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Ein Vergleich der Arbeitsbedingungen im öffentlichen und privaten Sektor zeigt, dass beim Staat vor allem die Arbeitszeitregelungen beschäftigtenfreundlicher sind und der Schutz der Arbeitskräfte durch Tarifverträge und betriebliche Mitbestimmung umfassender ausfällt. Doch bei der Entlohnung bietet der Staat nur für Frauen Vorteile, während Männer sich in der Privatwirtschaft besserstellen als bei öffentlichen Arbeitgebern. Um im zunehmenden Wettbewerb um Arbeitskräfte bestehen zu können, sollte der öffentliche Dienst seine Bedeutung als Arbeitgeber stärker herausstellen, seine Attraktivität weiter steigern und vermehrt versuchen, Beschäftigte zu halten.

Mit rund 5 Mio. Beschäftigten bei Bund, Ländern und Gemeinden ist der öffentliche Dienst der größte Arbeitgeber in Deutschland. Noch deutlich höher lag die Beschäftigtenzahl direkt nach der Wiedervereinigung (vgl. Abbildung 1). In den 1990er und 2000er Jahren führten dann die Reorganisation von staatlichen Aktivitäten und Privatisierungsprozesse zu einem sichtbaren Abschmelzen der Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst. Obwohl in den vergangenen Jahren die Beschäftigung wieder leicht zugenommen hat, wird inzwischen in den Medien und in der Bevölkerung immer häufiger die Frage aufgeworfen, ob man die Beschäftigung beim Staat nicht zu sehr verschlankt hat.

Abbildung 1
Entwicklung des Personalstands im öffentlichen Dienst
Entwicklung des Personalstands im öffentlichen Dienst

Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachreihe 14, Reihe 6.

Dazu kommt, dass der Staat offenbar zunehmend Probleme bekommt, ausreichend Personal (insbesondere Qualifizierte) zu rekrutieren und in Rente gehende Beschäftigte zu ersetzen. Die Gewerkschaften ver.di und DBB Beamtenbund und Tarifunion beklagen seit Jahren einen Arbeitskräftemangel im öffentlichen Sektor (ver.di, 2022), und die Unternehmensberatung PwC prognostiziert eine Fachkräftelücke von 1 Mio. Beschäftigten bis 2030 (Bernnat et al., 2022).

Wie attraktiv ist der Staat als Arbeitgeber?

Angesichts dieser Probleme bei der Personalrekrutierung stellt sich die Frage, inwieweit diese auch mit der Attraktivität des Staates als Arbeitgeber zusammenhängen. Geht der Staat, der ja als Gesetzgeber wichtige Rahmenbedingungen für die Gestaltung der Arbeit festlegt, in seiner Funktion als Arbeitgeber mit gutem Beispiel voran? Sind die Löhne und Arbeitsbedingungen sowie der Schutz der Arbeitskräfte und deren Mitbestimmungsmöglichkeiten im öffentlichen Dienst besser als in der Privatwirtschaft?

Zu beachten ist hier, dass es bei der Festlegung der Löhne und anderer Arbeitsbedingungen im öffentlichen Dienst einen wesentlichen Unterschied zwischen der Gruppe der Beamt:innen und der sogenannten Tarifbeschäftigten (früher: Arbeiter und Angestellte) gibt. Bei Tarifbeschäftigten sind die Arbeitsbedingungen – wie in der Privatwirtschaft – das Ergebnis von Tarifverhandlungen zwischen Gewerkschaften und öffentlichen Arbeitgebern. Dagegen werden bei den Beamt:innen die Arbeitsbedingungen einseitig vom Staat festgelegt, sie stehen in einem besonderen Dienst- und Treueverhältnis, sind faktisch unkündbar und haben auch kein Streikrecht (Keller, 2010). Im Folgenden liegt der Fokus daher hauptsächlich auf den Tarifbeschäftigten, die fast zwei Drittel der Arbeitskräfte im öffentlichen Dienst ausmachen.

