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Die Lage auf dem Wohnungsmarkt in Deutschland ist angespannt. Das von der Bundesregierung avisierte Ziel von 400.000 neu zu bauenden Wohnungen pro Jahr kann nicht realisiert werden. Neben einem weiteren Anziehen der Mietpreisregulierung wird eine Liberalisierung der Mietpreise und eine Stärkung der Subjektförderung vorgeschlagen, um die Bezahlbarkeit des Wohnens zu sichern. Dieser Vorschlag wird eingeordnet und einer kritischen Würdigung unterzogen.

Auf den Immobilienmärkten knicken die Preise ein. Sinkende Realeinkommen auf der einen Seite, steigende Materialkosten und die Zinswende andererseits ergeben ein toxisches Gemisch. Die sinkenden Immobilienpreise bedeuten jedoch keine Entspannung auf dem Wohnungsmarkt. Viele Investor:innen haben das Bauen erst einmal eingestellt – stellvertretend hierfür steht der Fall Vonovia (Robertz, 2023). Das im Koalitionsvertrag festgeschriebene Ziel der Bundesregierung von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr, darunter 100.000 mit Sozialbindung, gilt vorläufig als nicht mehr erreichbar. Zumindest in Agglomerationen mit angespannten Wohnungsmärkten ist davon auszugehen, dass sich die Wohnraumknappheit und die Belastung mit Wohnkosten weiter erhöht.

Angesichts dieser Situation spricht die eine Seite von „Marktversagen“ (Claus und Sommer, 2016, 101-102) und verweist dabei unter anderem auf die Mietbelastungsquote in den großen Städten. Hier sind vor allem Mieterhaushalte mit niedrigem Einkommen betroffen. Nach Holm et al. (2021a, 2021b) wiesen 2018 über 4,1 Mio. Mieterhaushalte in den 77 deutschen Großstädten eine Wohnbelastungsquote von mehr als 30 % auf; 2,2 Mio. Haushalte werden mit über 40 %, knapp 1 Mio. Haushalte über 50 % ihres Einkommens belastet. Folglich erschallt der Ruf nach einem weiteren Anziehen der Mietpreisregulierung.

Ohne die hohe Wohnkostenbelastung einkommensschwacher Gruppen zu leugnen (Sagner et al., 2020, 28), hält die Gegenmeinung hingegen ein weiteres Anziehen der Preisregulierung für ein Kurieren an Symptomen. Der Anstieg der durchschnittlichen Wohnkostenbelastung stagniere seit Mitte der 2000er Jahre (Sagner, 2021, 39); auch die Großstädte machten hierbei keine Ausnahme. Selbst der Anteil der Haushalte mit einer hohen Wohnkostenbelastung von 30 % bzw. 40 % der Bruttokaltmiete am Haushaltsnettoeinkommen sei weder bundesweit noch in den Großstädten gestiegen (Kohl et al., 2019). Zudem wird darauf verwiesen, dass Deutschland im europäischen Vergleich schon eine strikte Mietpreisregulierung habe (Kholodilin et al., 2018). Das Problem sei eher in einer Übersteuerung der Regulierung bzw. in einem Regulierungsversagen zu sehen. In diese Sicht fügt sich ein Vorschlag von Kühling et al. (2021) ein. Dieser zielt auf eine Liberalisierung der Mietpreise und eine Stärkung der Subjektförderung ab, um die Bezahlbarkeit des Wohnens zu sichern. Die Finanzierung soll durch eine Abschöpfung bei den – dann gestiegenen – Mieterträgen erfolgen. Nachfolgend soll dieser Vorschlag eingeordnet und einer kritischen Würdigung unterzogen werden.

