Nach dem Scheitern der Energiekonsensgespräche haben einerseits die Bundesregierungund andererseits die SPD-Bundestagsfraktion zusammen mit den Ländern Nordrhein-Westfalen und Saarland Gesetzentwürfe zur Sicherung des Einsatzes der Steinkohle in derVerstromung eingebracht. Dr. Günter Rexrodt, Volker Jung und Prof. Dr. Dieter Schmittnehmen zur weiteren Finanzierung des deutschen Steinkohlenbergbaus Stellung.
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung
Die Frage der Finanzierung des Steinkohlenbergbaus beherrschte in letzter Zeit die Schlagzeilen der Energiepolitik. Eine langfristige Energiepolitik auf der Grundlage der Ziele Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit, Umweltverträglichkeit und Ressourcenschonung ist eine wesentliche Grundlage für die ökonomische Entwicklung einer modernen Industriegesellschaft, die im internationalen Wettbewerb steht. Für den Wirtschaftsstandort Deutschland ist eine effiziente, wettbewerbsfähige und sichere Energieversorgung von entscheidender Bedeutung.
Die 1993 zwischen den politischen Kräften und den großen gesellschaftlichen Gruppen geführten Gespräche über einen Konsens für die Nutzung der verschiedenen Energieträger unter Einschluss der Kernenergie in einem ausgewogenen Energiemix haben leider trotz Annäherung in Teilbereichen nicht zum Ergebnis geführt; umstritten blieb insbesondere die Frage der künftigen Nutzung der Kernenergie. Der weitere Einsatz dieses Energieträgers und auch der heimischen Braunkohle mildert die Risiken der Abhängigkeit von ungewissen Weltmarktentwicklungen.
Ein Konsens über Kohle und Kernenergie war bereits Grundlage des 1995 auslaufenden Jahrhundertvertrages von 1980 für eine tragfähige Stromerzeugung mit einem angemessenen Einsatz deutscher Steinkohle. Angesichts der fortbestehenden energiewirtschaftlichen und energiepolitischen Zusammenhänge zwischen dem künftigen Beitrag der deutschen Steinkohle und der Kernenergie hat die Bundesregierung am 8. Dezember 1993 den Entwurf eines Gesetzes zur Sicherung des Einsatzes von Steinkohle in der Verstromung und zur Änderung des Atomgesetzes verabschiedet.
Ziel des Gesetzentwurfes ist es unter anderem, im Interesse der Sicherheit der Elektrizitätsversorgung unter Berücksichtigung des energiepolitischen Gesamtkonzeptes von 1991 und der kohlepolitischen Beschlüsse der Bundesregierung vom 23. November 1993 einen angemessenen Anteil deutscher Steinkohle in der Verstromung zu erhalten. Bei einem Preisunterschied der deutschen zur Weltmarktkohle von inzwischen über 200 DM pro Tonne ist dies ein finanzieller Kraftakt, der angesichts der seit 1991 verringerten finanzpolitischen Spielräume alles andere als selbstverständlich und unumstritten war.
Mit der Bereitstellung der dafür erforderlichen sehr erheblichen Finanzmittel ist deshalb durch die im Gesetz vorgesehene Plafondierung der Kohlesubventionen zugleich ein wichtiger Kurswechsel vollzogen worden. Das neue Finanzierungssystem stellt nicht mehr wie in der Vergangenheit die mengenmäßige Festlegung in den Vordergrund, sondern steckt einen Finanzrahmen ab. Die Plafondierung der Mittel zwingt den Bergbau zu erhöhter Kostendisziplin, erweitert den unternehmerischen Spielraum und begrenzt die Risiken zusätzlicher Inanspruchnahme öffentlicher Mittel.
Finanzierungsregelungen
Für die Finanzierung der Steinkohleverstromung im Zeitraum von 1996 bis zum Jahre 2005 sind folgende Schritte vorgesehen:
- Im Jahre 1996 wird den Bergbauunternehmen ein Finanzplafond von insgesamt 7,5 Mrd. DM zur Verfügung gestellt, um sie in die Lage zu versetzen, deutsche Steinkohle zum Einsatz in Kraftwerken zur Verstromung zu wettbewerbsfähigen Bedingungen anzubieten. Das Aufkommen wird mittels eines unselbständigen Sondervermögens des Bundes, dem „Steinkohleverstromungsfonds 1996“, sichergestellt, das durch eine von der Stromwirtschaft zu erhebende Abgabe in Höhe von 8,5% der Stromerlöse gespeist wird.
Die Abgabe wird im gesamten Bundesgebiet erhoben werden, d.h., der bis 1995 auf die alten Bundesländer begrenzte Kohlepfennig wird in 1996 auf die neuen Länder ausgedehnt. Ihre Einbeziehung in das neue System ist schon dadurch vorgegeben, dass nach dem Zusammenwachsen des Strommarktes durch Anbindung an das westdeutsche Verbundsystem auch die Stromwirtschaft in den neuen Bundesländern an der erhöhten Sicherheit der Elektrizitätsversorgung teilhat, die mit dem Einsatz deutscher Steinkohle verbunden ist.
Die Bundesregierung wird Vorschläge erarbeiten mit dem Ziel, einem hierdurch bewirkten sprunghaften Anstieg der Strompreise in Ostdeutschland im Jahre 1996 entgegenzuwirken. Dabei wird auch untersucht, ob eine Differenzierung der Abgabe über die im bestehenden Verstromungssystem angelegten Spielräume hinaus verfassungsrechtlich möglich ist.
