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Dieser Beitrag ist Teil von Wo liegen die Vor- und Nachteile einer digitalen Zentralbankwährung?

Die Europäische Zentralbank (EZB) will das Projekt „digitaler Euro“ vorantreiben. Das hat sie im vergangenen Oktober nach Abschluss einer zweijährigen „Untersuchungsphase“ mitgeteilt. Seit dem 1.11.2023 befindet sich das Vorhaben nun in der Vorbereitungsphase, die ebenfalls zunächst auf zwei Jahre angelegt ist. Erst im Anschluss daran, wenn alle vorbereitenden Arbeiten abgeschlossen sind, soll die endgültige Entscheidung für oder gegen ein neues „Zentralbankgeld für jedermann“ fallen. Die derzeit von führenden Euro-Notenbankern angestimmte Begleitmusik lässt aber darauf schließen, dass ein Ja zum digitalen Euro wesentlich wahrscheinlicher sein wird als ein Nein.

Damit hat die EZB innerhalb weniger Jahre einen Sinneswandel vollzogen. 2018 ging der damalige EZB-Präsident Mario Draghi zwar nicht nur auf die Nach-, sondern auch die Vorteile digitalen Zentralbankgelds (Central Bank Digital Currency, CBDC) ein, kam aber zu einem skeptischen Schluss. Er sah Risiken für den Bankensektor voraus und konstatierte zudem, es gebe gegenwärtig keine Notwendigkeit für die Einführung dieser neuen Geldform (Draghi, 2018). Etwas später äußerte er sich wiederum zurückhaltend, formulierte aber schon offener (Draghi, 2019): „… [central banks] should continue to assess the pros and cons of issuing central bank digital currencies.“ Seine Nachfolgerin Christine Lagarde kommunizierte kurz nach ihrem Amtsantritt, im Januar 2020, noch ähnlich (Lagarde, 2020a). Ein gutes halbes Jahr danach vollzog die EZB-Präsidentin jedoch einen Kurswechsel. In einer Rede im September 2020 ging sie ausschließlich auf die Vorteile des digitalen Euro ein und betonte, dieser könne es der EZB ermöglichen, am aktuellen Rand der technischen Entwicklung zu agieren („Introducing a digital euro would allow the Eurosystem to be at the cutting edge of innovation“). Ihr Schluss lautet: „Central banks can and should, within their mandates, be agents of change and fulfil their responsibilities towards citizens“ (Lagarde, 2020b).

Für diese Neupositionierung der europäischen Notenbanker kann es unterschiedliche Gründe geben. So hat der „Libra-Schock“ im Sommer 2019 sicher zu einem neuen Blick auf die Digitalisierung des Geldwesens beigetragen. Damals drohte ein Konsortium namhafter Unternehmen unter der Führung Facebooks, eine Stablecoin1 mit enormer Reichweite und damit eine private Alternative zum etablierten Geld- und Finanzsystem einzuführen. Auch die Dominanz nicht-europäischer Anbieter auf dem Zahlungsverkehrsmarkt (nicht zuletzt in Form der beiden US-Kreditkarten­­­gesellschaften) dürfte der EZB ein Dorn im Auge sein. Und wahrscheinlich wird in Frankfurt zudem das Agieren der People’s Bank of China (digitaler Yuan) genau beobachtet. Gleichzeitig haben während der Pandemie sowohl das digitale Bezahlen als auch die Abkehr der Bürger vom Bargeld einen neuen Schub bekommen. Das alles lässt die EZB sehr wachsam auf die Entwicklungen am Zahlungsverkehrsmarkt schauen.

Woran es letztendlich liegt, dass die EZB-Präsidentin sich seit drei Jahren nur noch positiv über digitales Zentralbankgeld äußert, muss an dieser Stelle nicht geklärt werden. Entscheidend ist: Lagardes wolkige Rhetorik („be at the cutting edge of innovation“, „be agents of change“) steht sinnbildlich für die seitherigen Bemühungen des Eurosystems, keinesfalls den Anschluss an die (gefühlte) technologische Entwicklung zu verpassen. Je mehr man über den digitalen Euro liest und hört, desto weniger wird man den Eindruck los, dass die EZB dem olympischen Motto folgt: „Dabei sein ist alles.“ Drei Dinge fallen in diesem Zusammenhang auf:

  • Den aktuellen Stand der Überlegungen kennzeichnen innere Widersprüche und offene Fragen.
  • Das Vorgehen der EZB stößt nicht nur in der breiten Öffentlichkeit, sondern auch bei großen Teilen des Fachpublikums auf Skepsis und Kritik.
  • Die Notenbanker drücken trotz der beiden vorgenannten Punkte aufs Tempo.