Markt und Regulierung

Offenbar ist zumindest in vielen Ballungsräumen die für einen funktionierenden Marktmechanismus charakteristische negative Rückkopplungsschleife außer Kraft gesetzt: Hiernach sollten steigende Preise zu einem steigenden Angebot führen. Allein schon die Knappheit an Bauland in vielen Ballungsräumen und bürokratische Hürden verhindern aber, dass der Markt seine Versorgungsfunktion wie im Lehrbuch beschrieben ausfüllen kann. Ob man dies allerdings mit „Marktversagen“ beschreiben kann, sei dahingestellt. Die klassischen Gründe für ein „Marktversagen“ (externe Effekte, natürliche Monopole, asymmetrische Informationsverteilung) lassen sich auf dem deutschen Mietwohnungsmarkt nicht ausmachen (Sotelo, 2016, 2, 4). Dennoch verweisen die bestehenden Probleme auf die Notwendigkeit von Regulierung zumindest dann, wenn die Versorgung mit ausreichend bezahlbarem Wohnraum als Daseinsvorsorge oder als meritorisches Gut begriffen wird. Auch fallen Märkte nicht vom Himmel – ihr institutioneller Rahmen stellt immer ein soziales Konstrukt dar.

Zu einem erheblichen Teil setzen die gängigen Regulierungen am Mietpreis an. Dabei lassen sich zwei Arten von Preisregulierungen unterscheiden:

  • Nachfrageseitig ansetzende und großräumig wirkende Preisregulierungen (Löhr, 2021, 89-92): Konkret handelt es sich um die ortsübliche Vergleichsmiete (§ 558 Abs. 2 BGB), die Kappungsgrenze (§ 558 Abs. 3 BGB), welche die Anpassung der Mieten begrenzt, sowie die Mietpreisbremse (§ 556 d Abs. 1 BGB).
  • Angebotsorientierte und kleinräumig wirkende Preisregulierungen: Diese werden im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung, von Belegungsrechten (§ 26 WoFG), aber auch im Kontext mit der Sozialgerechten Bodennutzung (§ 1 Abs. 5 BauGB) bzw. städtebaulichen Verträgen (§ 11 BauGB) oder des kommunalen Zwischenerwerbs auferlegt.

Die betreffenden Regulierungen werden aus einer Vielzahl von Gründen kritisiert.

Regulierungsversagen

Im Zentrum der Kritik stehen die nachfrageseitigen, großräumig wirkenden Preisregulierungen. So entzieht sich das Konzept der ortsüblichen Vergleichsmiete einer ökonomischen Interpretation. Es vermischt die Messung und instrumentelle Bekämpfung von Knappheiten. Zusammen mit der Kappungsgrenze und der Mietpreisbremse werden faktisch dynamische Höchstpreise gesetzt, über welche die Anpassung der Mieten an die Knappheitssituation verlangsamt wird. Allerdings beschränkt die Mietpreisbremse als eine Preisregulierung der zweiten Generation nur den Anstieg der Mieten und verhindert ihn nicht; zudem nimmt sie den Neubau aus. Schließlich wird sie nicht selten als nur mäßig effizient eingeschätzt (Holm, 2019, 9).

Grundsätzlich besteht bei einer nachfrageseitigen Preisregulierung die Gefahr falscher Signale. Nach Braun (2021, 71) zeigen hohe Mieten und Immobilienpreise an, dass „das Boot voll“ ist. Eine „künstliche“ Dämpfung der Mieten reizt jedoch den weiteren Zuzug in die attraktiven Wachstumsstädte an und verstärkt damit gerade diejenigen räumlichen Ungleichgewichte, die zu der Wohnkostenproblematik beigetragen haben. Zudem wirkt eine Preisregulierung wie eine Sonderbesteuerung der Vermieter:innen (Sebastian, 2016, 243-244). Hiermit können auch Effekte verbunden sein, wie sie von steuerlichen Zusatzlasten bekannt sind (z. B. Investitionszurückhaltung). Im Gegensatz zu einer offenen Besteuerung entstehen der öffentlichen Hand hierdurch allerdings Einnahmenausfälle (Kühling et al., 2021).

