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Der Bezug und die Höhe von Sonderzahlungen variieren stark mit individuellen und betrieblichen Merkmalen sowie mit der Höhe des Stundenlohns. Große Unterschiede bestehen zwischen Frauen und Männern, zwischen Ost- und Westdeutschland sowie je nach Betriebsgröße und Branche. Im Niedriglohnbereich und bei geringfügig Beschäftigten sind Sonderzahlungen selten und fallen, sofern vorhanden, sehr gering aus. Bei den 10 % der Arbeitnehmer:innen mit den höchsten Stundenlöhnen sind Sonderzahlungen weit verbreitet und mit Abstand am höchsten, vor allem bei westdeutschen Männern.

Durch Sonderzahlungen, auch Sondervergütungen oder Sonderzuwendungen genannt, kann das Arbeitsentgelt (Grundentlohnung) von Arbeitnehmenden erheblich aufgestockt werden. Sonderzahlungen in Form hoher Bonuszahlungen stehen allerdings immer wieder in der Kritik, weil sie nicht in direktem Bezug zur erbrachten Arbeitsleistung stehen, sondern häufig eine Beteiligung am Erfolg des Unternehmens darstellen, die nur Manager:innen oder Hochqualifizierten zugutekommt (Struck et al., 2017). Sonderzahlungen wie Urlaubs- oder Weihnachtsgeld sind häufig Teil von Tarifverträgen und sind bei Beschäftigten in nicht tarifgebundenen Betrieben seltener anzutreffen (WSI, 2019, 2020, 2023). Somit steht die These im Raum, dass der Bezug von Sonderzahlungen und dessen Höhe zwischen verschiedenen Beschäftigtengruppen ungleich verteilt ist und zur gesamten Einkommens­ungleichheit in Deutschland beiträgt bzw. diese erhöht (Struck et al., 2016; Grabka und Schröder, 2018).

Welche Beschäftigten in Deutschland aktuell Sonderzahlungen oder Boni beziehen und wie sich diese auf die Höhe und die Verteilung von Stundenlöhnen, Monats- und letztlich Jahresentgelten auswirken, ist weitgehend unerforscht. Weber und Beck (2015) zeigten die Verteilung von Sonderzahlungen im Jahr 2010 auf. Grabka und Schröder (2018) fanden im obersten Dezil der Bruttojahreslöhne um mehr als 20 % steigende reale Sonderzahlungen im Zeitraum zwischen 1991 und 2015. Vor diesem Hintergrund zeigen wir auf Basis der Verdienststrukturerhebung 2018 aktuelle Ergebnisse zu den drei Forschungsfragen: Welche Arbeitnehmer:innen erhalten Sonderzahlungen? In welchen Betrieben werden Sonderzahlungen gewährt? Und wie sind Sonderzahlungen verteilt?

Datenbasis

Die Verdienststrukturerhebung (VSE) 2018 (Statistisches Bundesamt, 2020)1 ist die aktuellste repräsentative Erhebung in Deutschland, die verlässliche Informationen zur Höhe der Sonderzahlungen enthält.2 Ab der VSE 2010 wurde die Erhebung von Sonderzahlungen in der amtlichen Statistik durch die Anpassung von § 4 des Verdienststatistikgesetzes eingeführt. Die Daten weisen eine vergleichsweise hohe Genauigkeit vor allem im Rahmen der Sonderzahlungen auf, da sie meist aus der Personalverwaltung oder der Lohnabrechnung stammen und internen sowie externen Kontrollen unterliegen. Rundungs- oder Erinnerungsfehler können somit nicht auftreten. Während die Einkommensdaten als sehr präzise gelten, wurden die Angaben zur Arbeitszeit teilweise von den meldenden Betrieben geschätzt (Statistisches Bundesamt, 2020, 7). Zudem ist der Stichprobenumfang mit rund 1 Mio. Arbeitsverhältnissen aus etwa 60.000 Betrieben hoch, sodass der Stichprobenfehler niedrig ausfällt. Die Erhebung war für die teilnehmenden Betriebe verpflichtend, sodass Verzerrungen durch Selektion ausgeschlossen werden können.3

