diesel-Debatte“ derzeit dominieren, ist der Straßenverkehr von enormer Bedeutung. Etwa ein Fünftel des Treibhausgases CO2, das in der EU ausgestoßen wird, kommt aus dem Straßenverkehr – und das, obwohl moderne Pkw Umwelt und Klima weit weniger belasten als ältere Automodelle. Der Einsatz von Katalysatoren und effizienteren Motoren hat Autos immer sauberer bzw. umweltfreundlicher werden lassen. Jedoch werden die technologisch erzielten Emissionsminderungen je Personenkilometer, bei NOx wie bei CO2, durch einen Anstieg der gesamten Fahrleistung wieder aufgehoben.

Der politische Handlungsdruck, wirksame Maßnahmen zur Reduktion der unterschiedlichen Belastungen durch den Verkehr zu ergreifen, hat sich durch die EU-Klage weiter erhöht. Doch welche Maßnahmen sind wirksam? An öffentlich diskutierten Vorschlägen der Politik mangelte es in den vergangenen Monaten nicht: Diesel-Fahrverbote, Elektroquote für Neuwagen, Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor, kostenloser Nahverkehr, blaue Plaketten, Nachrüstpflicht für ältere Diesel – die Liste ist lang. Die Stadt Hamburg hat sich mittlerweile für Fahrverbote entschieden, andere Städte werden diesem Beispiel folgen. Woran es allerdings mangelt, ist eine ökonomisch sinnvolle Langfriststrategie, um gesellschaftliche Mobilitätsbedürfnisse und Schutz von Umwelt und Klima in Einklang zu bringen. Dazu gilt es zunächst, die unterschiedlichen Probleme verkehrsbedingter externer Effekte zu identifizieren und – daran gekoppelt – ökonomisch fundierte Lösungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Im Zentrum der verkehrspolitischen Diskussion stehen dabei insbesondere die externen Kosten durch die Nutzung der Verkehrswege. Hier lassen sich im Wesentlichen fünf Arten negativer externer Effekte des Verkehrs identifizieren: 1. Lokale Schadstoffemissionen wie Feinstaub, SO2 und NOx, 2. CO2-Emissionen, 3. Stau, 4. Verkehrsunfälle, 5. Lärmemissionen. Im Folgenden werden geeignete Maßnahmen für die ersten drei Punkte diskutiert.

Straßennutzung in Städten durch City-Maut steuern

Das Problem verkehrsbedingter Luftverschmutzung in Innenstädten durch lokale Schadstoffemissionen lässt sich mit einer City-Maut effizient lösen. Das Prinzip einer solchen Maut ist einfach: Will ein Autofahrer innerstädtische Straßen nutzen, wird eine Gebühr, die City-Maut, fällig – und zwar jedes Mal. Wer viel fährt, zahlt viel. Wer nur selten mit dem Auto in die Stadt fährt, wird seltener zur Kasse gebeten. Der Mautbetrag für eine Stadtfahrt sollte dabei – unabhängig von der eingesetzten Kraftstoffart oder der Technologie – streng nach dem Schadstoffausstoß gestaffelt sein. So würden z. B. Fahrzeuge mit niedrigeren Schadstoffklassen höhere Mauttarife zahlen als ein moderner Motor der Abgasnorm Euro 6d-TEMP. Die negativen Auswirkungen des Autofahrens, deren Kosten bisher die Gesellschaft zu tragen hat, werden damit sichtbar und zielgenau dem eigentlichen Verursacher in Rechnung gestellt. Der externe Effekt „Luftverschmutzung“ wird internalisiert. Anderen lokal wirksamen Externalitäten des Straßenverkehrs wie Staus würde durch eine Maut in entsprechender Höhe ebenfalls begegnet. Städte wie Singapur, London und Stockholm setzen bereits seit Jahren erfolgreich auf diesen Ansatz.

