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Die Energiewende umfasst neben dem Ausstieg aus der Atomenergie unter anderem auch den Ausbau erneuerbarer Energien, die Steigerung der Energieeffizienz und die Senkung des Treibhausgasausstoßes. Dabei wird viel Geld bewegt und es stellt sich immer dringender die Frage nach der sozialen Gerechtigkeit, wenn bereits heute mehr als 17% der privaten Haushalte durch Energiekosten stark belastet sind. Energiearmut wird damit in Deutschland zu einem neuen sozialpolitischen Phänomen.

Die Energiewende ist das größte umweltpolitische Projekt in der Geschichte der Bundesrepublik und in gewissem Sinne ein großes politisches Experiment. Unter dem Label der Energiewende wird eine Reihe verschiedener Ziele verfolgt. Dazu gehören unter anderem der Atomausstieg, der Ausbau erneuerbarer Energien, die Steigerung der Energieeffizienz und die Senkung des Treibhausgasausstoßes. Die Transformation des Energiesystems verlangt Kompromisse: Ökologie und Wirtschaftlichkeit, soziale Gerechtigkeit und internationale Wettbewerbsfähigkeit, europäische Perspektiven und lokale Bürgerinteressen müssen unter einen Hut gebracht werden. Im Zuge der Energiewende wird viel Geld umverteilt. Das sind alleine durch die Grünstrom-Umlage des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) insgesamt rund 20 Mrd. Euro im Jahr 2013.1 Weitere Kosten kommen in Zukunft hinzu, etwa für den Ausbau von Netzen und Stromspeichern. Für private Haushalte und viele Unternehmen entstehen so spürbare Kosten. Dass dabei nicht alle gewinnen, liegt auf der Hand. Bereits heute sind gut 17% der Haushalte in Deutschland stark durch die Kosten für Strom, Wärme und Warmwasserbereitung belastet.2 In Deutschland ist von Energiearmut als neuem sozialpolitischem Phänomen die Rede.

Die Bezahlbarkeit von Energie ist ein Baustein des energiepolitischen Zieldreiecks, das verlangt, sowohl Wirtschaftlichkeit, Umweltfreundlichkeit als auch Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Um Bezahlbarkeit von Strom für stromintensive Industrien zu sichern, wurden zahlreiche Ausnahmeregelungen geschaffen. Auch wenn die große Mehrzahl der Unternehmen in Deutschland nicht in den Genuss von Ausnahmen bei der EEG-Umlage kommt – ein großer Teil der Kosten der Energiewende landet letztendlich bei den Verbrauchern. Private Haushalte haben kaum eine Lobby. Dies gilt umso mehr für ärmere Haushalte. Sie sind auf ausgewogene politische Entscheidungen bei der Verteilung der Kosten der Energiewende angewiesen.

Die Analyse von Verteilungswirkungen der Energiewende ist aus drei Gründen von Interesse:

  1. Sie zeigt auf, welche Akteure von der Energiewende profitieren und deckt so politische Interessenstrukturen auf.
  2. Es wird deutlich, wer die Verlierer der Energiewende sind. Von diesen Gruppen kann keine nachhaltige Unterstützung für das Projekt erwartet werden. Wird die Gruppe der Verlierer immer größer, so droht das „Generationenprojekt Energiewende“ zu scheitern. Eine von vielen als ungerecht empfundene Politik wird in einer liberalen Gesellschaft langfristig keine Unterstützung finden.
  3. Verteilungseffekte verdeutlichen auch die Wichtigkeit der Effizienz in der Umweltpolitik, denn Kosten können durch effiziente politische Reformen eingedämmt werden.

Zur sozialen Gerechtigkeit der Energiewende

Inzwischen vergeht kaum ein Tag, an dem nicht in öffentlichen Medien über ausufernde Kosten und Gerechtigkeitsprobleme der Energiewende – des „deutschen Apollo-Programmes“ – geklagt wird. Wieviel Substanz steckt hinter solchen Meldungen? Betrachtet man Fragen der Gerechtigkeit, dann sind anscheinend offenkundige Defizite zu erkennen: Auf europäischer Ebene werden nicht alle Energieversorger gleich behandelt. Deshalb werden zurzeit Gerichte bemüht, um zu klären, ob Einspeisevergünstigungen für inländische Unternehmen nicht auch EU-ausländischen gewährt werden müssen.3 Aber auch innerhalb Deutschlands verzerrt das EEG den Wettbewerb zwischen Unternehmen. Einige stromintensive Unternehmen werden von der EEG-Umlage befreit, die andere nicht-privilegierte Unternehmen und Haushalte zahlen müssen. Die Belastungen verschieben sich so von energieintensiven Unternehmen zu weniger energieintensiven Betrieben, von großen Stromkonsumenten zu kleinen Abnehmern, von großen Konzernen zu kleinen und mittleren Unternehmen. Die Wettbewerbsvorteile der einen werden so zum Wettbewerbsnachteil für andere inländische Unternehmen.