In der VSE 2018 wird der gesamte Bruttojahresverdienst4 und darunter separat auch die Höhe der jährlichen Sonderzahlungen (sonstige Bezüge)5 in der Regel in den Lohnbüros der Betriebe summarisch erhoben. Feste Sonderzahlungen, wie z. B. ein tarifvertraglich geregeltes Weihnachtsgeld, wird dabei nicht von unsicheren und variablen Zahlungen wie Boni unterschieden. Eine differenzierte Erhebung beider Größen wäre wünschenswert, weil diese verschiedenen Anreize sowie unterschiedliche Beschäftigtengruppen betreffen (Leuze, 2013). Der hier analysierte Personenkreis repräsentiert erwerbstätige Personen im Alter von 18 bis einschließlich 65 Jahren, ohne Auszubildende, Praktikant:innen sowie Beschäftigte in Altersteilzeit. Durch die vorgenommene Eingrenzung der Untersuchungspopulation auf Arbeitnehmer:innen resultiert ein Personenkreis von regulär Beschäftigten, die Sonderzahlungen beziehen können. Wenn es im Folgenden um die Verbreitung der Sonderzahlungen geht, beziehen sich die Anteile auf diese Population von hochgerechnet 37,86 Mio. Arbeitnehmer:innen.

Verbreitung und Höhe der Sonderzahlungen nach individuellen und betrieblichen Merkmalen

2018 erhielten rund 24 Mio. Beschäftigte und damit ein Anteil von 63 % Sonderzahlungen in einer durchschnittlichen Höhe von 4.344 Euro.6 2014 bekamen 61,4 % der Beschäftigten eine Sonderzahlung, wobei die durchschnittliche Höhe bei 4.066 Euro lag.7 2010 betrug die Summe der jährlichen Sonderzahlungen etwa 3.600 Euro und der Anteil der Beschäftigten mit Sonderzahlungen belief sich auf Basis der VSE 2010 auf 76,7 % (Weber und Beck, 2015, 60). Die Quote der Sonderzulagen lag 2014 und 2018 vermutlich auch deshalb unter der von 2010, weil in der VSE 2010 Betriebe mit weniger als zehn Beschäftigten nicht in die Erhebung einbezogen waren.

Die Anteile von Beschäftigten, die 2018 Sonderzahlungen erhalten haben, unterscheiden sich stark nach verschiedenen individuellen Charakteristika (vgl. Tabelle 1). Männer bekommen mit rund 66 % um etwa 6 Prozentpunkte häufiger Sonderzahlungen vergütet als Frauen; zudem sind die Sonderzahlungen der Männer mit knapp 5.600 Euro annähernd doppelt so hoch wie die der Frauen. Dieses Ergebnis ergibt sich aus deutlich höheren Sonderzahlungen bei Männern in Westdeutschland, während in Ostdeutschland die Sonderzahlungen bei den Frauen etwas häufiger ausbezahlt werden als bei den Männern, jedoch bei den ostdeutschen Frauen mit im Durchschnitt rund 2.200 Euro pro Jahr besonders niedrig ausfallen. Hinsichtlich ihres Alters sind es vor allem jüngere Beschäftigte unter 25 Jahren, bei denen weniger als die Hälfte Sonderzahlungen erhalten. In den darüber liegenden Altersgruppen zwischen 35 und unter 65 Jahren beziehen jeweils mehr als 60 % aller Arbeitnehmer:innen Sonderzahlungen, wobei die höchsten Sonderzahlungen bei den Beschäftigten im Alter von 45 bis 55 Jahren eine durchschnittliche Höhe von rund 5.100 Euro im Jahr haben.

