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Dieser Beitrag ist Teil von Agrarökonomie und Agrarpolitik: Herausforderungen und Lösungsansätze

Ab Dezember 2023 kam es zu massiven deutschlandweiten Protesten von Landwirt:innen. Auslöser war die Ankündigung der Bundesregierung nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Haushalt 2024 die Steuervergünstigungen für den in der Landwirtschaft verbrauchten Diesel sowie für landwirtschaftliche Kraftfahrtzeuge zu streichen. Doch auch nach Rücknahme der Streichung der Kraftfahrzeugsteuerbefreiung und einem auf drei Jahre gestreckten Abbau der Agrardieselbeihilfe hielten die Proteste an und es stellt sich die Frage, was sich hinter den Protesten tatsächlich verbirgt.

Ein seitens der Landwirtschaft vielfach vorgebrachtes Argument lag darin, dass durch die Streichung der Agrar-
dieselbeihilfe die internationale Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigt würde, wie etwa gegenüber Frankreich. Dieses Argument erstaunt, abgesehen von der für die meisten Betriebe überschaubaren Mehrbelastung von lediglich etwa 30 Euro je ha, insofern, als landwirtschaftliche Haupterwerbsbetriebe im Wirtschaftsjahr 2021/2022 für die Pacht landwirtschaftlicher Flächen durchschnittliche Pachtpreise von 378 Euro je ha gezahlt haben. In manchen Regionen, wie etwa dem Landkreis Cloppenburg, lagen die Pachtpreise laut Landwirtschaftszählung 2020 bei fast 1.000 Euro je ha (Statistische Ämter des Bundes und der Länder 2021a). Aufgrund derartiger Pachtpreise wäre eigentlich davon auszugehen, dass Grundrenten erwirtschaftet werden, die nicht nur eine grundsätzliche Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Landwirtschaft nahelegen, sondern auch Subventionskürzungen in Höhe der Dieselbeihilfe leicht wegpuffern könnten.

Das Thema Bodenpreise wurde in den vergangenen 15 Jahren in Deutschland vielfach diskutiert. Forciert wurden diese Diskussionen durch erhebliche Bodenpreissteigerungen. Zwar betraf dies vor allem die Kaufpreise landwirtschaftlicher Flächen, allerdings bedeutsamer sind für die allermeisten landwirtschaftlichen Betriebe die Pachtflächen, die nach Angaben des Statistischen Bundesamtes im Jahr 2020 60 % der landwirtschaftlichen Flächen umfassten, während zugleich im selben Jahr weniger als 0,5 % der landwirtschaftlichen Fläche veräußert wurde. Bevor auf Bodenmärkte näher eingegangen wird, wird im Folgenden die Einkommenslage und Struktur der landwirtschaftlichen Betriebe betrachtet.

