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Weltweit sind die Volkswirtschaften mit hohen Preissteigerungen konfrontiert. Unter anderem beeinflusst die Inflation den Staatshaushalt sowie die Tragfähigkeit der öffentlichen Schulden. Wie und in welchem Ausmaß wird die Staatsschuldenquote durch die höhere Inflationsrate beeinflusst? Es wird gezeigt, dass eine hohe Inflation kein Heilmittel gegen eine hohe Staatsschuldenquote ist.

Volkswirtschaften weltweit sehen sich starken Preissteigerungen gegenüber, die in vielen Ländern über lange Zeit nicht zu verzeichnen waren. Diese hohen Inflationsraten spiegeln vorwiegend die ökonomischen Auswirkungen der Coronapandemie wider – vor allem die vielfältig gestörten Produktionsprozesse. Hinzu kommen die erheblichen Verteuerungen von Energie und Rohstoffen aufgrund des Ukrainekriegs. Diese Belastungen stellen im Wesentlichen einen makroökonomischen Angebotsschock dar, der sich auf die Konsumebene übertragen hat. Zudem sind diese Angebotsschocks eingebettet in ein ökonomisches Umfeld, das von säkular wirkenden Megatrends (Demografie, Dekarbonisierung, De-Globalisierung, Digitalisierung) geprägt wird, die ihrerseits in den kommenden Jahren angebotsseitige Anpassungslasten schaffen und voraussichtlich insgesamt preistreibend wirken werden (Demary und Hüther, 2022). Diese in Deutschland ungewohnt hohe Inflation kann vielfältige ökonomische und soziale Folgewirkungen haben (Issing, 2011, 227 ff.; Grömling, 2022): Die Kaufkraft der Einkommen und der Vermögen sinkt. Es kommt zu zusätzlichen Transaktionskosten sowie zu Veränderungen der Konsum- und Vermögensstrukturen. Außerdem können eine Reihe von Allokationswirkungen eintreten, die langfristig ihren Niederschlag in den (internationalen) Produktionsstrukturen finden. Hohe Preisanstiege haben Verteilungseffekte über verzögerte Anpassungen etwa von Arbeitsentgelten. Zudem beeinflusst Inflation über ihre Steuerwirkungen die Realwirtschaft, die Verteilungslage sowie den Staatshaushalt und die Tragfähigkeit der öffentlichen Schulden.

Mit Blick auf den letztgenannten Punkt wird seit längerem diskutiert, ob und in welchem Ausmaß die Staatsschuldenquote infolge von höheren Inflationsraten verringert und damit die Tragfähigkeit der Staatsschuldenlast verbessert wird (vgl. z. B. Hall und Sargent, 2010; Reinhart und Sbrancia, 2011; Akitoby et al., 2014; Matthes, 2015). Bei der Staatsschuldenquote (SQ) wird die nominale Staatsschuld (S) auf das nominale Bruttoinlandsprodukt (BIP) bezogen. Ein Rückgang der Staatsschuldenquote (SQ) in Periode t erfolgt gemäß Gleichung (1) bei sonst gleichen Bedingungen immer dann, wenn die Wachstumsrate des nominalen BIP (g) höher ausfällt als der nominale Durchschnittszins auf die Staatsschuld (i) bezüglich der sich bis zum Jahr t-1 bereits aufgehäuften Staatsschulden und der damit verbundenen Staatschuldenquote (Brümmerhoff, 2011; Kauder, 2021):

Welche Rolle spielt dabei die Inflation? Grundsätzlich kann die Inflation alle wichtigen Komponenten dieser Gleichung beeinflussen: das Wachstum des nominalen BIP, den Nominalzins und den Primärsaldo des öffentlichen Haushalts (PS), der sich ergibt aus der Differenz zwischen den Staatseinnahmen und den Staatsausgaben (explizit ohne Zinsausgaben auf die Staatsschuld). Dabei führt ein Einnahmendefizit zu einem negativen Primärsaldo und einer Neuverschuldung des öffentlichen Haushaltes, die ceteris paribus die Staatsschulden erhöht. Unter bestimmten Bedingungen kann Inflation über eine Verbesserung der Wachstum-Zins-Relation (g > i) zu einer Senkung der Staatsschuldenquote beitragen.