Das Instrument der City-Maut ist aus ökonomischer Sicht den derzeit viel diskutierten Diesel-Fahrverboten klar überlegen – vor allem deshalb, weil die Verbesserung der Stadtluft zu geringeren gesellschaftlichen Kosten erreicht wird. Wenn Fahrten in die Stadt durch die City-Maut einen zusätzlichen Preis bekommen, entstehen wirksame Anreize für Autofahrer, ihr Mobilitätsverhalten zu verändern. Umweltfreundlich­ere Alternativen wie Bus, Bahn oder auch Fahrrad werden im Vergleich zum Auto günstiger und damit attraktiver. Für das tägliche Pendeln zur Arbeit könnten sich Fahrgemeinschaften bilden, um Mautkosten zu sparen. Andere Fahrten werden ganz unterbleiben. Der Handwerker hätte aber nach wie vor die Möglichkeit, Fahrten in die Innenstadt mit dem eigenen Fahrzeug vorzunehmen.

Der entscheidende Punkt ist: Mit der City-Maut haben die Betroffenen eine Wahl. Sie können selbst entscheiden, ob ihnen die Fahrt ins Stadtzentrum mit dem eigenen Pkw so viel wert ist. Wann immer der individuelle Nutzen größer ist als die damit verbundenen gesellschaftlichen Kosten, wird die Maut gezahlt, und andernfalls nach Alternativen gesucht. Für die Gesellschaft ist das optimal. Mit Fahrverboten dagegen werden Tatsachen geschaffen. Dabei ist die Umweltwirkung eines Fahrverbots nicht unumstritten. Mexiko-Stadt ist ein Beispiel dafür: Dort regelt seit vielen Jahren die letzte Ziffer des Nummernschilds, ob ein Auto an einem bestimmten Wochentag in die Stadt fahren darf oder nicht. Weniger Autos, weniger Schadstoffe – so die Idee. Studien zeigen allerdings, dass diese Idee letztlich nicht aufging und die Regulierung erfolglos blieb.2 Warum? Weil viele Menschen in Mexiko-Stadt sich einen Zweitwagen kauften mit einem anderen Nummernschild, um das Fahrverbot zu umgehen. Dass damit vor allem ältere gebrauchte, sprich schmutzigere Autos zusätzlich auf die Straßen kamen, ist kontraproduktiv für die Luftqualität.

Auch die Umweltwirkung von Hamburgs kürzlich eingeführten Durchfahrtssperren für zwei Straßenabschnitte ist zweifelhaft. Ältere Diesel-Pkw oder -Lkw, die von den Verboten betroffen sind, weichen nun auf andere Strecken aus, um ihr Fahrtziel zu erreichen. Zwar sollen so die NOx-Grenzwerte in den gesperrten Straßen eingehalten werden. Jedoch steigt natürlich die Belastung auf den Ausweichstrecken und es ist gut möglich, dass durch die erzwungenen Umwege insgesamt mehr Schadstoffe entstehen als vorher. Weiträumigere Diesel-Fahrverbote als in Hamburg würden vermutlich eine gewisse lokale Umweltwirkung in deutschen Städten erzielen. Allerdings wären die gesellschaftlichen Kosten unverhältnismäßig hoch und zudem ungerecht verteilt. Alle Diesel-Fahrer – und nur diese – würden durch die Fahrverbote bestraft. Ihre Fahrzeuge wären dann für bestimmte Wege nicht mehr zu gebrauchen. Der Wiederverkaufswert der Autos würde drastisch sinken. Das würde auch für Diesel-Fahrzeuge gelten, die kaum oder gar nicht auf innerstädtischen Straßen bewegt werden. Bei einer City-Maut würde der Wiederverkaufswert eines Pkw vermutlich ebenfalls sinken, allerdings in geringerem Umfang als bei einem Fahrverbot und nicht nahezu pauschal, sondern in Abhängigkeit von der Schadstoffbelastung.

Dabei belasten natürlich auch die Abgase aus Otto-Motoren die Luft in deutschen Städten. Ein Fahrverbot für Diesel liefert jedoch kein Signal an Fahrer von Benzinern, ihre Fahrleistung einzuschränken. Im Gegenteil: Kurzfristig werden Stadtfahrten für sie sogar attraktiver, weil mit dem Diesel-Verbot freiere Straßen locken. Mittelfristig werden diejenigen, die vom Verbot betroffen sind, aber auf ein Auto nicht verzichten können und ihren Diesel folglich ersetzen, vermutlich überwiegend durch Benziner. Das ist kostspielig und belastet jede Haushaltskasse mehr als eine Maut, die nur einzelne Fahrten teurer macht, so schmerzhaft diese Maut für ärmere Haushalte auch sein kann. Am Ende sind die Straßen jedenfalls wieder verstopft, und der Umwelt ist kaum geholfen. Klar ist also, saubere Luft ist nicht zum Nulltarif zu haben. Bei einer City-Maut sind die Kosten aber im Gegensatz zum Fahrverbot oder im Vergleich zu möglichen nachgelagerten Überwälzungsreaktionen als Folge von herstellerseitigen Nachrüstverpflichtungen für den Pkw-Besitzer transparent und klar nachvollziehbar.