Zur Einkommenslage landwirtschaftlicher Betriebe

Tatsächlich gibt es in der deutschen Landwirtschaft ein Einkommensproblem. Entsprechend Abbildung 1 erzielten kleinere landwirtschaftliche Haupterwerbsbetriebe zwischen den Wirtschaftsjahren 2012/2013 bis 2021/2022 kontinuierlich nur ein Einkommen (als Summe aus Gewinnen und Löhnen) von durchschnittlich etwa 21.000 Euro je Arbeitskrafteinheit, was bei etwa 2.000 Arbeitsstunden und Jahr nur knapp dem im Jahr 2022 gültigen Mindestlohn von 10,45 Euro entspricht. Nicht einberechnet ist dabei ein Entlohnungsanspruch für das eingesetzte Eigenkapital in Höhe von etwa 400.000 Euro je Arbeitskrafteinheit, der ebenfalls aus dem Einkommen zu bestreiten wäre. Noch ungünstiger sieht die Rentabilität der Nebenerwerbsbetriebe aus, die den überwiegenden Anteil ihres Haushaltseinkommens außerhalb des jeweiligen landwirtschaftlichen Betriebes erwirtschaften. Diese erzielten im selben Zeitraum sogar nochmals deutlich ungünstigere Ergebnisse mit einem durchschnittlichen Einkommen von nur etwa 16.000 Euro je Arbeitskrafteinheit bei einem Eigenkapitaleinsatz von sogar über 430.000 Euro je Arbeitskraft. Mit durchschnittlich etwa 32.000 Euro je Arbeitskraft liegt das Einkommen der mittleren Haupterwerbsbetriebe etwas höher, allerdings wäre auch bei diesen Betrieben ein Entlohnungsanspruch für das eingesetzte Eigenkapital von ebenfalls fast 400.000 Euro zu bedenken, sodass auch diese Betriebsgruppe im Durchschnitt kaum eine angemessene Entlohnung der eingesetzten Faktoren erzielt. Eher wäre die Anforderung einer angemessenen Entlohnung für den Durchschnitt der größeren Haupterwerbsbetriebe sowie der in Ostdeutschland verbreiteten juristischen Personen erfüllt. Letztere erzielten im Durchschnitt des Betrachtungszeitraums immerhin eine Eigenkapitalverzinsung von etwa 4,4 %.

Abbildung 1
Entwicklung der Gewinne und Löhne je Arbeitskraft nach Betriebsgrößen und Rechtsformen
Entwicklung der Gewinne und Löhne je Arbeitskraft nach Betriebsgrößen und Rechtsformen

Quelle: eigene Darstellung basierend auf den Buchführungsergebnissen der Testbetriebe des BMEL.

Für die im Zeitablauf kontinuierlich vorhandenen Rentabilitätsunterschiede der Betriebsgrößenklassen lassen sich eine Reihe von Ursachen anführen. Diese umfassen vor allem erhebliche Produktivitätsunterschiede. So lagen laut den Buchführungsergebnissen der landwirtschaftlichen Testbetriebe im Wirtschaftsjahr 2021/2022 die durchschnittlichen Weizenerträge bei den größeren Haupterwerbsbetrieben etwa 10 % höher als bei den kleineren, die Milchleistungen um 38 % und die Ferkelzahlen je Sau sogar um 55 % höher. Damit verbunden ist eine deutlich geringere Intensität der Flächennutzung kleinerer Betriebe, während umgekehrt der Arbeitseinsatz je Fläche gerade bei den kleineren Haupt- und Nebenerwerbsbetrieben absolut, aber insbesondere im Vergleich zur Intensität deutlich höher ist.

Die erheblichen Rentabilitätsunterschiede zwischen den Betriebsgrößenklassen dürfen jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch ähnlich strukturierte Betriebe erhebliche Rentabilitätsunterschiede aufweisen. Leider lassen sich diese Unterschiede nicht einfach und konsistent anhand der Agrarstatistik belegen. Die Diskrepanz dürfte sich allerdings daran verdeutlichen lassen, dass im Wirtschaftsjahr 2021/2022 die 30 % erfolgreichsten Haupterwerbsbetriebe einen Gewinn von durchschnittlich 196.000 Euro erzielten, während die 30 % am wenigsten erfolgreichen Betriebe einen Gewinn von durchschnittlich etwa 0 Euro erwirtschafteten. Allerdings bewirtschafteten die erfolgreichsten 30 % der Betriebe durchschnittlich 138 ha gegenüber 69 ha bei den weniger erfolgreichen, hatten also die doppelte Flächenausstattung, und erzielten 8 % höhere Weizenerträge je ha sowie 30 % höhere Milchleistungen je Kuh.