Innere Widersprüche und offene Fragen

Zunächst zu den inneren Widersprüchen, aus denen eine Reihe offener Fragen resultieren. Diese beziehen sich auf die Rolle, die der digitale Euro künftig spielen kann bzw. soll. Die EZB sieht ihn als, neben dem Bargeld, zweite Form des Zentralbankgelds für jedermann. Er soll den Europäern auch im digitalen Zeitalter die Sicherheit eines Zahlungsmittels ohne Kontrahentenrisiko bieten, als monetärer Anker dienen, die Abhängigkeit von nicht-europäischen Zahlungs-Infrastrukturen verringern und so die geldpolitische Souveränität der Eurozone sichern helfen (ECB, 2023a, 4). Doch wird das Konstrukt „digitaler Euro“, so wie es sich abzeichnet, diese eierlegende Wollmilchsau sein können?

Dem aktuellen Stand der Diskussion zufolge ist eine Retail-CBDC (also ein digitales Zentralbankgeld für Endkunden, nicht für Banken) geplant, die nur private Haushalte mit Wohnsitz in der Eurozone verwenden können. Um einen Einlagenabzug von den Kreditinstituten, der im Extremfall in einen digitalen Bank Run umschlagen kann, zu verhindern, ist mit einem Höchstbetrag (Haltelimit) zu rechnen. Dieser wird möglicherweise 3.000 Euro pro Bürger betragen. Darüber hinaus gehende Bestände fließen automatisch auf ein Girokonto bei einer Geschäftsbank. Dieses „Wasserfallprinzip“ gilt für Unternehmen schon ab null Euro: Sie können zwar Zahlungen entgegennehmen, den digitalen Euro aber nicht aufbewahren (ECB, 2023a, 11-14).

Damit stellt die EZB etwas bereit, das nur ausgewählte Wirtschaftssubjekte (nämlich die privaten Haushalte mit Wohnsitz in der Eurozone2) nur für einen Teil ihrer Transaktionen (nämlich jene mit einem Volumen unter dem Haltelimit) als Tauschmittel und nur für einen Teil ihres Vermögens (nämlich bis zum Haltelimit) als Wertaufbewahrungsmittel nutzen können. Dieses Etwas ist kein Geld – solange man Geld als das ansieht, was die drei Geldfunktionen (Tauschmittel, Wertaufbewahrungsmittel, Recheneinheit) für alle Nicht-Banken (private Haushalte, Unternehmen, Staat) ohne quantitative Beschränkung erfüllen kann. Das reduziert die erhoffte Bedeutung des digitalen Euro für die Verstärkung des monetären Ankers und die geldpolitische Souveränität der Eurozone erheblich.

Die EZB (ECB, 2023a, 4) betont aber immer wieder, der digitale Euro biete den Europäern künftig das, was ihnen aktuell nur Bargeld bieten könne – nämlich die Option, von Kreditinstituten bereitgestelltes Giralgeld jederzeit in Geld umzutauschen, das von der Zentralbank emittiert ist und als gesetzliches Zahlungsmittel fungiert. Wenn es aber das besagte Haltelimit von möglicherweise 3.000 Euro geben sollte, dann hätte diese Option nur einen geringen Wert und der digitale Euro wäre in dieser Beziehung kaum mit Bargeld gleichzusetzen.

