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Der Preis der Schwedischen Reichsbank für Wirtschaftswissenschaften im Gedenken an Alfred Nobel geht im Jahr 2023 an Claudia Goldin, die Henry-Lee-Professorin für Wirtschaftswissenschaften an der Harvard-Universität. Sie ist sowohl Arbeitsökonomin als auch Wirtschaftshistorikerin und erst die dritte Frau, die mit dem Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften ausgezeichnet wird.

Claudia Goldin hat unser Wissen und Verständnis über die Bildungs- und Berufswahl von Frauen, ihre Arbeitsmarktkarrieren und die familiären Verpflichtungen, denen sie sich im Laufe der Jahrhunderte gegenüber sahen, revolutioniert. Ihre Arbeit ist äußerst breit gefächert und reicht von historischen Studien über die Bildungsentscheidungen von Mädchen im 19. Jahrhundert über die Aufdeckung von geschlechtsspezifischer Diskriminierung bei der Einstellung von Arbeitskräften bis hin zu den Determinanten des aktuellen geschlechtsspezifischen Lohngefälles.

Ihre Arbeit beleuchtet Entwicklungen, die viele übersehen haben. Anstatt ausgetretenen Pfaden zu folgen, stellt sie neue Fragen und schlägt neue Wege zu wichtigen wirtschaftlichen und sozialen Phänomenen ein. Viele ihrer Studien bestehen darin, Daten auszugraben, wo es keine gab. In einer Zeit ohne Internet, in der umfangreiche Daten über Arbeitskräfte oder Bildung erst allmählich verfügbar wurden, bedeutete dieses Unterfangen, viel Zeit mit dem Durchsuchen von Bibliothekskatalogen, dem Durchblättern von Büchern und dem Sammeln von Daten aus Archivquellen zu verbringen. Außerdem betrachtet Claudia Goldin Daten auf eine andere Art; sie sieht Muster und Faktoren, die zuvor nicht entdeckt oder benannt worden waren. In ihren Arbeiten sieht man oft eine Grafik, die man nie vergessen wird, weil sie das untersuchte Phänomen so prägnant und klar darstellt. Sie begnügt sich jedoch nicht mit der Identifizierung und Beschreibung von Mustern, sondern zeigt neue kausale Mechanismen für langfristige Veränderungen auf, die empirisch nur schwer zu ermitteln sind.

Eine historische Detektivin

Ihre frühen Arbeiten über den Bürgerkrieg und die Industrialisierung in den USA zeigen, dass Frauen in der Geschichtsschreibung kaum vorkommen. Diese Lücke inspirierte sie dazu, die Entwicklung der weiblichen Arbeitskräfte und ihre Rolle für das Wirtschaftswachstum zu untersuchen. Goldins Buch „Understanding the Gender Gap: An Economic History of American Women“ (1990) wurde zu einem Klassiker. In diesem Buch setzte Goldin quantitative Methoden und neu erhobene Daten ein, um zu belegen, dass der wirtschaftliche Status amerikanischer Frauen das Ergebnis dauerhafter gesellschaftlicher Muster und nicht eines jüngsten sozialen Wandels ist.

Goldins Forschungen widerlegten die weit verbreitete Annahme, dass Wirtschaftswachstum zwangsläufig zu mehr bezahlten Beschäftigungsmöglichkeiten für Frauen führt. Im Gegensatz zu dieser vereinfachten Sichtweise, die sich auf Daten aus dem 20. Jahrhundert stützt, zeigten Goldins Ergebnisse komplizierte historische Trends bei der Beschäftigung von Frauen in den USA. Ihre bekannte Abbildung der Entwicklung der Erwerbsbeteiligung von Frauen zeigt stattdessen eine U-Form (vgl. Abbildung 1).

Abbildung 1
Der Übergang verheirateter Frauen ins Erwerbsleben im Laufe der Zeit
Abbildung 1

Quelle: Johan Jarnestad, The Royal Swedish Academy of Sciences.