Bedeutung kleinerer und mittlerer Betriebe

Die beträchtlichen Rentabilitätsdefizite insbesondere der Nebenerwerbs- und kleineren Haupterwerbsbetriebe sind insofern auch absolut gesehen bedeutsam, als diese zusammen mehr als 60 % der landwirtschaftlichen Betriebe in Deutschland umfassen und mit durchschnittlichen Flächenausstattungen von 25 bzw. 45 ha je Betrieb etwa 26,5 % der landwirtschaftlichen Fläche bewirtschaften. Mittlere Betriebe repräsentieren bei einer durchschnittlichen Flächenausstattung von gut 70 ha weitere 18 % bis 19 % der Betriebe und landwirtschaftlichen Fläche. Entsprechend dieser Zahlen kann davon ausgegangen werden, dass wohl zumindest 70 % aller Betriebe im längerfristigen Durchschnitt kaum rentabel sind und diese wohl mindestens 40 % der landwirtschaftlichen Fläche bewirtschaften.

Regional betrachtet sind diese kleineren und mittleren Haupt- und Nebenerwerbsbetriebe besonders in Süd- und Westdeutschland verbreitet, was vor allem an ihrem Flächenanteil in Abbildung 2b deutlich wird. Während in Ostdeutschland Betriebe mit über 500 ha dominieren, sind es in Nord- und Nordwestdeutschland Betriebe mit 100 bis 500 ha, in Westdeutschland Betriebe mit 50 bis 200 ha und in Bayern eher Betriebe mit 20 bis 100 ha.

Abbildung 2
Anteile der Betriebsgrößenklassen in Hektar nach Bundesländern
Anteile der Betriebsgrößenklassen in Hektar nach Bundesländern

Quelle: eigene Darstellungen basierend auf Angaben des Statistischen Bundesamtes (2022).

Aus diesen Ergebnissen lassen sich eine Reihe von Fragen ableiten. Eine zentrale Frage lautet: Warum sind angesichts der nachhaltig geringen Rentabilität kleinere und mittlere Haupt- und Nebenerwerbsbetriebe zahlenmäßig so bedeutsam? Eine zweite Frage besteht darin: Welche Implikationen ergeben sich für die Landwirtschaft aus der Existenz von persistent wenig rentablen Betrieben, wenn diese hinsichtlich ihrer Anzahl als auch ihres Anteils an der Produktion und Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Flächen eine bedeutsame Gruppe darstellen?

Erklärungsansätze für die Persistenz wenig rentabler Betriebe

Die alleinige Betrachtung der Einkommenslage landwirtschaftlicher Betriebe besagt wenig über die Einkommenssituation landwirtschaftlicher Haushalte. Das gilt insbesondere für die Nebenerwerbsbetriebe, die definitionsgemäß den überwiegenden Anteil ihres Haushaltseinkommens außerhalb ihres Betriebes erwirtschaften. Zudem gibt es bei einem Großteil der landwirtschaftlichen Betriebe weitere landwirtschaftsnahe Einkünfte, die nicht den betrieblichen Einkommen zugerechnet sind, wie die Erzeugung erneuerbarer Energien (20 % der Betriebe), Forstwirtschaft (12 %), Arbeiten für andere landwirtschaftliche Betriebe (10 %) sowie die Direktverarbeitung und -vermarktung landwirtschaftlicher Erzeugnisse (7 %) (Statistische Ämter des Bundes und der Länder, 2021b).

Darüber hinaus genießt die Landwirtschaft in Deutschland zahlreiche Privilegien (Jensen, 2021). Teilweise fließen diese in die ermittelten Gewinne der Betriebe mit ein, wie die EU-Direktzahlungen, die Umverteilungsprämien oder die Agrardieselbeihilfe. In der Summe umfassen die Direktzahlungen und Zuschüsse bei den Haupt- und Nebenerwerbsbetrieben etwa 500 Euro/ha sowie bei den juristischen Personen etwa 400 Euro/ha, woraus eine erhebliche Abhängigkeit von diesen Zahlungen resultiert.