Dabei sind die de facto-Subventionen aufgrund der Höchstpreise nicht nur hinsichtlich der Belastung, sondern auch der Begünstigungswirkungen intransparent. Die nachfrageseitig ansetzenden, großräumigen Preisregulierungen gelten als wenig sozial treffsicher. Mense et al. (2019) zeigen, dass eine Mietpreisregulierung der zweiten Generation zwar die Mieten im regulierten Marktsegment senkt, diese dafür im unregulierten Marktsegment umso stärker steigen. Inwieweit dabei auch weniger gut Verdienende in das freie Segment abwandern, dürfte einmal von der Korrelation zwischen Einkommen und Zahlungsbereitschaft für Wohnraum abhängen – generalisierende Aussagen sind diesbezüglich schwer zu treffen. Zudem werden trotz der Mietpreisbegrenzung Vermieter:innen in der Regel bonitätsstarke Mieter:innen bevorzugen. Dann aber macht die Mietpreisbegrenzung für die Allokation der Wohnflächen am Ende keinen Unterschied (Sotelo, 2016, 12). Soweit infolge der Preisregulierung nicht nur die bedürftigen Mieter:innen, sondern auch diejenigen profitieren, die sich den Marktpreis durchaus leisten könnten, entstehen zusätzliche Konsumentenrenten – als Differenz zwischen der Zahlungsbereitschaft und dem regulierten Preis.

Die soziale Treffsicherheit angebotsseitiger, kleinräumiger Regulierungen ist insoweit höher, als die öffentliche Hand Einfluss auf die Auswahl der Mieter:innen hat. Daher lässt sich auch Bedenken – z. B. bezüglich der sozialen Durchmischung – im Rahmen der Objektförderung gut begegnen; diese erlaubt grundsätzlich eine unmittelbare Steuerung der Belegung. Allerdings können auch im Rahmen objektbezogener Preisregulierungen Konsumentenrenten entstehen. Anders als beim Wohngeld, wo die Bedürftigkeit kontinuierlich geprüft wird, geschieht dies im Rahmen der Objektförderung in der Regel nur bei Einzug. Wachsen die Mieter:innen zu späteren Zeitpunkten aus der Bedürftigkeit hinaus, können sie in den geförderten Wohnungen mit den günstigen Preisen verbleiben. Die Fehlbelegung von geschätzt 50 %, die hierdurch entsteht, macht Maßnahmen der Objektförderung sehr ineffizient (Voigtländer, 2016, 19-20).

Regulatorisch bedingte Konsumentenrenten beeinflussen auch die relativen Preise. Es stellen sich neue Haushaltsoptima ein, weil sich der Konsum von Wohnfläche im Vergleich zu anderen Gütern verbilligt. Wohnfläche wird verstärkt nachgefragt bzw. bei wegfallendem Bedarf nicht mehr freigegeben („Lock-in-Effekt“). In den 30 Jahren von 1991 bis 2021 stieg der Wohnflächenkonsum pro Kopf von 34,9 qm auf 47,4 qm, also um fast 36 % (Statista, 2023), was jedoch auch auf andere Effekte (z. B. zunehmende Singularisierung) zurückzuführen war.

Nun sind zwar in einer Marktwirtschaft Konsumentenrenten ubiquitär. Regulatorisch bedingte Konsumentenrenten wirken jedoch schädlich – speziell bei Wohnraum. Selbst wenn trotz der Preisregulierung der Neubau noch wirtschaftlich darstellbar wäre, ist das Angebot auch aus anderen Gründen (z. B. Dauer der Baugenehmigungen, Baulandknappheit) so unelastisch, dass eine erhöhte Nachfrage nach Wohnraum kurz- bis mittelfristig oft nicht gedeckt werden kann. Bei Mietpreisregulierungen der ersten Generation, wie ihn der aus formalen Gründen gescheiterte Berliner Mietendeckel darstellte, fehlt hierzu ohnehin allein schon aufgrund der rigiden Höchstpreise der wirtschaftliche Anreiz. In der Folge kommt es zu einem Nullsummenspiel: Was die einen Mieter:innen zu viel an Wohnfläche haben, fehlt den anderen. Unterbelegten Wohnungen stehen überbelegte Wohnungen gegenüber – es kommt zu einem Mismatch (Sagner und Voigtländer, 2023).

