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Mit der zum 1. Dezember 2021 in Kraft getretenen Novelle des Telekommunikationsgesetzes (TKG) ist der Vorrang der Versteigerung als Regelvergabeverfahren für Frequenzen bei Knappheit aufgehoben worden. Das TKG sieht zwei mögliche Vergabeverfahren für Frequenzen bei Knappheit vor: die Versteigerung und die Ausschreibung. Im Gesetzestext des neuen TKG heißt es, dass dasjenige Vergabeverfahren durchzuführen ist, das die Erreichung der Regulierungsziele des Gesetzes am besten gewährleistet. Im Fall der Vergabe von knappen Mobilfunkfrequenzen ist das Ausschreibungsverfahren für die Erreichung von Regulierungszielen wie Effizienz und Transparenz jedoch generell ungeeignet.

Gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1 TKG bedarf grundsätzlich jede Frequenznutzung, d. h. auch der Betrieb von Mobilfunknetzen, einer vorherigen Frequenzzuteilung. Soweit es (technisch) möglich ist, werden Frequenzen als Allgemeinzuteilung für die Nutzung durch die Allgemeinheit oder einen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis zugeteilt (§ 91 Abs. 2 Satz 1 TKG). Ein Beispiel hierfür ist der Betrieb von WLAN-Geräten. Soweit eine Allgemeinzuteilung nicht möglich ist, insbesondere, weil die Gefahr funktechnischer Störungen besteht, hat eine Einzelzuteilung an Einzelpersonen zu erfolgen (§ 91 Abs. 3 TKG).

Wenn für die Einzelzuteilungen nicht in ausreichendem Umfang verfügbare Frequenzen vorhanden sind oder für bestimmte Frequenzen mehrere Anträge gestellt werden, kann die Bundesnetzagentur anordnen, dass der Einzelzuteilung ein Vergabeverfahren nach § 100 TKG vorausgeht (§ 91 Abs. 9 Satz 1 TKG). Der Bundesnetzagentur steht bei der Frage, ob einer Einzelzuteilung ein Vergabeverfahren vorgeschaltet wird, dem reinen Wortlaut der Norm nach („kann“) ein Ermessensspielraum zu. Dieses Ermessen ist aber bei Frequenzknappheit infolge der Grundrechtsbindung, d. h. dem Recht auf chancengleiche Teilhabe aus Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG und dem unionsrechtlichen Diskriminierungsverbot (Art. 48 Abs. 2 und Art. 55 Abs. 6 EKEK1) regelmäßig im Sinne des Erlasses einer Vergabeanordnung vorgeprägt (BVerwG, 2011, Rn. 25). Dies bedeutet, dass bei Frequenzknappheit grundsätzlich ein Vergabeverfahren nach § 100 TKG durchzuführen ist. Sofern keine Neuerteilung von Frequenznutzungsrechten im Raum steht, sondern es um die Verlängerung von bereits zugeteilten, befristeten Frequenznutzungsrechten geht, ist grundsätzlich2 § 92 Abs. 2 TKG einschlägig, der auf § 91 Abs. 9 TKG verweist und einige zusätzliche Abwägungskriterien enthält. Sobald die Bundesnetzagentur entschieden hat, ein Vergabeverfahren durchzuführen, kommen gemäß § 100 Abs. 1 Satz 1 TKG das Versteigerungsverfahren und das Ausschreibungsverfahren in Betracht.

Auswahlkriterien in Ausschreibungsverfahren

Das Ausschreibungsverfahren zeichnet sich dadurch aus, dass anhand verschiedener Kriterien das am besten geeignete Unternehmen für eine Frequenzzuteilung bestimmt wird. Gemäß § 100 Abs. 6 TKG sind als abschließende Kriterien die Zuverlässigkeit, Fachkunde und Leistungsfähigkeit von Bewerbenden, die Eignung der Planungen zur Frequenznutzung, die Förderung eines nachhaltig wettbewerbsorientierten Marktes und der räumliche Versorgungsgrad vorgesehen (Ruthig, 2021, Rn. 16).

