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Die Umstellung der europäischen Industrie auf klimaneutrale Technologien schafft eine Vielzahl neuer Ressourcenbedürfnisse. Die Versorgungswege sind störanfällig und von zunehmender Verknappung bedroht. Mit dem Instrument der Strategischen Ressourcenpartnerschaft will die EU durch die Zusammenarbeit mit ausgewählten Drittländern alternative Lieferketten aufbauen, die dem europäischen Bedarf an größerer Versorgungssicherheit und höheren Umweltstandards entsprechen. Um dem Risiko einer langfristigen Instabilität der Partnerschaften entgegenzuwirken, muss die EU nachhaltige Wachstumsperspektiven bieten, insbesondere für Partnerländer mit niedrigem Einkommen.

Die Vielfalt an Zukunftstechnologien, die unseren Weg in ein digitales, post-fossiles Zeitalter prägen werden, haben eines gemeinsam: Sie hängen am Einsatz einer Gruppe von Mineralrohstoffen (zumeist Metalle), die aufgrund ihrer physikalisch-chemischen Eigenschaften gegenwärtig kaum in der Produktion ersetzbar sind. Seltenerdmetalle, Lithium und Kobalt sind die prominentesten Beispiele, aber auch besonders seltene Metalle wie Gallium und Germanium fallen hierunter. Ihre hohe wirtschaftliche Bedeutung macht aus europäischer Sicht die Tatsache besonders problematisch, dass sich Förderung und Verhüttung in wenigen außereuropäischen Ländern konzentrieren, die noch dazu strategische Rivalen darstellen oder für das Selbstverständnis der EU wesentliche Umwelt- und Sozialstandards nicht teilen. Dabei ist allen voran die Volksrepublik China zu nennen. Im Bereich der Förderung hält das Land bei einigen Metallen globale Marktanteile von weit über 50 % (vgl. Abbildung 1). Bei der Raffinade kann die chinesische Dominanz zum Teil als noch stärker eingestuft werden; sie betrifft hier auch in erheblichem Maß Kobalt (Gulley et al., 2019) und Lithium (LaRocca, 2020). Mit dieser Dominanz ist ein hoher Einfluss möglicher politischer Interventionen Chinas auf die Preisentwicklung und die Versorgungslage verbunden, wie sich am Beispiel der Seltenerdmetalle gezeigt hat (Mancheri, 2015). Die Abkehr von fossilen Ressourcen droht damit, alte durch neue unerwünschte Abhängigkeiten zu ersetzen.

Abbildung 1
Marktanteile der wichtigsten Produzentenländer für ausgewählte kritische Rohstoffe, 2020
Marktanteile der wichtigsten Produzentenländer für ausgewählte kritische Rohstoffe, 2020

Die Berechnungen beziehen sich hier jeweils auf die Bergwerksproduktion (Förderung). Ausnahmen: Gallium, Germanium und Indium (Raffinadeproduktion).

Quellen: USGS (2022); eigene Berechnungen.

In ihrem Aktionsplan für kritische Rohstoffe aus dem Jahr 2020 hat die Europäische Kommission verschiedene zukünftige Handlungsfelder für die Diversifizierung von Bezugsquellen benannt (European Commission, 2020). Eines davon ist der Aufbau von strategischen Ressourcenpartnerschaften mit Drittländern. Der Horizont ist explizit global angelegt, als potenzielle Partner werden sowohl reiche Volkswirtschaften mit etablierten Bergbausektoren als auch rohstoffreiche Entwicklungsländer erwähnt. Neben der Beseitigung bilateraler Hemmnisse im Rohstoffhandel soll die Kooperation auch finanzielle und praktische Unterstützung beim Aufbau von lokalen Produktionskapazitäten und von Infrastruktur umfassen, sowohl im Bereich der Rohstoffförderung als auch der Verhüttung. Besonderen Wert legt die Kommission in diesem Zusammenhang auf das Konzept des Responsible Sourcing, d. h. die Einhaltung von Umwelt- und Menschenrechtsstandards. Dies soll durch intensive Kooperation im Bereich der lokalen Governance gewährleistet werden. In ihrer Mitteilung zum Green Deal Industrial Plan hat die Kommission unlängst die Erweiterung dieses Konzepts zu einem Club für kritische Rohstoffe angeregt (European Commission, 2023).