Das Ziel der Wohnungspolitik kann aber nicht sein, die Privilegien von Bestandsmieter:innen in überdimensionierten Wohnungen und mit geringen Mieten zu wahren. Vielmehr muss sie sich um Gruppen wie Zuzügler:innen mit geringem Einkommen oder Familien, die ihre Wohnfläche vergrößern müssen, kümmern (Kühling et al., 2021). Ein Schlüssel hierfür liegt in der Eliminierung der regulatorisch bedingten Konsumentenrenten.

Ein Vorschlag zur Behebung des Regulierungsversagens

An dieser Stelle kommt der Vorschlag von Kühling et al. (2021) ins Spiel. Hiernach soll die ortsübliche Vergleichsmiete näher an die Knappheitsmiete herangeführt werden, indem die ortsübliche Vergleichsmiete nur noch aus den Neuvermietungen der vergangenen sechs Jahre abgeleitet wird. Die Ertragslücke zwischen Marktmiete und regulierter Miete soll also perspektivisch beseitigt werden. Mit der „neuen Preiswahrheit“ werden auch eine Reihe von Folgeregulierungen entbehrlich (Sotelo, 2016, 8). So sollen auch Kappungsgrenze und Modernisierungsumlage wegfallen (Sebastian, 2016, 242). Der bestehende Kündigungsschutz wird hingegen nicht infrage gestellt. Unter (Immobilien-)Ökonom:innen besteht ohnehin ein weitgehendes Einvernehmen dahingehend, dass sich der Kündigungsschutz unter anderem aufgrund spezifischer Investitionen der Mieter:innen auch ökonomisch gut begründen lässt (Sotelo, 2016, 8).

Die Leistbarkeit für Haushalte mit geringeren Einkommen wollen die Autoren des Vorschlags durch eine gestärkte und bis in die Mittelschicht hinein ausgeweitete Subjektförderung sicherstellen. Unter anderem sollen dabei Wohngeld und Kosten der Unterkunft zusammengeführt und wesentlich vereinfacht werden. So soll eine höhere soziale Treffsicherheit gewährleistet werden. Die Finanzierung der dann ausgebauten Subjektförderung soll durch eine Besteuerung der nach Schließung der Ertragslücke erhöhten Mieterträge geschehen („Vermieter-Soli“). Zur Erleichterung der Anpassung an das neue Regime sind Übergangsfristen vorgesehen.

Objektförderung: besser als ihr Ruf

Obwohl Kühling et al. (2021) auf Subjektförderung setzen, würden sie vermutlich dahingehend zustimmen, dass Haushalten mit einem Zugangsproblem aufgrund spezifischer Merkmale (z. B. Ethnie, Obdachlosigkeit etc.) nicht mit Wohngeld geholfen werden kann. Folgt man der hier aufgestellten These, wonach regulatorisch bedingte Konsumentenrenten ein zentrales Problem der Wohnungsmarktregulierung darstellen, so könnten diese jedoch auch im Rahmen angebotsseitiger, kleinräumig wirkender Regulierungen begrenzt werden. Ähnlich wie bei der Subjektförderung könnte die Bedürftigkeit periodisch geprüft werden. Ist diese nicht mehr gegeben, könnte z. B. die Miete angepasst werden (Löhr, 2021, 83-84).