• Zuverlässigkeit: Hier kommt es insbesondere darauf an, ob ein Bewerber gegen gesetzliche Vorschriften verstoßen hat und derzeit Verfahren gegen ihn anhängig sind (Sörries, 2013, Rn. 42). Außerdem werden unter diesem Kriterium z. B. in der Vergangenheit entzogene Frequenzzuteilungen, Auflagen wegen Nichterfüllung von Verpflichtungen aus Frequenzzuteilungen, Verstöße gegen das Telekommunikations- oder Datenschutzrecht, verwaltungs-, bußgeld-, oder strafrechtliche Verfahren berücksichtigt (BNetzA, 2020a, Rn. 402).

• Fachkunde: Diese kann danach bewertet werden, über welche Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten das beim Aufbau und Betrieb tätige Personal verfügt. Dazu werden in der Praxis unter anderem Lebensläufe, Zeugnisse und Zertifikate von Beschäftigten oder vertraglich gebundenen externen Beratenden geprüft (BNetzA, 2020a, Rn. 411 ff.; Sörries, 2013, Rn. 42).

• Leistungsfähigkeit: Unter dem Kriterium der Leistungsfähigkeit prüft die Bundesnetzagentur, ob „ausreichende finanzielle Mittel (…) dauerhaft zur Verfügung stehen“, sowie die „mittelfristige geschäftliche Planung“ (BNetzA, 2020a, 8). In der Praxis heißt dies, dass mit Blick auf die finanziellen Mittel z. B. belegte Bürgschaften, Kredite, Eigenmittel, Gewährleistungen und Patronatserklärungen bewertet werden (BNetzA, 2020a, Rn. 419). Bei der geschäftlichen Planung werden z. B. Markt- und Marketinganalysen sowie mittelfristige Prognosen zu Marktgröße, Marktwachstum und Preisgestaltung gewürdigt (BNetzA, 2020a, Rn. 421 ff.).

• Eignung der Planungen zur Frequenznutzung: Ferner muss die Bundesnetzagentur beurteilen, welcher Bewerber am besten geeignet ist, die Bedürfnisse der Nutzenden im Hinblick auf die zu realisierenden Telekommunikationsdienste zu befriedigen (Sörries, 2013, Rn. 43). Diese Eignung wird anhand des von den Bewerbenden zur Verfügung gestellten Frequenznutzungskonzepts geprüft (BNetzA, 2020a, 8). Dies umfasst z. B. eine Prüfung, ob die technische Planung erkennen lässt, „dass der Bewerber die geplante Vorgehensweise beherrscht“ und ob die Annahmen, auf denen die technische Planung beruht, schlüssig und nachvollziehbar sind (BNetzA, 2020a, Rn. 429 ff.).

• Förderung eines nachhaltig wettbewerbsorientierten Marktes: Hier prüft die Bundesnetzagentur die Darlegungen der Bewerbenden, wie sie „einen nachhaltigen wettbewerbsorientierten Markt im Sinne des § 2 Abs. 2 TKG“ fördern (BNetzA, 2020a, 8). Dabei muss die Behörde eine Prognose aufstellen, wie sich die sachlich und räumlich relevanten Märkte entwickeln würden, wenn die Bietenden ihr jeweiliges Konzept umsetzen (Sörries, 2013, Rn. 44). Mit diesem Kriterium kann ein etwaiger Neueinsteiger mangelnde technische Erfahrungen bei der Gesamtabwägung ausgleichen (Sörries, 2013, Rn. 44; Ruthig, 2021, Rn. 16). Denkbar wären in der Praxis außerdem weitere Aspekte, z. B. eine Würdigung von Zugangsvereinbarungen mit Diensteanbietenden.

• Räumlicher Versorgungsgrad: Diesem Kriterium kommt bei der Entscheidung ein etwas höheres Gewicht zu, da bei sonst gleicher Eignung derjenige Bewerber mit dem höheren Versorgungsgrad auszuwählen ist (§ 100 Abs. 6 Satz 3 TKG). Dieses höhere Gewicht kommt jedoch erst dann zum Tragen, wenn sonst eine gleiche Eignung festgestellt wird (Hahn et al., 2018, Rn. 63). Üblicherweise wird in vergleichbaren internationalen Verfahren sowohl die angestrebte Flächenversorgung als auch die Geschwindigkeit, mit der die angestrebte Flächenversorgung erreicht werden soll, berücksichtigt.