Wir stellen die Löhne und Arbeitsbedingungen der Beschäftigten im öffentlichen Dienst denen vergleichbarer Arbeitskräfte in der Privatwirtschaft gegenüber und fragen, ob der Staat als besserer oder attraktiverer Arbeitgeber betrachtet werden kann. Ein erstes Indiz dafür könnte darin gesehen werden, dass der Anteil von Beschäftigten, die von der Privatwirtschaft in den öffentlichen Dienst wechseln, in den vergangenen Jahrzehnten deutlich gestiegen ist und höher liegt als der von Arbeitskräften, die umgekehrt in die Privatwirtschaft wechseln (Prümer, 2021). Genaueren Aufschluss bieten repräsentative Erhebungen bei Firmen und Beschäftigten, in denen die Arbeitsbedingungen, die Entlohnung sowie die Abdeckung durch Tarifverträge und betriebliche Mitbestimmung untersucht wurden und die einen Vergleich der Beschäftigungssektoren ermöglichen.

Arbeitsbedingungen

Bei der Betrachtung des Staates als Arbeitgeber rückt zunächst die Qualität der Arbeitsplätze und der Arbeitsbedingungen in den Fokus. Die Sicherung und Erhöhung dieser Arbeitsqualität sind erklärtes Ziel der Politik (Initiative Neue Qualität der Arbeit, o. J.). Somit stellt sich die Frage, ob der Staat als Arbeitgeber seinen eigenen politischen Zielvorgaben gerecht wird. Arbeitsqualität hat viele Facetten. Ellguth und Kohaut (2011) betrachten objektive Faktoren der Arbeitsqualität im öffentlichen Dienst mithilfe des repräsentativen IAB-Betriebspanels. Dabei kommen sie zu dem Schluss, dass der Staat aufgrund einer hohen Beschäftigungsstabilität, einem hohen Frauenanteil und der relativ guten Arbeitssituation für ältere Arbeitnehmer:innen bessere Arbeitsbedingungen bietet als die Privatwirtschaft.

Allerdings haben auch im öffentlichen Dienst Formen atypischer Beschäftigung an Bedeutung gewonnen (Keller, 2010, Kap. 2). Dies gilt insbesondere für befristete Arbeitsverhältnisse und Teilzeitbeschäftigung. So sind Befristungen im öffentlichen Dienst von größerer Bedeutung als in der Privatwirtschaft und vornehmlich in wissenschaftlichen Einrichtungen anzutreffen (Hohendanner, 2019). Teilzeitbeschäftigung spielt im öffentlichen Dienst traditionell eine große Rolle, wobei wie in der Privatwirtschaft vor allem Frauen in Teilzeit arbeiten (Keller und Seifert, 2014). Zudem führt der hohe Frauenanteil im öffentlichen Dienst nicht zu einer – im Vergleich mit dem privaten Sektor – höheren Repräsentanz von Frauen in Führungspositionen (Möller und Kohaut, 2022). Zwar arbeiten im öffentlichen Dienst mehr Frauen in Führungspositionen als in der Privatwirtschaft, vor allem auf den mittleren und unteren Führungsebenen. Doch gemessen am hohen Frauenanteil im öffentlichen Dienst ist die Repräsentanz von Frauen in Führungspositionen sogar schlechter als im privaten Sektor.

Eine weitere Studie zur Arbeitsqualität nimmt auch deren subjektive Einflussgrößen in den Blick (Prümer, 2020). Dabei wird die Vielzahl an Informationen aus der repräsentativen BIBB/BAuA Erwerbstätigenbefragung 2012 genutzt. In dieser Studie werden die Arbeitsbedingungen und ihr Einfluss auf die Arbeitsqualität gruppiert betrachtet. Dabei wird eine deskriptive Darstellung ergänzt um Probitschätzungen des Auftretens bestimmter Arbeitssituationen, welche insbesondere Berufsfelder berücksichtigen. So wird sichergestellt, dass etwaige Unterschiede in der Arbeitsqualität nicht von unterschiedlichen Berufen im öffentlichen Dienst und der Privatwirtschaft getrieben werden.

