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Es werden die langfristigen Veränderungen der aggregierten Tätigkeiten der Beschäftigten in der deutschen Automobilindustrie analysiert. Die zentrale Frage ist, ob die beobachteten Veränderungen der Tätigkeiten innerhalb der Berufe stattfinden oder über die Reallokation der Beschäftigten zwischen den Berufen hinweg getrieben werden. Internationale Untersuchungen zeigen, dass der Großteil der aggregierten Veränderungen innerhalb der Berufe stattfindet. Unsere Ergebnisse bestätigen diese Studien für Deutschland. Die Ergebnisse zeigen zudem, dass zahlreiche Berufe über eine gewisse Anpassungskapazität verfügen und die Furcht vor technologischem Wandel unverhältnismäßig erscheint.

Vor dem Hintergrund des Einzugs neuer Technologien in die Arbeitswelt, wie 3D-Druck, Blockchain-Technologie, Virtual Reality oder Artificial Intelligence, ist die zukünftige Entwicklung der Arbeitswelt Gegenstand zahlreicher wissenschaftlicher und politischer Debatten (Dengler und Matthes, 2021; Dengler et al., 2020). Während die Diskussionen in den frühen 2010er Jahren von Stimmen dominiert wurden, wonach technologischer Wandel die Zahl der Beschäftigten massiv reduzieren wird (Frey und Osborne, 2013), zeigen aktuellere Studien ein differenziertes Bild. Demnach finden Anpassungen primär innerhalb der Berufe statt, indem neue Tätigkeiten entstehen oder alte wegfallen (Freeman et al., 2020; Atalay et al., 2020). Der Beitrag greift diese Diskussionen auf, indem wir uns für Deutschland Veränderungen ansehen, die die Tätigkeiten und Eigenschaften verschiedener Berufe betreffen. Hierbei richten wir ein besonderes Augenmerk auf die Automobilindustrie. Deutschland ist als Land mit hoher Wirtschaftsleistung und einem starken Industriesektor von großem Interesse für eine solche Analyse, da Effekte des technologischen Wandels oftmals im Bereich des Verarbeitenden Gewerbes diskutiert werden. In diesem Zusammenhang ist die Automobilindustrie von besonderer Bedeutung, da sie der mit Abstand größte Industriezweig des Verarbeitenden Gewerbes ist und eine Analyse dieses Zweigs detaillierte Einblicke in langfristige Entwicklungen und Veränderungen ermöglicht.

Verwendete Daten

Die verwendeten Informationen zu den einzelnen Tätigkeiten und Eigenschaften in Berufen kommen aus einer Querschnittsbefragung der BIBB/BAuA-Erwerbstätigenbefragung, die seit 1979 alle sechs Jahre gemeinsam vom Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) und der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) durchgeführt wird (Rohrbach-Schmidt und Hall, 2020; Hall und Zorner, 2017). Wir konzentrieren uns in unserer Analyse auf die beiden letzten verfügbaren Wellen der Befragung, 2012 und 2018, da hier die Berufsklassifikation mit der Mikrozensus-Befragung übereinstimmt, die wir ergänzend verwenden.

In der BIBB/BAuA-Erwerbstätigenbefragung werden ausschließlich Erwerbstätige interviewt, die mindestens zehn Stunden in der Woche arbeiten. Die Befragten antworten mit diversen Informationen zu ihrer Arbeit, wie z. B. die ausgeübten und erforderlichen Tätigkeiten in ihrem Beruf, die benötigte Qualifikation sowie die Arbeitsbedingungen, welche wir für unsere Analyse nutzen. Zudem beantworten die befragten Personen, wie oft sie während ihres Arbeitstages eine spezifische Tätigkeit ausüben und wie wichtig diese Tätigkeit für ihre Arbeit ist. Die Antwortmöglichkeiten können hierbei in einer Drei- oder Vier-Punkt-Skala angegeben werden. Um uns auf weitreichende Änderungen im Zuge eines langfristigen Wandels zu konzentrieren, betrachten wir die jeweils höchste Ausprägung der zuvor genannten Variablen und ihre prozentuale Veränderung zwischen den beiden Wellen. Um unsere Analyse zusätzlich auf die Automobilindustrie zu konzentrieren, nutzen wir die angegebenen Informationen zu den Klassifikationen der Wirtschaftszweige (WZ08), die im Mikrozensus zu den Beobachtungen zur Verfügung stehen. Diese Angaben ermöglichen eine Identifikation der Automobilindustrie (Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenmotoren und Herstellung von Teilen und Zubehör für Kraftwagen). Hierbei treffen wir die Annahme, dass die Verteilung der Tätigkeiten in den Berufen innerhalb der Automobilindustrie identisch ist zu anderen Wirtschaftszweigen.