Eignung der Ausschreibungen

Eines der wesentlichen Ziele der Frequenzregulierung ist gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 1 TKG die effiziente Verwaltung von Frequenzen. Im Mobilfunkbereich bedeutet dies, dass mehrere trennbare Frequenzblöcke zwischen mehreren Mobilfunknetzbetreibenden so aufzuteilen sind, dass der größte volkswirtschaftliche Nutzen realisiert wird. Um dieses Ziel in einem Ausschreibungsverfahren zu erreichen, müssten die das Frequenzangebot üblicherweise übersteigenden Frequenzbedarfe der Unternehmen bewertet und gegeneinander abgewogen werden.3 Der Frequenzbedarf jedes Mobilfunknetzbetreibenden ist durch einen grundlegenden Trade-off gekennzeichnet. Je weniger Frequenzen ein Betreiber erhält, umso mehr Mobilfunkstandorte benötigt er, um die gleiche Netzqualität (Netzabdeckung und Übertragungsrate) zu gewährleisten.4 Ein Mobilfunknetzbetreiber, der in einem Vergabeverfahren weniger Frequenzspektrum erhält, wird folglich mehr in seine Netzinfrastruktur investieren müssen als ein vergleichbarer Mobilfunknetzbetreiber, der über mehr Frequenzspektrum verfügt. Dies bedeutet auch, dass ein Betreiber, der in der Lage ist, seine Infrastruktur kostengünstiger als seine Konkurrenz zu erweitern, tendenziell weniger dringenden Frequenzbedarf hat als diese. Grundsätzlich ist es also nicht das Ziel einer effizienten Vergabe, die Bedarfe einzelner Unternehmen vollständig zu decken, sondern die Bedarfe der Unternehmen so zu decken, dass der Trade-off der einzelnen Unternehmen zwischen Investitionskosten in Infrastruktur, zugeteiltem Frequenzspektrum und angestrebter Netzqualität volkswirtschaftlich optimal gelöst wird.

Dieser Trade-off ist komplex. Ein einfacher Vergleich der Bewerbenden anhand von Kriterien, wie sie § 100 Abs. 6 TKG vorsieht, reicht nicht aus. Dies gilt selbst dann, wenn die Bewerbenden mit dem höchsten Frequenzbedarf, d. h. dem besten Geschäftsmodell für den Betrieb einer Mobilfunkinfrastruktur, identifiziert würden. Für eine solche Identifikation könnte prinzipiell das Kriterium der Leistungsfähigkeit nach § 100 Abs. 6 Satz 2 Nr. 1 TKG geeignet sein, sofern man außer Acht lässt, dass der Regulierer die Validität der von den Unternehmen zur Verfügung gestellten Informationen generell nur eingeschränkt prüfen kann. Unter dem Kriterium der Leistungsfähigkeit legen die Bewerbenden ihre geschäftliche Planung offen. Jene mit der höchsten Leistungsfähigkeit gemäß ihrer geschäftlichen Planung erhielten dann, unter der Maßgabe der anderen Kriterien und insbesondere des räumlichen Versorgungsgrads, den Zuschlag. Ein solches Vorgehen ließe jedoch außer Acht, dass es nicht genügt, durch einen einfachen Vergleich zwischen den Bewerbenden auszuwählen. Es muss vielmehr auch entschieden werden, wie viele Betreibende überhaupt Frequenzspektrum erhalten und wie viel Frequenzspektrum jeder einzelne Betreiber erhält. Der Bedarf der potenziellen Netzbetreibenden ist nicht zwangsläufig gleich groß.