Eine erste Gruppe von Kenngrößen der Arbeitsqualität sind Arbeitszeitregelungen. Dort werden Qualitätsvorteile im öffentlichen Dienst identifiziert. So sind Schicht- und Wochenendarbeit im öffentlichen Dienst weniger verbreitet als in der Privatwirtschaft und es ist im öffentlichen Dienst leichter, bei der Arbeitszeitplanung Rücksicht auf familiäre oder private Interessen zu nehmen. Eine zweite Gruppe an Kenngrößen der Arbeitsqualität stellen die physischen Arbeitsbedingungen dar, wobei hier exemplarisch fünf Faktoren herangezogen werden, wie beispielsweise das Arbeiten bei Lärm oder das Arbeiten in einer schädlichen Körperhaltung. Die Schlussfolgerungen zu physischen Arbeitsbedingungen im Kontext der Arbeitsqualität sind eindeutig. Verglichen mit der Privatwirtschaft sind diese problematischen physischen Arbeitsbedingungen im öffentlichen Dienst häufiger zu finden (Prümer, 2020).

Uneinheitlich ist der Zusammenhang der beruflichen Anforderungen und der Arbeitsqualität, wobei in der Studie fünf exemplarische Kenngrößen betrachtet werden. Qualitätsvorsprünge im öffentlichen Dienst werden daran festgemacht, dass Beschäftigte im öffentlichen Dienst seltener unter Druck oder an den Grenzen der Leistungsfähigkeit arbeiten und dass die subjektive Arbeitsplatzunsicherheit gering ist. Letzteres deckt sich mit bereits vorhandener empirischer Evidenz (Ellguth und Kohaut, 2011). Demgegenüber stehen eine mangelnde Autonomie und eine emotionale Belastung aufgrund der Arbeit; diese sind im öffentlichen Dienst häufiger als in der Privatwirtschaft anzutreffen.

Zusammenfassend ist somit kein eindeutiges Urteil zur Arbeitsqualität im öffentlichen Dienst möglich (vgl. Abbildung 2). Während die Arbeitszeitregelungen und teils die beruflichen Anforderungen im öffentlichen Dienst beschäftigtenfreundlich scheinen, gibt es insbesondere bei den physischen Arbeitsbedingungen, aber auch in Bezug auf emotionale Belastung und Autonomie in der Arbeitsdurchführung, Defizite in der Arbeitsqualität im öffentlichen Dienst. Somit wird der Staat als Arbeitgeber einer Vorbildfunktion in Sachen Arbeitsqualität nicht vollumfänglich gerecht (Prümer, 2020).

Abbildung 2
Zugehörigkeit zum öffentlichen Dienst und Indikatoren der Arbeitsqualität
Zugehörigkeit zum öffentlichen Dienst und Indikatoren der Arbeitsqualität

Die Punkte ergeben sich aus den Koeffizienten eines Indikators für den öffentlichen Dienst in Probitregressionen. Die abhängige Variable der Probitregressionen ist jeweils eine der Arbeitsbedingungen. In den Probitregressionen wird für sozio-ökonomische Variablen, arbeitsplatzbezogene Variablen, Bundesländer und Berufsfelder kontrolliert.

Quelle: Abbildung in Anlehnung an Prümer (2020); Daten der BIBB/BAuA Erwerbstätigenbefragung 2012.