Methodik

Bei unserer Analyse bauen wir auf dem Vorgehen von Freeman et al. (2020) auf und zerlegen die aggregierten Änderungen der Tätigkeiten mithilfe der Shift-Share-Zerlegung:

(1)

Dabei stellt die abhängige Variable ∆A die Veränderung der Tätigkeiten über alle Beschäftigten innerhalb einer gegebenen Periode dar. ∆A0 ist die Veränderung innerhalb einer Zeitperiode für einen Beruf und ∆W0 ist die Veränderung des Anteils der Beschäftigten in dem Beruf.

Der erste Term in Gleichung (1) misst den Effekt, der aus Veränderungen innerhalb eines Berufes resultiert – gewichtet mit dem anfänglichen Anteil der Beschäftigten innerhalb dieses Berufes. Der zweite Term misst den Effekt der Veränderungen zwischen den Berufen gewichtet mit den anfänglichen Tätigkeiten. Im dritten Term befindet sich die residuale Veränderung, die nicht in den beiden ersten Termen enthalten ist und als Interaktion bezeichnet wird.

Ergebnisse

Für die Auswahl der Tätigkeiten in der Ergebnistabelle greifen wir insbesondere Tätigkeiten und Eigenschaften auf, die besondere Aufmerksamkeit in der einschlägigen Literatur erfahren haben (Freeman et al., 2020). Dies betrifft Angaben zur Wiederholung bzw. Routine der Tätigkeiten, Arbeit am Computer, Autonomie, Interaktionen mit Menschen sowie die erforderliche Bildung und Fähigkeiten bei der Arbeit.

Tabelle 1 zeigt die Ergebnisse für ausgewählte Tätigkeiten und Job-Eigenschaften zwischen 2012 bis 2018 für alle Wirtschaftszweige, wohingegen in Tabelle 2 Ergebnisse für die Automobilindustrie dargestellt sind. Wir unterteilen die dargestellten Tätigkeiten und Job-Eigenschaften in fünf unterschiedliche Kategorien: Physische Anforderungen im Job, Entscheidungsmöglichkeiten, Soziale Fähigkeiten und benötigtes Wissen und Bildung. Spalte (1) und (2) in Tabelle 1 und 2 zeigen die Anteile der jeweiligen Attribute, die von den Befragten mit der höchst möglichen Einstufung der Skala beantwortet wurden. Demnach ergeben sich große Ähnlichkeiten und Überschneidungen in den Tätigkeiten und Eigenschaften zwischen der Gesamtwirtschaft und der Automobilindustrie. Gleichwohl zeigt der Vergleich der beiden Tabellen, dass in der Automobilindustrie höhere Anforderungen an technische und mathematische Kenntnisse als auch höhere Bildungsabschlüsse vorherrschen.