Es genügt auch nicht, die Leistungsfähigkeit von Mobilfunknetzbetreibenden in verschiedenen Marktsituationen zu vergleichen. Denkbar wäre z. B. entsprechend der aktuellen Marktsituation in Deutschland, die Leistungsfähigkeit der drei etablierten Mobilfunknetzbetreibenden Deutsche Telekom, Vodafone und Telefónica sowie des neuen Mobilfunknetzbetreibers 1&1 mit der Leistungsfähigkeit dieser Unternehmen zu vergleichen, wenn nur die drei etablierten Betreibenden Frequenzspektrum erhalten würden. Jedoch ist insbesondere die Leistungsfähigkeit einzelner Unternehmen, aber auch die aller Unternehmen auf einem Markt insgesamt, in der Regel höher, wenn der Wettbewerbsdruck geringer ist. Die Unternehmen haben dann geringere Infrastrukturkosten, weil sie mehr Spektrum zu Verfügung haben. Außerdem können sie höhere Preise und damit insgesamt höhere Gewinne durchsetzen. Ihre geschäftliche Planung kann entsprechend optimistischer ausfallen. Ein solcher simpler Vergleich würde also zwangsläufig zu dem möglicherweise falschen Ergebnis führen, dass eine Situation mit drei Netzbetreibenden einer Situation mit vier Netzbetreibenden vorzuziehen sei.

Die Komplexität einer Ausschreibung, die tatsächlich eine effiziente Allokation gewährleisten will, lässt sich anhand eines theoretischen Beispiels verdeutlichen. Es sei angenommen, dass bei einer Vergabe von zwei gleichwertigen Frequenzblöcken A und B mit zwei Bewerbenden mit einer Ausschreibung geklärt werden soll, ob es effizient ist, dass einer der Bewerbenden alle Frequenzblöcke erhält oder beide jeweils einen Frequenzblock erhalten. Dazu müsste zunächst für jeden Bewerber die Leistungsfähigkeit ermittelt werden, wenn dieser keinen, einen oder beide Frequenzblöcke erhält. Auf Basis der Leistungsfähigkeit in diesen drei verschiedenen Konstellationen können für jeden Bewerber verschiedene Bedarfe bestimmt werden: (1) Der Bedarf eines Bewerbers für einen Frequenzblock durch den Vergleich der Leistungsfähigkeit des Bewerbers mit und ohne diesen Frequenzblock. (2) Sein Bedarf an einem zweiten zusätzlichen Frequenzblock durch einen Vergleich der Leistungsfähigkeit mit und ohne diesen zusätzlichen Frequenzblock. (3) Der Bedarf des Bewerbers an beiden Frequenzblöcken insgesamt durch einen Vergleich der Leistungsfähigkeit mit beiden Frequenzblöcken und der Leistungsfähigkeit, wenn der Bewerber keinen der beiden Frequenzblöcke erhält. Bei der anschließenden Analyse wäre dann Folgendes zu prüfen:5

a) Unter der Annahme, dass der erste Bewerber den Frequenzblock A erhält, ist sein Bedarf am Frequenzblock B höher als der Bedarf des zweiten Bewerbers, den Frequenzblock B zu erhalten?

b) Unter der Annahme, dass der zweite Bewerber den Frequenzblock A erhält, ist sein Bedarf am Frequenzblock B höher als der Bedarf des ersten Bewerbers, den Frequenzblock B zu erhalten?

c) Unter der Annahme, dass a) oder b) erfüllt ist, ist der Bedarf des ersten Bewerbers, beide Frequenzblöcke zu erhalten, höher als der des zweiten Bewerbers?

Sind weder a) noch b) erfüllt, sollten unter Berücksichtigung aller weiteren Vergabekriterien beide Bewerbenden einen Frequenzblock erhalten. Sind a) oder b) erfüllt und ist zugleich c) erfüllt, so sollte der erste Bewerber beide Frequenzblöcke erhalten. Sind a) oder b) erfüllt und ist zugleich c) nicht erfüllt, so sollte der zweite Bewerber den Zuschlag für beide Frequenzblöcke erhalten.

