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Nun roll(t)en sie wieder – so könnte man die Situation Anfang Januar 2024 beschreiben, als die Landwirtschaft mit Sternfahrten und ähnlichen Aktionen erhebliche Verkehrseinschränkungen verursachte, mit einem entsprechenden Medienecho. War dies nun Ausdruck der hohen Organisationsfähigkeit der Agrarlobby oder steckt ein gerechtfertigter Zorn über eine überproportionale Belastung der Landwirtschaft durch die Kürzungsvorschläge dahinter? Es scheint sinnvoll, zunächst die Größenordnung der im Raum stehenden Subventionskürzungen einmal einzuordnen, um die Hintergründe der heftigen Reaktionen erläutern zu können und die Begründbarkeit der Agrardiesel-Subventionen kritisch zu reflektieren.

Der Anfang Januar 2024 bereits abgemilderte Vorschlag, der den Stein des Anstoßes bildet, umfasst nun noch einen schrittweisen Abbau der Agrardieselrückvergütung von derzeit 21,48 Eurocent je Liter Diesel, die zunächst um 40 %, im Folgejahr um 70 % und im dritten Jahr um 100 % reduziert werden soll. Das Gesamtvolumen dieser Subvention wird von der Bundesregierung im 29. Subventionsbericht mit 440 Mio. Euro beziffert. Bei den knapp 260.000 landwirtschaftlichen Betrieben ergibt sich eine Belastung von anfangs 680 Euro für den durchschnittlichen Betrieb in Deutschland, die auf jährlich 1.700 Euro im Zieljahr ansteigt; betrachtet man die Durchschnittsfläche, so ergeben sich je Hektar landwirtschaftlich genutzter Fläche 10,6 Euro, ansteigend auf 26,50 Euro je ha. Bei den aktuellen Weizenpreisen entspricht die letztgenannte Zahl etwa 120 kg Weizen oder 1,6 % des durchschnittlichen Weizenertrags. Dass solch überschaubarer Subventionsabbau ohne gravierende wirtschaftliche Bedeutung zu dermaßen massiven Proteste führt, mag überraschen, vor allem wenn die außergewöhnlich gute Einkommenssituation der vergangenen beiden Jahre berücksichtigt wird. Woher kommt also die große Bereitschaft zum öffentlichen Protest?

Dies lässt sich nur vor dem Hintergrund einer Stimmung im Agrarsektor erklären, die bereits vor den jüngsten Kürzungsvorschlägen viel schlechter war, als es die tatsächliche Preis- und Einkommenssituation erwarten ließ. Die Landwirtschaft fühlte sich durch eine stetig ansteigende Regulierungs­dichte in den agrar- und umweltpolitischen Politikfeldern eingeschränkt und von ihrer selbst deklarierten Kernaufgabe „Produktion von Nahrungsmitteln“ zunehmend abgehalten. Die gesellschaftlichen Erwartungen an die Transformation des Agrarsektors in Bereichen, wie Tierwohl, Minderung von Umweltbelastungen und Verbesserung bei der Agrobiodiversität, führten zu Beschränkungen im Betriebsmitteleinsatz, z. B. bei Dünger und Pflanzenschutzmitteln. Die im European Green Deal avisierten Maßnahmen in der Biodiversitäts- und Farm-to-fork-Strategie führten zu weiterer Verunsicherung. Auch der Eindruck, es werde aus städtischen Milieus eine Politik gegen den ländlichen Raum gemacht, hatte sich in Teilen der Landwirtschaft verfestigt. All diese Faktoren, die sich noch um weitere Aspekte, wie ungesicherte Hofnachfolge, globalem Wettbewerb und Marktmacht im Lebensmitteleinzelhandel, ergänzen ließen, haben zu dieser explosiven Reaktion beigetragen.

Stellt man aber jenseits der kurzfristigen Proteste die Frage nach der gesamtwirtschaftlichen Begründbarkeit der Agrardiesel-Subventionen, so wird schnell offenkundig, dass eine überzeugende Begründung fehlt. Mittel- und langfristig ist zu erwarten, dass durch eine Verteuerung des Dieselverbrauchs in der Landwirtschaft die gesamtwirtschaftlich wünschenswerte Mengenreduktion zumindest schneller eintreten wird als bei unveränderter Begünstigung, sei es durch weniger besonders dieselintensive Arbeitsschritte, durch sukzessive Investition in besonders kraftstoffeffiziente Dieselmotoren oder durch die beschleunigte Entwicklung alternativer Antriebsformen. Die kurzfristig zweifellos vorhandene negative Einkommenswirkung dürfte durch eine Anpassung der Pachtpreise für Agrarflächen abgemildert werden, auch wenn diese Wirkung nicht besonders sichtbar werden dürfte. Das aktuelle bundesweite Preisniveau bei Neuverpachtungen liegt bei etwa 330 Euro je ha, sodass selbst eine vollständige Überwälzung der oben genannten 26,50 Euro immer noch einen Pachtpreis oberhalb von 300 Euro je ha bedeuten würde. Dies heißt im Umkehrschluss aber auch, dass das Herausfallen von landwirtschaftlichen Flächen aus der Produktion, wie es von manchen Interessenvertretern als Gefahr angedeutet wurde, nicht zu erwarten ist. Auch geringere Agrardiesel-Besteuerung beispielsweise in Dänemark (7 Eurocent je Liter) oder Belgien (0 Eurocent je Liter) kann als Begründung für eine fortgesetzte Steuervergünstigung nicht wirklich überzeugen. Zum einen gibt es wie in den Niederlanden mit gut 50 Eurocent je Liter einen höheren Steuersatz als in Deutschland nach Subventionsabbau, ohne dass dort eine wenig wettbewerbsfähige Landwirtschaft zu beobachten wäre; zum anderen müsste ansonsten, wenn eine EU-weite Vereinheitlichung gewünscht wäre, die Diskussion auch in Brüssel geführt werden.

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© Der/die Autor:in 2024

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DOI: 10.2478/wd-2024-0003