Der Name Lothar Berghändler fehlt fortan im Impressum unserer Zeitschrift. Die Leitartikel tragen nicht mehr sein Signum -sk-. Nach langer schwerer Krankheit, die er ohne Klage ertrug, hat der Tod den Chefredakteur des „Wirtschaftsdienst“ nun der Verantwortung enthoben, die er bis zuletzt so gern getragen hat. Seinen Nachfolgern hinterließ er ein reiches, wohlgeordnetes Erbe. Die kommenden Ausgaben werden noch zeugen von seinem weitschauenden Planen.
Lothar Berghändler war seit 1938 mit dem Hamburgischen Welt-Wirtschafts-Archiv verbunden. Bis Kriegsende leitete er die Abteilung „Forschung“ des Hamburgischen Welt-Wirtschafts-Instituts, das sich damals mit der Auswertung der im Archiv gesammelten Informationsschätze befasste. Als das Hamburgische Welt-Wirtschafts-Archiv nach jahrelanger Unterbrechung seine Tätigkeit mit neuer Zielrichtung und nunmehr eigener wissenschaftlicher Abteilung wieder aufnahm, folgte der Verstorbene ohne Zögern dem Ruf des Unterzeichneten. Er übernahm die mühevolle Aufgabe der Neuherausgabe und Redaktion des „Wirtschaftsdienst“ und stellte sich ganz in den Dienst dieser Aufgabe, mit der sich zusätzlich noch Gründung und Leitung eines Verlages verband. Hier entwickelte Berghändler seine Persönlichkeit eigener Prägung. Drei Eigenschaften beleuchten sie besonders. Er war ein Redakteur aus Leidenschaft. Er verstand es vorzüglich, Aufgaben an seine Autoren vorzugeben und, wo es nötig schien, mit sparsamen Mitteln Ausdrucksweisen aufzuwerten, ohne im Sinn etwas zu ändern.
Berghändler war ein wirtschaftspolitischer Publizist von Rang und als solcher weit über unsere Landesgrenze hinaus bekannt und geachtet. Er hatte einen sicheren Blick für Entwicklungen und beurteilte die Kräfte nach ihrem wahren Gehalt, unabhängig vom jeweiligen zeitbedingten Erscheinungsbild. Seiner Objektivität verdankt der „Wirtschaftsdienst“ seinen derzeitigen Ruf und seine Verbreitung in der Welt.
Berghändler war ein Gesprächspartner in des Wortes voller Bedeutung und immer bereit, Ansichten, die seinen entgegengesetzt waren, anzuhören und vorbehaltlos zu diskutieren. Sein wohlüberlegtes Urteil hat Autoren und Mitarbeiter immer von neuem beeindruckt. Lothar Berghändler ging seiner Arbeit auch nach, als sein Leiden es kaum noch zuließ. Hinterblieben ist seine Ehefrau, die sein Leben in der privaten und der beruflichen Sphäre teilte. Ohne ihre ausgleichende Opferbereitschaft hätte Leben und Wirken des Verstorbenen vielleicht noch kürzer gewährt. Wir trauern mit ihr um einen integren Menschen, der uns ein guter Kollege und Vorgesetzter und mir persönlich Freund war.