Darüber hinaus besteht zwischen den Bundesländern ein Gerechtigkeitsproblem. Haushalte aus Nordrhein-Westfalen zahlen für die Überschüsse, die Bayern aus der EEG-Umlage erwirtschaftet.4 Die Belasteten gehören oft ärmeren Bevölkerungsschichten an, während die Nutznießer unter anderem Haus- oder Grundbesitzer sind. Womit wir bei der sozialen Gerechtigkeit wären. In dieser Hinsicht scheint die Energiewende besonders schlecht abzuschneiden. Ärmere Bevölkerungsschichten tragen überproportional die Lasten grüner Stromproduktion, müssen über die EEG-Umlage die Industriepolitik (eigentlich eine Aufgabe des Steuerzahlers) mitfinanzieren, und können nicht einmal zum Ausgleich von der Eigenproduktion grüner Energie oder den Chancen grüner Investments profitieren.5

Solche Ermahnungen fokussieren einseitig auf die Gerechtigkeitsdefizite der Energiewende. Das reicht für eine Beurteilung des bisherigen Förderansatzes der Energiewende jedoch nicht einmal aus engerer gerechtigkeitstheoretischer Perspektive aus. Denn die Energiewende dient auch der Gerechtigkeit, und zuvörderst der sogenannten intergenerationalen Gerechtigkeit. Sie berücksichtigt, was wir zukünftigen Generationen an ökologischer und nachhaltiger Energiegewinnung schulden. Ist deshalb nicht ein Kompromiss zwischen konkurrierenden Gerechtigkeits­typen erforderlich? Und müssen fairer Wettbewerb und soziale Gerechtigkeit nicht dabei zurückstecken? Kompromisse sind natürlich nicht nur innerhalb der Sphäre der Gerechtigkeit gefragt. Ökonomische Effizienz, ökologische Verträglichkeit, Versorgungssicherheit und Netzstabilität oder EU-politische Anschlussfähigkeit sind mit Recht hochrangige Ziele der deutschen Energiepolitik. Keines dieser Ziele kann alleinige Geltung beanspruchen, jedes muss kompromissfähig gehandhabt werden. Betrifft das nicht auch das Ziel der Gerechtigkeit?

Für die soziale Gerechtigkeit, auf die wir uns konzentrieren, lohnt es in diesem Zusammenhang den Bericht der Ethik-Kommission der Bundesregierung zu konsultieren.6 Demnach sind drei Säulen der Nachhaltigkeit für die Energiewende besonders wichtig: intakte Umwelt, soziale Gerechtigkeit und gesunde Wirtschaftskraft. Die Ethik-Kommission erstellt keine Rangordnung zwischen diesen Zielen, was heißt, dass sie für erforderliche Zielkompromisse keine Vorgaben macht. Das entspricht der Vorstellung, auch Fragen der Gerechtigkeit in Kompromisse einzubinden, die im Übrigen vornehmlich eine politische Aufgabe darstellen.

Nimmt man den Gerechtigkeitsdiskurs der Gegenwart ernst, greift diese völlig unbestimmte Haltung jedoch zu kurz. Unter den sonst so uneinigen Gerechtigkeitstheoretikern besteht zumindest weitgehend Einigkeit, dass soziale Gerechtigkeit nicht nachrangig behandelt werden darf. Hierfür steht ein einleitender Satz aus John Rawls’ Werk „Eine Theorie der Gerechtigkeit“, der programmatisch für das moderne Gerechtigkeitsverständnis geworden ist: „Gerechtigkeit ist die erste Tugend sozialer Institutionen.“7 Letztlich darf intergenerationale Gerechtigkeit deshalb nicht in der oben suggerierten Weise gegen soziale Gerechtigkeit ausgespielt werden. Intergenerationale Gerechtigkeit (und mit ihr der Klimaschutz) obliegt Gesellschaften von gegenwärtig Lebenden als Ganzen. Sie ist von diesen Gesellschaften zu leisten, ohne grundlegende Forderungen sozialer Gerechtigkeit zu verletzen. Der Anspruch der Zukünftigen darf nicht überproportional den Schwächeren unter den heute Lebenden auferlegt werden. In ähnlicher Weise müssen die Schwächeren in einer Gesellschaft vor Kompromissen geschützt werden, die ökologischen oder wirtschaftlichen Zielen dienen, aber gerade den Schwächeren und Schwächsten unverhältnismäßige Lasten aufbürden.

Hieraus folgt wohlgemerkt nicht, dass mit Berufung auf soziale Gerechtigkeit jeglicher Kompromiss verweigert werden darf. Doch beim Schutz der Schwächeren in einer Gesellschaft liegt der Kern sozialer Gerechtigkeit, und deshalb ist es insbesondere hier angebracht, auf die angemessene Höhe und Verteilung von Lasten zu achten. Das führt dazu, weniger auf allgemeine Veränderungen der Einkommensverteilung zu blicken als auf die Auswirkungen der Energiewende für ärmere und schutzbedürftige Bevölkerungsschichten.