Goldin beleuchtete die verborgenen Realitäten der Beschäftigungsmuster von Frauen während des Übergangs von der Agrar- zur Industriewirtschaft im späten 18. Jahrhundert. Mit dem Beginn der weit verbreiteten Industrialisierung ging die Beschäftigung von Frauen deutlich zurück. Dieser Rückgang hielt während der Industriellen Revolution bis ins frühe 20. Jahrhundert an. Der Rückgang der Frauenerwerbstätigkeit war zum Teil auf die Art der industriellen Arbeit zurückzuführen, wie z. B. die Fabrikarbeit, die eine längere Abwesenheit von zu Hause erforderte. Dies stellte eine Herausforderung dar, da es für verheiratete Frauen schwierig, wenn nicht gar unerreichbar war, sowohl ihre Erwerbstätigkeit als auch ihre Pflichten als Hausangestellte und Familienbetreuerin zu erfüllen.

Doch mit Beginn des 20. Jahrhunderts begannen Faktoren, die über das reine Wirtschaftswachstum hinausgingen, die Beschäftigungslandschaft für Frauen zu verändern. Das Aufkommen des Dienstleistungssektors führte zu einer Zunahme von Büro- und Verwaltungsstellen. Darüber hinaus trugen auch die erweiterten Bildungsmöglichkeiten für Frauen zum Anstieg ihrer Beschäftigungsquote bei. Trotz dieser positiven Entwicklungen wurden die Fortschritte der Frauen auf dem Arbeitsmarkt durch verschiedene Hindernisse beeinträchtigt. Gesellschaftliche Vorurteile und diskriminierende Rechtsvorschriften, die häufig auf Vorurteilen beruhten, führten dazu, dass verheiratete weibliche Arbeitnehmerinnen in bestimmten Berufen entlassen wurden. Zudem veranlassten gesellschaftliche Erwartungen viele junge Frauen dazu, ihre Bildungsanstrengungen einzuschränken, da sie davon ausgingen, dass sie nur kurz vor der Heirat erwerbstätig sein würden. Arbeitgeber bevorzugten häufig alleinstehende Frauen oder Männer gegenüber Frauen, die eine Auszeit von der Arbeit genommen hatten, um Kinder zu erziehen. In den späten 1960er-Jahren setzte sich der Übergang fort, und die Beschäftigungsmöglichkeiten für Frauen verbesserten sich erheblich. Goldins Forschungen enthüllten die nuancierten historischen Faktoren, die die Beschäftigungsmuster von Frauen beeinflussten, stellten vereinfachende Erzählungen infrage und beleuchteten die Komplexität der Geschlechterdynamik in der Arbeitswelt.

Eine neue Sicht auf Ungleichheit

Nach ihrem Buch aus dem Jahr 1990, das sich mit der Erwerbstätigkeit von Frauen befasste, begann Goldin mit der Erforschung der Geschichte der amerikanischen Bildung. Sie konzentrierte sich dabei auf die Bedeutung der High-School-Bewegung in der Entwicklung des Bildungswesens und deren Einfluss auf die Gestaltung der Hochschulbildung in den USA. Ihre Präsidentschaftsrede vor der Economic History Association 2001 mit dem Titel „The Human Capital Century and American Leadership: Virtues of the Past“ bietet einen anschaulichen Überblick über diese Forschungsarbeiten.

Ihre Arbeit über die Geschichte der Bildungsexpansion führte Claudia Goldin zu der umfassenderen Frage, welche Rolle die Bildung für die Ungleichheit spielte. In einer Studie mit Robert Margo (1992) prägte sie den Begriff „Great Compression“, die sich auf eine Periode bezieht, in der sich die Lohnunterschiede in den USA zwischen den 1940er- und den 1970er-Jahren stark verringerten. In diesem Zeitraum schrumpften die Unterschiede in der Vermögens- und Einkommensverteilung zwischen wohlhabenden und weniger privilegierten Personen.