Staatlicher Primärsaldo

Allerdings ist es möglich, dass der staatliche Primärsaldo (PS) diese Wirkung konterkariert. Der Primärsaldo kann aufgrund von inflationsbedingt höheren Staatsausgaben oder einbrechenden Staatseinnahmen negativ werden oder, wenn er bereits negativ ist, weiter ins Minus rutschen. Wenn die inflationsbedingte Verschlechterung des Primärsaldos stark genug ist, kann die Staatsschuldenquote trotz verbesserter Wachstums-Zins-Relation sogar zunehmen. Die Wirkung der Inflation auf Staatsausgaben und -einnahmen wird im Folgenden skizziert.

Staatsausgaben

Höhere Güterpreise treffen natürlich auch den Staat bei seinen Käufen von Waren und Dienstleistungen, was für sich genommen die Staatsausgaben erhöht. Zudem können infolge von Lohnanpassungen auch die Personalkosten der staatlichen Institutionen ansteigen. Des Weiteren kann es zu höheren staatlichen Transferzahlungen kommen, wenn staatliche Programme zum Inflationsausgleich (z. B. „Tankrabatte“) gewährt werden. Gemäß der Transfer-Lag-Hypothese kann es auf staatlicher Seite allerdings auch zu Entlastungseffekten kommen. Dies ist dann der Fall, wenn staatliche Transfer- oder Sozialleistungen wie etwa Renten, Pensionen, Sozialhilfe, Kindergeld oder BAföG nicht schnell oder nicht im vollen Ausmaß an die Inflation angepasst werden. Den entsprechenden Realeinkommensverlusten der Transferbeziehenden können entsprechende „Gewinne“ aufseiten des Staats als maßgeblicher Transferzahler gegenüberstehen. Dies trifft zu, wenn dessen Nominaleinnahmen inflationsbedingt ansteigen und ihnen konstante Nominalausgaben für die Transfers gegenüberstehen.

Staatseinnahmen

Bremst die Inflation die Konjunktur, dann können diese realwirtschaftlichen Effekte – speziell ein ausgeprägter Konsumrückgang – negative Auswirkungen auf die Staatseinnahmen haben. Das gleiche gilt für steuerliche Entlastungsmaßnahmen, die verabschiedet werden, um die negativen Auswirkungen anhaltend hoher Preise für die Konsument:innen oder Unternehmen zu mildern. Dem Staat kann es in Zeiten von Inflation jedoch auch gelingen, sein reales Steueraufkommen zu erhöhen. Das tritt z. B. dann ein, wenn der Einkommensteuer ein progressiver Tarifverlauf zugrunde liegt. Unter den beiden Bedingungen, dass die Progressionsstufen nicht an die Inflationsentwicklung angepasst werden und die Nominaleinkommen der Erwerbstätigen und Unternehmerschaft aufgrund der Inflation stärker steigen, wechseln die Steuerpflichtigen in eine höhere Steuerklasse mit höheren Steuersätzen – obwohl sich deren Realeinkommen und die damit einhergehende Wohlstandsposition nicht verändert haben. Durch diese „kalte Progression“ erfolgt eine inflationsbedingte Umverteilung von Realeinkommen von den Steuerzahlenden zum Staat. Zudem können Unternehmen einen bestimmten Abschreibungsbetrag bezüglich ihres Anlagevermögens in der Gewinn- und Verlustrechnung ansetzen und damit ihre Steuerzahlung reduzieren. Dies soll die Unternehmen in die Lage versetzen, aus ihren Gewinnen notwendige Ersatzinvestitionen zu finanzieren, um den Kapitalstock aufrechtzuerhalten. Orientieren sich die Abschreibungen an den historischen Anschaffungskosten für die Kapitalgüter und steigen aber die Wiederbeschaffungswerte infolge der Inflation stark an, dann sinkt entsprechend die „Kaufkraft“ der Abschreibungen und es kommt zu Verteilungseffekten über den veränderten Realwert der Steuerzahlungen. Ähnliche Effekte entstehen bei einer Besteuerung von Vermögenszuwächsen, die auf der Differenz zwischen dem (historischen) Anschaffungswert eines Vermögensguts und dem späteren Verkaufspreis beruhen. Durch rein inflationsbedingte Wertsteigerungen entstehen Scheingewinne und damit eine zusätzliche Steuerlast, für die es keine realwirtschaftliche Begründung gibt.