Resultierend aus dieser Analyse stellt sich die Frage, ob und wie die Beschäftigten auf Defizite in der Qualität der Arbeitsplätze und Arbeitsbedingungen reagieren. Dies könnte sich beispielsweise in Form von höheren Fehlzeiten im öffentlichen Dienst zeigen. Eine Analyse der Fehlzeiten im öffentlichen Dienst und der Privatwirtschaft liefert für diese These jedoch kaum Belege. Bei Berücksichtigung einer Vielzahl potenzieller Einflussfaktoren ist zwar die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Fehlzeiten im öffentlichen Dienst etwas höher als in der Privatwirtschaft. In der Summe der Fehltage pro Jahr können jedoch keine signifikanten Unterschiede ausgemacht werden (Prümer und Schnabel, 2019).

Auch die Entlohnung sollte bei der Betrachtung der Arbeitsqualität und deren Implikationen nicht unberücksichtigt bleiben. Denn etwaige Defizite bei den Arbeitsbedingungen könnten durch höhere Löhne ausgeglichen werden. Daher rückt die Entlohnung im öffentlichen Dienst und der Vergleich mit der Privatwirtschaft im Folgenden in den Fokus.

Entlohnung

Da die Löhne beim Vergleich von öffentlichem Dienst und Privatwirtschaft eine zentrale Rolle spielen, hat sich auch die Wissenschaft mit Entlohnungsunterschieden zwischen diesen Sektoren befasst. Dabei wird die Kenngröße der Lohnlücke zwischen dem öffentlichen und privaten Sektor betrachtet. Frühe Untersuchungen dieser sektoralen Lohnlücke in Deutschland basieren auf Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) und deuten auf Lohnnachteile von Männern und Lohnvorteile für Frauen im öffentlichen Dienst hin, wenn man zugleich sozio-ökonomische Variablen berücksichtigt (Dustmann und Van Soest, 1997). Melly (2005) ergänzt dieses Wissen um eine Berechnung und Zerlegung der Lohnlücke entlang der Lohnverteilung. Dabei kommt auch er zu dem Schluss, dass bei Berücksichtigung sozio-ökonomischer Einflussfaktoren die Löhne im öffentlichen Dienst für Frauen höher und für Männer niedriger sind. Zudem ist die Streuung der Löhne im öffentlichen Dienst geringer als in der Privatwirtschaft, was insbesondere Lohnnachteile im öffentlichen Dienst im oberen Bereich der Lohnverteilung zur Folge hat. Außerdem fallen Entlohnungsunterschiede zwischen Personen mit vergleichbarer Bildung und Erfahrung in staatlicher Beschäftigung niedriger aus als in der Privatwirtschaft, was geringere geschlechtsspezifische Lohnunterschiede mit sich bringt. (Melly, 2005).

Neuere statistische Methoden erlauben es, den Panelcharakter der SOEP-Daten auszunutzen und eine Quantilsregression mit personen-fixen Effekten durchzuführen (Bonaccolto-Töpfer et al., 2022). Diese Methodik ermöglicht es, neben den in der Literatur etablierten, beobachtbaren Einflussgrößen erstmals auch individuelle, unbeobachtbare Heterogenität in der Analyse der Lohnlücke zwischen dem öffentlichen und privaten Sektor in Deutschland zu berücksichtigen.

Die Ergebnisse der Zerlegung dieser Lohnlücke auf Basis des neuen Ansatzes unterscheiden sich dann auch von jenen der früheren, auf einem Querschnittsansatz beruhenden Untersuchungen (Bonaccolto-Töpfer et al., 2022). Es zeigt sich, dass bei Berücksichtigung sozio-demografischer, betrieblicher und regionaler Einflussfaktoren Frauen im öffentlichen Dienst entlang der gesamten Lohnverteilung mehr verdienen als in der Privatwirtschaft, während Männer im Vergleich zum privaten Sektor schlechter dastehen. Des Weiteren legt die Zerlegung der sektoralen Lohnlücke offen, dass die Entlohnung im öffentlichen Dienst weder für Frauen noch für Männer im gleichen Ausmaß wie in der Privatwirtschaft durch individuelle Charakteristika wie Bildung und Alter bestimmt wird. Dies impliziert insbesondere für Männer Nachteile. Die Autorinnen schlussfolgern, dass sich der öffentliche Dienst angesichts der momentanen Entlohnungsstrukturen in Zukunft mit Problemen in der Rekrutierung, insbesondere von Männern, konfrontiert sehen könnte (Bonaccolto-Töpfer et al., 2022).