Die Eliminierung der regulatorisch bedingten Konsumentenrenten vorausgesetzt, steht der angebotsseitige Ansatz im Vergleich zur Subjektförderung daher durchaus nicht schlecht dar: So kann Wohngeld als mittelbare, „durchgeleitete“ Kompensation der Vermieter:innen für die Nachteile aus dem Mietverhältnis interpretiert werden, für Mieter:innen hingegen als „durchlaufender Posten“. Private Vermieter:innen als mittelbare Förderempfänger:innen haben jedoch regelmäßig eine geringere Bonität, höhere Risikoprämien und damit auch höhere Diskontierungssätze als die öffentliche Hand als Fördergeberin. Im Ergebnis ist daher der Barwert der periodisch gezahlten Zuwendungen höher als der von den Vermieter:innen empfangene Zahlungsstrom – es entstehen Diskontierungsverluste. Bei der Objektförderung kommt hingegen bei den Vermieter:innen genau der Barwert an, den die öffentliche Hand ausgezahlt hat – wenn die Auszahlung in einem Einmalbetrag zum Zeitpunkt der Investition geschieht (Löhr, 2021, 74-75). Diskontierungsverluste werden vermieden.

Kühling et al. (2021) werben mit der höheren sozialen Zielgenauigkeit ihres Vorschlags im Vergleich mit der derzeitigen Preisregulierung, von der deutlich mehr Haushalte profitieren als nötig. Wenn aber nur ein Bruchteil der Haushalte förderbedürftig ist, müssen als Konsequenz einer Schließung der Ertragslücke die zusätzlichen Mieteinnahmen deutlich höher als das zusätzlich gezahlte Wohngeld sein. Ist der „Vermieter-Soli“ nicht konfiskatorisch ausgestaltet, werden die Vermieter:innen zulasten der Mieter:innen bessergestellt als gegenwärtig – und dies vor allem bei Objekten in guten Lagen (Fabricius, 2023). Eine solche soziale Schieflage kann bei angebotsseitigen Regulierungen vermieden werden.

Schließlich führt die beabsichtigte Ausweitung der Anspruchsberechtigung für Wohngeld bis in die (untere) Mittelschicht hinein zu einer Stärkung der Nachfrageseite. Infolgedessen können gerade in angespannten Märkten, wo das Bauland knapp und das Angebot an Wohnraum unelastisch ist, die Vermieter:innen ihre Marktmacht nutzen, um das Mietpreisniveau weiter zu erhöhen (Kühl, 2019, 614). So besteht die Gefahr, dass die Wohngeldzahlungen verpuffen bzw. eine Preis-Subventionsspirale einsetzt (Sotelo, 2016, 11). Um Missverständnisse zu vermeiden: All dies spricht nicht grundsätzlich gegen den Vorschlag von Kühling et al. (2021) sowie deren Argumentation. Es legt jedoch nahe, gerade in angespannten Märkten nicht ausschließlich auf Subjektförderung zu setzen.

Allerdings besteht noch ein weiteres Problem: Der Vorschlag von Kühling et al. (2021) adressiert nur den Mietwohnungsmarkt. Damit werden die „Quasi-Konsumentenrenten“ im Rahmen des selbstgenutzten Wohneigentums nicht thematisiert. Diese entstehen als Unterschied zwischen dem Nettonutzen aus dem gegenwärtigen Wohnraum und einer Wohnraumalternative (Umzug). Zu denken ist etwa an ältere Leute, die nach Auszug der Kinder und/oder des Verlustes des Lebenspartners in zu großen Wohnungen verbleiben. Die Mindernutzung an Wohnraum aufgrund derartiger „Lock-in-Effekte“ dürfte erheblich sein (Mense et al., 2019). Die von Kühling et al. (2021) beabsichtigte Liberalisierung der Mietpreise würde zwar zu erhöhten Opportunitätskosten der „Flächenhortung“ privater Eigentümer:innen führen. Ob dies allein jedoch ausreicht, um die betreffenden Flächen wieder dem Markt zuzuführen, ist fraglich. Einerseits bedarf es häufig beträchtlicher Investitionen (Umzug oder Aufteilung von Wohnraum), andererseits ist die Aufnahme „Fremder“ in die eigenen vier Wände immer auch mit Unwägbarkeiten verbunden. An dieser Stelle wäre zu fordern, dass auch die „Quasi-Konsumentenrenten“ selbstnutzender Eigentümer:innen abgeschöpft und zugleich finanzieller Druck auf das Angebot nicht mehr selbst benötigter Wohnflächen entfaltet wird (dazu unten mehr). Eine unterschiedliche regulatorische Behandlung von Mietwohnungen und selbst genutztem Wohneigentum ist zu vermeiden. Sie würde auf eine Separierung beider Teilmärkte hinauslaufen und die Entscheidung zwischen Eigentum und Miete verzerren.