Es wird gelegentlich behauptet, es gäbe auch in dieser Hinsicht kein nennenswertes Problem mit der sozialen Gerechtigkeit, denn die finanziellen Bürden der Energiewende seien hierfür zu gering. Ob das empirisch für die untersten Einkommensgruppen tatsächlich der Fall ist, darüber wird weiter unten zu sprechen sein. Im Voraus kann aber vor einigen allgemeinen argumentativen Kurzschlüssen gewarnt werden. Die erste Warnung betrifft die Annahme, finanzielle Lasten wirkten sich kontinuierlich auf die Lage der Schwächeren aus. Armut besitzt oft einen Schwellencharakter. Wer diese Schwelle überschreitet, kann sich nicht mehr durch Verzicht auf andere Konsumoptionen leisten, was zu einem angemessenen Leben erforderlich ist. Deshalb ist es wichtig, – trotz aller methodologischer Probleme – Schwellenwertkonzeptionen der Energiearmut im Blick zu behalten.

Des Weiteren lassen sich unverhältnismäßige Belastungen durch die Energiewende nicht durch noch größere Belastungen aufgrund weltweit steigender Brennstoffpreise rechtfertigen. Im Gegenteil: Sofern Schutz für die Schwächeren geboten ist, folgt aus einer ohnehin vorhandenen unverschuldeten externen Belastung der Schwächeren, dass zusätzliche unverhältnismäßig hohe, politisch kontrollierbare Belastungen nach Möglichkeit vermieden werden sollten. Das ist natürlich kein Plädoyer gegen die Energiewende. Hier geht es nur um Lastengerechtigkeit für die Schwächeren in unserer Gesellschaft. Die kann ohne Beeinträchtigung der Energiewende auf unterschiedlichen Wegen gewährleistet werden.

Kosten auf Haushaltsebene

Betrachtet man die Preisentwicklung für die Energieträger Erdgas, leichtes Heizöl, Fernwärme und Strom (vgl. Abbildung 1), so zeigt sich, dass im Zeitverlauf für alle Energieträger eine erhebliche Verteuerung zu verzeichnen war. Zwar fiel die Teuerungsrate bei Strom in den letzten Jahren höher aus als bei Fernwärme oder Erdgas, jedoch geringer als beim stark volatilen leichten Heizöl. Die EEG-Umlage ist in den letzten Jahren stark gestiegen (vgl. Tabelle 1), der Vergleich zu Preisen von anderen Gütern lässt jedoch nicht den Schluss zu, dass die Energiewende zu einer Preisexplosion führte. Auch die gesamtwirtschaftlich aggregierten Letztverbraucherausgaben für Elektrizität sind 2012 nicht stärker als das nominale Bruttoinlandsprodukt gestiegen und blieben auf einen nahezu unveränderten Anteil von 2,5% begrenzt. Sie liegen damit auf einem Anteilsniveau wie vor etwa 20 Jahren. Insgesamt ist die bisherige Kostenbelastung durch die Energiewende daher für die deutsche Volkswirtschaft noch nicht so dramatisch, wie in der Öffentlichkeit gerne dargestellt. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Energiewende keine Relevanz aus sozialpolitischer Sicht hat. Während Preise für Öl, Gas und Fernwärme stark vom internationalen Umfeld abhängen, gehen die Preissteigerungen beim Strom zu großen Teilen auf nationale energiepolitische Entscheidungen zurück.

Abbildung 1
Preisentwicklung von Erdgas, leichtem Heizöl, Fernwärme und Strom
Index der Verbraucherpreise, 2010 = 100,
31752.png

Quelle: Destatis: Daten zur Energiepreisentwicklung, Lange Reihen von Januar 2000 bis Februar 2014, Wiesbaden 2014.

Tabelle 1
EEG-Umlage
  2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014
Umlage (in ct/kWh) 1,16 1,31 2,05 3,53 3,59 5,28 6,24
Änderung zum Vorjahr (in %)   12,9 56,5 72,2 1,8 46,9 18,2

Quelle: Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW): Erneuerbare Energien und das EEG: Zahlen, Fakten, Grafiken, Berlin 2014.

Zum Aspekt der Bezahlbarkeit von Strom gibt die Preisentwicklung oder die exemplarische Betrachtung von Durchschnittshaushalten nur sehr begrenzt Aufschluss. Strom und Wärme sind in einem entwickelten Land ein grundlegendes Gut. Die Erhaltung der Gesundheit und das Ermöglichen der sozialen Teilhabe verlangen ein Mindestmaß an Konsum dieser Güter, auch bei sparsamem Verbrauch. Der Bedarf ist abhängig von der Zusammensetzung des Haushaltes, z.B. von der Zahl, dem Alter und dem Gesundheitszustand der Personen im Haushalt oder der Familiensituation. Viele Haushalte können auf Preisänderungen nur bedingt und zeitlich verzögert durch Steigerung der Energieeffizienz reagieren. Im Wärmebereich trifft dies vor allem Mieter, die nur wenig Einfluss auf die Ausstattung des Heizungssystems oder den Gebäudezustand haben. Der Ersatz wenig energieeffizienter elektrischer Geräte scheitert bei Haushalten mit geringem Einkommen oft an den Kosten effizienter Geräte.