Bonaccolto-Töpfer et al. (2022) untersuchen auch, ob die Schlechterstellung von Männern im öffentlichen Dienst durch kompensierende Lohndifferentiale erklärt werden kann. Etwaige Nachteile in der Entlohnung könnten durch andere Vorteile, beispielsweise bei Pensionen, aufgewogen werden. Da die Daten des SOEP hierzu keine Informationen enthalten, nutzen die Autorinnen die bereits angesprochenen Unterschiede zwischen Beamt:innen und Tarifbeschäftigten. Denn nur die Pensionszahlungen für Beamt:innen sind deutlich höher als die der Beschäftigten in der Privatwirtschaft, während die Unterschiede in den Renten zwischen Tarifbeschäftigten im öffentlichen Dienst und den Beschäftigten in der Privatwirtschaft vernachlässigbar sind (Börsch-Supan und Wilke, 2004). Ein Ausschluss der Beamt:innen aus der Analyse ändert die Hauptaussagen zur Lohnlücke zwischen dem öffentlichen und privaten Sektor jedoch nicht (Bonaccolto-Töpfer et al., 2022). Daher scheinen kompensierende Lohndifferentiale diese Lohnlücke nicht entscheidend zu beeinflussen.

Tarifbindung und gewerkschaftliche Organisierung

Deutliche Unterschiede zur Privatwirtschaft gibt es im öffentlichen Dienst auch bei der Tarifbindung, d. h. beim Anteil der Betriebe oder Beschäftigten, für die ein Tarifvertrag gilt (Ellguth und Kohaut, 2011). Eine Langfristbetrachtung von Oberfichtner und Schnabel (2019) mit repräsentativen Daten des IAB-Betriebspanels zeigt, dass im Zeitraum von 1996 bis 2015 die Tarifbindung der Betriebe (mit mindestens fünf Beschäftigten) in der Gesamtwirtschaft von 65 % auf 37 % zurückgegangen ist. Dagegen ist sie im öffentlichen Sektor in diesen 20 Jahren nur leicht von 97 % auf 96 % gefallen. Ein ähnlicher Unterschied zwischen dem stabilen öffentlichen Sektor und deutlichen Erosionstendenzen im privaten Sektor zeigt sich, wenn man den Anteil der Beschäftigten betrachtet, die in tarifgebundenen Betrieben arbeiten.

Dies unterstreichen auch aktuellere Daten aus dem IAB-Betriebspanel, die für den Bereich öffentliche Verwaltung vorliegen. Dieser ist allerdings enger abgegrenzt und umfasst nicht den gesamten öffentlichen Sektor. Hier zeigt sich, dass 2021 in der öffentlichen Verwaltung 98 % der Beschäftigten durch einen Branchen- oder Firmentarifvertrag abgedeckt waren – der gleiche Anteil wie schon im Jahr 2009. Dagegen betrug die Tarifbindung der Beschäftigten in der Gesamtwirtschaft 2021 nur 52 % und war seit 2009 um 9 Prozentpunkte zurückgegangen (vgl. Tabelle 1). Damit wird deutlich, dass Beschäftigte im öffentlichen Dienst heutzutage fast doppelt so häufig wie in der privaten Wirtschaft tariflich abgesicherte Löhne und Arbeitsbedingungen genießen.

Tabelle 1
Beschäftigte in tarifgebundenen Betrieben

in %

  Gesamt­wirtschaft Öffentliche Verwaltung
  2009 2021 2009 2021
Branchen­tarif­vertrag 52 43 87 79
Firmen­tarif­vertrag 9 9 11 19
Kein Tarif­vertrag 38 48 2 2

Quelle: IAB-Betriebspanel.