Tabelle 1
Individuelle Charakteristika der Beschäftigten mit Sonderzahlungen 2018

Anteile in % und durchschnittliche Beträge pro Jahr in Euro (Mittelwerte)

  in % Beträge in Euro
Gesamt 63 4.344
Geschlecht Frauen 60 2.898
Männer 66 5.584
Region West 64 4.588
Ost 62 2.683
Alter 18 bis < 25 44 2.086
25 bis < 35 62 3.349
35 bis < 45 64 4.582
45 bis < 55 67 5.111
55 bis < 65 65 4.441
Bildung Kein Abschluss 47 2.271
Ausbildung 65 3.498
Meister/Techniker 70 6.255
Bachelor 60 4.980
Diplom/Master 69 8.171
Wöchentliche Arbeitszeit in Stunden Minijob 7 280
< 20 59 1.475
20 bis < 35 69 2.417
35 bis < 40 77 5.358
40+ 55 4.168

Gewichtete Anteile. Bezugsjahr 2018. Untersuchungspopulation: Alter von 18 bis einschließlich 65 Jahre. Berlin ist Ostdeutschland zugeordnet.

Quelle: FDZ-SUF-VSE 2018; eigene Berechnungen..

Zudem sind ausgeprägte Unterschiede je nach beruflicher Bildung festzustellen: Höher Qualifizierte bekommen tendenziell häufiger und höhere Sonderzahlungen als Beschäftigte mit geringerer beruflicher Qualifikation. Arbeitgebende nutzen offenbar Sonderzahlungen vor allem als Anreizinstrument bei höher qualifizierten Beschäftigten, während geringer Qualifizierte selten und im Regelfall niedrigere Sonderzahlungen erhalten (Pannenberg und Schröder, 2000). Über drei Viertel der Beschäftigten mit einer wöchentlichen Arbeitszeit zwischen 35 und 40 Stunden beziehen Sonderzahlungen in einer durchschnittlichen Höhe von 5.358 Euro. Dieser Anteil ist im Vergleich zu Beschäftigten mit geringerer wöchentlicher Arbeitszeit deutlich höher. Bei überlangen wöchentlichen Arbeitszeiten jenseits von 40 Stunden pro Woche sind allerdings geringere Beschäftigtenanteile mit Sonderzahlungen festzustellen, zudem liegen geringere Sonderzahlungen als bei Beschäftigten im Normalarbeitsverhältnis vor. Lediglich 7 % aller Minijobber erhalten Sonderzahlungen in einer durchschnittlichen Höhe von 280 Euro pro Jahr.

Auch nach verschiedenen betrieblichen Merkmalen gibt es deutliche Unterschiede im Anteil der Beschäftigten, die 2018 Sonderzahlungen erhalten haben sowie der Höhe der jeweiligen Sonderzahlungen (vgl. Tabelle 2). In Betrieben mit Tarifbindung liegen die Anteile der Beschäftigten mit Sonderzahlungen bei 80 % und damit etwa 25 Prozentpunkte höher als bei jenen Beschäftigten, die in Betrieben ohne Tarifbindung arbeiten. Dieser Befund wird tendenziell auch von Analysen aus dem WSI-Tarifarchiv gestützt, wonach insgesamt 47 % aller Beschäftigten Sonderzahlungen erhalten, mit Tarifvertrag sind es 74 % (WSI, 2023). Bemerkenswert ist allerdings der Befund, dass die Höhe der durchschnittlichen Sonderzahlungen pro Jahr in nicht tarifgebundenen mit 4.457 Euro um knapp 400 Euro höher ausfällt als in tarifgebundenen Betrieben. Dies dürfte darauf zurückzuführen sein, dass in nicht tarifgebundenen Betrieben vor allem höher Qualifizierte und besser Verdienende Sonderzahlungen erhalten.

Tabelle 2
Betriebliche Charakteristika der Beschäftigten mit Sonderzahlungen im Jahr 2018

Anteile in % und durchschnittliche Beträge pro Jahr in Euro (Mittelwerte)

  in % Beträge in Euro
Gesamt 63 4.344
Tarifbindung Ja 80 4.071
Nein 55 4.457
Betriebsgröße < 50 39 3.345
50 bis < 250 68 3.777
250+ 84 5.782
k. A./öffentlicher Dienst 73 2.309
Wirtschaftszweige Land- und Forstwirtschaft, Fischerei 30 2.363
Bergbau, Energie, Wasser 86 6.372
Verarbeitendes Gewerbe 81 6.146
Baugewerbe 60 2.827
Großhandel, Kfz-Handel und -reparatur 66 5.546
Einzelhandel 54 2.280
Verkehr und Lagerei 59 3.256
Information und Kommunikation 64 9.117
Gastgewerbe 23 1.446
Finanzdienstleistungen 85 9.486
Wissenschaft, freiberufliche Dienstleistungen 50 5.091
Erziehung, Unterricht 70 2.054
Gesundheits-, Sozialwesen 68 2.347
Sonstige Dienstleistungen 31 2.608
Öffentliche Verwaltung 73 2.581