Goldin und Margin untersuchen mehrere wirtschaftliche und soziale Faktoren, die zu dem beobachteten Rückgang der Lohnungleichheit beigetragen haben könnten. Insbesondere untersuchen sie Verschiebungen im Bildungsniveau, Veränderungen in den Arbeitsmarktinstitutionen und die Auswirkungen des technischen Fortschritts. Ihre wichtigste Schlussfolgerung ist, dass neben dem Zweiten Weltkrieg ein Großteil des Rückgangs durch einen Anstieg der Nachfrage nach ungelernten Arbeitskräften in einer Zeit erklärt werden kann, in der das Angebot an ausgebildeten Arbeitskräften stark zunahm.

Die Frage nach der Rolle der Bildung für die Lohnstruktur und das Wirtschaftswachstum fand später ihren Niederschlag in Goldins bahnbrechendem Buch „The Race between Education and Technology“ (2008), das sie zusammen mit Lawrence Katz schrieb. Das Buch liefert einen überzeugenden Bericht darüber, wie wichtig Bildung und Humankapital für das Wirtschaftswachstum in den USA und in weiten Teilen der industrialisierten Welt waren. Es liefert auch detaillierte historische Belege für Jan Tinbergens Hypothese über den Wettlauf zwischen Bildung und Technologie als Hauptfaktoren für die Einkommensungleichheit. Sie identifiziert Investitionen in Humankapital als den wichtigsten Gleichmacher auf dem US-Arbeitsmarkt. Unter Tinbergens Annahme, dass die Technologie von den Qualifikationen abhängt, würde der technologische Fortschritt unweigerlich die Ungleichheit zwischen den verschiedenen Qualifikationsgruppen verschärfen, wenn es nicht zu einem entsprechenden Anstieg des Humankapitalangebots kommt. Ihr berühmtes Diagramm (vgl. Abbildung 2) zeigt, dass die Qualifikationsprämie in umgekehrtem Verhältnis zum relativen Angebot an Hochschulabsolventen steht.

Abbildung 2
Verzerrte Entwicklung des relativen Angebots an Hochschulabsolventen und der relativen Löhne
Abbildung 2

Quelle: Acemoglu und Autor (2012).

Eine Spurensuche nach komplexen Phänomenen

Claudia Goldin nutzt innovative Methoden, um schwer fassbare Phänomene zu quantifizieren. Ein herausragendes Beispiel ist ihre Arbeit über Geschlechterstereotypen. In „Orchestrating Impartiality: The Impact of Blind Auditions on the Sex Composition of Orchestras“ (2000) untersuchte sie gemeinsam mit Cecilia Rouse die Auswirkungen von Blind Auditions auf die Geschlechterzusammensetzung von Orchestern. Unter Blind Auditions versteht man die Durchführung von Probespielen hinter einem Bildschirm, wobei die Identität des Musikers vor den Juroren verborgen wird. Ziel ist es, Vorurteile in Bezug auf das Geschlecht des Musikers zu beseitigen und Fairness während des Probespiels zu gewährleisten. Goldin und Rouse fanden heraus, dass die Einführung von Blind Auditions die Wahrscheinlichkeit, dass Musikerinnen für Orchesterpositionen ausgewählt werden, deutlich erhöht. Die Einführung dieses unparteiischen Probespiels trug dazu bei, geschlechtsspezifische Diskriminierung abzuschwächen, was zu einer vielfältigeren und ausgewogeneren Zusammensetzung von Orchestern führte. Dadurch, dass das Geschlecht der Kandidat:innen nicht mehr sichtbar war, wurde die Auswahl der Orchester also geschlechtsneu-
traler, sodass sich die Juroren ausschließlich auf die musikalische Leistung konzentrieren konnten. Ihre Forschung lieferte empirische Belege für die Wirksamkeit von Blind Auditions bei der Förderung der Geschlechtergleichstellung in der klassischen Musikbranche.