Da Inflation sowohl die Ausgaben als auch die Einnahmen des Staats in beide Richtungen verändern kann, sind ihre Auswirkungen auf den staatlichen Primärsaldo und die Schuldenstandsquote a priori nicht eindeutig.

Wachstum des nominalen BIP

Inflation kann auf das Wachstum des nominalen BIP einwirken, und zwar auf seine beiden Komponenten – auf die Wachstumsrate des realen BIP sowie auf den BIP-Deflator. Diese Effekte können wiederum in unterschiedlicher Wirkungsrichtung auftreten.

Wachstumsrate des realen BIP

Für die Funktionsfähigkeit des mit Gleichung (1) dargestellten Mechanismus darf die Wachstumsrate des realen BIP von der Inflation nicht zu stark negativ beeinflusst werden. Inflation darf keine zu großen negativen realwirtschaftlichen Konsequenzen für Konjunktur und Wachstum nach sich ziehen. Es kann jedoch zu anhaltenden Allokationswirkungen infolge der oben aufgezeigten Verteilungseffekte kommen. Z. B. beeinträchtigt eine potenziell höhere reale Steuerlast der Unternehmen deren Investitionstätigkeit. Auch andere negativ wirkende Allokationseffekte der Inflation (Grömling, 2022) können auftreten. So kann es aufgrund verzerrter Preissignale, zusätzlicher Transaktionskosten, veränderter Vermögensdispositionen oder Finanzierungsbedingungen zu einer Reallokation von Investitionen hin zu weniger produktiven Firmen kommen. Mittelfristig weicht die Produktions- und Sektorstruktur einer Volkswirtschaft von jenem Zustand ab, der sich unter anderen Rahmenbedingungen einstellen würde. Empirische Untersuchungen kommen zu dem Ergebnis, dass auch bei einer moderaten Inflation die Wachstumswirkungen insgesamt negativ, wenngleich moderat ausfallen (Bruno und Easterly, 1996; Nakamura et al., 2018).

BIP-Deflator

Die gesamtwirtschaftliche Preisentwicklung gemessen am BIP-Deflator muss nicht zwingend mit der Inflationsrate übereinstimmen, die anhand der Entwicklung des Verbraucherpreisindex gemessenen wird. In den BIP-Deflator fließen neben der Verteuerung der Konsumgüter etwa auch Preisveränderungen bei anderen gesamtwirtschaftlichen Nachfragekomponenten ein, z. B. von Investitions- oder Exportgütern. Es ist aber in der Regel davon auszugehen, dass auch der BIP-Deflator in Zeiten hoher Inflation deutlich zunimmt.

Wenn keine zu starken negativen Effekte auf das Wachstum des realen BIP von einer höheren Inflation ausgehen, dann dürfte das nominale BIP-Wachstum (g) inflationsbedingt zunehmen. Das bewirkt für sich genommen eine Senkung der Staatsschuldenquote gemäß Formel (1).