Darüber hinaus ist ganz grundsätzlich offen, ob der digitale Euro die angestrebte „Europäisierung“ des grenzüberschreitenden Retail-Zahlungsverkehrs wirklich gewährleisten kann. Einmal mehr wirft das Haltelimit (wieder als Beispiel: 3.000 Euro) Fragen auf. Angenommen, ein Deutscher möchte eine Online-Rechnung, deren Höhe (z. B. 5.000 Euro) das Haltelimit übersteigt, bei einem französischen Unternehmen mit digitalen Euro bezahlen. Muss der Differenzbetrag von 2.000 Euro dann nicht wie bisher als Giralgeld die Grenze überschreiten? Denn nach den bisher vorliegenden Informationen würde der Zahlauftrag den „umgekehrten Wasserfall“ auslösen: Wenn auf der digitaler-Euro-Wallet 3.000 Euro sind und 5.000 Euro von ihr abgehen sollen, müsste automatisch das Girokonto des Zahlungswilligen mit 2.000 Euro belastet werden. Oder wird der Bestand an digitalen Euro im Zuge dieser Transaktion nach dem umgekehrten Wasserfallprinzip so oft wieder aufgefüllt, bis die komplette Forderung beglichen ist? Für unser Beispiel würde dies bedeuten, dass zunächst 3.000 Euro bezahlt werden, dann die Wallet mit 2.000 Euro, die vom Girokonto kommen, aufgeladen wird, woraufhin auch diese restlichen 2.000 Euro bezahlt werden. In beiden Fällen wäre der digitale Euro kein vollwertiges Transaktionsmedium, weil Zahlungen nur bei automatischem Rückgriff auf Giralgeld möglich wären.

Selbst wenn das gelöst wäre bzw. wir nur Bezahlvorgänge unterhalb des Haltelimits betrachten: Wer garantiert, dass nicht wieder amerikanische Zahlungsdienstleister zu Intermediären werden? Nach den bisher bekannten Vorschlägen wird es kein direktes Vertragsverhältnis zwischen EZB und privaten Haushalten geben, die den digitalen Euro nutzen. Stattdessen ist ein hybrides System geplant, in dem ausschließlich Intermediäre (in der EU zugelassene Zahlungsdienstleister bzw. Kreditinstitute) mit den Nutzern direkt interagieren und ihnen den digitalen Euro bereitstellen sowie alle damit verbundenen Zahlungsdienste anbieten. Die Intermediäre müssten in der Lage sein, für alle 20 und zukünftig mehr Mitgliedstaaten eine Infrastruktur aufzubauen, die grenzüberschreitende Zahlungen mit dem digitalen Euro und alle damit zusammenhängenden Dienstleistungen friktionslos möglich macht. Bofinger und Haas (2023, 14) weisen darauf hin, dass dies mit erheblichen Anfangsinvestitionen verbunden sein wird, denen in der Anlaufphase eher niedrige Transaktionsvolumina und damit geringe Einnahmen gegenüberstünden. Gleichzeitig solle die Nutzung des digitalen Euro für die Bürger gebührenfrei sein, die Händler nicht über Gebühr belasten und den Intermediären einen auskömmlichen Einnahmenstrom verschaffen. Diesen Kreis zu quadrieren, könnte nur den amerikanischen Kreditkartenunternehmen mit ihrer schon jetzt grenzüberschreitenden Infrastruktur möglich sein. Dann wäre die Europäisierung gescheitert.

Kritisches Fachpublikum, skeptische Bürger

Vor diesem Hintergrund stellen nicht wenige Stimmen in Wirtschaftspresse, Finanzbranche und Wissenschaft die Sinnfrage. So sieht z. B. die Financial Times den digitalen Euro als „a solution that does not quite know what problem it is solving“ (Arnold und Fleming, 2023). In eine ähnliche Kerbe haut der britische Economist (2023) mit der Aussage „[CBDCs] solve few problems and create new ones“. Der Artikel, in dem das steht, ist mit der rhetorischen Frage „Are CBDCs dead?“ überschrieben. Und Heike Mai (2021) von der Deutschen Bank betitelt eine ihrer Studien zum Thema digitales Zentralbankgeld in der Währungsunion mit „Politische Ambitionen treffen auf ökonomische Realitäten“. Dass die politischen Ambitionen nach Ansicht der Expertin bei diesem Aufeinandertreffen den Kürzeren ziehen, muss hier nicht weiter ausgeführt werden.