Gewichtete Anteile. Bezugsjahr 2018. Untersuchungspopulation: Alter von 18 bis einschließlich 65 Jahre. Berlin ist Ostdeutschland zugeordnet.

Quelle: FDZ; eigene Berechnungen.

In kleinen und mittleren Betrieben mit weniger als 50 Beschäftigten erhalten lediglich 39 % der Beschäftigten Sonderzahlungen in einer durchschnittlichen Höhe von 3.345 Euro. In Betrieben mit 50 bis 250 Beschäftigten bekommen gut zwei Drittel der Belegschaft Sonderzahlungen vergütet und in Großbetrieben mit 250 und mehr Beschäftigten sind es 84 %. Mit durchschnittlichen Sonderzahlungen von 5.782 Euro bezahlen Großbetriebe der Privatwirtschaft auch die höchsten jährlichen Sonderzahlungen (Pannenberg und Schröder, 2000). Im Vergleich dazu weit abgeschlagen befindet sich der öffentliche Dienst mit im Durchschnitt 2.309 Euro. Vor allem Frauen, die in nicht tarifgebunden kleineren Betrieben in Ostdeutschland beschäftigt sind, erhalten im Vergleich zu den Männern seltener und vor allem niedrigere Sonderzahlungen.8

Hinsichtlich des Anteils der Beschäftigten mit Sonderzahlungen liegen die Wirtschaftszweige Bergbau, Energie, Wasser, die Finanzdienstleistungen und das verarbeitende Gewerbe, jeweils Branchen mit hoher Tarifbindung, mit einem Anteil von mehr als 80 % an der Spitze, auch hinsichtlich der Höhe der jährlichen Sonderzahlungen, die bei Banken und Versicherungen (Finanzdienstleistungen)knapp an 10.000 Euro pro Jahr heranreichen. Am Ende der Skala befinden sich Beschäftigte in der Landwirtschaft, im Gastgewerbe und solche im Bereich Sonstige Dienstleistungen, mit einem Anteil von teilweise weniger als 30 % und überwiegend geringer Höhe der Sonderzahlungen. Zusammenfassend sind höhere Anteile von Beschäftigten mit Sonderzahlungen bei folgenden Kombinationen der Charakteristika besonders wahrscheinlich: höher qualifizierte westdeutsche Männer, die in größeren Betrieben im produzierenden Gewerbe, im Bergbau, Energie, Wasser oder bei Finanzdienstleistern mit Tarifbindung9 arbeiten.

Insgesamt fällt auf, dass die Höhe der Sonderzahlungen bei Männern in jeder der betrachteten Beschäftigtengruppen deutlich über jenen der Frauen liegt, vor allem in Westdeutschland. Bemerkenswert sind die Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland sowie zwischen Männern und Frauen: Im Westen liegt der Anteil der Beschäftigten mit Sonderzahlungen bei Männern rund 7 Prozentpunkte über dem der Frauen. Im Osten ist es umgekehrt und der Anteil der Frauen mit Sonderzahlungen liegt um 2 Prozentpunkte über dem der Männer. Und während im Westen die Höhe der Sonderzahlungen der Männer die der Frauen pro Jahr um durchschnittlich 2.900 Euro übersteigt, ist diese Differenz im Osten mit 944 Euro deutlich geringer. Vor diesem Hintergrund dürfte der Effekt von Sonderzahlungen auf den Gender-Pay-Gap insgesamt erhöhend ausfallen, jedoch insbesondere, wie auch andere Studien gezeigt haben (Frommert et al., 2021), liegt der Gender-Pay-Gap im Westen deutlich über dem im Osten.