Ein weiteres Beispiel ist ihre Arbeit über die lang anhaltende Wirkung der Antibabypille. In „The Power of the Pill: Oral Contraceptives and Women‘s Career and Marriage Decisions“, die sie gemeinsam mit Larry Katz verfasst hat, zeigt sie den tiefgreifenden Einfluss der oralen Verhütungsmittel auf die Lebensentscheidungen von Frauen. Die Studie konzentriert sich auf die Einführung der Antibabypille in den 1960er-Jahren und ihre transformierende Wirkung auf die Entscheidungsfindung von Frauen. Die Arbeit kombiniert deskriptive Zeitreihen mit ökonometrischer Evidenz, die die Unterschiede in der Verfügbarkeit der Pille in den verschiedenen US-Bundesstaaten und Frauenkohorten nutzen.

Die größere Kontrolle der Frauen über ihre reproduktiven Entscheidungen hatte tiefgreifende Auswirkungen auf die Bildungsentscheidungen und die berufliche Laufbahn der Frauen. Dank der Möglichkeit, die Geburt zu planen und hinauszuzögern, konnten Frauen in eine höhere Bildung investieren und ihre Karriere aufbauen, bevor sie eine Familie gründeten. Infolgedessen spielte die Pille eine entscheidende Rolle bei der Erhöhung der Erwerbsbeteiligung von Frauen und der Verringerung des Lohngefälles zwischen den Geschlechtern. Außerdem veränderte sie das Heiratsverhalten. Frauen, die Zugang zu oralen Verhütungsmitteln hatten, neigten dazu, die Heirat hinauszuzögern und ihre Ausbildung und Karriere in den Vordergrund zu stellen. Diese Verschiebung des Heiratszeitpunkts ermöglichte es den Frauen, Humankapital und Berufserfahrung zu sammeln, was zu erfolgreicheren und dauerhafteren Ehen führte, wenn sie sich entschlossen, den Bund der Ehe zu schließen.

Insgesamt zeigte die Studie, dass die Pille Frauen dazu befähigte, eine höhere Bildung anzustreben, Karriere zu machen und bewusstere Entscheidungen über Heirat und Familienplanung zu treffen. Diese transformative Wirkung hatte weitreichende Auswirkungen auf die Gleichstellung der Geschlechter in der Arbeitswelt und veränderte die gesellschaftlichen Normen in Bezug auf die Rolle der Frau in Bildung, Beruf und Familie.

Eine (nicht so) stille Revolution

In ihrer Richard-T.-Ely-Vorlesung „The Quiet Revolution That Transformed Women‘s Employment, Education, and Family“ (2006) kombiniert sie das Handwerkszeug einer echten Wirtschaftshistorikerin mit ihrem Interesse an der Rolle der Frau in der Wirtschaft und zeichnet die Beteiligung der Frauen an der Wirtschaft nach. Sie identifiziert drei Entwicklungsphasen: Phase I vom späten 19. Jahrhundert bis in die 1920er-Jahre, Phase II von 1930 bis 1950 und Phase III von etwa 1950 bis Mitte der 1970er-Jahre. Jede Phase zeichnete sich durch deutliche Veränderungen bei der Erwerbsbeteiligung, dem Heiratsalter, dem Hochschulabschluss, der Einschreibung an Berufsschulen und der beruflichen Neuorientierung aus. Phase IV markiert die „stille Revolution“, die in den späten 1970er Jahren begann und bis in die Gegenwart andauert. In dieser revolutionären Phase formten Frauen ihre Identität als Erwachsene noch vor der Heirat und wurden zu aktiven Teilnehmerinnen im Haushalt und auf dem Arbeitsmarkt (vgl. Abbildung 3).

Abbildung 3
Erwerbsquoten für Frauen und Männer nach Alter und Familienstand, 1890 bis 2004
Abbildung 3

Quelle: Goldin (2006).