Durchschnittlicher Nominalzins auf die Staatsschuld

Wenn sich der durchschnittliche Nominalzins auf die Staatsschuld (i) in gleicher Weise wie die Wachstumsrate des nominalen BIP (g) verändert, dann bleibt unter sonst gleichen Bedingungen die Staatsschuldenquote konstant. Es ist jedoch davon auszugehen, dass eine höhere Inflation zu steigenden Zinsen und damit letztlich auch zu einer steigenden Zinsbelastung des Staates führt. Für die Wirkung auf die Staatsschuldenquote ist es jedoch entscheidend, ob die Zinsen weniger stark steigen als die Inflationsrate und ob es bei der Zinsanpassung zu zeitlichen Verzögerungen kommt.

Höhe des Zinsanstiegs

Gemäß dem Fisher-Effekt (Fisher, 1930) steigen die Nominalzinsen im Ausmaß der Inflation, damit der Realzins konstant bleibt. Wie hoch der Anstieg des nominalen Marktzinses bei höheren Inflationsraten ausfällt, lässt sich a priori nicht eindeutig bestimmen. Bislang sind zwar die Marktzinsen auf zehnjährige deutsche Staatsanleihen gestiegen, aber nicht im Ausmaß der derzeit hohen Inflationsraten. Das dürfte vor allem darauf zurückzuführen sein, dass die mittelfristigen Inflationserwartungen der Marktteilnehmenden unterhalb der aktuellen Inflationsraten liegen. Jedoch kann es im Fall einer starken Entankerung der Inflationserwartungen generell zu starken Anstiegen der nominalen Marktzinsen kommen, möglicherweise sogar über das Ausmaß der Inflationsrate hinaus. Erfahrungen aus der Vergangenheit können die Erwartungshaltung sowie die Verhaltensmuster der einzelnen Wirtschaftssubjekte stark prägen (Malmendier und Nagel, 2016). Zudem können bei einer erwarteten Gefährdung der Schuldentragfähigkeit und entsprechenden Ausfallrisiken die Risikoprämien auf Staatsanleihen steigen. Ist der Fisher-Effekt aufgrund von unvollständigen Nominalzinsanpassungen in der Realität nicht oder nur eingeschränkt wirksam, dann kommt es gemäß der Gläubiger-Schuldner-Hypothese zu einer Umverteilung von den Gläubigern zu den Schuldnern. Zum einen entstehen Verluste bei den Kapitaleinkommen und zum anderen bezüglich des Realwerts der Kredit- oder Vermögenssumme. Inflation bewirkt dann eine Entlastung von staatlichen Schuldnern gegenüber den Zeichnenden von Staatsanleihen.

Zeitliche Verzögerungen bei der Zinsanpassung

In der Regel kommt es zu zeitlichen Verzögerungen bei den Marktzinsanpassungen (Zins-Lag-Hypothese). Es gibt also auch deshalb keinen vollständigen und zeitnahen Fisher-Effekt. Ein Maturity-Effekt bewirkt zudem Verzögerungen beim Anstieg des Durchschnittszinses auf die Staatsschuld: Bei festverzinslichen Staatsanleihen ist der Durchschnittszins auf die Staatsschuld und damit die Zinsbelastung des Staates durch die in der Vergangenheit ausgegebenen Staatsanleihen bestimmt. Höhere nominale Marktzinsen am Sekundärmarkt für Staatsanleihen infolge höherer Inflationsraten sind damit nicht für den Bestand an schon ausgegebenen Anleihen relevant, sondern in erster Linie für die Refinanzierung der auslaufenden Staatsschulden. Erst wenn bestehende Staatsanleihen auslaufen und (wie meist üblich) durch die Ausgabe neuer Staatsanleihen am Primärmarkt refinanziert werden müssen, schlagen die höheren nominalen Marktzinsen durch. Je länger die Laufzeit der bereits bestehenden Staatsschulden, umso länger dauert es, bis die höheren nominalen Marktzinsen für den Staat relevant werden.