Eine City-Maut liefert dauerhafte Anreize, auf das Auto zu verzichten, sowohl auf Benziner als auch auf Diesel. Mithilfe neuer Informationstechnologien lässt sich der Mautbetrag an das jeweilige Verkehrsaufkommen oder die aktuelle Schadstoffkonzentration anpassen. Je voller die Straßen und je belasteter die Luft, desto höher sollte die Maut sein. Damit bekommen Autofahrer über den Preis signalisiert, wann ihr Handeln besonders schädlich für Mensch und Umwelt ist. Die Lenkungswirkung der City-Maut wird so zusätzlich optimiert. Und noch einen weiteren Vorteil hat die City-Maut im Vergleich zu Fahrverboten: Städte können durch die Einführung eines Mautsystems umfangreiche Finanzmittel generieren. In der Verwendung dieser Mittel wären sie grundsätzlich frei und könnten Bedürfnisse, z. B. im Nahverkehr, befriedigen. Die Einführung eines kostenlosen Nahverkehrs, wie in der aktuellen Debatte teilweise gefordert, hätte aber auch ungewollte Substitutionseffekte zur Folge, wie das Beispiel Tallinn in Estland zeigt. Dort nutzten vor allem Personen, die schon vorher mit Bus und Bahn oder aber als Fahrradfahrer und Fußgänger in der Stadt unterwegs waren, den kostenlosen Nahverkehr verstärkt.3 Diese Verhaltensänderung sollte nicht subventioniert werden.

Heißt das nun, dass durch die City-Maut lediglich der Verbraucher in die Pflicht genommen wird, während die Unternehmen keinen finanziellen Beitrag leisten müssen? Richtig ist zunächst, dass durch diese Regulierung das Autofahren teurer wird. Dem stehen allerdings die verbesserte Luftqualität und weniger Staus gegenüber. Darüber hinaus setzt die Regulierung Unternehmen unter Zugzwang, neue Technologien marktfähig zu machen, um im Wettbewerb mit anderen Automobilherstellern und anderen Verkehrsmitteln zu bestehen. Damit langfristig gleiche Bedingungen herrschen, ist zudem eine Harmonisierung der Regulierung mit Blick auf die Schadstoffemissionen über alle Verkehrsmittel hinweg anzustreben.

Kosteneffizienter Klimaschutz im Straßenverkehr durch einheitlichen CO2-Preis

Im Unterschied zu lokalen Schadstoffen wie NOx ist CO2 ein Globalschadstoff, der sich gleichmäßig in der Atmosphäre verteilt. Die Schäden entstehen damit unabhängig vom Ort der Emissionen. Für die Klimawirkung spielt es also keine Rolle, in welchem Sektor oder in welchem Land das CO2 vermieden wird. Der Verkehrssektor wird unter anderem bereits durch implizite CO2-Steuern erheblich belastet. Mineralöl, für Pkw im Wesentlichen Benzin und Diesel, unterliegt in der EU einer relativ hohen Besteuerung. In Deutschland beträgt die Energiesteuer auf Diesel ca. 0,47 Euro/l. Der durchschnittliche Steuersatz in der EU liegt leicht darunter. Bei fossilen Energieträgern existiert nun ein festes Verhältnis zwischen der eingesetzten Menge des Energieträgers und den CO2-Emissionen. Dies liegt daran, dass es derzeit keine marktfähige Filter-Technologie für CO2 im Verkehrsbereich gibt. Unabhängig davon, welches Modell welcher Marke man fährt, aus der Verbrennung von 1 l Diesel resultieren immer 2639 gCO2. Daher lässt sich die Energiesteuer in eine CO2-Steuer (in Euro/tCO2) umrechnen. Der derzeit in Deutschland geltende Steuersatz pro Tonne CO2, die durch Diesel-Verbrennung in Pkw entsteht, liegt bei ca. 180 Euro (ohne Mehrwertsteuer). Für Benzin beträgt der Steuersatz ca. 280 Euro/tCO2.