Tabelle 1
Anteile der Tätigkeiten und Shift-Share-Zerlegung, 2012 bis 2018, gesamte Wirtschaft
  Anteil Zerlegung  
  (1) (2) (3) (4) (5) (6) (7)
  2012 2018 innerhalb der Berufe über die Berufe Interaktion (5)/(4)
Physische Anforderung im Job              
Arbeiten mit Computern 0,672 0,716 0,044 0,035 0,009 0,000 0,26
Ein und derselbe Arbeitsgang wiederholt 0,501 0,458 -0,042 -0,037 -0,005 0,000 0,14
In gebückter, hockender, kniender Stellung arbeiten 0,159 0,148 -0,011 -0,006 -0,004 0,000 0,67
Sehr schnell arbeiten 0,396 0,349 -0,046 -0,047 -0,001 0,001 0,02
Entscheidungsmöglichkeiten              
Arbeitsdurchführung bestimmen 0,258 0,243 -0,015 -0,010 -0,005 0,000 0,50
Einfluss auf zugewiesene Arbeitsmenge 0,335 0,304 -0,030 -0,033 0,002 0,000 0,06
Eigene Arbeit selbst planen und einteilen 0,703 0,675 -0,028 -0,034 0,005 0,000 0,15
Eigenständig schwierige Entscheidungen treffen müssen 0,397 0,410 0,013 0,009 0,003 0,001 0,33
Soziale Fähigkeiten              
Verantwortung für andere Personen übernehmen 0,381 0,407 0,026 0,022 0,004 0,000 0,18
Auf Probleme reagieren und diese lösen 0,673 0,713 0,040 0,034 0,005 0,001 0,15
Andere überzeugen und Kompromisse aushandeln 0,407 0,439 0,032 0,024 0,007 0,000 0,29
Benötigtes Wissen              
Projektmanagement 0,147 0,185 0,038 0,031 0,006 0,001 0,19
Deutsch – schriftlicher Ausdruck 0,458 0,502 0,044 0,038 0,005 0,001 0,13
PC-Anwendungsprogramme 0,385 0,427 0,042 0,036 0,006 0,000 0,17
Mathematik, Fachrechnen, Statistik 0,255 0,256 0,000 0,001 -0,001 0,000 1,00
Technische Kenntnisse 0,330 0,345 0,015 0,017 -0,002 0,000 0,12
Bildung              
Kein beruflicher Ausbildungsabschluss erforderlich 0,164 0,152 -0,013 -0,012 -0,001 0,000 0,08
Abgeschlossene Berufsausbildung 0,564 0,524 -0,040 -0,031 -0,009 -0,001 0,29
Fortbildungsabschluss (Meister- oder Technikerabschluss, Fachschulabschluss) 0,065 0,064 -0,001 -0,001 0,001 0,000 1,00
Fachhochschul- oder Universitätsabschluss 0,208 0,261 0,053 0,044 0,007 0,002 0,16

Werte für 2012 und 2018 sind durchschnittliche Anteile der Befragten in der höchsten Ausprägung der jeweiligen Attribute über alle Berufe hinweg. Alle Ergebnisse sind gewichtet mit dem Anteil der Beschäftigten je Berufe 2012 bzw. 2018. ∆ ist die Veränderung zwischen 2012 und 2018.

Quelle: eigene Darstellung.

Die absoluten Veränderungen in den Attributen zwischen den Perioden (∆A) sind in Spalte 3 in den beiden Tabellen dargestellt. Die beobachteten Veränderungen in den Tätigkeiten und Job-Eigenschaften zwischen den beiden Wellen 2012 und 2018 zeigen auch hier ein relativ ähnliches Bild, wonach erstens die Veränderungen in einer ähnlichen Größenordnung ausfallen und zweitens die Entwicklung in die gleiche Richtung stattfindet. So ist beispielsweise der Anteil der Beschäftigten zurückgegangen, die sehr schnell bzw. im Akkord arbeiten. Zudem geben Beschäftigte an, häufig wenig Autonomie in ihrem Arbeitsalltag zu haben, da weniger Möglichkeiten zur Planung der Tätigkeiten und des Arbeitsvolumens bestehen. Gleichzeitig müssen Beschäftigte häufig eigenständig schwierige Entscheidungen treffen.

Im Hinblick auf vorherige Untersuchungen bestätigen unsere Ergebnisse, dass die Arbeit an und mit Computern zunimmt und physische repetitive Tätigkeiten abnehmen (Spitz-Oener, 2006). Darüber hinaus können wir Befunde von Deming (2017) bestätigen, wonach die Bedeutung von sozialen Interaktionen und Fähigkeiten zunimmt. Eine besondere Auffälligkeit wird bei den angegebenen Bildungsabschlüssen deutlich: So stieg der Anteil der Beschäftigten über alle Wirtschaftszweige mit einem akademischen Abschluss um 5,3 %. Dieser Anstieg fiel in der Automobilbranche mit 7,3 % sogar deutlich höher aus. Im gleichen Zuge fiel der Anteil der Beschäftigten ohne einen Berufsabschluss, was sich mit den Erkenntnissen von Hershbein und Kahn (2018) deckt.