Bezahlbarkeit hat aber noch eine zweite Dimension. Haushalte mit hohem Einkommen haben ausreichend finanziellen Spielraum, um steigende Energiepreise zu kompensieren. Haushalten mit geringem Einkommen dürfte dies hingegen schwerer fallen. Zentrales Argument ist die Gütersubstitution. Bestimmte Gütergruppen, wie Energie, Miete, Lebensmittel sind nur bedingt substituierbar.8 Die Bedeutung von grundlegenden Gütern wurde bereits von Adam Smith, Arthur Pigou oder Alfred Marshall betont.9 Adam Smith spricht sich z.B. gegen die Besteuerung von Kerzen und Kohle aus, weil diese im England des 18. Jahrhunderts lebenswichtige Güter seien.10 Folgt man dieser Logik, so sollte die direkte Umlage der EEG-Kosten auf den Strom durch alternative Finanzierungsinstrumente ersetzt werden.

Ein weiteres Argument gegen gleiche EEG-Umlagezahlungen pro kWh Strom für alle Haushalte leitet sich aus dem Prinzip des abnehmenden Grenznutzens ab. Denn die Abgabe eines fixen Geldbetrags (z.B. als Ergebnis von Preissteigerungen bei Strom) verlangt einem Haushalt nahe der Armutsgrenze ein höheres relatives Opfer ab als einem wohlhabenden Haushalt. Dies widerspricht dem weithin akzeptierten Leistungsfähigkeitsprinzip, das unter anderem die progressive Besteuerung von Einkommen begründet.11 Die Idee, dass jeder gemäß seiner individuellen Leistungsfähigkeit zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben beitragen soll, wird in den meisten entwickelten Ländern als faires Prinzip anerkannt.12 Wenn die Energiewende als öffentliche Aufgabe verstanden wird, warum sollte dann das Leistungsfähigkeitsprinzip keine Anwendung finden? Im Zentrum der Diskussion um die Verteilungswirkungen der Energiewende auf Haushaltsebene stehen daher relative Belastungen.

Zunächst zur Entwicklung von Einkommen: Hier zeigt sich seit langem ein Trend hin zu einer stärkeren Spreizung der Einkommen. Der Anteil der von Armut gefährdeten Haushalte in Deutschland stieg von 13,6% im Jahr 2003 auf 16,0% im Jahr 2008. Festzustellen ist, dass ein vergleichsweise hoher Anteil an Haushalten betroffen ist, dass es einen Anstieg der Kennzahl in der ersten Hälfte der 2000er Jahre gab und, dass der Anteil der dauerhaft von Armut betroffenen Haushalte zugenommen hat.13 Wie umfangreiche Daten zu Löhnen und Beschäftigung zeigen, kam es im Zeitraum 2001 bis 2006 zu einer massiven Zunahme der Lohnspreizung. Während Löhne im Median fast unverändert blieben, kam es zu einem Rückgang der Löhne am unteren Rand der Lohnverteilung (unterstes Dezil) um 8,8 Prozentpunkte, jedoch zugleich zu einer Zunahme der Löhne am oberen Rand der Lohnverteilung (oberstes Dezil) um 4,3 Prozentpunkte.14 Wie das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) berichtet, beziehen in Deutschland fast ein Viertel aller Beschäftigten einen sogenannten Niedriglohn. Frauen und Teilzeitbeschäftigte sind dabei am stärksten betroffen. Im Vergleich von 17 europäischen Ländern hat Deutschland eine der höchsten Niedriglohnquoten.15

Fallen die Verschlechterung der Einkommenssituation und die Zunahme der Energiekosten zusammen, so kann dies spürbar negative Konsequenzen für die ärmsten Haushalte haben. Abbildung 2 zeigt den Anteil der Ausgaben für Strom und Wärme am Haushaltseinkommen der untersten 30% der Einkommen und der verbleibenden obersten 70%. Es zeigt sich ein Anstieg des Budgets, das Haushalte aufbringen müssen, um die Kosten für Strom und Wärme zu decken. Die oberen 70% der Einkommen mussten im Median eine Steigerung des Kostenanteils um 2,3 Prozentpunkte seit 1998 hinnehmen. Die Zunahme des Kostenanteils fiel bei den untersten 30% der Einkommen jedoch fast doppelt so hoch aus. Hier war eine Zunahme um 4,4 Prozentpunkte seit 1998 zu verzeichnen. Die Kostenbelastung durch Energie ist also vor allem bei ärmeren Haushalten signifikant und hat deutlich zugenommen.16

Abbildung 2
Ausgaben für Energie als Anteil des verfügbaren nicht-äquivalisierten Haushaltseinkommens
Die Werte entsprechen dem Median des Ausgabenanteils in der jeweiligen Gruppe.
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Quelle: GSOEP29.

Welche Rolle spielt nun die Energiewende? Betrachtet man nur die Ausgaben für Strom, so zeigt sich, dass auch diese im Zeitverlauf deutlich angestiegen sind (vgl. Abbildung 3). Der Anstieg fällt im Zeitraum 2003 bis 2012 jedoch nicht sehr hoch aus. Hieraus lässt sich also kein plattes Anti-Energiewende-Argument stricken. Entscheidend ist aber wieder der Unterschied zwischen den zwei Einkommensgruppen. Der Effekt von Steigerungen beim Strompreis trifft Haushalte mit geringem Einkommen doppelt so stark wie die oberen 70% der Einkommen. Hier liegt das zentrale Argument: die Kosten der Energiewende, die derzeit größtenteils auf den Strompreis aufgeschlagen werden, fordern von den ärmsten 30% ein überproportional hohes Opfer im Vergleich zu den oberen 70% der Einkommen.