Bofinger und Haas (2023) untersuchen im Detail, worin die Begründung für den digitalen Euro liegen könnte; ein Marktversagen, das ein derart weitreichendes Tätigwerden der Zentralbank notwendig machen würde, erkennen sie weder in mikro- noch in makroökonomischer Perspektive. Stattdessen sei mit erheblichen Kosten für die Steuerzahler, die Geschäftsbanken, den Handel und – in Form der ökologischen Kosten – für die Gesellschaft insgesamt zu rechnen. Zudem entstünden Risiken für das Finanzsystem.

Da wundert es nicht, dass die Begeisterung auch der Finanzindustrie begrenzt ist (CFS, 2023). Zwar hält etwas mehr als jede achte Führungskraft der Branche die Einführung eines digitalen Euro für unerlässlich, ansonsten erstreckt sich das Meinungsspektrum aber auf die Positionen „wünschenswert, aber nicht unbedingt erforderlich (46 %), „nicht notwendig“ (26 %) sowie „klar ablehnend“ (12,5 %). Auch eine Reihe bedeutender Zentralbanken weltweit will den Enthusiasmus der EZB nicht teilen. Das verleiht der Kritik am digitalen Euro zusätzliches Gewicht. So hat die Schweizerische Nationalbank (SNB, 2023) kürzlich mitgeteilt, sich auf die Konzeption einer CBDC nur für Banken zu konzentrieren, also die Reserven auf eine neue technologische Grundlage zu stellen. Die Federal Reserve, die Bank of England und die Bank of Japan scheinen in Sachen digitales Zentralbankgeld überhaupt keine Eile zu haben. Selbst aus Schweden, lange mit der „E-Krona“ ein Vorreiter, sind nun auch zurückhaltende Töne zu vernehmen (Swedish Government Inquiries, 2023).

Viel Überzeugungsarbeit leisten muss die EZB auch noch, wenn es um die breite Öffentlichkeit geht. Nach einer Umfrage des Bundesverbandes deutscher Banken (2023) hatte im Frühjahr 2023 weniger als ein Drittel der deutschen Bevölkerung eine halbwegs konkrete Vorstellung von digitalem Zentralbankgeld. Drei Viertel dieser Minderheit wiederum stimmten der Aussage „sehr“ oder „eher“ zu, dass ein digitaler Euro nicht notwendig ist, weil die vorhandenen Zahlungsmöglichkeiten vollkommen ausreichen.

Einige EZB-Argumente für einen digitalen Euro sind eher technokratischer Natur und dürften daher an den Europäern vorbeigehen. Die Stärkung des monetären Ankers, der Aufbau einer europäischen Zahlungsverkehrsinfra­struktur und die geldpolitische Souveränität der Eurozone sind den meisten wahrscheinlich egal. Auch die direkt an die Endkunden gerichtete Argumentation greift – wenn überhaupt – nur begrenzt. Der digitale Euro werde „user-friendly“ sein, nutzbar in „all retail payment situations“ sowie „available and usable throughout the Euro area“, werben die Notenbanker (ECB, 2023a, 8). Das alles sind Eigenschaften, welche die existierenden Bezahloptionen seit Langem aufweisen – wenn auch aktuell über Giralgeld und nicht über Zentralbankgeld verfügt wird.

Dass aber der digitale Euro auf der einen Bezahl-App als Zentralbankgeld qualitativ etwas völlig anderes ist als das Giralgeld auf der anderen Bezahl-App, dürfte einem Großteil der Bürger nur schwer zu vermitteln sein. Das weiß jeder, der schon einmal versucht hat, ökonomischen Laien die Geldschöpfung der Geschäftsbanken durch Kreditvergabe zu erklären. Zwar wissen die meisten intuitiv, dass Bargeld im Krisenfall eine gute Wahl ist. Aber Bargeld kann man anfassen und in den Küchenschrank legen. Es ist fraglich, ob der digitale Euro in den Augen der Öffentlichkeit die Rolle von Scheinen und Münzen spielen kann. Ganz abgesehen davon, dass das schon erwähnte Haltelimit die bargeldähnliche Nutzung als Wertaufbewahrungsmittel erheblich einschränkt.