Neben diesen direkt betriebsbezogenen Begünstigungen resultieren weitere Begünstigungen aus dem Status der Landwirt:innen. Im Rahmen des Einkommenssteuerrechts gilt für Betriebe mit weniger als 20 ha Fläche und die zugleich nicht sehr intensiv wirtschaften, dass deren Gewinn im Regelfall entsprechend § 13a EStG auf 350 Euro/ha geschätzt wird, was deutlich unter dem Gewinn der meisten dieser Betriebe liegen dürfte, also nur knapp dem durchschnittlichen Pachtpreis. Von dieser Regelung dürften insbesondere überdurchschnittlich erfolgreich bewirtschaftete Kleinbetriebe profitieren, da die Gewinne jenseits der 350 Euro/ha steuerfrei sind und sich die Steuerersparnisse aus dem jeweiligen Grenzsteuersatz ableiten lassen. Diese Regelung dürfte etwa 45 % der Betriebe und 7 % der Fläche betreffen. Für Landwirt:innen mit einem Jahreseinkommen unter 30.700 Euro bzw. landwirtschaftliche Ehepaare unter 61.400 Euro ergibt sich aus § 13 (3) EStG ein besonderer Steuerfreibetrag von 900 Euro bzw. 1.800 Euro des landwirtschaftlichen Einkommens. Bei Einkünften aus Verkäufen von Bauland resultieren aus § 6b EStG besondere Abschreibungsmöglichkeiten bei Reinvestitionen. Im Rahmen des Erbschaftssteuerrechts besteht für Haupt- und Nebenerwerbsbetriebe entsprechend § 13a ErbStG bei mindestens siebenjähriger Fortführung des Betriebes über den Erbfall hinaus eine Befreiung von der Erbschaftssteuer. Ferner können landwirtschaftliche Betriebe im Rahmen der Regelungen des landwirtschaftlichen Erbrechts begünstigt an Hofnachfolger:innen vererbt werden, soweit diese fortgeführt werden. Die Größenordnungen der Begünstigungen durch das Erb- und Erbschaftssteuerrecht dürfte gerade mit Blick auf die hohen Bodenpreise in Süd- und Westdeutschland erheblich sein. Auch im Fall von Ehescheidungen gelten Sonderregeln, denen zufolge der Betrieb nicht mit dem Verkehrswert, sondern zum Schutz des Betriebes nur mit dem Ertragswert bewertet wird. Sowohl einzeln betrachtet als auch aufgrund ihrer kumulativen Wirkung dürften all diese Sonderregeln erhebliche Anreize schaffen, auch wenig oder gar unrentable landwirtschaftliche Betriebe fortzuführen.

Auswirkungen der Persistenz wenig rentabler Betriebe auf Wettbewerb und Bodenmärkte

Diese Privilegien und die daraus resultierende Persistenz wenig rentabler, häufig kleinerer und mittlerer Betriebe haben Auswirkungen auf umliegende landwirtschaftliche Betriebe. Das gilt umso mehr, da diese regional konzentriert auftreten und dort auch einen erheblichen Teil der Fläche bewirtschaften, wie insbesondere in Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen (siehe Abbildung 2). Damit steht den dortigen wachstumswilligen Betrieben wenig Fläche zur Erweiterung ihres Betriebes zur Verfügung und es kommt zu einer enormen Flächenkonkurrenz, bei der die landwirtschaftlichen Privilegien in die jeweilige Zahlungsbereitschaft für Fläche direkt oder indirekt eingepreist werden.

Die Intensität der Flächenkonkurrenz lässt sich insbesondere anhand der Kauf- und Pachtpreise landwirtschaftlicher Flächen verdeutlichen. Wie Abbildung 3 zeigt, sind neben den Bundesländern Niedersachsen und Schleswig-Holstein vor allem in den Bundesländern die Kauf- und Pachtpreise vergleichsweise hoch, die durch kleine und mittelgroße Betriebe geprägt sind, wie Bayern, Nordrhein-Westfalen sowie auch Baden-Württemberg (vgl. Abbildung 2). Im Vergleich dazu sind in den neuen Bundesländern mit einer Dominanz großer Betriebe mit über 500 ha die Bodenpreise vergleichsweise niedrig.