„Vermieter-Soli“ – aber wie?

Dies führt zu einem zentralen Problem des Vorschlags von Kühling et al. (2021), der geforderten Sonderbelastung der Vermieter:innen. Nach den Vorstellungen der Autoren soll der „Vermieter-Soli“ als Zuschlag in die Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer integriert werden. Nicht thematisiert werden hierbei die Auswirkungen auf die Gewerbesteuer bei gewerbesteuerpflichtigen Vermieter:innen.

Erkennt man die Rolle regulierungsbedingter Konsumentenrenten als eines der Schlüsselprobleme für einen funktionierenden Mietwohnungsmarkt an, so muss die Ertragslücke geschlossen und die regulierungsbedingte Konsumentenrente kapitalisiert werden. Die Konsequenz mag zunächst verstören: Ein entsprechendes Verhalten der Vermieter:innen sollte nicht – wie durch das derzeitige Regulierungsregime – verhindert, sondern im Gegenteil incentiviert werden. Dies funktioniert aber nicht zuverlässig, wenn die Abgabe nur die Ist-Erträge erfasst. Mit dem freiwilligen Verzicht auf das Schließen der Ertragslücke kann auch die Steuerbelastung reduziert werden. Stattdessen sollte sich die Abgabe am „highest and best use“ orientieren. Geht man davon aus, dass sich langfristig die höchsten Rentengebote auch im Wohnungsmarkt durchsetzen (Alonso 1964), bildet sich der „highest and best use“ in den Bodenwerten ab: Diese ergeben sich im Wesentlichen aus den abdiskontierten potenziellen Bodenrenten. Letztere sind ein Residuum, das entsteht, wenn von den potenziellen Mieteinnahmen die Kosten des Gebäudes und seiner Bewirtschaftung abgezogen werden. Wird die Ertragslücke geschlossen, erhöhen sich die Bodenrenten und damit auch die Bodenwerte. Über eine Anknüpfung der Steuer an die Bodenwerte könnte somit der Sollertrag als „highest and best use“ erfasst werden. Dies sollte aber nicht nur bei vermieteten Wohnungen, sondern auch bei selbstgenutztem Wohneigentum geschehen (Meyer, 2001). Bei diesen könnte so in gleichem Maße wie bei Mietwohnungen ein wirtschaftlicher Druck auf eine effizientere Flächennutzung entfaltet werden.

Zudem muss verhindert werden, dass die Abgabe auf die Mieter:innen überwälzt wird (eine Steuerrückwälzung ist bei Mietwohnungen nur schwer vorstellbar). Ansonsten könnte die Miete möglicherweise über den Knappheitspreis hinaus ansteigen – auch mit der Folge von Wohlfahrtsverlusten. Dies können die Einkommen- und Körperschaftsteuer allein schon deswegen nur beschränkt leisten, da diese Steuern – abhängig von den Preiselastizitäten von Angebot und Nachfrage – als teilweise überwälzbar gelten. Allein über die Erfassung der im Gewinn enthaltenen kalkulatorischen Kostenkomponenten in der Bemessungsgrundlage wirken sie ähnlich wie eine Kostensteuer und beeinflussen mittelbar die Preisbildung. Auf den Boden wirken hingegen lediglich die Bodenrenten (ohne die genannten kalkulatorischen Kostenkomponenten) wertbildend. Langfristig ist eine Bodenwertsteuer zudem insbesondere in angespannten Märkten aufgrund der geringen Angebotselastizität des Bodens kaum überwälzbar. Mit ihr gehen – anders als bei der Einkommen- und Körperschaftsteuer – daher auch kaum steuerliche Zusatzlasten und Wohlfahrtsverluste einher.