Die Komplexität dieser Problemstellung nimmt mit der Zahl der Bewerbenden und der Zahl der Frequenzblöcke exponentiell zu. Eine Ausschreibung von Mobilfunkfrequenzen gemäß § 100 Abs. 6 TKG kann folglich schon deshalb keine effiziente Frequenzvergabe im Mobilfunkbereich gewährleisten, weil es nicht möglich ist, die Komplexität des Problems im Auswahlverfahren praktikabel abzubilden. Fragestellungen wie jene, ob vier oder drei Netzbetreibende Frequenzspektrum erhalten sollten oder ob z. B. einzelne Netzbetreibende mehr und andere weniger Frequenzspektrum in bestimmten Frequenzbereichen benötigen, lassen sich mit diesem Verfahren nicht klären. Daher kann die Allokation des durch Ausschreibung zugeteilten Frequenzspektrums ineffizient sein. Das Versteigerungsverfahren als mögliche Alternative führt bei richtiger Ausgestaltung der Regeln hingegen zu einer effizienten Allokation des Frequenzspektrums, weil für jeden der zu vergebenden Frequenzblöcke jeweils derjenige Mobilfunknetzbetreiber das höchste Gebot abgibt und den Zuschlag erhält, der den höchsten Bedarf hat (Gebhardt und Wambach, 2008). Dadurch werden volkswirtschaftliche Verluste vermieden.

Eingeschränkte Transparenz in Ausschreibungen

Die in § 100 Abs. 6 TKG festgeschriebenen Kriterien sind nur eingeschränkt transparent objektivierbar. Betrachtet man z. B. das Kriterium Fachkunde, stellt sich die Frage, welche nachgewiesenen Qualifikationen des Personals berücksichtigt werden sollen, ob Qualifikationen in einzelnen Fragen höher gewichtet werden sollen und wie viel höher sie zu gewichten sind, ob zwei Beschäftigte mit derselben nachgewiesenen Qualifikation vorteilhafter sind als eine Person, weil das Unternehmen dann z. B. gegen den Ausfall einer solchen Person abgesichert ist. Unklar ist ferner, mit welchem Gewicht eine zweite sachverständige Person gewürdigt werden soll und ob eine dritte Person mit derselben Qualifikation ebenfalls Relevanz hat. In einem transparenten Verfahren müssten diese Details inklusive Gewichtung vorab transparent mitgeteilt werden, damit Bewerbende die Gelegenheit haben, entsprechende Vorbereitungen zu treffen. In der Praxis dürfte es aufgrund der hohen Komplexität und technologischen Heterogenität der Mobilfunknetze schwierig bis unmöglich sein, solche transparenten Kriterien vorab sinnvoll detailliert festzulegen. Auch bei dem Kriterium der Förderung eines nachhaltig wettbewerbsorientierten Marktes erscheint es sehr schwierig, im Vorfeld einer Ausschreibung klare und konkrete Bewertungsparameter darzulegen und eine Gewichtung vorzunehmen, da in der Praxis viele Aspekte, z. B. der Eintritt von Neueinsteigenden, eine Würdigung von Zugangsvereinbarungen mit Diensteanbietenden, Differenzierungsstrategien zur Erweiterung der Auswahl für Endkundschaft usw. denkbar sind.