Im Juni 2021 kündigte die EU eine erste Ressourcenpartnerschaft mit Kanada an (European Commission, 2021a). Seitdem sind im Bereich der Mineralrohstoffe drei weitere Partner hinzugekommen: die Ukraine, Kasachstan und Namibia. In allen Fällen handelt es sich bei den Vereinbarungen der Form nach bislang lediglich um Memoranda of Understanding, die die Grundzüge der zukünftigen Kooperation skizzieren. Das garantiert einerseits noch erhebliche Freiheitsgrade für die praktische Gestaltung der Partnerschaften in der Zukunft. Für die EU bedeutet das andererseits aber auch, dass beim Aufbau stabiler Partnerschaftsbeziehungen ein wesentlicher Teil der Wegstrecke noch vor ihr liegt. Sie muss sich gut überlegen, welche Kooperationsinstrumente im Einzelfall geeignet sind, um ressourcenstarke Partner an sich zu binden und welcher Fahrplan an Integrationsschritten praktikabel ist. Das erfordert zunächst eine nüchterne ökonomische Analyse der Nutzen und Kosten solcher Partnerschaften aus Sicht beider Seiten.

Aus der Perspektive der Clubtheorie entspricht dies der Frage nach dem Wesen des Clubgutes (Sandler und Tschirhart, 1980). Es stellt die grundlegende Motivation für die Formierung von Partnerschaften als Club von Volkswirtschaften dar. Bei den sich derzeit herausbildenden Ressourcenpartnerschaften ist das Clubgut nicht einfach ein einzelnes (materielles oder immaterielles) Produkt, sondern es besteht aus dem Aufbau und Erhalt ganzer gemeinsamer Wertschöpfungsketten. Die Wettbewerbsfähigkeit dieser Wertschöpfungsketten zu stärken und zu stabilisieren, ist primäre Motivation aller im Zuge der Partnerschaften vereinbarten Kooperationsformen. Diese Perspektive macht ihre Neuartigkeit gegenüber etablierten Formen ökonomischer Clubs aus. Der Nutzen aus diesem gemeinsam bereitgestellten Clubgut lässt sich in einen direkten und einen indirekt-langfristigen Effekt differenzieren. Direkt besteht er darin, einen Beitrag zur Absicherung gegen vorhandene Lieferkettenrisiken auf den Weltmärkten zu leisten. Aus Sicht von ressourcenverarbeitenden Industrien betrifft dies eine Senkung der Preis- und Versorgungsrisiken im Bezug von kritischen, importierten Ressourcen. Aus Sicht der vorgelagerten Wertschöpfungsstufe besteht er in einer Senkung der Preis- und Absatzrisiken. Ergebnis der Risikominderung ist damit eine größere Sicherheit der Auslastung bestehender Produktionskapazitäten in den Partnerländern. Sofern die Partner komplementäre Positionen in den Lieferketten einnehmen, d. h. clubinterne vertikale Spezialisierung betreiben, ist dieser Nutzen wie bei Clubgütern üblich clubintern nicht-rival (McNutt, 1999). Dies ist eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass sich überhaupt eine feste Bindung etablieren kann.

Die von der EU angestrebten Ressourcenpartnerschaften erschöpfen sich aber ihrem Anspruch nach nicht in langfristigen Lieferbeziehungen. Neben dem direkten Nutzen besteht auch Aussicht auf eine Form von langfristig-indirektem Nutzen. Er resultiert aus dem Pooling der partnerschaftlichen Kapitalressourcen zur Stärkung der Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit der gemeinsamen Lieferketten. Indem die Partner Kapital für den Ausbau komplementärer Produktionskapazitäten bündeln, streben sie nach der Realisierung gesamtwirtschaftlicher Produktivitätsgewinne aus vertikaler Spezialisierung. Bei jungen Technologien besteht zudem die Aussicht auf Kostensenkung durch Skalierung.