Abbildung 3
Ausgaben für Strom als Anteil des verfügbaren nicht-äquivalisierten Haushaltseinkommens
Die Werte entsprechen dem Median des Ausgabenanteils in der jeweiligen Gruppe.
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Quelle: GSOEP29.

Von Bezahlbarkeit zu Energiearmut

Ein zentrales Ziel der Energiepolitik ist die Bezahlbarkeit von Energie zu gewährleisten. Bezahlbarkeit ist ein normativer Begriff und nicht leicht zu definieren. An dieser Stelle ist es sinnvoll eine andere Definition zu verwenden, nämlich die der „Nicht-Bezahlbarkeit“, die in ihrer schlimmsten Form als Energiearmut bezeichnet werden kann. Ziel ist es, Haushalte zu identifizieren, die zu einer Risikogruppe hinsichtlich der Nicht-Leistbarkeit von Energie gehören. So können wichtige Informationen zur Ausgestaltung einer verbraucherfreundlichen Energie- und Klimapolitik gewonnen werden.

Zur Messung und Bewertung von Energiearmut stehen eine Reihe von Optionen und Maßen zur Verfügung.17 Neben dem in Großbritannien verwendeten 10%-Maß sind dies median- oder mittelwertbasierte Maße oder das sogenannte Low-Income-/High-Cost-Maß (LIHC-Maß). Wie sich leicht zeigen lässt, verletzen median- oder mittelwertbasierte Maße den Grundgedanken der Monotonie von Armutsmaßen, und sind daher nicht geeignet.18 Das LIHC-Maß ist ein medianbasiertes Maß, das aber zusätzlich die Einkommensarmutsrisikoschwelle beinhaltet.19 Das 10%-Maß definiert Haushalte als energiearm, wenn Sie 10% ihres Einkommens oder mehr für angemessene Versorgung mit Energiedienstleistungen ausgeben müssen. Hier ist zu kritisieren, dass das Maß ohne weitere Einschränkungen auch wohlhabende Haushalte als energiearm identifizieren könnte, z.B. wenn zwar ein hohes Einkommen, aber auch ein außergewöhnlich hoher Energiekonsum vorliegt. Daher bietet es sich an, dieses Maß nur für untere Bereiche der Einkommensverteilung anzuwenden. Eine Möglichkeit wäre, die untersten 30% der Einkommen zu betrachten.20

Der Vergleich des LIHC-Maßes und des 10%-Maßes zeigt, dass das LIHC-Maß tendenziell das Ausmaß der Belastung der Haushalte durch Energieausgaben unter- bzw. überschätzt (vgl. Tabelle 2). 1998 war der Ausgabenanteil für Energie am Einkommen deutlich geringer als in den Jahren 2010 bis 2012 (vgl. Abbildung 2). Dennoch variiert das LIHC-Maß kaum. Dies ist eine direkte Folge der doppelten Definition des LIHC-Maßes. Das auf die untersten 30% der Einkommen restringierte 10%-Maß hingegen variiert deutlich stärker und ist so in der Lage, Veränderungen über die Zeit abzubilden. Es weist zudem für 2010 bis 2012 eine stetige Steigerung auf. Dies bedeutet, dass ein stetig zunehmender Anteil an Haushalten mit geringem Einkommen einen zunehmend hohen Anteil des Einkommens für Energie aufbringen muss.

Tabelle 2
Bewertung von Energiearmut
Energieausgaben beziehen sich auf Strom und Wärme, in %
  1998 2003 2010 2011 2012
LIHC-Maß1 10,1 10,5 11,4 12,0 11,3
10%-Maß2 6,4 12,5 16,2 16,8 17,8

1 Low-Income-/High-Cost-Maß.

2 Nur unterste 30% Einkommen, die 10% oder mehr für angemessene Versorgung mit Energiedienstleistungen ausgeben müssen.

Quelle: SOEP.

Bisher wird in Deutschland nur wenig zum Thema Energiearmut oder allgemein dem Einfluss von Deprivation beim Energiekonsum geforscht. Einige Autoren unterstreichen zu Recht die Bedeutung der Energieeffizienz als Mittel, hohe Energiekosten zu mindern.21 Andere Fragen bleiben bisher unbeantwortet. Dazu zählen der Einfluss von Deprivation beim Energiekonsum auf Gesundheit und Lebenszufriedenheit, die Frage nach der Substitutionstätigkeit der betroffenen Haushalte und die Reaktionsfähigkeit der existierenden sozialen Sicherungssysteme zur Linderung des Problems.22 Offen ist aber auch die Frage, wie Energiearmut in Deutschland zu definieren ist. Hier spielt objektive und subjektive Fremdeinschätzung eine Rolle. Objektive Faktoren sind etwa gesundheitliche Beeinträchtigungen durch zu geringe Verfügbarkeit von Raumwärme, subjektive Faktoren sind z.B. allgemein als angemessen akzeptierte Niveaus des Energiekonsums. Schließlich spielt aber auch die Selbstwahrnehmung der Betroffenen eine Rolle, z.B. vor dem Hintergrund des Capability-Ansatzes von Sen oder der allgemeinen Lebenszufriedenheit.23 Erfahrungen aus der Praxis, etwa aus dem Sozialprojekt „Stromspar-Check“ der Caritas oder dem Projekt „NRW bekämpft Energiearmut“ der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen stützen diese Einschätzung.24