Multivariate Auswertungen bestätigen die deskriptiven Befunde zu den Zusammenhängen individueller und betrieblicher Merkmale zum Erhalt und der Höhe der Sonderzahlungen größtenteils. Auch in Bezug auf den Anteil der Sonderzahlungen am Jahreseinkommen zeigen sich qualitativ sehr ähnliche Ergebnisse wie in Bezug auf deren absolute Höhe.10

Verteilung von Sonderzahlungen

Eine weitere relevante Frage ist, wie sich Sonderzahlungen entlang der Grundentlohnung verteilen und welchen Beitrag Sonderzahlungen zur Einkommensungleichheit in Deutschland leisten. Im Folgenden wird die Verteilung von Sonderzahlungen entlang der Stundenlöhne dargestellt, um Beschäftigtengruppen mit unterschiedlichen wöchentlichen Arbeitszeiten hinsichtlich ihrer Arbeitsentgelte vergleichen zu können. Die Bruttostundenlöhne wurden berechnet, indem Monatsentgelte ohne Zuschläge durch monatliche bezahlte Arbeitsstunden ohne Überstunden dividiert wurden (Dütsch et al., 2019). Die Bruttostundenlöhne wurden ihrer Höhe nach in Dezile unterteilt. Das 1. Dezil liegt mit 9,73 Euro über dem 2018 geltenden gesetzlichen Mindestlohn von 8,84 Euro, das 2. Dezil entspricht etwa der Höhe des Niedriglohns (2/3 des Medianlohns) mit 10,89 Euro und das 5. Dezil entspricht dem Medianlohn in Höhe von 16,52 Euro brutto pro Stunde.11

Sowohl in Westdeutschland (vgl. Abbildung 1, linke Seite), als auch in Ostdeutschland (vgl. Abbildung 2, linke Seite) sind mit höheren Löhnen ebenfalls höhere Anteile von Beschäftigten mit Sonderzahlungen festzustellen. Deren Verbreitung ist insbesondere im untersten Dezil der Löhne (Mindestlohnbereich) sehr gering und auch im 2. und 3. Dezil der Stundenlöhne deutlich geringer ausgeprägt, als in höheren Lohnbereichen. Abgesehen vom ersten Dezil liegt der Anteil der Männer mit Sonderzahlungen über jenem der Frauen. Jenseits des 5. Lohndezils beziehen zwischen 70 % und 80 % der männlichen und weiblichen Beschäftigten Sonderzahlungen.

Abbildung 1
Sonderzahlungen in Westdeutschland 2018 nach Dezilen der Bruttostundenlöhne
Sonderzahlungen in Westdeutschland 2018 nach Dezilen der Bruttostundenlöhne

Gewichtete Anteile. Bezugsjahr 2014. Untersuchungspopulation: 18 bis einschließlich 65 Jahre, ohne Auszubildende und Beschäftigte in Altersteilzeit. Berlin ist Ostdeutschland zugeordnet. D1-D10: Dezile der Bruttostundenlohnverteilung.

Quelle: FDZ; eigene Berechnungen.

Abbildung 2
Sonderzahlungen in Ostdeutschland 2018 nach Dezilen der Bruttostundenlöhne
Sonderzahlungen in Ostdeutschland 2018 nach Dezilen der Bruttostundenlöhne

Gewichtete Anteile. Bezugsjahr 2018. Untersuchungspopulation: Alter von 18 bis einschließlich 65 Jahre, ohne Auszubildende und Beschäftigte in Altersteilzeit. Berlin ist Ostdeutschland zugeordnet. D1-D10: Dezile der Bruttostundenlohnverteilung.

Quelle: FDZ; eigene Berechnungen.

Die Höhe der Sonderzahlungen in Euro pro Jahr steigt in Westdeutschland mit der Höhe der Löhne stetig an (vgl. Abbildung 1, rechte Seite). Dieser Effekt dürfte in einem Zusammenhang damit stehen, dass sich viele Sonderzahlungen an der Höhe der Arbeitsentgelte orientieren und als relativer Anteil daran bemessen werden. Die Höhe der Sonderzahlungen von Männern liegt entlang der gesamten Lohnverteilung stets über jener von Frauen. Insbesondere bei Männern sind im 9. und 10. Dezil progressiv steigende Sonderzahlungen zu konstatieren, die auf die Zahlung erheblicher Boni hindeuten.