  • Indem die Partner für die Lieferkettenintegration gemeinsam in den Ausbau der Transportinfrastruktur (Transport von Waren, Energie, Informationen) investieren, tragen sie prozessübergreifend zur Senkung von Raumüberwindungskosten bei.
  • Indem sie vorhandenes Wissen austauschen, erhöhen sie die Geschwindigkeit der Adoption neuer Technologien.
  • Indem sie gemeinsame F&E-Kapazitäten aufbauen, stärken sie die Innovationsfähigkeit der beteiligten Partner.
  • Indem sie regulatorische Zusammenarbeit betreiben, können sie administrative Ineffizienzen senken und nicht-tarifäre Handelskosten reduzieren.

Der erhoffte indirekt-langfristige Nutzen des clubinternen Poolings besteht damit in der Schaffung neuer nicht-rivaler Güter, und der damit verbundenen gesamtwirtschaftlichen Wachstumseffekte.

Dem erhofften zukünftigen Nutzen stehen schon heute die Kosten der Kooperation gegenüber. Aus Sicht der EU bestehen diese auch in der langfristigen Bindung von eigenem (privaten und öffentlichen) Kapital im Ressourcenpooling. Bei Partnerschaften mit einkommensschwachen Ländern wird die Finanzierung gemeinsamer Investitionsplattformen größtenteils aus europäischen Quellen geleistet werden müssen. Die damit erzeugten Kapitalgüter sind aber weitgehend Gegenstand gemeinschaftlicher Nutzung, sodass Europa in dieser Hinsicht zum Nettogeber wird. Weitere Formen von Kooperationskosten entstehen im Zusammenhang mit der Überwindung partnerspezifischer Hemmnisse. Eine Möglichkeit, die verschiedenen Formen von Kooperationshemmnissen zu konzeptualisieren, ist die Vorstellung von unterschiedlichen Dimensionen von Distanz der jeweiligen Länder zur EU. Ihre sichtbarste Ausprägung ist die räumliche Distanz. Sie beeinflusst die Höhe der Raumüberwindungskosten im wirtschaftlichen Austausch der Partner. Trotz technologischem Wandel ist der bremsende Effekt wachsender Distanz auf die Handelsflüsse zwischen Ländern empirisch über die Jahrzehnte immer wieder bestätigt worden (Chaney, 2018). Im Kontext von Ressourcenpartnerschaften bedeutet höhere räumliche Distanz vor allem höhere Transportkosten im bilateralen Handel mit materiellen Ressourcen bzw. größere Investitionsbedarfe für die Schaffung kostenseitig wettbewerbsfähiger Lieferketten.

Ein weniger intuitives, in jüngster Zeit verstärkt herangezogenes Konzept ist die institutionelle Distanz. Als eine ihrer Ausdrucksformen kann die Distanz in der Qualität der politischen Governance aufgefasst werden. Die Distanz von Drittstaaten zur EU ist in dieser Dimension umso größer, je stärker sie sich in den Grundsätzen ihres politisch-administrativen Steuerungssystems, etwa den Fragen der Rechtstaatlichkeit, der politischen Teilhabe und der Korruptionskontrolle, von der EU unterscheiden (De Groot et al., 2004). Ein solches Maß berührt sowohl Unterschiede in den Staatsverfassungen als auch im praktischen administrativen Handeln. Für Ressourcenpartnerschaften ist eine hohe Distanz angesichts des Willens der EU, elementare Werte wie Rechtstaatlichkeit und Demokratie auch in der Beziehung zu Partnerländern hochzuhalten, problematisch. Intransparentes und mit Korruption verbundenes Verwaltungshandeln kann zudem auch hohe Transaktionskosten für europäische Unternehmen verursachen (Doh et al., 2003).

Davon abzugrenzen ist die regulatorische Distanz. Hier geht es nicht um die Qualität politischer Institutionen, sondern um den Fokus ihrer regulatorischen Aktivität. Je stärker sich die Partner in der Frage unterscheiden, welche Bereiche ihrer inländischen Wirtschaft (Branchen, Produkte) mit welchen Instrumenten staatlich reguliert werden, umso höher ist das Gesamtniveau an regulatorischer Distanz. Auch diese Form von Distanz sorgt für höhere Kosten im bilateralen Austausch, etwa wenn grenzüberschreitend aktive Unternehmen unterschiedliche gesetzliche Mindestanforderungen an die Produktqualität erfüllen oder unterschiedliche Produktzulassungsverfahren durchlaufen müssen. Welche Sprengkraft von solchen Diskrepanzen auch für die Gestaltung von partnerschaftlichen Wirtschaftsbeziehungen ausgeht, hat das Scheitern der TTIP-Verhandlungen eindrucksvoll vor Augen geführt. Auch ist die negative Wirkung regulatorischer Distanz auf das Volumen an bilateralem Handel empirisch dokumentiert (Dhingra et al., 2023).