Ausgeprägte Unterschiede zwischen den Sektoren zeigen sich auch bei der gewerkschaftlichen Mitgliedschaft. Der Anteil gewerkschaftlich organisierter Beschäftigter liegt im öffentlichen Dienst üblicherweise mehrere Prozentpunkte über dem in der Privatwirtschaft (Schnabel, 2007). Besonders Beamte sind überdurchschnittlich häufig Mitglieder einer Gewerkschaft. Lag 2018 der gewerkschaftliche Organisationsgrad aller Arbeitskräfte in Deutschland bei knapp 17 %, so betrug er unter Beamten fast 28 % (Lesch und Winter, 2021). Die besondere Rolle des öffentlichen Dienstes bei den Gewerkschaften zeigt sich auch daran, dass der in anderen Branchen zu beobachtende Mitgliederschwund im öffentlichen Dienst (genauer: bei dbb Deutscher Beamtenbund und Tarifunion sowie Gewerkschaft der Polizei) gestoppt oder sogar umgekehrt werden konnte. Der öffentliche Sektor stellt damit eine Hochburg der Gewerkschaften in Deutschland dar (Keller, 2020).

Der Schutz der Beschäftigten durch Tarifverträge und Gewerkschaften ist also im öffentlichen Dienst wesentlich stärker ausgeprägt als im privaten Sektor. Neben der ohnehin hohen Beschäftigungsstabilität (Ellguth und Kohaut, 2011) mögen auch diese Faktoren die Attraktivität einer Beschäftigung beim Staat positiv beeinflussen.

Betriebliche Mitbestimmung

Die Vertretung der Interessen der Arbeitskräfte im Betrieb erfolgt im privaten Sektor durch Betriebsräte. Sie können gemäß Betriebsverfassungsgesetz von den Beschäftigten gewählt werden und verfügen über umfangreiche Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte in personellen, organisatorischen und in anderen Angelegenheiten. Das Pendant dazu sind im öffentlichen Dienst Personalräte, die nach Maßgabe der Bundes- bzw. Landespersonalvertretungsgesetze von den Beschäftigten einer Dienststelle gewählt werden und ähnlich weitreichende Partizipationsrechte haben. Im Zuge von (Teil-)Privatisierungen und Ausgliederungen öffentlicher Tätigkeiten nahm seit den 1990er Jahren die Bedeutung von Betriebsräten auch in Teilen des öffentlichen Sektors zu (Schnabel, 2007).

Zwar gibt es keine amtlichen Informationen, inwieweit im öffentlichen und privaten Sektor Arbeitskräftevertretungen bestehen. Durch Rückgriff auf die repräsentativen Daten des IAB-Betriebspanels lässt sich allerdings die Verbreitung von Personal- und Betriebsräten (zwischen denen in dieser Befragung nicht explizit unterschieden wird) ermitteln. Dabei wird deutlich, dass eine derartige betriebliche Mitbestimmung im öffentlichen Sektor wesentlich häufiger vorkommt als im privaten (Schnabel, 2007; Ellguth und Kohaut, 2011). So gab es 2015 Betriebs- oder Personalräte nur in rund 12 % der Betriebe in der Gesamtwirtschaft (mit mindestens fünf Beschäftigten), aber immerhin in 73 % der Betriebe des öffentlichen Sektors (Oberfichtner und Schnabel, 2019). Der Anteil der von diesen Mitbestimmungseinrichtungen abgedeckten Beschäftigten betrug in der Gesamtwirtschaft 47 %, im öffentlichen Sektor jedoch fast 95 %.