Ergebnisse der Shift-Share-Zerlegung

Angesichts der bisher beschriebenen Ergebnisse stellt sich die relevante Frage, ob Änderungen der Tätigkeiten und Eigenschaften zwischen den Perioden innerhalb der Berufe stattfinden oder durch Reallokationen der Beschäftigten zwischen den Berufen induziert werden. Um diese Frage zu beantworten, werfen wir einen Blick auf die Ergebnisse der Shift-Share-Zerlegung in Spalte (4) bis (7) in Tabelle 1 und 2.

Ausgehend von Spalte (3), die die absolute Veränderung in absoluten Zahlen zeigt, ist in Spalte (4) die Veränderung dargestellt, die innerhalb des Berufes stattfindet. Dies passiert, indem eine Tätigkeit oder Eigenschaft über die Jahre im Durchschnitt weniger oft ausgeübt wird. In Spalte (5) findet sich hingegen die Veränderung, die durch Reallokationen der Beschäftigten zwischen den Berufen verursacht wird: Beschäftigte können Berufe verlassen und in andere Berufe wechseln, was entsprechend zu Änderungen im Durchschnitt der ausgeübten Tätigkeiten über alle Personen hinweg führen würde. Der Teil der Veränderung, der weder durch Veränderungen innerhalb des Berufs (Spalte 4) noch zwischen Berufen (Spalte 5) verursacht wird, ist in Spalte 6 abgetragen und wird als Interaktion bezeichnet. Dieser Interaktionseffekt kann z. B. durch demografische Veränderungen getrieben werden, welche einen simultanen Effekt auf alle Berufe haben, aber in einigen Berufen stärker ausfallen können. In unserem Fall ist der Interaktionseffekt größtenteils zu vernachlässigen, da er quantitativ zumeist sehr klein ist.

Um die Bedeutung der Veränderung innerhalb der Berufe bzw. über Berufe hinweg aufzuzeigen, ist in Spalte (7) zusätzlich das Verhältnis der beiden Determinanten eingetragen, sodass auf einen Blick klar wird, welcher der beiden Effekte überwiegt. Unsere Ergebnisse zeigen, dass in den meisten Fällen Änderungen in Tätigkeiten und Job-Eigenschaften innerhalb der Berufe stattfinden und somit wichtiger sind als Reallokationen der Beschäftigten zwischen den Berufen. Hiervon abweichend sind zwei Attribute in Tabelle 1, bei denen Veränderungen über Berufe hinweg dominieren. Dies kann jedoch vernachlässigt werden, da die absoluten Änderungen hier faktisch nicht vorhanden sind.

Die Dekomposition für die Automobilindustrie (vgl. Tabelle 2) zeigt ein ähnliches Bild wie jene für die Gesamtwirtschaft, wonach Änderungen innerhalb der Berufe wichtiger sind. Als Ausnahme ist zu verzeichnen, dass die Veränderung der Tätigkeiten in gebückter, hockender und kniender Stellung gleichermaßen innerhalb der Berufe als auch über Berufe hinweg geschieht. Im Durchschnitt über alle Attribute, die in der Dekomposition berücksichtigt sind, finden Veränderungen nur zu 30 % über Berufe hinweg bzw. durch Reallokation der Beschäftigten statt.