Eine Gegenüberstellung dieser beiden Formen institutioneller Distanz im Ländervergleich kann allgemein Aufschlüsse über das zu erwartende Ausmaß an Hemmnissen bei Partnerschaften mit rohstoffreichen Ländern geben. Die Distanz zur EU im Bereich Governancequalität quantifizieren wir auf Basis aktueller Ergebnisse der Worldwide Governance Indicators der Weltbank (World Bank, 2022). Wir berechnen hierzu für alle sechs enthaltenen Indikatoren (Effektivität Regierungshandeln, Korruptionskontrolle, Mitspracherecht und Verantwortlichkeit, Politische Stabilität, Regulatorische Qualität, Rechtstaatlichkeit) den EU-Länderdurchschnitt. Anschließend ermitteln wir für die einzelnen Drittstaaten je Dimension die betragsmäßige Differenz ihrer Indexwerte zum EU-Länderdurchschnitt und bilden den Mittelwert über alle sechs Dimensionen. Um die theoretisch maximal mögliche Distanz auf der vorhandenen Skala [-5;+5] auf eins zu normieren, teilen wir diesen Wert am Schluss durch zehn. Zur Abbildung der regulatorischen Distanz greifen wir auf die von Cadot et al. (2015) entwickelte Methodik zurück. Sie basiert auf den Daten des Trade Analysis Information Systems (TRAINS) der United Nations Conference on Trade and Development (UNCTAD), einer sehr umfangreichen Datenbank (ca. 20 Mio. Beobachtungen) zur Abbildung nahezu sämtlicher Formen von Maßnahmen von Ländern im Bereich Produktregulierung, differenziert nach Regulierungstyp und betroffener Produktkategorie (UNCTAD, 2023). Der Cadot-Indikator ermittelt als 0-1-Maß jeweils, ob zwei Länder denselben Regulierungstyp (z. B. Herkunftsnachweise) auf dieselbe Produktgruppe (Viersteller-Ebene der HS-Klassifikation) anwenden oder nicht und bildet hieraus den Durchschnitt über alle Regulierungstypen und Produktkategorien. Er ist somit ein Maß für Länderunterschiede im Fokus von staatlicher Regulierung, nicht in ihrer Intensität. Wir berechnen auf Basis des jüngsten bei TRAINS verfügbaren Researcher Files das Maß von Cadot et al. (2015) als regulatorische Distanz der Drittstaaten zur EU.

Abbildung 2 zeigt die Verteilung der errechneten Distanzmaße nach Ländern. Pink eingefärbt sind solche Länder, die nach USGS-Schätzungen zu den globalen Top 3 der Länder mit den größten heimischen Rohstoffreserven für mindestens einen der drei folgenden im Kontext der Energiewende besonders wichtigen kritischen Rohstoffe gehören: Lithium, Kobalt sowie die Gruppe der Seltenerdmetalle. Neben der Sonderstellung Chinas als regulatorischer Ausreißer werden im Vergleich der insgesamt 90 erfassten Länder in der regulatorischen Dimension auch für andere rohstoffreiche Länder relativ große Diskrepanzen zur EU gemessen. Dies betrifft vor allem Argentinien (Reserven von Lithium), Brasilien (Seltenerdmetalle) und Vietnam (Seltenerdmetalle). Für die Demokratische Republik Kongo als Land mit den weltweit größten Kobaltreserven liegen keine Datengrundlagen zur Schätzung der regulatorischen Distanz vor, die Distanz in der Dimension Governance ist aber besonders groß. In beiden Dimensionen deutlich näher an der EU liegen die Lithiumproduzenten Australien und Chile. Kooperationshemmnisse sind also stark rohstoffspezifisch und erfordern ein individuelles Management.

Abbildung 2
Zwei Dimensionen von institutioneller Distanz zur EU
Zwei Dimensionen von institutioneller Distanz zur EU

Pink: Top-3-Länder bei Reserven von Kobalt, Lithium oder Seltenerdmetallen. Hellblau: bestehende Ressourcenpartnerschaften der EU.