Die Revolution beschränkte sich nicht auf hoch gebildete Frauen, sondern war weit verbreitet und betraf Frauen mit unterschiedlichem Bildungshintergrund. Sie berührte verschiedene Aspekte des Lebens von Frauen, wie das Alter bei der ersten Heirat, die Scheidungsraten, die Zahl und den Zeitpunkt von Kindern, das relative Einkommen und die Bindung an den Arbeitsmarkt. Dabei war der Anstieg der Erwerbsbeteiligung von Frauen und die Erhöhung der Arbeitszeit eine Voraussetzung für den Übergang von der evolutionären zur revolutionären Phase. Goldin betont jedoch, dass die bloße Erwerbsbeteiligung nicht ausreicht, um von einer Revolution zu sprechen. Zur revolutionären Phase gehören auch Veränderungen des Horizonts (die Vorwegnahme des künftigen Arbeitslebens der Frauen) und der Identität (die Identitätsbildung vor der Ehe).

In „A Grand Gender Convergence: Its Last Chapter“ (2014) nimmt Goldin eine zukunftsorientierte Perspektive ein. Sie stellt die Frage, was notwendig ist, damit Frauen und Männer auf dem Arbeitsmarkt eine größere Parität erreichen. Goldin argumentiert, dass es nicht mehr um Unterschiede im Humankapital von Frauen und Männern geht. Stattdessen wird das geschlechtsspezifische Lohngefälle dadurch bestimmt, wie der Arbeitsmarkt lange Arbeitszeiten belohnt und Flexibilität bestraft. Arbeitsplätze mit nichtlinearer Entlohnung belohnen überproportional diejenigen, die besonders lange arbeiten. Dabei handelt es sich meist um Arbeitsplätze im oberen Lohnsegment.

Um den Kontext abzustecken, erörtert sie zunächst die konvergierenden Rollen von Männern und Frauen in Gesellschaft und Wirtschaft und hebt die Fortschritte hervor, die bei der Verringerung der geschlechtsspezifischen Unterschiede in verschiedenen Bereichen, wie Erwerbsbeteiligung, bezahlte Arbeitszeit, Bildung und Einkommen, erzielt wurden. Die Gleichstellung auf dem Arbeitsmarkt erfordere eine Umstrukturierung und Entlohnung der Arbeitsplätze, um die zeitliche Flexibilität zu erhöhen. Das geschlechts­spezifische Lohngefälle könnte erheblich verringert werden, wenn die Unternehmen diejenigen, die längere Arbeitszeiten haben, nicht unverhältnismäßig belohnen würden. Goldin verweist auch auf die Notwendigkeit, dass Männer mehr Verantwortung im Haushalt übernehmen. Insgesamt werden in dem Artikel konkrete Maßnahmen und Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt gefordert, um die Gleichstellung der Geschlechter zu erreichen.

In jüngster Zeit hat Claudia Goldin die Auswirkungen von COVID-19 und Telearbeit auf die Arbeitsmarktergebnisse von Frauen und Männern untersucht. Sie argumentiert, dass die geschlechtsspezifischen Unterschiede vor allem auf Bildungsunterschiede und nicht auf das Geschlecht an sich zurückzuführen sind (Goldin, 2022). Erst in diesem Jahr hat Claudia Goldin eine Untersuchung über die Geschichte der gesetzlichen Rechte von Frauen in den USA vorgelegt (Goldin, 2023).

Ihr Einfluss auf die Disziplin geht jedoch weit über ihr wissenschaftliches Werk hinaus. Ein Blick auf ihren eigenen beruflichen Werdegang hilft, die Rolle zu verstehen, die Claudia Goldin für das Fach und insbesondere für Frauen in der Wirtschaftswissenschaft gespielt hat. Claudia Goldin begann nicht als Arbeitsökonomin oder Wirtschaftshistorikerin. Sie kam als Doktorandin an die Universität von Chicago, um bei George Stigler (Nobelpreisträger 1982), Sam Peltzman, Ronald Coase (Nobelpreisträger 1991) und Lester Telser Industrieorganisation zu studieren. Es war die Ankunft von Gary S. Becker (Nobelpreisträger 1992) an der University of Chicago, die sie zur Arbeitsökonomie brachte; und es war ein Kurs bei Robert Fogel (Nobelpreisträger 1993), der ihr Interesse an der Wirtschaftsgeschichte weckte, dem Gebiet, in dem sie ihre Dissertation schrieb. Nach Stationen an der University of Wisconsin-Madison, Princeton und der University of Pennsylvania war Claudia Goldin 1990 die erste Frau, die eine ordentliche Professur am Department of Economics in Harvard erhielt.