Einkommen- wie Körperschaftsteuer erfassen die Leistungsfähigkeit des Subjekts (natürliche bzw. juristische Person). Die Steuerlast lässt sich aber im Rahmen der Zinsschranke (§ 4h EStG) über eine Erhöhung des Verschuldungsgrades gestalten. Wenn Kühling et al. (2021) aus diesem Grunde mit Betriebsausgaben- bzw. Werbungskostenpauschalen arbeiten wollen, bewegen sie sich wieder auf eine Erfassung der Leistungsfähigkeit des Objekts zu. Dies könnte einfacher erreicht werden, wenn die Abgabe gleich als Objektsteuer konzipiert ist – wie eben die Bodenwertsteuer. Hiermit könnten auch steuersystematische Komplikationen dahingehend verhindert werden, dass ansonsten innerhalb der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG) unter Umständen unterschiedliche Einkünfteermittlungsvorschriften und unterschiedliche Steuersätze zur Anwendung kommen müssten.

Schließlich sollen die Vermieter:innen etwas von ihren Mehrerträgen zurückgeben, damit die notwendige soziale Flankierung der Schließung der Ertragslücke dargestellt werden kann. Dies rückt die Rechtfertigung der Abgabe in die Nähe des Äquivalenzprinzips. Eine Bodenwertsteuer eignet sich hierfür in besonderer Weise, zumal sich die Schließung der Ertragslücke in höhere Bodenrenten (als Residuum) und Bodenwerte übersetzt.

Insgesamt erscheint also die Abschöpfung der Mehrerträge über eine Bodenwertsteuer deutlich zielführender als eine Integration des „Vermieter-Soli“ in die Einkommen- und Körperschaftsteuer. Das „Aber“: Es würde sich um eine zweite Grundsteuer handeln, die neben die erst jüngst reformierte Grundsteuer (in ihrer je nach Bundesland unter Umständen unterschiedlichen Ausprägung) treten würde. Die rechtliche Zulässigkeit einer solchen nationalen Doppelbesteuerung erscheint fraglich. Zwar existieren durchaus Länder (wie Dänemark), die bei der Grundsteuer teilweise zweifach auf denselben Steuergegenstand zurückgreifen (PwC, 2023). Es bedürfte jedenfalls einer Verfassungsänderung, welche die Ertragshoheit zugunsten derjenigen staatlichen Ebenen, die die Subjektförderung aufbringen, neu regelt. Zu diesem Zwecke erscheint auch ein einheitlicher Steuersatz oder wenigstens eine Mindestbesteuerung zweckmäßig – ähnlich wie bei der Gewerbesteuer (§ 1, § 16 Abs. 4 S. 2 GewStG). All dies sind große, derzeit kaum überwindbare rechtliche und politische Hürden.

Schlussfolgerungen für wohnungspolitische Strategien

Der Vorschlag von Kühling et al. (2021) traf sowohl bei den Mieter:innen- wie den Vermieter:innenverbänden aus unterschiedlichen Gründen auf heftige Ablehnung (Walker, 2023). Er stellt insofern einen Paradigmenwechsel dar, als er auf regulatorisch bedingte Konsumentenrenten als das zu lösende Schlüsselproblem für einen funktionierenden Wohnungsmarkt hinausläuft. Es erscheint zunächst paradox: Um die Mieter:innen zu schützen, dürfen – anders als gegenwärtig – Konsumentenrenten durch wohnungsmarktpolitische Regulierungen nicht geschaffen, sondern müssen möglichst beseitigt werden. Dies gilt sowohl für angebots- wie nachfrageseitige Maßnahmen der Preisregulierung.

