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Der Bericht der Financial Action Task Force (FATF) zum Stand der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung brachte im August 2022 für Deutschland ernüchternde Ergebnisse, die in diesen Tagen in dem Entwurf eines „Finanzkriminalitätsbekämpfungsgesetzes“ des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) mündeten.

Garniert mit etwas Lob für jüngere Bemühungen um neue rechtliche und organisatorische Maßnahmen in diesem Bereich, hatte die FATF festgestellt, dass Deutschland auf dem Papier zwar einen weit gefassten rechtlichen Rahmen für die Bekämpfung von Finanzkriminalität habe. Dieser entfalte aber – zumindest bisher – in der Strafverfolgung nur geringe praktische Wirkung, was zu der internationalen Einschätzung passt, dass eine laxe Durchsetzung seiner Gesetze Deutschland zu einem Geldwäsche-Paradies gemacht habe. Zu lange Zeit existierte der Glaube, dass Geldwäsche hierzulande kein relevantes Problem sei. Dementsprechend zögerlich war die Gesetzgebung, wobei auch Interessengruppen gegen allzu viel Transparenz (etwa beim Immobilienerwerb) lobbyierten. Schließlich sorgten eine Zersplitterung der Zuständigkeiten im föderalen System, ein geringer Grad an Digitalisierung und eine dünne Personaldecke in der Verwaltung für zusätzliche Herausforderungen.

Auch die schiere Komplexität der Reformaufgabe dürfte eine energischere Herangehensweise ausgebremst haben, weshalb es ausdrücklich zu begrüßen ist, dass das BMF nun einen weitreichenden Gesetzentwurf vorgelegt hat. Zweifellos dürfte hierbei neben den FATF-Ergebnissen auch die Tatsache eine Rolle gespielt haben, dass Deutschland die finanziellen Aktivitäten von russischen Staatsbürgern im Inland, die seit dem russischen Angriff auf die Ukraine mit Sanktionen belegt sind, unterbinden muss, was mit dem bestehenden Instrumentarium keine leichte Aufgabe ist.

Inhaltlich setzt der Gesetzentwurf an den Kritikpunkten der FATF an. Ein neues Bundesamt zur Bekämpfung von Finanzkriminalität, in dessen Zentrum ein Bundesfinanzkriminalamt mit einem Ermittlungszentrum Geldwäsche stehen wird, soll mit eindeutigem Fokus alle Aktivitäten mit einem Bezug zu Geldwäsche, Terrorismus- und Proliferationsfinanzierung verfolgen und dabei auch die Bundes- und Landesebene sowie internationale Ermittlungsbehörden koordinieren. Mit der geplanten konsequenten Umsetzung des Follow-the-Money-Ansatzes steht ein Paradigmenwechsel an. War bisher Geldwäsche oftmals nur ein zusätzlicher Straftatbestand in andersgelagerten Ermittlungen, etwa im Bereich des Drogenhandels, so rücken nun die illegalen Finanzströme selbst ins Blickfeld, die dann auch Spuren zu Tätern aufzeigen. Weitere Maßnahmen sollen eine Verbesserung der Arbeit der Financial Intelligence Unit sein, die mehrfach durch ihre Misserfolge bei der Bearbeitung von Verdachtsmeldungen der Finanzinstitutionen aufgefallen ist, sowie eine Stärkung der Aufsicht im Nichtfinanzsektor (z. B. bei Glückspielanbietern). Schließlich sehen die Planungen umfassende, qualitativ hochwertige Datenbestandserhebungen (unter anderem ein Immobilientransaktionsregister) mit volldigitalem Zugriff für die Ermittlungsbehörden vor.

Insgesamt sind die Vorschläge des BMF sinnvolle Reaktionen auf die von der FATF genannten Schwachstellen in der deutschen Geldwäschebekämpfung. Zugleich bleiben jedoch Zweifel, ob ihre Umsetzung signifikante Erfolge zeitigen wird. Möglicherweise schafft Deutschland einen fortschrittlichen gesetzgeberischen Rahmen, dem es aber – wiederum – an Erfolgen in der praktischen Umsetzung mangeln wird. Diese Skepsis erwächst aus großen strukturellen Problemen, die bestenfalls langfristig gelöst werden können. Es verbleibt zum einen ein weiterhin hoher Koordinierungsaufwand zwischen den Beteiligten auf Bundes- und Länderebene, gerade auch im zersplitterten Nichtfinanzsektor. Zum anderen steht das Gesetzgebungsverfahren noch aus und es ist fraglich, ob es dem BMF gelingen wird, alle seine ermittlungsrechtlichen Vorstellungen durchzusetzen; unter anderem das Vorhaben, Vermögensermittlungen auch unterhalb der Schwelle des strafrechtlichen Anfangsverdachts zu erlauben, dürfte auf Widerstand stoßen. Weiterhin setzt der Follow-the-Money-Ansatz exzellente, zeitnah und digital verfügbare Datenbestände aus diversen, dezentralen Quellen voraus. Die Digitalisierung der Verwaltungen ist jedoch nicht weit vorangeschritten und schnelle Fortschritte sind kaum zu erwarten. Gerade erst verkündete das Bundesinnenministerium, die Bundesmittel für die Digitalisierung der Verwaltungen kräftig kürzen zu wollen. Generell ist die Verfügbarkeit von Daten ein Problem in Deutschland; so beschrieb der Rat für Sozial- und Wirtschaftsdaten die deutsche Kriminalstatistik als „optimierungsbedürftig“. Und selbst wenn all diese Dinge deutlich verbessert würden, stellte sich immer noch die Herausforderung, die dringend benötigten zusätzlichen Fachkräfte anzuwerben, ohne ihnen konkurrenzfähige Gehälter zahlen zu können.

Die Pläne des BMF weisen insgesamt in die richtige Richtung. Die Skepsis, dass sie zu einem baldigen Erfolg führen werden, bleibt jedoch.

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© Der/die Autor:in 2023

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DOI: 10.2478/wd-2023-0145