Die Verteilung der Höhe der Sonderzahlungen fällt in Ostdeutschland teilweise ähnlich aus, jedoch sind auch drei Unterschiede festzustellen (vgl. Abbildung 2, rechte Seite). In Ostdeutschland kommen Sonderzahlungen erstens vor allem im untersten Dezil häufiger vor als im Westen. Zweitens liegt in Ostdeutschland die Höhe der Sonderzahlungen in den Lohndezilen stets unter jenen der westdeutschen Beschäftigten. Zu tendenziell ähnlichen Befunden kommen Auswertungen auf Basis des WSI-Tarifarchivs (WSI, 2019). Drittens sind auch im Osten im 10. Dezil die höchsten Sonderzahlungen festzustellen, allerdings auf deutlich niedrigerem Niveau als im Westen.

Fazit

In dieser Studie wurden erstmals repräsentative Daten zur Verbreitung und Höhe der Sonderzahlungen anhand der VSE 2018 umfassend ausgewertet. Insgesamt erhielten 2018 rund 63 % der Arbeitnehmer:innen Sonderzahlungen in einer Höhe von durchschnittlich 4.300 Euro pro Jahr. Im Mindest- und Niedriglohnbereich sowie bei geringfügig Beschäftigten spielen Sonderzahlungen lediglich eine marginale Rolle. Bei höherqualifizierten Vollzeitbeschäftigten in der Mitte sowie im späteren Erwerbsleben sind die Anteile der Beschäftigten mit Sonderzahlungen am höchsten. Deutlich wurde zudem, dass Frauen im Vergleich zu Männern weniger häufig und ein deutlich niedrigeres Niveau von Sonderzahlungen erhalten. Insofern wird deutlich, dass Sonderzahlungen die Einkommensungleichheit und den Gender-Pay-Gap tendenziell vergrößern.

In größeren Betrieben mit Tarifbindung, vor allem im Sektor Finanzdienstleistungen, liegen die Anteile der Beschäftigten mit Sonderzahlungen auf hohem Niveau. Weit abgeschlagen hinsichtlich der Anteile der Beschäftigten mit Sonderzahlungen finden sich die Kleinbetriebe der Gastronomie, die Land- und Forstwirtschaft samt Fischerei sowie sonstige Dienstleistungen, in denen weniger als jeder Dritte beschäftigte Sonderzahlungen erhält. In Bezug auf die Höhe der Sonderzahlungen kumulieren Chancen wie Risiken. Ist die Verbreitung im Betrieb sowie das individuelle Einkommen hoch, dann können die Sonderzahlungen 10.000 Euro pro Jahr übersteigen. In den obersten Perzentilen übersteigen die Sonderzahlungen von westdeutschen Männern sogar Werte von über 40.000 Euro. Sind die Stundenlöhne und die wöchentliche Arbeitszeit niedrig, ist meist die Verbreitung von Sonderzahlung vergleichsweise niedrig und die jährlichen Sonderzahlungen übersteigen kaum Werte über 1.000 Euro.

In Bezug auf den Zusammenhang von betrieblichen und individuellen Charakteristika ist zu vermuten, dass sich vor allem qualifizierte Beschäftigte in Betriebe mit hoher Tarifbindung und hohem Lohnniveau sortieren. Umgekehrt dürfte es vor allem geringer Qualifizierten kaum gelingen, ein Beschäftigungsverhältnis in solchen Betrieben aufnehmen zu können. Auf ausgesprochen starke betriebliche Effekte, die oftmals deutlich stärker als individuelle Charakteristika, wie der eigenen Bildung liegen, haben auch Dütsch und Himmelreicher (2020) sowie Dütsch et al. (2023) hingewiesen. Solche Effekte weisen auch auf die Bedeutung des regionalen Kontextes und der dort ansässigen Betriebe hin. In diesem Zusammenhang zeigt sich, dass gerade in Kleinbetrieben beschäftigte Geringverdiener:innen von obligatorischen Sonderzahlungen, wie sie tarifvertragliche Regelungen vorsehen, besonders profitieren würden.