Viele Bürger und nicht wenige Politiker halten den digitalen Euro darüber hinaus nicht nur für nutzlos, sondern auch für potenziell gefährlich. Sie fürchten, die Einführung des digitalen Zentralbankgelds könne die Abkehr vom Bargeld beschleunigen bzw. dessen Abschaffung begleiten. Auch wenn auf Letzteres nichts hindeutet: Der verbreitete Slogan „Bargeld ist geprägte Freiheit“ drückt die Angst vor zunehmender staatlicher Kontrolle des Bezahlverhaltens aus, die möglich sein wird, wenn das Bargeld als anonyme Alternative wegfallen sollte. Ebenfalls möglich wäre in einer bargeldlosen Welt eine umfassende Negativverzinsung von Geldbeständen. Abgesehen von solchen politischen Befürchtungen ist Bargeld auch resilienter, wenn es zu großflächigen Strom- und Internetausfällen – beispielsweise als Folge einer Cyberattacke aus dem Ausland – kommen sollte. Dass sowohl EU-Kommission als auch EZB dem Bargeld eine Bestandsgarantie aussprechen und eine Negativverzinsung des digitalen Euro ausschließen, empfinden nach einem Jahrzehnt der „Whatever it takes“-Geldpolitik bei weitem nicht alle Bürger als glaubwürdig.

Trotz allem ein ambitionierter Zeitplan

Zwar hat die EZB recht: Es ist problematisch, dass grenzüberschreitende Transaktionen innerhalb der Währungsunion praktisch nur von außereuropäischen Zahlungsdienstleistern angeboten werden. Und es ist auch wahr, dass eine Notenbank auf die abnehmende Bargeldnutzung sowie zunehmende Konkurrenz in Form privater Geldangebote und ausländischer Digitalwährungen reagieren muss. Frau Lagarde (ECB, 2023b) ist deshalb zuzustimmen, wenn sie sagt: „We need to prepare our currency for the future”.

Der digitale Euro ist aber bei weitem nicht die einzige und womöglich noch nicht einmal eine gute (geschweige denn die beste) Möglichkeit, diese Aufgabe zu meistern. Gerade weil die Welt des Geldes sich in einem rasanten Wandel befindet, böte es sich für die europäische Notenbank an, einen Schritt zurückzutreten und einen technologieoffenen Ideen­wettbewerb zu begleiten. Statt schon in wenigen Jahren mit einem eigenen Projekt auf den Markt kommen zu wollen, könnte die EZB ihre heraus­gehobene Stellung auch nutzen, um privatwirtschaftliche Initiativen wie beispielsweise die European Payments Initiative (EPI) zu unterstützen. Dies wäre nicht nur ordnungsökonomisch vorteilhaft; der EPI-Ansatz punktet zudem dadurch, dass er auf einer existierenden Infrastruktur aufbaut und nicht nur den Währungsraum, sondern die ganze EU sowie gegebenenfalls Großbritannien und die Schweiz erschließen würde.

Innere Widersprüche, drängende Fragen des Fachpublikums und Skepsis in der Öffentlichkeit – das alles lässt zusammen mit einem ambitionierten Zeitplan ein potenziell toxisches Gebräu brodeln. Die Bank für Internationalen Zahlungs­ausgleich (BIS, 2023) hat die Problematik kürzlich folgendermaßen auf den Punkt gebracht: „Designing an r[etail]CBDC system is a major undertaking, involving a multitude of requirements and stakeholders that might lead to conflicting demands.“ Im Sinne ihrer Reputation muss die EZB mit größter Umsicht agieren. Die Devise „Dabei sein ist alles“ taugt hier ebenso wenig wie ein beherztes „Augen zu und durch“.

  • 1 Unter „Stablecoin“ versteht man eine von privat bereitgestellte digitale Werteinheit, die in diesem Fall durch Fiatgeld gedeckt gewesen wäre.
  • 2 Das schließt z. B. auch Touristen, Geschäftsreisende, Gastwissenschaftler, Austauschstudenten/-schüler, Auslandspraktikanten etc. aus (ECB, 2023a, 11).

Literatur

Arnold, M. und S. Fleming (2023), The digital Euro: a solution seeking a problem?, Financial Times, 15. Mai, https://www.ft.com/content/7c892d3b-c646-4247-9504-5f755e486101 (21. November 2023).