Diese implizite CO2-Steuer hat aus ökonomischer Sicht einen wichtigen Effekt – und zwar auf die Anreize, die der einzelne Autofahrer hat, Anstrengungen zur CO2-Vermeidung zu unternehmen.4 Beim Kauf eines neuen Pkw kann sich der Verbraucher zwischen unterschiedlichen Ausstattungen, etwa mit Blick auf Motorisierung und Verbrauch, entscheiden. Bei gleicher Leistung kosten Motoren, die weniger Kraftstoff verbrauchen, mehr. Man muss also abwägen: höhere Anschaffungskosten gegen geringeren Kraftstoffverbrauch. Relativ günstige verbrauchsärmere Technologien (bei Diesel-Pkw unter 180 Euro/tCO2) werden von den Käufern nachgefragt, relativ teure (mehr als 180 Euro/tCO2) nicht. Der Einspareffekt auf der Nachfrageseite beim Kraftstoffverbrauch und damit bei den CO2-Emissionen im Pkw-Verkehr hat aber auch Effekte auf der Angebotsseite. Investitionen in neue, verbrauchsärmere Technologien bei Diesel-Pkw lohnen sich nur dann, wenn sie weniger als 180 Euro/tCO2 kosten. Teurere Technologien werden nicht nachgefragt. Da auf dem Anbietermarkt für Pkw ein harter Wettbewerb herrscht, ist davon auszugehen, dass sich diejenigen Technologien durchgesetzt haben und bereits heute in Diesel-Pkw eingebaut sind, die weniger als 180 Euro/tCO2 kosten. Jede Tonne mehr CO2-Vermeidung kostet im Diesel-Pkw-Verkehr also mindestens 180 Euro. Dieser Wert markiert die Grenzvermeidungskosten für CO2 beim Diesel-Pkw.

Ein zentrales Ergebnis der Umweltökonomik ist, dass eine kosteneffiziente Klimapolitik nur bei Gleichheit der Grenzvermeidungskosten aller Emittenten in einer Volkswirtschaft gegeben ist.5 Kosteneffizienz bedeutet, dass ein Vermeidungsziel zu geringstmöglichen Kosten erreicht wird. Sobald sich die Grenzvermeidungskosten unterscheiden, lassen sich entweder bei gleichen Emissionen die Kosten der Klimapolitik reduzieren, oder aber bei gleichen Kosten lässt sich mehr Klimaschutz realisieren. Für den Verkehrssektor in der EU ergibt sich dabei das folgende fundamentale Problem: Die Grenzvermeidungskosten für CO2 für Diesel-Pkw liegen bei 180 Euro/tCO2. Im EU-Emissionshandel für CO2 (EU-ETS) haben dagegen die Emittenten Grenzvermeidungskosten, die um den Faktor 12 unter denen im Pkw-Verkehr liegen. Der Preis für Zertifikate ist gleich den Grenzvermeidungskosten im EU-ETS und beträgt derzeit 15 Euro/tCO2. Für Diesel-Pkw sind diese Kosten um das Zwölffache höher (für Benziner sogar um das ca. 19-fache). Eine solche Klimapolitik ist nicht sinnvoll, weil sie teurer als nötig ist. Aus Klimaschutzgründen die Energiesteuer zu differenzieren oder gar zu erhöhen, ist also aus ökonomischer Sicht definitiv der falsche Weg. Aus dem gleichen Grund verstoßen auch die von der EU-Kommission vorgeschriebenen Auflagen für die CO2-Emissionen von Pkw gegen das Gebot der Kosteneffizienz.6 Zugleich wird deutlich, dass in den Sektoren des EU-ETS, also außerhalb des Verkehrssektors, relativ günstige CO2-Vermeidungsoptionen existieren.