EEG-Reform und Fazit

Anfang April 2014 wurden von der Bundesregierung Pläne zur Reform des EEG vorgestellt. Tragen diese zu einer Entschärfung der sozialen Ungerechtigkeit bei? Im Kern beinhalten die Reformen einen richtigen Schritt hin zu mehr Kosteneffizienz bei der Energiewende. Die Vergütungen für erneuerbare Energien sollen abgesenkt und die Kostendynamik durch verbindliche technologiespezifische Ausbaukorridore gemindert werden. Eine wirklich kosteneffiziente Förderung erneuerbarer Energien wäre aber gerade nicht technologiespezifisch, sondern würde eine einheitliche Prämie für erneuerbare Energien unabhängig von der Technologie zahlen. Dann würden sich die wirtschaftlicheren Erneuerbaren durchsetzen, zuallererst Wind, aber auch Photovoltaik. Der umfangreiche Ausbau der teuren Windenergie auf See würde sich als ineffizient erweisen. Entsprechend wenig ambitioniert sind die Zielsetzungen der EEG-Reform bei der Kostenreduktion: Die Vergütung für alle EEG-Anlagen insgesamt soll von durchschnittlich 17 Cent/kWh auf 12 Cent/kWh für Neuanlagen fallen. Der durchschnittliche Vergütungssatz betrug bei den Neuanlagen des Jahres 2013 aber bereits nur 14,6 Cent/kWh und das sogar inklusive der zusätzlichen Managementprämie. Wind an Land und Photovoltaik werden lediglich zu Sätzen von 9 Cent/kWh bzw. 10 Cent/kWh vergütet.25 Auch bei den Industrieausnahmen scheint die Kostenkontrolle nicht recht zu gelingen: Zwar sind die Ausnahmeregelungen für energieintensive Unternehmen im internationalen Wettbewerb durchaus ökonomisch vertretbar, der Kabinettsentwurf zur EEG-Reform und die EU-Beihilfeleitlinie deuten jedoch darauf hin, dass die Begünstigungen für die Industrie nicht nach dieser Maßgabe zielführend eingeschränkt werden, sondern sogar noch ausgeweitet werden könnten. Der EEG-Finanzierungsbeitrag der energieintensiven Industrie könnte dadurch in einer Größenordnung von 300 Mio. Euro bis 2500 Mio. Euro zurückgehen.26 All dies, so wird befürchtet, führt zu einer stärkeren Belastung der Haushalte und der nicht privilegierten Unternehmen.27 Schließlich ist zu erwarten, dass nach der EEG-Reform eine umfassende Förderung der Bereitstellung von Kraftwerkskapazitäten auf die politische Agenda kommt. Auch dies wird für die Haushalte mit weiteren Belastungen einhergehen und Verteilungsfragen aufwerfen.

Wie sich zeigt, bestehen also auch nach der Reform des EEG maßgebliche Bedenken hinsichtlich der sozialen Gerechtigkeit der Energiewende: Derzeit ist die Politik „sozial schief“ gestaltet. Ohne angemessene Balance bei der Verteilung von Kosten und Nutzen kann das Projekt langfristig keine Unterstützung finden. Um Akzeptanz zu sichern, muss sowohl das Ausmaß der Reform und die Ausgestaltung der Politik als auch die Verteilung der Kosten einen breiten Konsens unter den Bürgern finden.28 Die Reform des EEG wird diese Ziele vermutlich verfehlen, und eine Verschärfung sozialer Konflikte im Zusammenhang mit der Energiewende ist wahrscheinlich. Damit Energie- und Klimapolitik dem Wohl aller Bürger dient, ist daher in Zukunft stärker als bisher auf soziale Balance und Effizienz zu achten. Ex ante bedeutet dies, dass bereits bei der Planung neuer Politikinstrumente oder deren Reformen eine gezielte Bewertung der zu erwartenden sozialen Auswirkungen erfolgen muss. Ex post können hoch disaggregierte Indikatoren zu Bezahlbarkeit oder Energiearmut einen wichtigen Beitrag zum besseren Verständnis der sozialen Dimension der Energie- und Klimapolitik leisten. So können die am stärksten betroffenen Bevölkerungsgruppen identifiziert und die Energie- und Klimapolitik besser auf deren Bedürfnisse zugeschnitten werden.