Eine unvollständige Anpassung der Nominalzinsen an die Inflationsrate und die Verzögerung der Durchwirkung höherer nominaler Marktzinsen auf den Durchschnittszins für die Staatsschuld sind zwei wesentliche Gründe dafür, dass Inflation kurzfristig und bei sonst gleichen Bedingungen zu einer sinkenden Staatsschuldenquote führt. Erst durch den verzögerten Anstieg der Durchschnittsverzinsung kann der inflationsbedingte Zuwachs beim nominalen BIP-Wachstum mindernd auf die Schuldenstandquote durchschlagen.

Auslandsverschuldung in Fremdwährung

Eine hohe Auslandsverschuldung des Staats in Fremdwährung kann den unter bestimmten Bedingungen ableitbaren Entlastungseffekt der Inflation auf die Staatsschuldenquote konterkarieren. Der Schuldendienst eines Staats kann dann zunehmen, wenn die Inflation in dem betreffenden Land zu einer Abwertung der eigenen Währung gegenüber der Fremdwährung führt, die wiederum für die Staatsverschuldung von Bedeutung ist. Die Abwertung der eigenen Währung führt dazu, dass der Staat für Zinszahlungen und Schuldenrückzahlungen mehr Geld in nationaler Währung aufbringen muss. Dieser Effekt gilt für flexible Wechselkurse und ist vor allem bei einer hohen staatlichen Auslandsverschuldung in Fremdwährung relevant. Gerade kleine Volkswirtschaften, die keinem großen Währungsraum (wie etwa der Europäischen Währungsunion) angehören, und oftmals auch Schwellenländer können von diesem Währungseffekt betroffen sein. In diesem Kontext verweisen Eichengreen und Hausmann (1999) auf die original sin, der zufolge Länder mit einer hohen Schuldenlast und/oder einer schlechten Schuldenreputation an den Kapitalmärkten keine Kredite in eigener Währung bekommen und sich daher im Ausland in Fremdwährung verschulden müssen.

Staatsschuldenquote auf längere Sicht

Längerfristig erscheinen Konstellationen relevant, bei denen eine anhaltend hohe Inflation letztlich die Staatsschuldenquote auf längere Sicht erhöht. Bei einem ohnehin schon hohen öffentlichen Schuldenstand im Ausgangsniveau kann so die Schuldentragfähigkeit zusätzlich gefährdet werden. Denn bei anhaltend hoher Inflation dürften sich die Inflationserwartungen entankern und es wird dann zu deutlich höheren nominalen Marktzinsen kommen. Zudem haben diese höheren Zinsen dann Zeit, sich in den Staatsschuldenbestand hineinzufressen. Wenn die hohe Inflation dann erst mit großer Zeitverzögerung bekämpft wird, kann es schließlich zu einer Konstellation kommen, bei der die Inflation niedrig, aber der Durchschnittszins auf die Staatsschuld hoch ist. Zu bedenken sind auch die ökonomischen Kosten der Disinflation (Fischer et al., 2002): Verbunden mit einem Wachstumseinbruch infolge einer notwendigen Inflationsbekämpfung kann es gemäß Gleichung (1) dann zu einem merklichen und anhaltenden Anstieg der Staatsschuldenquote kommen.