In unserer Studie konnte lediglich die Summe der Sonderzahlungen insgesamt untersucht werden. Nicht untersucht werden konnte deren Zusammensetzung nach z. B. tariflichen Sonderzahlungen oder individuell ausgehandelten Boni. Zudem liegen keine Informationen über zusätzliche Sachleistungen oder zusätzlichen arbeitgeberfinanzierten Formen der betrieblichen Altersvorsorge vor. Sofern Sonderzahlungen von den Beschäftigten anteilig oder insgesamt im Rahmen der Entgeltumwandlung in die betriebliche Altersvorsorge transferiert werden, reduziert sich die Höhe der Sonderzahlungen entsprechend (Geyer und Himmelreicher, 2022). Diese Limitationen unserer Analyse, die mit Selektionseffekten für bestimmte Beschäftigtengruppen einhergehen, weisen gleichzeitig auf den erheblichen Forschungsbedarf im Bereich von betrieblichen Sonderzahlungen hin.

  • 1 Datenbasis für die hier vorgelegten Auswertungen ist das Scientific-Use-File (SUF) zur Off-Site-Nutzung der VSE2018, DOI: 10.21242/62111.2018.00.00.3.1.0.
  • 2 2010 wurden in Deutschland erstmals valide Daten zur Verbreitung von Sonderzahlungen und ihrer Höhe in der VSE erhoben und von Weber und Beck (2015) ausgewertet. In der VSE 2010 sind Betriebe mit weniger als zehn Beschäftigten nicht enthalten.
  • 3 Weiterführende Informationen zur VSE finden sich auch in FDZ (2020a; 2020b) sowie in Dütsch et al. (2019).
  • 4 „Als Bruttojahresverdienst des Kalenderjahres 2018 ist die Summe des im Kalenderjahr gezahlten Gesamtbruttoentgelts gemäß Entgeltbescheinigungsverordnung (EBV) § 1 Absatz 2 Nummer 2c) anzugeben. Hierbei handelt es sich in der Regel um die Summe aller im Kalenderjahr 2018 gezahlten laufenden und einmaligen Bezüge, dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um steuerpflichtigen oder steuerfreien Verdienst handelt“ (FDZ, 2020a, 4).
  • 5 „Als Sonderzahlungen des Kalenderjahres 2018 ist die Summe der im Kalenderjahr gezahlten sonstigen Bezüge des steuerpflichtigen Arbeitslohns gemäß Entgeltbescheinigungsverordnung (EVB) § 1 Absatz 2 Nummer 2 a) anzugeben. Hierbei handelt es sich in der Regel um die Summe aller im Kalenderjahr 2018 gezahlten sonstigen Bezüge bzw. Einmalzahlungen (z. B. Urlaubs- und/oder Weihnachtsgeld), dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um steuerpflichtigen oder steuerfreien Verdienst handelt“ (FDZ, 2020a, 4).
  • 6 Die hochgerechneten Werte basieren auf tatsächlichen Fallzahlen für die definierte Population von 969.477 Arbeitnehmenden, von denen 625.058 und damit ein Anteil von rund 64,47 % 2018 Sonderzahlungen erhalten hat.
  • 7 Eigene Berechnungen auf Basis der VSE 2014.
  • 8 In diesem Zusammenhang ist von Bedeutung, dass sich die Beschäftigung von Frauen 2018 eher auf kleinere Betriebe konzentriert: rund 37 % (34 %) der Frauen (der Männer) arbeiten in Betrieben mit weniger als 50 Beschäftigten, während etwa 30 % (34 %) der Frauen (der Männer) in Betrieben mit mehr als 250 Beschäftigten tätig sind (eigene Berechnungen auf Basis der VSE 2018).
  • 9 Zum Einfluss der Tarifbindung auf den Anteil der Beschäftigten, die Sonderzahlungen erhalten, siehe auch WSI (2020).
  • 10 Diese Berechnungen sind hier nicht dargestellt, siehe hierzu Himmelreicher et al. (2023).
  • 11 Eigene Berechnungen auf Basis der VSE 2018.