  • 1 Vgl. Bundesverband der Energie und Wasserwirtschaft: Erneuerbare Energien und das EEG: Zahlen, Fakten, Grafiken, Berlin 2013.
  • 2 Vgl. M. Kopatz et al.: Energiewende. Aber fair! Wie sich die Energiezukunft sozial tragfähig gestalten lässt, München 2013, S. 70.
  • 3 Derzeit ist ein Verfahren am Europäischen Gerichtshof anhängig, bei dem geklärt werden soll, ob die EEG-Umlage auch für aus dem Ausland nach Deutschland gelieferten Ökostrom gezahlt werden muss. Vgl. K. Schwenn: Ökostromumlage: Zündstoff für die Verbraucher, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 9.3.2014, http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftspolitik/oekostromumlage-zuendstoff-fuer-die-stromverbraucher-12838711.html.
  • 4 Ein umfangreicher Überblick über Verteilungswirkungen des EEG findet sich auch in A. Löschel, F. Flues, P. Heindl: Verteilungswirkungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes – Das Erneuerbare-Energien-Gesetz in der Diskussion, in: Wirtschaftsdienst, 92. Jg. (2012), H. 8, S. 515-519.
  • 5 Teilweise wird auf die Eignung von Energiegenossenschaften als Mittel der Bürgerbeteiligung verwiesen. Diese eignen sich jedoch nicht für Haushalte, die über geringe oder keine Rücklagen verfügen. Erstens ist die Beteiligung mit Risiko verbunden, zweitens werden Gelder zumindest mittelfristig gebunden und stehen dann nicht für unerwartete Ausgaben zur Verfügung und drittens sind zur Investition Beträge nötig, die ärmere Haushalte nicht ohne Weiteres aufbringen können.
  • 6 Vgl. Ethik-Kommission Sichere Energieversorgung: Deutschlands Energiewende – Ein Gemeinschaftswerk für die Zukunft, Berlin 2011, Abschnitt 5.2: Zielkonflikte ernst nehmen, S. 17 ff.
  • 7 Vgl. J. Rawls: Eine Theorie der Gerechtigkeit (in deutscher Übersetzung), Frankfurt a.M. 1975, S. 19.
  • 8 Vgl. K. Kohn, M. Missong: Schätzung Quadratischer Ausgabensysteme anhand der Daten der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe, in: Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik, Bd. 223/4 (2003), S. 437 ff. Die Autoren zeigen, dass Lebensmittel und Wohnen grundlegende Güter sind. Die Ausgaben für Energie wurden nicht gesondert betrachtet. Die Gütersubstitution unterscheidet sich zwischen verschiedenen demografischen Gruppen und zwischen Einkommensgruppen. Die Autoren folgern, dass Familien mit geringem Einkommen limitierte Substitutionsmöglichkeiten haben. Die (progressive) Besteuerung von Einkommen sei daher der direkten Besteuerung von Gütern aus dem Blickwinkel der Familienpolitik vorzuziehen.
  • 9 Vgl. R. Cooter, P. Rappoport: Were the ordinalists wrong about welfare economics?, in: Journal of Economic Literature, 22. Jg. (1984), H. 2, S. 507-530.
  • 10 Vgl. A. Smith: Der Wohlstand der Nationen, (Nachdruck in deutscher Übersetzung), 5. Buch, 2. Kapitel: Die Finanzen des Staates, München 2003.
  • 11 Vgl. J. S. Mill: Principles of Political Economy, Buch V, Kap. II, §2, London 1848. Mill vertrat die Ansicht, dass Gleichheit in der Besteuerung notwendigerweise Gleichheit an erbrachten Opfern verlangt: „Equality of taxation, therefore, as a maxim of politics, means equality of sacrifice. It means apportioning the contribution of each person towards the expenses of government so that he shall feel neither more nor less inconvenience from his share of the payment than every other person experiences from his. This standard, like other standards of perfection, cannot be completely realized; but the first object in every practical discussion should be to know what perfection is.“
  • 12 Vgl. H. Peyton Young: Progressive Taxation and Equal Sacrifice, in: The American Economic Review, 80. Jg. (1990), H. 1, S. 253-265. Die Literatur zu vertikaler und horizontaler Gerechtigkeit (bzw. Gleichheit) in der Besteuerung ist umfangreich. Der hier zitierte Artikel bietet einen knappen, aber guten Themenüberblick und einen, wenn auch etwas veralteten, empirischen Vergleich progressiver Besteuerung in ausgewählten Industriestaaten inklusive Deutschlands.
  • 13 Vgl. Bundesministerium für Arbeit und Soziales: Lebenslagen in Deutschland, Vierter Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung, Berlin 2013. Einige Kernindikatoren sind auf den Seiten 461 ff. als Zeitreihen übersichtlich dargestellt.
  • 14 Vgl. D. Antonczyk, B. Fitzenberger, K. Sommerfeld: Rising wage inequality, the decline of collective bargaining, and the gender wage gap, in: Labour Economics, 17. Jg. (2010), S. 835-847.
  • 15 Vgl. T. Rhein: Deutsche Geringverdiener im europäischen Vergleich, in: IAB-Kurzbericht, Nr. 15, 2013.