Abbildung 3
Kauf- und Pachtpreise landwirtschaftlicher Flächen nach Bundesländern
Kauf- und Pachtpreise landwirtschaftlicher Flächen nach Bundesländern

Quelle: eigene Darstellung basierend auf Auswertungen des Statistischen Bundesamtes (2022, 2023, 2024).

Für die sehr unterschiedlichen Kauf- und Pachtpreise gibt es neben den unterschiedlichen natürlichen Standortbedingungen eine Reihe von Erklärungen. So dürften für die enorm hohen Kaufpreise in Nordrhein-Westfalen und Bayern vor allem außerlandwirtschaftliche Faktoren verbunden mit Abschreibungsmöglichkeiten entsprechend § 6b EStG verantwortlich sein. Zudem ist in diesen Ländern der Anteil veräußerter landwirtschaftlicher Flächen äußerst gering. In Bayern und Nordrhein-Westfalen wurden entsprechend der Auswertungen des Statistischen Bundesamtes in den Jahren 2020 bis 2022 jeweils nur etwa 0,2 % der landwirtschaftlichen Fläche gehandelt.

Für die hohen Kauf- und Pachtpreise in Teilen von Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen dürften vor allem die intensive Viehhaltung bedeutsam sein. Dies gilt in Verbindung mit vergleichsweise großen und rentablen Haupterwerbsbetrieben auch für Schleswig-Holstein. Umgekehrt findet sich in den ostdeutschen Bundesländern eine weit unterdurchschnittliche Intensität mit sehr wenig Tierhaltung, eine Fokussierung auf den Anbau von Ackerfrüchten und teilweise ungünstigeren klimatischen Bedingungen sowie eine Dominanz von Lohnarbeitskräften, sodass sich viele landwirtschaftsspezifische Privilegien dort weniger auswirken.

Ein weiterer Erklärungsansatz für Unterschiede in Bodenpreisen liegt in der Flächenkonzentration. So finden Balmann et al. (2020) für Brandenburg, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt Preisabschläge für Kauf- und Pachtpreise landwirtschaftlicher Flächen bei lokal hoher Flächenkonzentration in Händen großer Betriebe. Allerdings sind diese Effekte nicht so groß, dass sie die hohen Preise in Regionen mit kleinen Betriebsgrößenstrukturen erklären können.

Bedeutsamer scheinen dagegen die Konkurrenzeffekte zu sein, die durch die landwirtschaftlichen Privilegien ausgelöst werden. Balmann und Sahrbacher (2014) kommen im Rahmen von Simulationsanalysen der als Teil der EU-Direktzahlungen gewährten Umverteilungsprämien zugunsten kleinerer Betriebe zu dem Schluss, dass diese wie auch die EU-Direktzahlungen nicht nur zeitlich zunehmend zu einem erheblichen Teil in höhere Pachtpreise überwälzt werden, sondern auch direkte agrarstrukturelle Effekte haben, die letztlich zulasten von wachstumswilligen Betrieben gehen. Diese Effekte kommen vor allem in Agrarstrukturen zum Tragen, in denen Betriebe der Größenklassen von 20 bis 100 ha miteinander konkurrieren, was etwa in Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen besonders bedeutsam ist. In derartigen Strukturen besteht zum einen das Phänomen, dass steigende Skalenerträge bedingen, dass sich Bodenpreise an den Ergebnissen der wettbewerbsfähigsten Betriebe orientieren, sodass die Pachtpreise oft über den durchschnittlichen Grundrenten liegen. Zum anderen bedingen Anreize zur Fortführung eigentlich unrentabler Betriebe, dass diese trotz hoher Pachtpreise nicht oder kaum bereit sind, Flächen abzugeben. Im Grunde herrscht dadurch eine andauernde, besondere Form ruinöser Konkurrenz, bei der anders als der ruinösen Konkurrenz in Oligopolen, nicht die Verdrängungsabsicht Treiber des Wettbewerbs ist, sondern die Sicherung von Privilegien. Entsprechend empfiehlt der Wissenschaftliche Beirat für Agrarpolitik, Ernährung und gesundheitlichen Verbraucherschutz (2018) in einer Stellungnahme zur zukünftigen Agrarpolitik der EU nicht nur einen Abbau bzw. Verzicht auf Direktzahlungen, sondern problematisiert insbesondere auch die Versuche, derartige Zahlungen durch eine Größendegression oder Umverteilung zu legitimieren, da diese Versuche unerwünschte Effekte auslösen.

