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Es war ein bemerkenswerter Auftritt des neuen Bundesministers Robert Habeck. Gerade der Wirtschafts- und Klimaschutzminister hatte am 24.1.2022 zu verkünden, dass die Förderung energieeffizienter Gebäude mit sofortiger Wirkung gestoppt werden muss – schlicht weil die Budgets aufgebraucht waren und kurzfristig keine neuen Mittel bewilligt wurden. Nach einem Sturm der Entrüstung – schließlich hatten viele Bauende die Fördermittel eingeplant und die Anträge rechtzeitig vor dem Auslaufen des sogenannten KfW-55-Programms am 31.1.2022 gestellt – wurde zumindest ein Teil der Fördermittel bewilligt. In der Folge gab es zum 20. April 2022 einen neuen Anlauf zur Förderung besonders energieeffizienter Gebäude (KfW 40 Standard), doch diesmal waren die Fördermittel in Höhe von 1 Mrd. Euro bereits nach einem Tag (!) aufgebraucht. Angesichts zunehmend knapper Haushaltsmittel stellt sich die Frage, wie mit der Förderung der Energieeffizienz im Wohnungsmarkt weiter verfahren werden sollte. Dabei ist zu berücksichtigen, dass nicht nur die Fördermittel begrenzt sind, sondern auch die Handwerkerkapazitäten. Allein im Berufsfeld „Sanitär, Heizung und Klimatisierung“ werden im Moment nur 18 % der freien Stellen besetzt, in anderen Berufsfeldern wie der Bauelektrik sieht es ähnlich aus. Außerdem ist auch die nach wie vor zu geringe Bautätigkeit in den Ballungszentren zu beachten.

Dennoch spricht vieles dafür, die Förderung künftig auf den Wohnungsbestand zu konzentrieren. Der Umfang der Neubautätigkeit hängt vor allem von der Verfügbarkeit von Bauland ab, und dies ist neben den Kapazitätsgrenzen in der Bauwirtschaft der Engpassfaktor. Klimapolitisch ist dagegen die Förderung von Neubauten mit besonders hoher Energieeffizienz nur wenig effizient, da Neubauten ohnehin schon deutlich weniger Energie verbrauchen als Altbauten. Darüber hinaus ist das Ziel der Bundesregierung zu hoch gegriffen, wie Berechnungen des IW aber auch von Empirica belegen. Zudem ist zu berücksichtigen, dass sich neue Wohnungen auch im Bestand schaffen lassen, etwa über Ausbauten und Aufstockungen sowie durch Aufteilungen sehr großer Wohnungen und Häuser – hierfür bedarf es aber oft umfangreicherer Sanierungen.

Rund 40 % des Energieverbrauchs und 36 % der Kohlendioxidemissionen sind auf die Beheizung/Kühlung und Erwärmung des Wassers in Gebäuden zurückzuführen. Um die Klimaschutzziele bis 2030 zu erreichen, müssen die Kohlendioxidemissionen um rund 40 % gegenüber 2020 reduziert werden. Zwischen 2010 und 2020 sind sie zwar gesunken, aber nur um etwas mehr als 20 %. Die Anstrengungen müssen also deutlich verstärkt werden. Verdeutlicht man sich, dass Altbauten im Durchschnitt dreimal mehr Energie als Neubauten verbrauchen, werden enorme Potenziale offensichtlich, die jedoch mit der bisherigen Strategie einer gleichberechtigen Förderung von Neubauten und Sanierungen nicht optimal ausgeschöpft werden können. Nun kommt ein weiteres Thema hinzu: die Abkehr vom Gas. Fast die Hälfte des Erdgases in Deutschland wird von privaten Haushalten verbraucht. Um die Unabhängigkeit von russischen Importen zu erreichen, bedarf es daher auch neuer Heizungen in vielen Bestandswohnungen. Um aber eine Verkürzung der typischen langen Sanierungszyklen zu erreichen, ist ein höherer Anreiz nötig. Auch dies spricht für eine Fokussierung der Förderungen auf den Bestand.

Allerdings werden Fördermaßnahmen alleine nicht ausreichen, schon allein wegen der begrenzten Haushaltsmittel. Es ist daher folgerichtig, dass durch den CO2-Preis weitere Anreize gesetzt werden, wobei natürlich auch schon durch die stark steigenden Energiepreise die Sanierung deutlich an Attraktivität gewonnen hat. Kritisch ist aber zu sehen, dass die Last aus dem CO2-Preis nun nach der Energiebilanz des Gebäudes verteilt wird, also nach dem Verbrauch. Vielmehr sollten die Energieausweise reformiert und rechtssicher gestaltet werden. Weder der heutige Verbrauchsausweis noch der Bedarfsausweis sind aussagekräftig. Bei dem Verbrauchsausweis hängt die Energieeffizienz stark von den Nutzenden ab, der Bedarfsausweis ist dagegen wenig überzeugend, weil die Berechnungen sehr unterschiedlich durchgeführt werden. Zukünftig sollte es einen einheitlichen und nachvollziehbaren Bedarfsausweis für jedes Gebäude geben, damit auch die Nachfragenden relevante und belastbare Informationen erhalten. Außerdem sollte der CO2-Preis grundsätzlich von den Nutzenden getragen werden, denn sie bestimmen über ihr Verhalten den Energieverbrauch und sie lenken über ihre Nachfrage die Bestandsinvestitionen. Dabei darf auch nicht vergessen werden, dass gerade aufgrund des Drucks der Mietenden viele Wohnungsunternehmen Sanierungen zurückgestellt haben. Wichtig ist aber, dass die Einnahmen aus der CO2-Steuer dann einkommensabhängig wieder an die Mietenden zurückfließen, um soziale Härten zu vermeiden.

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© Der/die Autor:in 2022

Open Access: Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz veröffentlicht (creativecommons.org/licenses/by/4.0/deed.de).

Open Access wird durch die ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft gefördert.


DOI: 10.1007/s10273-022-3179-3

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