Tabelle 2
Anteile der Tätigkeiten und Shift-Share-Zerlegung, 2012 bis 2018, Automobilindustrie
  Anteil Zerlegung  
  (1) (2) (3) (4) (5) (6) (7)
  2012 2018 innerhalb der Berufe über die Berufe Interaktion (5)/(4)
Physische Anforderung im Job              
Arbeiten mit Computern 0,702 0,752 0,050 0,036 0,012 0,001 0,33
Ein und derselbe Arbeitsgang wiederholt 0,453 0,418 -0,035 -0,027 -0,005 -0,003 0,19
In gebückter, hockender, kniender Stellung arbeiten 0,145 0,132 -0,013 -0,006 -0,007 0,000 1,17
Sehr schnell arbeiten 0,378 0,322 -0,056 -0,058 -0,001 0,004 0,02
Entscheidungsmöglichkeiten              
Arbeitsdurchführung bestimmen 0,278 0,261 -0,017 -0,012 -0,006 0,002 0,50
Einfluss auf zugewiesene Arbeitsmenge 0,335 0,298 -0,036 -0,039 0,002 -0,001 0,05
Eigene Arbeit selbst planen und einteilen 0,686 0,665 -0,022 -0,032 0,007 0,002 0,22
Eigenständig schwierige Entscheidungen treffen müssen 0,369 0,389 0,020 0,012 0,003 0,005 0,25
Soziale Fähigkeiten              
Verantwortung für andere Personen übernehmen 0,285 0,317 0,032 0,031 0,003 -0,001 0,10
Auf Probleme reagieren und diese lösen 0,689 0,726 0,037 0,029 0,003 0,005 0,10
Andere überzeugen und Kompromisse aushandeln 0,353 0,385 0,032 0,020 0,012 0,001 0,60
Benötigtes Wissen              
Projektmanagement 0,174 0,233 0,058 0,046 0,010 0,003 0,22
Deutsch – schriftlicher Ausdruck 0,379 0,455 0,076 0,062 0,010 0,004 0,16
PC-Anwendungsprogramme 0,433 0,499 0,066 0,055 0,010 0,002 0,18
Mathematik, Fachrechnen, Statistik 0,342 0,346 0,004 0,004 -0,003 0,003 0,75
Technische Kenntnisse 0,585 0,603 0,018 0,027 -0,012 0,002 0,44
Bildung              
Kein beruflicher Ausbildungsabschluss erforderlich 0,150 0,135 -0,015 -0,017 0,001 0,001 0,06
Abgeschlossene Berufsausbildung 0,565 0,516 -0,048 -0,031 -0,015 -0,002 0,48
Fortbildungsabschluss (Meister- oder Technikerabschluss, Fachschulabschluss) 0,105 0,095 -0,010 -0,009 -0,001 0,000 0,11
Fachhochschul- oder Universitätsabschluss 0,181 0,254 0,073 0,055 0,013 0,006 0,24

Werte für 2012 und 2018 sind durchschnittliche Anteile der Befragten in der höchsten Ausprägung der jeweiligen Attribute über alle Berufe hinweg. Alle Ergebnisse sind gewichtet mit dem Anteil der Beschäftigten je Berufe 2012 bzw. 2018. ∆ ist die Veränderung zwischen 2012 und 2018. Automobilindustrie ist definiert als Wirtschaftszweig 291 und 293 laut WZ08 Klassifikation.

Quelle: eigene Darstellung.

Diskussion und Implikationen

Um sicherzustellen, dass die gezeigten Ergebnisse und damit die Implikationen robust sind, haben wir unterschiedliche alternative Methoden und Herangehensweisen getestet. So haben wir alternativ zum Mikrozensus Daten der Beschäftigtenstatistik der Bundesagentur für Arbeit verwendet, um zu bestimmen, wie viele Beschäftigte in den einzelnen Berufen arbeiten. Diese Herangehensweise ändert nicht das vorher gezeigte Bild und Muster, sodass die Erkenntnisse gleich sind.

Ähnliches ergibt sich, wenn zusätzlich zu den verwendeten Befragungswellen 2018 und 2012 die Welle 2006 aufgenommen wird, um die Änderungen von 2006 zu 2012 zu berücksichtigen. Damit lässt sich zusätzlich eine langfristige Aussage treffen, da der Zeitraum 2006 bis 2018 berücksichtigt werden kann. Obwohl hier die Klassifikation der Berufe zwischen der Welle 2006 und 2018 nicht mehr übereinstimmt und somit auf einer 2006 bis 2012 Periode analysiert werden muss, zeigt sich ein ähnliches Bild. Änderungen innerhalb der Berufe spielen die entscheide Rolle bei Anpassungs- und Veränderungsprozessen.

Damit bestätigen unsere Ergebnisse die bisherige internationale Literatur, wonach Änderungen hauptsächlich innerhalb der Berufe stattfinden (Freeman et al., 2020; Atalay et al., 2020). Im Hinblick auf die Automobilindustrie, die zentraler Gegenstand unserer Analyse ist, zeigt sich, dass selbst in einem wirtschaftsstarken und dynamischen Sektor, der von vielen strukturellen Änderungen betroffen ist, Berufe nicht einfach verschwinden. Anpassungen, selbst längerfristig, geschehen primär innerhalb der Berufe, in denen neue Tätigkeiten entstehen oder bestehende verschwinden. Damit zeigt unsere Analyse deutlich, dass Berufe oftmals Anpassungskapazitäten besitzen, welche in Diskussionen zu diesem Thema selten berücksichtigt werden.