BIS (2023), Lessons learnt on CBDCs, Report submitted to the G20 Finance Ministers and Central Bank Governors, Juli, https://www.bis.org/publ/othp73.pdf (25. November 2023).

Bofinger, P. und T. Haas (2023), Der Digitale Euro – Nutzen, Kosten und Risiken, Gutachten im Auftrag der Bundessparte Bank und Versicherung der Wirtschaftskammer Österreich, Juli, https://www.wko.at/oe/bank-versicherung/gutachten-digitaler-euro.pdf (25. November 2023).

Bundesverband deutscher Banken (2023), Kenntnis und Einstellungen zum Digitalen Euro, Mai 2023, https://bankenverband.de/files/2023-05/2023%2005%2017%20Charts%20U_Digitaler%20Euro_final.pdf (24. November 2023).

CFS – Center for Financial Studies (2023), Umfrage des Center for Financial Studies zur Notwendigkeit eines „digitalen Euro“, August, https://gfk-cfs.de/news/cfs-umfrage-zur-notwendigkeit-eines-digitalen-euro/ (24. November 2023).

Draghi, M. (2018), Letter to MEP Jonas Fernandez, 12. September, https://www.ecb.europa.eu/pub/pdf/other/ecb.mepletter180914_Fernandez.en.pdf (17. November 2018).

Draghi, M. (2019), Statement at the fortieth meeting of the International Monetary and Financial Committee, Washington D.C., 18. Oktober, https://www.ecb.europa.eu/press/key/date/2019/html/ecb.sp191018~30bef7bc14.en.html (17. November 2023).

ECB (2023a), A stocktake on the digital Euro – summary report on the investigation phase and outlook on the next phase, 18. Oktober, https://www.ecb.europa.eu/paym/digital_euro/investigation/profuse/shared/files/dedocs/ecb.dedocs231018.en.pdf (21. November 2023).

ECB (2023b), Eurosystem proceeds to next phase of digital euro project, press release, 18. Oktober, https://www.ecb.europa.eu/press/pr/date/2023/html/ecb.pr231018~111a014ae7.en.html (26. November 2023).

Economist (2023), Are CBDCs dead?, The Economist, November 18th-24th, The world ahead 2024, 88.

Lagarde, C. (2020a), Interview with “Challenges” magazine, 8. Januar, https://www.ecb.europa.eu/press/inter/date/2020/html/ecb.in200108~f3ba434000.en.html (17. November 2023).

Lagarde, C. (2020b), Payments in a digital world, Rede anlässlich der virtuellen Herbstkonferenz „Banking and Payments in the Digital World“ der Deutschen Bundesbank, 10. September, https://www.ecb.europa.eu/press/key/date/2020/html/ecb.sp200910~31e6ae9835.en.html (17. November 2023).

Mai, H. (2021), Digitaler Euro: Politische Ambitionen treffen auf ökonomische Realitäten, EU-Monitor – Globale Finanzmärkte, Deutsche Bank Research, 2. Juli.

SNB – Schweizerische Nationalbank (2023), SNB lanciert Pilotbetrieb mit digitalem Zentralbankgeld für Finanzinstitute, 2. November 2023, https://www.snb.ch/de/publications/communication/press-releases/2023/pre_20231102 (24. November 2023).

Swedish Government Inquiries (2023), Summary of the findings of the payments report, Stockholm, https://www.regeringen.se/contentassets/c01377cf65424cf0b12addf64c04374a/english-summary-the-state-and-the-payments.pdf (24. November 2023).

Title:Digital Central Bank Currency: Being There Isn’t Everything

Abstract:The European Central Bank (ECB) wants to push ahead with the “digital euro” project. However, the digital euro is by no means the only and possibly not even a good (let alone the best) way to respond to the comprehensive change in the world of money. In terms of its reputation, the ECB must act with the utmost caution. Instead of launching its own project on the market in just a few years, the ECB would be well advised to take a step back and support a competition of ideas that is open to all technologies.

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© Der/die Autor:in 2023

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DOI: 10.2478/wd-2023-0225