  • 16 Zur Analyse wurden Daten des Sozio-Ökonomischen Panels verwendet. Die nötigen Informationen liegen in den Jahren 1998, 2003, 2010, 2011 und 2012 vor. Verwendet wurde Version 29. Die Autoren danken dem SOEP-Team für die Bereitstellung der Daten. Hier ist auf eine gewisse Diskrepanz zwischen den Daten des SOEP und der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe hinzuweisen. Ein Vergleich der Datenbestände muss jedoch an anderer Stelle erfolgen.
  • 17 Vgl. P. Heindl: Measuring Fuel Poverty: General Considerations and Application to German Household Data, ZEW Discussion Paper, Nr. 13-046, 2013.
  • 18 Vgl. A. Sen: Poverty: An Ordinal Approach to Measurement, in: Econometrica, 44. Jg. (1976), H. 2, S. 219-231. Sen formuliert in diesem Aufsatz einige grundsätzliche Axiome zur Armutsmessung.
  • 19 Ein Haushalt wird als energiearm definiert, wenn seine Energieausgaben über dem Median liegen und zugleich nach Abzug der Ausgaben für Energie ein Einkommen unterhalb der Armutsgefährdungsschwelle vorliegt. Vgl. J. Hills: Getting the Measure of Fuel Poverty: Final Report to the Fuel Poverty Review, London School of Economics, London 2012.
  • 20 Gemäß dem Ansatz, der auf Boardman zurückgeht. Vgl. B. Boardman: Fuel Poverty – From Cold Homes to Affordable Warmth, London 1991.
  • 21 Vgl. M. Kopatz et al., a.a.O.; K. Tews: Energiearmut definieren, identifizieren und bekämpfen – Eine Herausforderung der sozialverträglichen Gestaltung der Energiewende – Vorschlag für eine Problemdefinition und Diskussion des Maßnahmenportfolios, in: FFU-Report, Nr. 4, 2013.
  • 22 Aspekte der Substitution, der Reaktionsfähigkeit von Sozialsystemen, der Lebenszufriedenheit und der Fremd- und Selbsteinschätzung werden im Zuge des BMBF-geförderten Projektes „Sozialpolitische Konsequenzen der Energiewende“ (Förderkennzeichen: 01UN1204) untersucht. Auf die Bedeutung des Aspektes der Lebenszufriedenheit, auch hinsichtlich der Relevanz von Energiearmut für die konkrete Politikgestaltung, wurde von Heinz Welsch hingewiesen, dem wir an dieser Stelle danken möchten.
  • 23 Vgl. A. Sen: Poor Relatively Speaking, in: Oxford Economic Papers, 35. Jg. (1983), Nr. 2, S. 153-169.
  • 24 Hier zeigt sich die in der Praxis beschränkte Reaktionsfähigkeit der Sozialsysteme, z.B. bei Überschuldung durch Energiekosten. Zudem wird die äußerst limitierte Fähigkeit der ärmsten Haushalte zur Steigerung der Energieeffizienz im Haushalt deutlich. Vgl. Caritas: Eckpunkte und Position des DCV zur Bekämpfung von Energiearmut, in: Neue Caritas Spezial, Nr. 2, 2013.
  • 25 Vgl. Gesetzentwurf eines Gesetzes zur grundlegenden Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und zur Änderung weiterer Bestimmungen des Energiewirtschaftsrechts, http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/Gesetz/entwurf-eines-gesetzes-zur-grundlegenden-reform-des-erneuerbare-energien-gesetzes-und-zur-aenderung-weiterer-bestimmungen-des-energiewirtschaftsrechts,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true.pdf.
  • 26 Vgl. F. Matthes: Schnellanalyse der Richtlinien der Europäischen Kommission für die Umwelt- und Energie-Beihilfen für 2014-2020 (Stand 9.4.2014), Memo, Öko-Institut, Berlin 2014.
  • 27 Vgl. Industrieausnahmen bei der EEG-Umlage, Kleine Anfrage, Deutscher Bundestag, 18. Wahlperiode, Drucksache 18/1246.
  • 28 In der Literatur findet sich der Verweis auf „Einmündigkeit“ bei der Entscheidung zur Bereitstellung öffentlicher Güter und der Verteilung der Kosten. Vgl. K. Wicksell: A new principle of just taxation, in: Classics in the Theory of Public Finance, London 1958, S. 74-118. Hier ist auf Wicksells Diskussion verschiedener Grundsätze gerechter Finanzierung staatlicher Aufgaben zu verweisen, vgl. K. Wicksell, a.a.O., S. 76 ff. Hier insbesondere S. 87: „In any event decisions are regularly made against the will of some larger or smaller group of the population. So far as I can see, this almost necessarily means over-burdening these groups“. Auch von John Rawls wird der „Einmündigkeit“ große Bedeutung zugemessen. Vgl. J. Rawls, a.a.O., S. 317.

Title:The German Energy Transition from the Perspective of Social Justice

Abstract:The transition of the German energy system towards renewable energy carriers triggers considerable costs for private households. Costs are passed through to households by a surcharge per kilowatt hour. This effectively leads to high cost burdens for poorer households relative to wealthier ones. The authors discuss the issue from the perspective of social justice and argue that costs are distributed in an unfair manner. In the light of the rising costs of renewable energy promotion, affordability of energy among the poorest should receive increasing attention. Measures of fuel poverty and deprivation with respect to energy could serve as adequate ex-post indicators of non-affordability and should be considered in Germany.


DOI: 10.1007/s10273-014-1705-7