Während die Verbreitung und der Deckungsgrad von Betriebs- und Personalräten im Zeitraum von 1996 bis 2015 in der Gesamtwirtschaft deutlich abnahmen, blieben sie im öffentlichen Sektor weitgehend stabil (Oberfichtner und Schnabel, 2019). Wie bei der Tarifbindung gibt es also auch bei der betrieblichen Mitbestimmung einen deutlichen Unterschied zwischen dem stabilen öffentlichen Dienst und offensichtlichen Erosionstendenzen in der Privatwirtschaft. Diese weiter verbreiteten Mitwirkungs- und Mitbestimmungsmöglichkeiten mögen den öffentlichen Dienst aus Sicht der Arbeitnehmer:innen attraktiv machen.

Schlussfolgerungen

Der empirisch gestützte Vergleich verschiedener Aspekte der Arbeitsbedingungen im öffentlichen Dienst und der Privatwirtschaft deutet darauf hin, dass der Staat nicht in allen Belangen ein vorbildlicher Arbeitgeber ist. Für den Staat als Arbeitgeber spricht die beschäftigtenfreundliche Ausgestaltung von Arbeitszeitregelungen sowie der umfassende Schutz der Arbeitskräfte durch Gewerkschaften, Tarifverträge und betriebliche Mitbestimmung, was sich in einer hohen Beschäftigungssicherheit im öffentlichen Dienst niederschlägt. Allerdings zeigen sich in der öffentlichen Beschäftigung auch Nachteile bei den Arbeitsbedingungen in puncto physische und emotionale Belastungen. Zudem fällt zwar die Entlohnung von Frauen mit vergleichbaren Merkmalen im öffentlichen Dienst höher aus als im privaten Sektor, doch Männer stellen sich über die gesamte Lohnverteilung hinweg in der Privatwirtschaft besser als bei staatlichen Arbeitgebern. Dazu passt, dass Frauen mit einer höheren Wahrscheinlichkeit vom privaten in den öffentlichen Sektor wechseln als Männer (Prümer, 2021). Für beide Geschlechter ist im öffentlichen Dienst außerdem die Entlohnung weniger stark als in der Privatwirtschaft an individuelle Charakteristika gekoppelt, sodass persönliche Stärken und Vorzüge weniger Berücksichtigung finden. Insgesamt gesehen kann der Staat längst nicht mehr als der „Modellarbeitgeber“ betrachtet werden, als der er mehrere Jahrzehnte galt (Keller, 2010, 137).

Angesichts dieser Erkenntnisse überrascht es nicht, dass es für den Staat offenbar zunehmend schwieriger wird, ausreichend Personal zu rekrutieren. Schon heute fehlen im öffentlichen Dienst rund 360.000 Arbeitskräfte. Die ungünstige Altersstruktur und die dementsprechend vielen in Rente gehenden Beschäftigten verstärken das Problem weiter (ver.di, 2022). Die Unternehmensberatungen PwC (Bernnat et al., 2022) und McKinsey (Schulze Spüntrup et al., 2023) prognostizieren für den öffentlichen Dienst eine Personallücke von 1 Mio. bzw. 840.000 Beschäftigten bis 2030. Beide zeigen außerdem Handlungsoptionen auf, wie der Staat seine Anziehungskraft als Arbeitgeber erhöhen kann. Einige Ansatzpunkte, die wir für besonders wichtig und vielversprechend halten, seien im Folgenden kurz skizziert (vgl. auch Bernnat et al., 2022; Schulze Spüntrup et al., 2023).