Verteilungseffekte

Vor dem Hintergrund der aufgeführten Argumente, die bei der Interpretation von Gleichung (1) und dem darauf beruhenden Mechanismus zu beachten sind, ist davor zu warnen, Inflation als ein wirksames Heilmittel gegen eine hohe Staatsschuldenquote zu sehen. Nur unter ganz bestimmten Bedingungen – und dem gleichzeitigen Ausblenden von vielfältigen Folge­effekten der Inflation – bewirkt eine höhere Inflationsrate einen Rückgang der Staatsschuldenquote. Längerfristig kann das ein Spiel mit dem Feuer sein, wenn es zu einer Entankerung der Inflationserwartungen kommt und bei hochverschuldeten Staaten schließlich die Schuldentragfähigkeit in Gefahr gerät. Zudem müssen die angesprochenen Verteilungseffekte der Inflation berücksichtigt werden. Die Einkommensverluste der Gläubiger:innen aufgrund der unvollständigen und verzögerten Zinsanpassungen und aufgrund der Entwertung ihrer Vermögenspositionen müssen akzeptiert werden, wenn vorgebracht wird, dass die Staatsschuldenlast durch Inflation vermindert werden kann. Diese Verteilungseffekte treffen die einzelnen Sektoren der Volkswirtschaft infolge ihrer jeweiligen Nettopositionen unterschiedlich: Der Nettogläubigerposition der privaten Haushalte stehen in der Regel die Nettoschuldnerpositionen des Staats sowie des finanziellen und nicht finanziellen Unternehmenssektors gegenüber. Dabei zeigen sich auch intrasektorale Unterschiede – innerhalb des Haushalts- und Unternehmenssektors gibt es jeweils Nettogläubiger und Nettoschuldner. Des Weiteren kann mit Blick auf den Haushaltssektor die Hypothese aufgestellt werden, dass die älteren Generationen eher Nettogläubiger sind und von daher stärker unter den inflationsbedingten Vermögensverlusten leiden dürften. Insofern gehen mit der Inflation und ihrem vermuteten Einfluss auf die Staatsschuldenquote auch intergenerative Verteilungseffekte einher.

Literatur

Akitoby, B., T. Komatsuzaki, A. Binder (2014), Inflation and Public Debt Reversals in the G7 Countries, IMF Working Paper, WP/14/96.

Brümmerhoff, D. (2011), Finanzwissenschaft, 10. Aufl.

Demary, M. und M. Hüther (2022), How Large Is the Risk of Stagflation in the Eurozone, Intereconomics, 57(1), 34-39.

Eichengreen, B. und R. Hausmann (1999), Exchange Rates and Financial Fragility, NBER Working Papers, 7418.

Fischer, S., R. Sahay und C. Vegh (2002), Modern Hyper- and High Inflations, Journal of Economic Literature, 40(3) 83-880.

Fisher, I. (1930), The Theory of Interest.

Grömling, M. (2022), Ökonomische und soziale Folgen von Inflation: Ein Überblick, IW-Report, Nr. 43.

Hall, George und T. Sargent (2010), Interest Rate Risk and other Determinants of Post-WWII U.S. Government Debt/GDP Dynamics, NBER Working Paper, 15702.

Issing, O. (2011), Einführung in die Geldtheorie, 15. Aufl.

Kauder, B. (2021), Wie entwickeln sich die Staatsschulden in den südlichen EU-Mitgliedstaaten?, IW-Trends, 48(4), 79-98.

Malmendier, U. und S. Nagel (2016), Learning From Inflation Experiences, Quarterly Journal of Economics, 131(1), 53-87.

Matthes, J. (2015), Schuldenerleichterungen für Griechenland?! Anforderungen, Optionen und Wirkungen, IW-Policy Paper, 25.

Nakamura, E. et al. (2018), The Elusive Costs of Inflation: Price Dispersion During the U.S. Great Inflation, NBER Working Paper, 22506.

Reinhart, C. und B. Sbrancia (2011), The Liquidation of Government Debt, NBER Working Paper, 16893.

Title:Inflation is not an Effective Remedy for High Public Debt Ratio

Abstract:Economies around the world are facing high price increases. Inflation affects government budgets as well as the sustainability of public debt. How and to what extent is the public debt ratio affected by higher inflation rates? High inflation is not a lasting remedy for a high public debt ratio. Only under very specific conditions – and by simultaneously ignoring the manifold knock-on effects of inflation – does a higher inflation rate bring about a decline in the government debt ratio. In the longer term, it may be dangerous if inflation expectations are de-anchored and interest rates rise for a prolonged time so that debt sustainability is ultimately jeopardised.

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© Der/die Autor:in 2022

Open Access: Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz veröffentlicht (creativecommons.org/licenses/by/4.0/deed.de).

Open Access wird durch die ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft gefördert.


DOI: 10.1007/s10273-022-3311-4

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