In einem nicht vollständig transparenten Verfahren besteht die Gefahr, dass derjenige den Zuschlag erhält, der zufällig am besten den nicht vollständig bekannten Kriterien des Auswahlverfahrens entspricht. Zudem könnte dem Regulierer unterstellt werden, dass er die Auswahlkriterien oder ihre Gewichtung so gewählt habe, dass ein politisch gewünschtes Ergebnis zustande gekommen ist. Die mögliche Willkür der praktischen Ergebnisse bei vorab nicht vollständig transparenten Auswahlkriterien lässt sich an der UMTS-Vergabe in Schweden illustrieren. Hier scheiterte der größte schwedische Mobilfunknetzbetreiber Telia mit seiner Bewerbung, weil die dortige Regulierungsbehörde feststellte, dass die von Telia zugesagte Mobilfunknetzabdeckung nicht mit der von Telia vorgelegten Frequenznutzungsplanung realisierbar sei, da Telia den Bau zu weniger Basisstationen vorsehe, um die notwendigen Signalstärken zu erreichen (Andersson et al., 2005, 586). Zugleich war die Bewerbung von zwei Mobilfunkunternehmen erfolgreich, die zum Zeitpunkt der Vergabe noch über kein bestehendes Mobilfunknetz verfügten. Deren Zusage sah zwar den Bau von mehr Basisstationen vor, die Realisierung dieser Zusagen hätte jedoch den Bau von 700 Basisstationen pro Monat erfordert, was von Beobachtenden als ebenso unrealistisch betrachtet wurde (Andersson et al., 2005, 587). Objektiv ließ sich folglich auch die Plausibilität der erfolgreichen Bewerbungen infrage stellen. Dieses Extrembeispiel illustriert, dass es unter anderem vom Zufall abhängt, ob ein Bewerber nicht vollständig transparente Auswahlkriterien in einem Vergabeverfahren richtig antizipiert. Auch hier zeigt sich die Überlegenheit der Versteigerung als Vergabeverfahren. Die Ausgestaltung einer Versteigerung lässt sich vorab klar und detailliert kommunizieren. Zugleich bildet, bei richtiger Ausgestaltung der Versteigerung, die Höhe des Gebots eines Bieters die gesamte unternehmerische und technische Komplexität der künftigen Nutzung des jeweiligen Frequenzblocks durch diesen Bieter ab.

Verbindlichkeit von Angeboten

Ausschreibungsverfahren können Unternehmen zu sehr ambitionierten Zusagen verleiten, wenn im Verfahren z. B. jene Unternehmen einen Zuschlag erhalten, die das ehrgeizigste Ausbauziel formulieren. Dies hat in Finnland und Schweden, die sich bei der Vergabe der UMTS-Frequenzen – soweit möglich – um eine transparente und objektive Ausschreibung bemüht haben, dazu geführt, dass alle erfolgreichen Bewerbenden die maximale im Ausschreibungsverfahren erzielbare Punktzahl erreichten (Börgers und Dustmann, 2003, 248). Auch die Bundesnetzagentur hat sich in ihrer Planung für die Vergabe eines einzelnen Frequenzblocks im 450-MHz-Bereich mit dem Fall befasst, dass mehrere Bewerbende in der Ausschreibung die maximale Punktzahl und eine identische Flächenversorgung erreichen. Für diesen Fall hatte die Bundesnetzagentur eine Vergabe per Los vorgesehen (BNetzA, 2020a, Rn. 458 ff.).

Den möglichen ambitionierten Zielen in den Bewerbungen der Unternehmen steht gegenüber, dass Regulierende die Realisierung der Zusagen insbesondere auch in der im Ausschreibungsverfahren angekündigten Form nur mit begrenzter Effektivität durchsetzen können. Als Beispiel für mögliche Probleme kann erneut Schweden dienen. Dort gingen die vier erfolgreichen Bewerbenden nach der Vergabe der UMTS-Lizenzen Kooperationen ein, die nicht in ihrer Bewerbung angekündigt worden waren. Tele2, das über eine der UMTS-Lizenzen verfügte, ging eine Kooperation mit Telia ein, das nicht zum Zuge gekommen war (Tele2 Group, 2002). Beide Unternehmen erwarben später zusätzlich die Lizenz von Orange, das kein UMTS-Netz in Schweden aufbaute (COMMS Update, 2004). Europolitan und Hi3G, die jeweils über eine UMTS-Lizenz verfügten, vereinbarten ebenfalls eine Kooperation (Hi3G Access AB, 2021). Faktisch wurde das ursprüngliche Ziel, vier im Wettbewerb stehende UMTS-Netze aufzubauen, verfehlt, da nur zwei unabhängige UMTS-Netze realisiert wurden. Auch in Deutschland zeigen Erfahrungen mit Versorgungsauflagen aus der Frequenzversteigerung 2015, dass trotz bestehender Sanktionsmechanismen keineswegs sichergestellt ist, dass Ausbaupläne, wie mit den Mobilfunknetzbetreibenden vereinbart, eingehalten werden. Keiner der drei Mobilfunknetzbetreibenden hatte am Stichtag 1. Januar 2020 die Versorgungsauflagen vollständig erfüllt (BNetzA, 2020b). In einer Ausschreibung könnten daher solche Unternehmen begünstigt werden, welche die Nichteinhaltung von Zusagen trotz möglicher Sanktionen billigend in Kauf nehmen.