Quellen: World Bank (2022); UNCTAD (2023); USGS (2022); eigene Berechnungen.

Ein weiterer limitierender Faktor ist die zu erwartende globale Konkurrenz zu anderen Rohstoffclubs. Hier ist vor allem an Chinas umfangreiches Investitionsengagement in rohstoffreichen Ländern zu denken. Ein wesentlicher Wettbewerbsaspekt ist die Höhe der clubspezifischen Zugangskosten. Diese setzen sich zum einen aus den Kosten des Anpassungsbedarfs zusammen, den die Erfüllung der Beitrittsanforderungen mit sich bringt. Für ärmere Länder mit relativ gering entwickelten Institutionen werden hier vielfach die Kosten der politisch-regulatorischen Anpassung im Vordergrund stehen, d. h. die Aufwendungen zum Monitoring von vorgegebenen Qualitäts- und Umweltstandards zur Schaffung von administrativer Transparenz und zur Korruptionskontrolle. Neben diesem unmittelbar wirksamen Kosten kann der Club-Beitritt aber noch zusätzliche Langfristkosten mit sich bringen. Für rohstoffreiche Schwellen- und Entwicklungsländer steht hier vor allem die Gefahr des wirtschaftlichen Lock-ins im Vordergrund: Der Aufbau gemeinsamer Lieferketten droht sie im internationalen Handel dauerhaft auf die Rolle des Rohstofflieferanten zu beschränken, ohne Aussicht auf Teilhabe an den zumeist wertschöpfungs- und innovationsintensiveren Fertigungsstufen im Downstream-Segment. Verantwortlich ist die Rohstoffnachfrage der Partnerländer, die heimische Produktivmittel im Rohstoffsektor gebunden hält. Der Ausbau von vornehmlich Kostensenkungen in der Rohstoffförderung dienender Infrastruktur kann den Lock-in noch verstärken. Strategische Partnerschaften drohen so eine neue Form des „Ressourcenfluchs“ auszulösen, dessen Relevanz seit geraumer Zeit kontrovers diskutiert wird (Ploeg, 2011).

Die Zusammensetzung der Zugangskosten kann je nach Partner variieren. Beobachtungen zum bisherigen Engagement Chinas in rohstoffreichen Ländern legen nahe, dass die politisch-regulatorischen Hürden für Kooperation sehr niedrig gesetzt sind (Mohsin et al., 2021). Die Gefahr des Lock-ins kann für einkommensschwache Länder mit großem Primärsektor dagegen als durchaus hoch eingeschätzt werden (Sun et al., 2021). Hierin liegt im Wettbewerb der Clubs eine Chance für Europa. Mit der Global Gateway Initiative hat die EU deutlich gemacht, dass sie im Bereich politisch-regulatorischer Hürden keinen Wettbewerb mit China eingehen will: Grundlegende europäische Werte und Zielvorstellungen werden als unverhandelbar präsentiert (European Commission, 2021b). Umso entscheidender ist es für den Erfolg Europas, die zweite Komponente der Zugangskosten für mögliche Partner attraktiv zu gestalten.

Ein Weg ist die verbindliche Einbeziehung von Schritten zum Upgrading der Wertschöpfungsbeiträge in die Roadmaps der zukünftigen Zusammenarbeit. Partnerländer erhalten eine Perspektive, ihre Rolle innerhalb gemeinsamer Lieferketten im Zeitverlauf auf nachgelagerte Verarbeitungsschritte ausdehnen zu können, um so ihre industrielle Entwicklung voranzutreiben und zugleich noch stärker von clubinternem Wissen und Innovation zu profitieren. Um dies zu ermöglichen, sollten gemeinsame In­frastruktur- und Forschungsprojekte bewusst mit Blick auf Nutzungsmöglichkeiten in der Downstream-Produktion hin angelegt sein. Zudem sollte die clubinterne Handelsintegration möglichst konditional gestaltet sein. Während die EU ihre Märkte für Partnerländer als Signal des Commitments möglichst kurzfristig öffnen sollte, könnte bei der Marktöffnung der Partnerländer ein schrittweises Vorgehen vereinbart werden, das sich an der Entwicklung industrieller Kapazitäten in den Partnerländern orientiert. Auch dauerhafte Kooperation bei der (Weiter-)Entwicklung von Prozess-Standards kann zur Stärkung der langfristigen Bindung beitragen. Partner können so Einfluss auf die technische Gestaltung von Standards ausüben, um eigene Anpassungskosten gering zu halten und gegenüber der Weltmarktkonkurrenz einen First-Mover-Vorteil zu erlangen. Bei der globalen Durchsetzung der gemeinsam entwickelten Standards profitieren sie zugleich vom Einfluss der europäischen Wirtschaftskraft.