Einordnung und Fazit

Auch wenn die deutsche Landwirtschaft angesichts der Globalisierung agrarischer Wertschöpfungsketten zweifellos im internationalen Wettbewerb steht, ist der lokale Wettbewerb zwischen landwirtschaftlichen Betrieben enorm. Dieser findet nicht nur auf den Produktmärkten, sondern vor allem auf den jeweiligen lokalen Bodenmärkten statt, auf denen sich landwirtschaftliche Betriebe aufgrund der räumlichen Immobilität des Bodens gegenseitig in ihrer Entwicklung beeinflussen (Appel und Balmann, 2023). Der nationale Wettbewerb dürfte in den kommenden beiden Jahrzehnten noch dramatisch durch den demografischen Wandel verstärkt werden, der zu erheblichem Fachkräftemangel gerade auch in vielen ländlichen Regionen führen dürfte.

Eine Besonderheit gegenüber anderen Sektoren liegt darin, dass der Landwirtschaft enorme Vergünstigungen gewährt werden. Die Zahlungen aus der Gemeinsamen Agrar-
politik (GAP) der EU umfassen alleine jährlich etwa 6,3 Mrd. Euro. Im Rahmen der nationalen Agrarpolitik sind es die Agrardieselbeihilfe, die KFZ-Steuerbefreiung, Einkommens- und Erbschaftssteuerbegünstigungen sowie das Erb- und Familienrecht, die zusammengerechnet jährlich weitere Milliarden an nationalen Vergünstigungen bedeuten. All diese Vergünstigungen müssen nicht nur von der Gesellschaft aufgebracht werden bzw. fehlen für andere staatliche Aufgaben, sondern führen innerhalb der Landwirtschaft zu Verzerrungen und mittel- bis längerfristigen Abhängigkeiten, wenn etwa Pachtverträge geschlossen, Investitionen getätigt oder Hofnachfolgeentscheidungen getroffen werden. Das gilt auch für die Agrardieselbeihilfe, von der anzunehmen ist, dass ein Großteil davon auf Jahre hinaus von den landwirtschaftlichen Betrieben in Pachtverträgen eingepreist wurde. Allerdings ist deren Umfang vergleichsweise bescheiden und dürfte bei der Streichung nur bedingt statistisch erfassbare Effekte auslösen. Gerade mit Blick auf die dennoch damit ausgelösten Proteste wäre die Agrarpolitik gut beraten, die innerwettbewerb­lichen Effekte der zahlreichen Begünstigungen der Landwirtschaft ernst zu nehmen; denn diese schaffen Abhängigkeiten und schränken dringend erforderliche politische Handlungsspielräume, wie etwa zugunsten des Biodiversitäts-, Klima- und Tierschutzes, enorm ein und können nur in seltenen Fällen zeitnah und dann wohl auch nur mit erheblichen politischen Friktionen beseitigt werden.

Der Beitrag basiert auf Ergebnissen der DFG-Forschungsgruppe FORLand.

Referenzen

Appel, F. und A. Balmann (2023), Predator or prey? Effects of farm growth on neighbouring farms, Journal of Agricultural Economics, 74(1), 214-236.