Literatur

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Dütsch, M., O. Altun, L. Grundmann und R. Himmelreicher (2023), What Does the German Minimum Wage Do? The Impact of the Introduction of the Statutory Minimum Wage on the Composition of Low- and Minimum-Wage Labour, Journal of Economics and Statistics, 243(3-4), 355-396, https://doi.org/10.1515/jbnst-2022-0070.

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FDZ – Forschungsdatenzentren der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder (2020b), Metadatenreport. Teil II: Produktspezifische Informationen zur Nutzung der Verdienststrukturerhebung 2018 per Scientific-Use-File (EVAS: 62111), Version 1.

Frommert, D., C. Hagen und R. Himmelreicher (2021), Mind the (Gender) Gap between pay and pension, Arbeit, 30(4), 307-332.

Geyer, J. und R. Himmelreicher (2022), Die arbeitnehmerfinanzierte Entgeltumwandlung in der Privatwirtschaft in den 2010er-Jahren, Deutsche Rentenversicherung, 77(1), 70-88.

Grabka, M. M. und C. Schröder (2018), Ungleichheit in Deutschland geht bei Stundenlöhnen seit 2014 zurück, stagniert aber bei Monats- und Jahreslöhnen, DIW Wochenbericht, 85(9), 158-166.

Himmelreicher, R., K. Kraikos, C. Ohlert und S. Schneider (2023). Sonderzahlungen im Jahr 2018: Wer bekommt sie in welcher Höhe? Hrsg.: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin. BAuA: Preprint, im Erscheinen.

Leuze, T. (2013), Der Anteil der betrieblichen Sonderzahlungen am Gesamteinkommen. Eine Mehrebenenanalyse des Einflusses von Arbeitnehmer- und Betriebsmerkmalen, Johannes Gutenberg-Universität.

Pannenberg, M. und M. Schröder (2000), Betriebliche Sondervergütungen in Deutschland, DIW Wochenbericht, 67(35), 561-566.

Statistisches Bundesamt (2020), Verdienststrukturerhebung 2018. Erhebung der Struktur der Arbeitsverdienste nach § 4 Verdienststatistikgesetz, VSE 2018 Qualitätsbericht.

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Struck, O., M. Dütsch und G. Stephan (2017), Bonuszahlungen an Geschäftsführungen: Wodurch werden Gerechtigkeitsurteile von Erwerbstätigen beeinflusst?, Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, 69, 473-501.

Weber, T. und M. Beck (2015), Sonderzahlungen in Deutschland. Eine Analyse auf Basis der Verdienststrukturerhebung 2010, Wirtschaft und Statistik, 4, 69-83.

WSI – Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliches Institut (2019), Aktuelle Auswertung des WSI-Tarifarchivs: Unternehmen mit Tarifvertrag zahlen fast doppelt so häufig Urlaubsgeld – Beschäftigte in Ostdeutschland gehen oft leer aus, Pressemitteilung vom 28. Mai.

WSI – Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliches Institut (2020), Aktuelle Auswertung des WSI-Tarifarchivs: 53 Prozent der Beschäftigten bekommen Weihnachtsgeld – große Unterschiede mit und ohne Tarif, Pressemitteilung vom 10. November.

WSI – Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliches Institut (2023), Aktuelle Auswertung des WSI-Tarifarchivs: Urlaubsgeld: 47 Prozent aller Beschäftigten bekommen es – mit Tarifvertrag 74 Prozent, Pressemitteilung vom 6. Juni.

Title:Special Payments: Who Gets Them and to What Extent?

Abstract:The receipt of special payments and their amount varies greatly with individual and company characteristics as well as with the level of the hourly wage. There are large differences between women and men, between East and West Germany, and de-pending on company size and sector. Special payments are rare in the low-wage sector and among marginal employees and, those that exist are very low. Looking at the 10% of employees with the highest hourly wages, special payments are wide-spread and by far the highest, especially among West German men.

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DOI: 10.2478/wd-2023-0211