  • Erstens sollte der öffentliche Dienst seine Bedeutung als Arbeitgeber stärker herausstellen und sein Image verbessern. Dabei kann der große gesellschaftliche Mehrwert eines funktionierenden öffentlichen Dienstes betont werden. Zudem stellen die hohe Arbeitsplatzsicherheit, die umfassende Tarifbindung und die ausgeprägte Mitbestimmung im öffentlichen Dienst Pluspunkte bei der Rekrutierung von Arbeitskräften dar. Eine Betonung dieser Stärken mag auch geeignet sein, bisher noch zu wenig erschlossene Beschäftigungspotenziale – z. B. von Personen mit Migrationshintergrund – für den öffentlichen Dienst zu nutzen.
  • Zweitens ist es ein unverzichtbarer Ansatzpunkt, die Attraktivität des Staates als Arbeitgeber zu steigern. So könnte die Entlohnung im öffentlichen Dienst reformiert werden, um deren Strukturen teilweise denen der Privatwirtschaft anzugleichen – denn mit dieser steht der Staat im Wettbewerb um zunehmend knapper werdende Arbeitskräfte. Insbesondere sollte die Entlohnung stärker an die Charakteristika und Fähigkeiten der Beschäftigten geknüpft werden, wozu auch Möglichkeiten einer im öffentlichen Dienst bisher verpönten übertariflichen Entlohnung eröffnet werden könnten. Weiterhin sollten starre Karriereleitern zugunsten von flexibleren, durchlässigen Karrierewegen aufgegeben werden, die insbesondere Quereinstiege ermöglichen. Wichtig ist schließlich auch die Bereitstellung zeitgemäßer Arbeitsplätze mit besonderem Augenmerk auf der digitalen Infrastruktur, die das Klischee des hinter Aktenbergen versunkenen Beamten vergessen lassen.
  • Drittens sollte der Staat als Arbeitgeber versuchen, das vorhandene Personal verstärkt zu halten. In Frage kommen hier z. B. Flexibilisierungen des tatsächlichen Renten- und Pensionseintritts, die Anreize zur Frühverrentung verringern und einen Rentenzuschlag bei längerer Beschäftigung ermöglichen. Ein anderer Ansatz sind Reservistenmodelle, mit denen ehemalige Beschäftigte aus der Rente zurückgeholt werden, um vorübergehend akute Personalengpässe zu überbrücken. Bestehende Vorstöße in diese beiden Richtungen könnten ausgebaut werden.

Zusammenfassend erscheinen diese drei Ansätze geeignet, dem prognostizierten Personalmangel im öffentlichen Dienst entgegenzuwirken. Die vorhandene empirische Evidenz zeigt, dass der Staat in Teilen ein besserer Arbeitgeber ist als der private Sektor. Es werden jedoch auch Schwachstellen deutlich, die es schleunigst zu beheben gilt. Nur so kann der öffentliche Dienst im zunehmenden Wettbewerb um Personal gegenüber der Privatwirtschaft bestehen. Die Situation ist selbst in Zeiten eines demografisch bedingt rückläufigen Arbeitsangebots und eines wachsenden Fachkräftemangels für den Staat nicht aussichtslos. Es bedarf jedoch einer stärkeren Bereitschaft zur Veränderung als bisher und einer größeren Dynamik vonseiten aller Entscheidungsträger, um den öffentlichen Dienst fit für die Zukunft zu machen.

Literatur

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Bonaccolto-Töpfer, M., C. Castagnetti und S. Prümer (2022), Understanding the public-private sector wage gap in Germany: New evidence from a Fixed Effects quantile approach, Economic Modelling, 116, 106037.

Börsch-Supan, A. H. und C. B. Wilke (2004), The German public pension system: how it was, how it will be, NBER Working Paper, 10525.

Dustmann, C. und A. Van Soest (1997), Wage structures in the private and public sectors in West Germany, Fiscal Studies, 18(3), 225-247.

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Title:Is the Public Sector a Better Employer?

Abstract:A comparison of working conditions in the public and private sectors shows that working time regulations in the public sector are more employee-friendly and that the protection of the workforce through collective agreements and co-determination is more comprehensive. However, in terms of wages, the public sector only offers advantages for women, while men are better off in the private sector. In order to persist in the growing competition for employees, the public sector should emphasise more strongly its importance as an employer, further boost its attractiveness for employees, and reinforce its attempts to retain employees.

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© Der/die Autor:in 2023

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DOI: 10.2478/wd-2023-0172