Aus strategischer Sicht ist dies ein langwieriger, mehrstufiger Prozess. Die EU ist mit den bislang eingesammelten Absichtserklärungen gerade mal dabei, den ersten Schritt zu gehen. Die Dringlichkeit des Problems erfordert für den weiteren Weg einen klaren Fokus. Anstelle einer Maximierung der Zahl an unverbindlichen Vereinbarungen sollten möglichst schnell die nächsten Verhandlungsschritte mit ausgewählten Partnern eingeleitet werden. Der Blick auf Partnerschaften als Portfolio kann dabei hilfreich sein. Insgesamt sollte es bei der Wahl an Partnern und Kooperationsinstrumenten darum gehen, ein angemessenes Risiko-Rendite-Verhältnis im Gesamtportfolio an Partnerschaften für verschiedene kritische Ressourcen herzustellen. Bei systemisch besonders bedeutenden Ressourcen und solchen mit hohem Versorgungsrisiko sollte ein besonderer Fokus auf die Senkung ihres Risikobeitrags gelegt werden. Das wird in der Regel mit einem höheren Bedarf an Redundanz bei den Rohstofflieferanten und/oder stärkeren Zugeständnissen der EU an die Kooperationspartner verbunden sein, in jedem Fall mit höheren Kooperationskosten für die EU.

Notwendig für die Umsetzung einer solchen Strategie sind zusätzliche Monitoring-Instrumente und eine bessere Informationslage. Das von der EU entwickelte Indikatorsystem zur Kritikalitätsbewertung von Mineralrohstoffen stellt hierfür eine gute Basis dar. Es sollte aber auf Risikoeinschätzungen für andere zukunftsrelevante Ressourcen wie erneuerbare Energien, Humankapital und Innovationspotenzial ausgeweitet werden. Außerdem sollte es die Potenziale und Hemmnisse in der Kooperation mit bestimmten Partnern in den Blick nehmen. Die in diesem Artikel vorgestellten Distanzmaße liefern eine erste Anregung, müssen aber durch spezifischere Datenerhebungen, insbesondere zur Identifizierung von Unterschieden bei rohstoffrelevanter Regulatorik, ergänzt werden.

Literatur

Cadot, O., A. Aspilla, J. Gourdon, C. Knebel und R. Peters (2015), Deep regional integration and non-tariff measures: A methodology for data analysis. UNCTAD Policy Issues in International Trade and Commodities Research Study, 37, 69, United Nations Conference on Trade and Development.

Chaney, T. (2018), The gravity equation in international trade: An explanation, Journal of Political Economy, 126(1), 150-177.

De Groot, H. L., G. J. Linders, P. Rietveld und U. Subramanian (2004), The institutional determinants of bilateral trade patterns, Kyklos, 57(1), 103-123.

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Title:Resource Partnerships for Greater Raw Material Security

Abstract:The transformation of the European industry toward climate-neutral technologies is creating a variety of new resource needs. Current supply routes are prone to disruption and threatened by increasing scarcity. Through the instrument of Strategic Resource Partnerships, the EU aims to build alternative supply chains that meet European needs for greater supply security and higher environmental standards by cooperating with selected third countries. To counter the risk of long-term instability in partnerships, the EU needs to provide sustainable growth perspectives, especially to low-income partner countries. The partner portfolio should be managed by the EU holistically according to risk-return aspects, with a focus on the right degree of supply route redundancy. A prerequisite is permanent monitoring based on, among other things, an expanded system of risk indicators.

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© Der/die Autor:in 2023

Open Access: Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz veröffentlicht (creativecommons.org/licenses/by/4.0/deed.de).

Open Access wird durch die ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft gefördert.


DOI: 10.2478/wd-2023-0082

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