Zwar droht bei einer Ausschreibung in gleichem Maß wie bei einer Versteigerung als Ultima Ratio der Widerruf einer Frequenzzuteilung nach § 102 Abs. 1 Nr. 4 TKG (Ruthig, 2021, Rn. 11), wenn gegen eine Verpflichtung, die sich aus der Frequenzzuteilung ergibt, schwer oder wiederholt zuwidergehandelt oder ihr trotz Aufforderung nicht nachgekommen wird. Gleichwohl ist das Risiko, das ein Unternehmen bei der Nichterfüllung seiner Verpflichtungen eingeht, bei einer Versteigerung ungleich höher, da es zuvor unter Umständen beträchtliche Summen für die Ersteigerung von Frequenzen ausgegeben hat, die bei einem Widerruf unwiederbringlich verloren sind.6 Etwaige Frequenzzuteilungsgebühren, die bei einer Ausschreibung einen ähnlichen Effekt wie Versteigerungserlöse haben könnten, werden gemäß § 223 Abs. 1 Satz 6 TKG nicht erhoben. Zudem erscheint die gleichermaßen bei beiden Verfahren mögliche Durchsetzung von Verpflichtungen über Zwangsgelder wenig abschreckend, da die Höhe der Zwangsgelder auf 10 Mio. Euro begrenzt ist (§ 202 Abs. 5 TKG).

Fazit

Ausschreibungen sind aus mehreren Gründen nicht geeignet, den Mobilfunknetzbetreibenden entsprechend ihres Bedarfs Frequenzspektrum zuzuweisen. (1) Ausschreibungen können den Frequenzbedarf der Firmen nicht sachgerecht gegeneinander abwägen; (2) Unternehmen können in einem nicht völlig transparenten Ausschreibungsverfahren nur eingeschränkt antizipieren, welche Kriterien sie wie zu erfüllen haben; (3) Unternehmen, die bereit sind, spätere Sanktionen in Kauf zu nehmen, um dank umfangreicher Zusagen den Zuschlag zu erhalten, werden in Ausschreibungsverfahren bevorzugt. All diese Probleme können durch eine Versteigerung als Vergabeverfahren vermieden werden.

Der Beitrag geht zurück auf das 12. Sektorgutachten Telekommunikation „Wettbewerb im Umbruch“ der Monopolkommission (2022).

  • 1 Bei der Gerichtsentscheidung waren die Regelungen noch in Art. 5 Abs. 2, Art. 7 Abs. 3 der Genehmigungsrichtlinie 2002/20/EG verankert.
  • 2 Wenn in einer Frequenzzuteilung künftig Verlängerungskriterien aufgenommen werden, richtet sich die Verlängerung nach § 92 Abs. 3 Satz 3 TKG. 2010 waren keine Verlängerungskriterien vorgesehen, sodass diese Vorschrift nicht anwendbar ist (BNetzA, 2009, 5).
  • 3 In dem der Versteigerung regelmäßig vorgeschalteten Bedarfsermittlungsverfahren wird lediglich geprüft, ob der von den Unternehmen angemeldete Bedarf offensichtlich nicht besteht (BVerwG, 2017, Rn. 14 f.).
  • 4 Durch das Aufteilen eines Areals in eine größere Zahl von Mobilfunkzellen kann derselbe Frequenzkanal jeweils in mehreren Mobilfunkzellen durch unterschiedliche Nutzende verwendet werden. Gibt es in dem Areal nur eine Mobilfunkzelle, so kann nur ein Nutzer einen bestimmten Frequenzkanal störungsfrei nutzen. Folglich werden in diesem Fall mehr Kanäle, d. h. mehr Spektrum benötigt, um dieselbe Zahl an Nutzenden zu versorgen (Rappaport, 2002, 14).
  • 5 Eine sukzessive Prüfung der einzelnen Bedarfe pro Frequenzblock ist notwendig. Es ist z. B. nicht zielführend, eine durchschnittliche Leistungsfähigkeit der beiden Unternehmen für jede mögliche Frequenzallokation zu berechnen und jene Allokation zu wählen, bei der die Unternehmen im Durchschnitt die höchste Leistungsfähigkeit aufweisen. Dieser Durchschnitt wäre, da die Leistungsfähigkeit die Kosten und Unternehmensgewinne umfasst, üblicherweise in einem Monopol am höchsten.
  • 6 Quam bezahlte z. B. für eine UMTS-Lizenz insgesamt 8,5 Mrd. Euro. Da das Unternehmen nach Auffassung der Bundesnetzagentur nach der Zuteilung der Frequenzen keine (ausreichenden) Versorgungsaktivitäten entwickelt hatte, wurden ihm die Frequenznutzungsrechte entzogen, ohne dass die Versteigerungserlöse erstattet wurden. Dieser entschädigungslose Widerruf wurde vom Bundesverwaltungsgericht bestätigt und auch vom Bundesverfassungsgericht gebilligt (BVerfG, 2015).