Balmann, A., J. Demoustier, A. Grau, M. Graubner, S. Hüttel, C. Kahle, D. Müller, M. Odening, J. Plogmann, M. Ritter und S. Seifert (2020), Marktmacht in landwirtschaftlichen Bodenmärkten – Bedeutung, Messung, Abgrenzung, https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/_Landwirtschaft/Flaechennutzung-Bodenmarkt/Marktmacht-Abschlussbericht.pdf (5. März 2024).

Balmann, A. und C. Sahrbacher (2014), Mehr als „Museumsprämien“? Zur Förderung der ersten Hektare und Junglandwirte im Rahmen der EU-Agrarpolitik, IAMO Policy Brief, 14. Januar, http://hdl.handle.net/10419/92495 (5. März 2024).

BMEL – Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (2024), Buchführungsergebnisse Landwirtschaft, https://www.bmel-statistik.de/landwirtschaft/testbetriebsnetz/testbetriebsnetz-landwirtschaft-buchfuehrungsergebnisse/archiv-buchfuehrungsergebnisse-landwirtschaft/buchfuehrungsergebnisse-landwirtschaft-2021/22 (4. März 2024).

Jensen, N. (2021), Die Privilegierung der Landwirtschaft, Schriften zum Agrar-, Umwelt- und Verbraucherschutzrecht, Bd. 88.

Statistische Ämter des Bundes und der Länder (2021a), Wem gehört die Landwirtschaft?, https://www.giscloud.nrw.de/arcgis/apps/storymaps/stories/43e6eb55a955499eb8e624e78b38ecca (4. März 2024).

Statistische Ämter des Bundes und der Länder (2021b), Lebensgrundlage Landwirtschaft. Zwischen Spezialisierung und Diversifizierung, https://www.giscloud.nrw.de/arcgis/apps/storymaps/stories/0a145507a3154f8b8dc14f938a96f9b7 (4. März 2024).

Statistisches Bundesamt (2020), Eigentums- und Pachtverhältnisse Fachserie 3, Reihe 2.4, 2020

Statistisches Bundesamt (2022), Rechtsformen und Erwerbscharakter, Fachserie 2.1.5, Landwirtschaftszählung 2020.

Statistisches Bundesamt (2023), Die Datenbank des Statistischen Bundesamtes. Code 61521-0010, Verkäufe von landwirtschaftlichen Grundstücken, Bundesländer, Jahr 2021, https://www-genesis.destatis.de/genesis/online (4. März 2024).

Statistisches Bundesamt (2024), Die Datenbank des Statistischen Bundesamtes. Code 61521-0010, Verkäufe von landwirtschaftlichen Grundstücken, Bundesländer, Jahr 2022, https://www-genesis.destatis.de/datenbank/beta/statistic/61521/table/61521-0010 (4. März 2024).

Wissenschaftlicher Beirat für Agrarpolitik, Ernährung und gesundheitlichen Verbraucherschutz beim BMEL (2018), Für eine gemeinwohlorientierte Gemeinsame Agrarpolitik der EU nach 2020: Grundsatzfragen und Empfehlungen. Stellungnahme, https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/_Ministerium/Beiraete/agrarpolitik/GAP-GrundsatzfragenEmpfehlungen.pdf (4. März 2024).

Title:Agriculture, National Competition and Land Markets

Abstract:German agriculture exhibits persistent income problems. While larger farms are on average quite profitable, this is consistently not true for the majority of part-time and small- and medium-sized family farms. These farms are particularly prominent in the southern and western parts of Germany while larger family and corporate farms dominate the north and the east. Competition among farms is fierce on land markets. Particularly regions with smaller farms exhibit high land prices, often higher than the Ricardian land rents. This market disequilibria as well as the persistence of income deficits for small farms can be attributed to agricultural subsidies, tax benefits and legal privileges.

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© Der/die Autor:in 2024

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DOI: 10.2478/wd-2024-0045