Wegen ihrer Kollateralschäden sollte ohnehin auf eine nachfrageseitige Preisregulierung allenfalls vorübergehend zurückgegriffen werden, um gegebenenfalls Zeit für anderweitige Maßnahmen zu schaffen (Dullien und Krebs, 2020, 5). Eine – an sich wünschenswerte – Liberalisierung des Preismechanismus führt solange zu sozialen Schieflagen, wie eine geeignete Abgabe zur Abschöpfung der Mehrerträge der Vermieter:innen nicht eingesetzt werden kann. Solange muss eine Liberalisierung entsprechend maßvoll erfolgen.

Gegen die angebotsseitige Preisregulierung bestehen hingegen unter der Voraussetzung wenig Bedenken, dass die Problematik der Fehlbelegung angegangen wird. Sie sollte in hochpreisigen Regionen und angespannten Wohnungsmärkten priorisiert werden. Bei unelastischem Wohnungsangebot sollte das Feuer (angespannte Wohnungsmärkte) hier nicht mit Öl (zusätzliche Nachfrage) gelöscht werden. Maßnahmen der Subjektförderung können jedoch auch hier durchaus subsidiär eingesetzt werden, soweit über Objektförderung allein die Wohnraumversorgung für die Bedürftigen nicht sichergestellt werden kann. In peripheren Regionen, wo die Wohnraumknappheit weniger akut ist, geht es hingegen eher um die Stützung der Einkommen, was am besten durch Subjektförderung geleistet werden kann.

Bei jeder Reform ist zudem darauf zu achten, dass keine weitere Separierung der Teilmärkte für Mietwohnungen und selbstgenutztes Wohneigentum erfolgt.

Die Kosten der skizzierten Maßnahmen hängen vom Mischungsverhältnis zwischen angebots- und nachfrageseitigen Regulierungen ab. Hier besteht Forschungsbedarf. Fakt ist jedoch, dass über eine bessere Allokation der vorhandenen Wohnflächen weniger Neubau notwendig ist. Dies ist nicht nur volkswirtschaftlich effizient, sondern auch aus ökologischer Sicht wünschenswert. Schließlich muss auch darauf geachtet werden, dass die Bauaktivität von heute nicht der Leerstand von morgen ist. Nach einer Rechnung von Fuhrhop (2023) wurden zwischen 1995 und 2020 ca. 6 Mio. Wohnungen für ca. 12 Mio. Menschen über den Bedarf hinaus gebaut – im Durchschnitt sind dies 240.000 Wohnungen pro Jahr für potenziell 480.000 Menschen. Diese Fehlallokation kostet überschlägig ca. 40 Mrd. Euro jährlich und könnte wenigstens partiell durch die beschriebenen Maßnahmen vermieden werden. Der überschüssige Wohnraum dürfte jedoch zu einem erheblichen Teil durch selbstnutzende Eigentümer:innen an Standorten errichtet worden sein, wo er nicht zur Linderung der Wohnungsnot in den Ballungsräumen beitragen konnte. Hier ist auch die (Regional-)Planung innerhalb des Instrumentenmix gefordert. Die Allzweckwaffe gibt es nicht. Die hier beschriebenen Maßnahmen müssen nicht als Paket, sondern können sukzessiv angegangen werden. Jede einzelne würde eine Verbesserung gegenüber dem Status quo bedeuten.

Literatur

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Title:Housing Policy: The Paradox of Regulation-Induced Consumer Rents

Abstract:In the German housing market, rents in existing tenancies are relatively highly regulated, creating a significant gap with market rents. The resulting regulation-induced consumer rents lead to considerable efficiency losses and mismatches. Moreover, rent regulation is not socially accurate. The article takes a critical look at a recent proposal aimed at liberalising rental prices and extending housing allowance. This shall be financed by taxing landlords for the additional income generated by liberalisation. Although the proposal goes to the heart of the problem, it is neither purposeful nor feasible in this form.

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© Der/die Autor:in 2023

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DOI: 10.2478/wd-2023-0174