Für eine kosteneffiziente Klimapolitik ist entscheidend, dass alle Emittenten in einer Volkswirtschaft das gleiche Signal für die Knappheit von CO2-Emissionen erhalten. Dies gilt unabhängig davon, ob der CO2-Preis über eine Steuer oder ein Emissionshandelssystem erzeugt wird. Da der Preis des EU-ETS deutlich geringer ist als der CO2-Preis für den Verkehrssektor, sollte die Zertifikatmenge des EU-ETS stärker als bisher reduziert werden. Damit steigt der Preis des EU-ETS an und der Unterschied der Grenzvermeidungskosten wird geringer. Eine weitere Möglichkeit ist die Integration des Verkehrssektors in das EU-ETS.7 Rein technisch wäre dies möglich, indem beispielsweise Raffinerien für jede Tonne in den Verkehr gebrachten Kraftstoffs die entsprechende Menge von Zertifikaten einlösen müssen. In einem solchen erweiterten EU-ETS gibt es dann eine fixe Menge an handelbaren Zertifikaten für die bisherigen Sektoren im EU-ETS und den Verkehrssektor. Damit würden zwar die Kraftstoffpreise etwas steigen (allerdings nicht, wenn die Energiesteuer entsprechend gesenkt werden würde). Der Vorteil dieser Politik wäre aber, dass eine Ausweitung der CO2-Emissionen im Verkehrssektor möglich wäre, ohne die Gesamtemissionen der EU zu steigern – die Zertifikatmenge des erweiterten EU-ETS ist schließlich fix. Dies würde zu einem Preisanstieg im EU-ETS führen und die zusätzliche Vermeidung würde dann in den übrigen ETS-Sektoren außerhalb des Verkehrssektors stattfinden, da hier relativ niedrige Grenzvermeidungskosten vorliegen.

Fazit

In der Diesel-Debatte sind ökonomische Argumente bislang nur selten zu hören. Dabei geht es darum, wie auch in Zukunft Wünsche nach Mobilität, Gesundheit und intakter Umwelt bestmöglich erfüllt und miteinander in Einklang gebracht werden können. Kernforderung ist, dass die Politik negative externe Effekte adressiert und die entsprechenden Aktivitäten – technologieoffen – mit einem Preis versieht. Damit ist sichergestellt, dass gesellschaftliche Ziele zu geringstmöglichen Kosten für Verbraucher und Industrie erreicht werden. Eine City-Maut, die die Nutzung von Straßen in Städten regelt, und ein einheitlicher CO2-Preis für eine kosteneffiziente Klimaschutzpolitik sind dabei aus ökonomischer Sicht geeignete Instrumente in einer zu etablierenden Langfriststrategie.

  • 1 Europäische Kommission: Kommission droht Deutschland, Frankreich, Spanien, Italien und dem Vereinigten Königreich mit Klage wegen anhaltender übermäßiger Luftverschmutzung, Pressemitteilung vom 15.2.2017.
  • 2 L. W. Davis: The Effect of Driving Restrictions on Air Quality in Mexico City, in: Journal of Political Economy, 116. Jg. (2008), H. 1; ders.: Saturday Driving Restrictions Fail to Improve Air Quality in Mexico City, Scientific Reports 7, Februar 2017.
  • 3 O. Cats, Y. O. Susilo, T. Reimal: The Prospects of Fare-Free Public Transport: Evidence from Tallinn, in: Transportation, 44. Jg. (2017).
  • 4 J. Weimann: Die Klimapolitik-Katastrophe, Marburg 2008; B. Sturm, C. Vogt: Umweltökonomik – Eine anwendungsorientierte Einführung, Heidelberg 2018.
  • 5 B. Sturm, C. Vogt, a. a. O.
  • 6 Ebenda.
  • 7 M. Achtnicht, K. von Graevenitz, S. Koesler, A. Löschel, B. Schoeman, M. A. Tovar Reaños: Including Road Transport in the EU-ETS – An Alternative for the Future?, Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Mannheim 2015.

Title:The Diesel Debate: Economic Policy Recommendations

Abstract:Diesel technology and the associated environmental burden of local and global pollutant emissions have long been the focus of environmental policy debates. This article considers various negative external effects resulting from the use of combustion engines. A number of economic policy instruments can help to reduce these effects in the long term, such as the introduction of an urban road pricing scheme that is linked to local pollution levels, a greater focus on CO2 abatement in the sectors included in the EU Emissions Trading Scheme (EU ETS), or the integration of the transport sector into the EU ETS.

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DOI: 10.1007/s10273-018-2333-4