Sowohl ihre Arbeit als auch ihre eigene Erfahrung, eine – und oft die einzige – Frau unter vielen Männern zu sein, machten sie zu einer starken Befürworterin von Inklusion und Gleichberechtigung in den Wirtschaftswissenschaften. Sie initiierte die „Undergraduate Women in Economics (UWE) Challenge“, um zu verstehen, warum der Anteil der Frauen unter den Studierenden der Wirtschaftswissenschaften so niedrig ist (Avilova und Goldin, 2018). Ihre Arbeit und ihre Karriere sind eine Inspiration für Generationen von Frauen in den Wirtschaftswissenschaften – die wenigen, die zur gleichen Zeit ihre Karriere begonnen, die größere Gruppe von Frauen, die Jahre oder Jahrzehnte später angefangen haben, und die hoffentlich vielen Frauen, die die Wirtschaftswissenschaften in Zukunft beleben werden.

Literatur

Acemoglu, D. und D. Autor (2012), What Does Human Capital Do? A Review of Goldin and Katz‘s The Race between Education and Technology, Journal of Economic Literature, 50(2), 426-463.

Avilova, T. und C. Goldin (2018), What Can UWE Do for Economics?, AEA Papers and Proceedings, 108, 186-90, DOI: 10.1257/pandp.20181103.

Goldin, C. (1990), Understanding the Gender Gap: An Economic History of American Women, Oxford University Press.

Goldin, C. (2001), The Human Capital Century and American Leadership: Virtues of the Past, The Journal of Economic History, 61, 263-292.

Goldin C. (2006), The Quiet Revolution That Transformed Women‘s Employment, Education, and Family, AEA Papers and Proceedings, (Ely Lecture), 96, 1-21.

Goldin C. (2014), A Grand Gender Convergence: Its Last Chapter, American Economic Review, 104, 1091-119.

Goldin, C. (2022), Understanding the Economic Impact of COVID-19 on Women, Brookings Papers on Economic Activity, 65-110.

Goldin C. (2023), Why Women Won?, NBER, 31762, https://www.thecrimson.com/article/1989/11/2/ec-seeks-to-tenure-first-woman/ (21. November 2023).

Goldin C. und L. Katz (2002), The Power of the Pill: Oral Contraceptives and Women‘s Career and Marriage Decisions, Journal of Political Economy, 110, 730-770.

Goldin C. und L. Katz (2008), The Race between Education and Technology, Belknap Press for Harvard University Press.

Goldin C. und R. Margo (1992), The Great Compression: The U.S. Wage Structure at Mid-Century, Quarterly Journal of Economics, 107, 1-34.

Goldin C. und C. Rouse (2000), Orchestrating Impartiality: The Impact of Blind Auditions on the Sex Composition of Orchestras, American Economic Review, 715-41, Empfängerin des Minnesota-Preises, 2002.

Title:Claudia Goldin Revolutionises Knowledge About Women in the Labour Market

Abstract:This year’s Nobel Prize in Economics goes to Claudia Goldin from Harvard University. She is a labour economist as much as an economic historian, and only the third woman to receive the Nobel Prize in Economics. Goldin revolutionised our knowledge and understanding of women’s educational and occupational choices, their labour market careers and the family obligations they have faced over the centuries. Her work is extremely broad, spanning from historical studies of girls’ educational choices in the 19th century to the determinants of the gender pay gap in the 21st century. Her work sheds light on important economic and social developments that many have been overlooked. She identifies patterns and relationships that were previously hidden or unknown, and shows novel causal mechanisms for long-run changes that are difficult to identify empirically.

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© Der/die Autor:in 2023

Open Access: Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz veröffentlicht (creativecommons.org/licenses/by/4.0/deed.de).

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DOI: 10.2478/wd-2023-0226