Fazit

Aufbauend auf den Daten der BIBB/BAuA-Befragung sowie des Mikrozensus, zeigen unsere Ergebnisse der Shift-Share-Zerlegung, dass Änderungen in den Tätigkeiten seit 2012 hauptsächlich innerhalb der Berufe stattfanden. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass ein langfristiger struktureller Wandel in erster Linie Berufe verändert, da es zu Änderungen in den einzelnen Tätigkeiten kommt und nicht ganze Berufe verschwinden (FAZ, 2022). Dies ist umso relevanter, als dass unsere Analyse explizit auf die Automobilindustrie abzielt, die von einem strukturellen Wandel im Zuge der Automatisierung sowie der Elektrifizierung betroffen ist und somit besonders oft medial aufgegriffen wird.

Unser Beitrag trägt damit zu einer differenzierteren Diskussion zu den Folgen des strukturellen und technologischen Wandels und den damit verbundenen Effekten für Berufe und Tätigkeiten bei. Dies ist besonders wichtig, um dabei den Blick auf die wesentlichen Punkte zu richten, welche die Tätigkeiten in den Berufen sind (Freeman et al., 2020; Atalay et al., 2020). Um entsprechend zukünftige Trends zu prognostizieren und Folgen abschätzen zu können, müssen Tätigkeiten und deren innere Veränderungen ins Zentrum der Betrachtung genommen werden. Zusätzlich können differenziertere Analysen für verschiedene Gruppen, wie ältere Beschäftigte oder Niedrigqualifizierte vorgenommen werden, um einen besseren Überblick über etwaige Veränderungen und Reallokationen des Technologieeffektes abschätzen zu können.

Literatur

Atalay, E., P. Phongthiengtham, S. Sotelo und D. Tannenbaum (2020), The Evolution of Work in the United States, American Economic Journal: Applied Economics, 12(2), 1-34.

Deming, D. J. (2017), The growing importance of social skills in the labor market, The Quarterly Journal of Economics, 132(4), 1593-1640.

Dengler, K. und B. Matthes (2021), Folgen des technologischen Wandels für den Arbeitsmarkt: Auch komplexere Tätigkeiten könnten zunehmend automatisiert werden, IAB-Kurzbericht, 13.

Dengler, K., B. Fitzenberger, C. Kagerl und B. Matthes (2020), Der IAB-Job-Futuromat: Beschäftigungsentwicklung und Fachkräfteengpässe variieren mit dem Substituierbarkeitspotenzial, IAB-Forum, 4. Dezember.

FAZ (2022), Ein Hoch auf die Routinejobs, https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/automatisierung-der-arbeit-ein-hoch-auf-die-routinejobs-18387824.html?GEPC=s9 (14. Dezember 2022).

Freeman, R. B., I. Ganguli und M. J. Handel (2020), Within-Occupation Changes Dominate Changes in What Workers Do: A Shift-Share Decomposition, 2005-2015, AEA Papers and Proceedings, 110, 394-399.

Frey, C. B. und M. A. Osborne (2017), The Future of Employment: How Susceptible Are Jobs to Computerisation?, Technological Forecasting and Social Change, 114, 254-280.

Hall, A. und J. Zorner (2017), BIBB-Zusatzbefragung Aufstiegsfortbildung 2012, BIBB-FDZ Daten- und Methodenbericht, 1, Version 1.0.

Hershbein, B. und L. B. Kahn (2018), Do Recessions Accelerate Routine-Biased Technological Change? Evidence from Vacancy Postings, American Economic Review, 108(7), 1737-1772.

Rohrbach-Schmidt, D. und A. Hall (2020), BIBB/BAuA-Erwerbstätigenbefragung 2018, BIBB-FDZ Daten- und Methodenberichte, 1.

Spitz-Oener, A. (2006), Technical change, job tasks, and rising educational demands: Looking outside the wage structure, Journal of labor economics, 24(2), 235-270.

Title:Employment in the Automotive Industry is Changing

Abstract:The long-term changes in the aggregate tasks (activities) of employees in the German automotive industry are analysed. The central question is whether the observed changes in activities occur within occupations or are driven by the reallocation of employees between occupations. International studies show that most of the aggregate changes occur within occupations. Our findings confirm these results for Germany. They also show that many occupations have the capacity to adapt and that the fear of joblessness due to technological change seems disproportionate.

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