Literatur

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Börgers, T. und C. Dustmann (2003), Awarding telecom licences: the recent European experience, Economic Policy, 18(36), 215-268.

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BNetzA (2020b), Überprüfung der Versorgungsberichte der Mobilfunknetzbetreiber abgeschlossen, Pressemitteilung, 14. April, https://www.bundesnetzagentur.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2020/20200414_Versorgungsauflage.html (10. August 2021).

BVerwG (2011), Urteil vom 26. Januar 2011, 6 C 2/10.

BVerfG (2015), Beschluss vom 25. Juni 2015, 1 BvR 2553/11.

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COMMS Update (2004), Orange sells 3G licence, https://www.commsupdate.com/articles/2004/01/05/orange-sells-3g-licence/ (24. August 2021).

Gebhardt G. und A. Wambach (2008), Auctions to implement the efficient market structure, International Journal of Industrial Organization, 26(3), 846-859.

Hahn, R., A. Hartl und M. Dorsch (2018), § 61 TKG, in K. D. Scheurle und T. Mayen (Hrsg.), TKG, 3. Auflage.

Hi3G Access AB (2021), Press Release: Capital savings due to Hi3G and Europolitan Vodafones common infrastructure company – 3G Infrastructure Services, https://www.ckh.com.hk/en/media/press_each.php?id=563 (24. August 2021).

Monopolkommission (2022), Telekommunikation 2021: Wettbewerb im Umbruch, 12. Sektorgutachten Telekommunikation.

Rappaport, T. S. (2002), Wireless Communications: Principles & Practice, 14.

Ruthig, J. (2021), § 61 TKG, in T. Fetzer, J. Scherer und K. Graulich (Hrsg.), TKG, 3. Auflage.

Sörries, B. (2013), § 55 TKG, in J. Säcker (Hrsg.), TKG, 3. Auflage.

Tele2 Group (2002), Press release: Tele2 and Telia UMTS network cooperation accepted by the Swedish competition authority, https://www.tele2.com/media/news/2002/tele2-and-telia-umts-network-cooperation-accepted-by-the-swedish-competition-authority/ (24. August 2021).

Title:The Invitation to Tender as an Unsuitable Procedure for Awarding Mobile Radio Frequencies

Abstract:With the amendment to the Telecommunications Act (TKG), which came into force on 1 December 2021, the priority of auctioning as the standard award procedure for frequencies in the event of scarcity has been abolished. The TKG provides for two possible award procedures for frequencies in the event of scarcity. These are, on the one hand, the auction and, on the other hand, the invitation to tender. The legal text of the new TKG states that the award procedure which best ensures the achievement of the regulatory objectives of the Act is to be carried out. In the case of awarding scarce mobile frequencies, however, the tender procedure is generally unsuitable for achieving regulatory objectives such as efficiency and transparency.

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© Der/die Autor:in 2022

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DOI: 10.1007/s10273-022-3273-6