Für industrielle Stromverbraucher in den neuen Bundesländern würde die Mehrbelastung vorbehaltlich dieser noch zu prüfenden Maßnahmen durchschnittlich 1,5 Pf je Kilowattstunde betragen. In den alten Bundesländern ergeben sich bei einem gegenüber 1994 unveränderten durchschnittlichen Abgabesatz in Höhe von 8,5% keine zusätzlichen Strompreisbelastungen für die Jahre 1995 und 1996. Im Jahre 1996 werden in den alten Bundesländern durch die Umstellung des Zuschusssystems, insbesondere den Wegfall des Selbstbehaltes der steinkohleverstromenden Kraftwirtschaft, die Stromkosten um durchschnittlich rund 0,6 Pf je Kilowattstunde sinken. Dies muss an die Stromverbraucher weitergegeben werden.
- Für die Jahre 1997 bis 2000 werden den Bergbauunternehmen Finanzplafonds in Höhe von insgesamt 7 Mrd. DM pro Jahr bereitgestellt. Über die Art der Aufbringung dieser Mittel wird rechtzeitig vor 1997 durch ein Gesetz entschieden.
- Für den Zeitraum von 2001 bis 2005 wird über Höhe und Art der Finanzierung der Steinkohleverstromung rechtzeitig entschieden. Dabei werden die Finanzplafonds weiter zurückgeführt.
Mit der Festlegung von Finanzplafonds haben wir drei Ziele erreicht:
- Der Bergbau erhält einen gesicherten Finanzrahmen und wird damit in die Lage versetzt, mit den Unternehmen der Kraftwirtschaft die notwendigen Lieferverträge abzuschließen.
- Der Druck auf die Unternehmen zur Ausnutzung aller Rationalisierungsspielräume wird verstärkt.
- Die öffentliche Hand kann ihre langfristige Finanzplanung auf einem gesicherten Fundament vornehmen.
Die Kohlerunde 1991 hat die Notwendigkeit zur ständigen Kostenoptimierung hervorgehoben. Es liegt jetzt in der eigenen unternehmerischen Verantwortung des Bergbaus, seine Kosten, wie andere Branchen auch, so im Griff zu behalten, dass er mit einem Subventionsvolumen von zunächst 7,5 Mrd. DM und ab 1997 von 7 Mrd. DM pro Jahr seine Absatzziele in der Verstromung erreicht. Eine Aufstockung der Mittel ist gesetzlich ausgeschlossen. Die genannten Beträge liegen an der äußersten Grenze dessen, was darstellbar ist, ohne den Wirtschaftsstandort Deutschland zu gefährden. Ausgehend von den Ergebnissen der Kohlerunde 1991 wird die deutsche Steinkohle damit auch künftig einen angemessenen Beitrag zur Energieversorgung leisten können.
Wichtige Weichenstellungen
Der Gesetzentwurf hatte auch den durch die europäische Integration geprägten veränderten Rahmenbedingungen Rechnung zu tragen. Ab 1994 gibt es in der EU ein neues, strikteres Kohlebeihilferecht. Wir haben in schwierigen Verhandlungen erreicht, die neue Regelung so auszugestalten, dass der deutsche Bergbau nicht – wie es zunächst aussah – Auslaufmodell wird. Die neue Kohlebeihilferegelung ermöglicht es auch weiterhin, in Deutschland und Europa Steinkohlenbergbau – allerdings nach einhelliger Zielvorstellung unter strengeren Randbedingungen – zu finanzieren.
Wesentliche Genehmigungskriterien der am 22. Dezember 1993 im Ministerrat der Europäischen Union verabschiedeten neuen Gemeinschaftsregelung für staatliche Beihilfen zugunsten des Steinkohlenbergbaus nach Artikel 95 Abs. 1 EGKS-Vertrag sind die Kostensenkung des Bergbaus sowie die Degressivität der Hilfen, vor dem Hintergrund, dass die heimische Steinkohle zur Versorgungssicherheit bzw. Diversifizierung der Energieversorgung im Rahmen nationaler Energiekonzepte beiträgt. Der neue Beihilferahmen erlaubt somit grundsätzlich die Umsetzung der dargestellten Verstromungsregelung sowie die Fortführung der anderen Kohlebeihilfen. Dies betrifft insbesondere die aus dem Bundes- und Landeshaushalt zu leistenden Beihilfen unter anderem zur Erleichterung des Absatzes von Kohle und Koks an die Stahlindustrie nach dem Hüttenvertrag.
Nach dem neuen Beihilfesystem können auch die sozialen Anpassungshilfen weitergeführt werden. Auch der Anpassungsprozess kann damit in geordneten Bahnen fortgeführt werden.
Für die Kohlepolitik sind damit in 1993 national und auf EU-Ebene wichtige Weichenstellungen vollzogen worden, die dem Bergbau und den Bergleuten die 1991 in der Kohlerunde in Aussicht gestellte langfristige Perspektive und Sicherheit geben.
Die SPD-Kohlepolitik
Im Jahr 1960 lag der Anteil der Steinkohle am westdeutschen Energieverbrauch bei 60%, heute ist er auf 16% in ganz Deutschland gefallen. Wegen ihrer geologischen Besonderheiten war und ist die heimische Steinkohle gegenüber dem Importöl und der Importkohle nicht konkurrenzfähig. Das große Zechensterben Ende der 50er/Anfang der 60er Jahre war auf das billige Öl zurückzuführen. Auch heute ist das Öl mit 12 Dollar pro Barrel billiger als zu Zeiten der ersten und zweiten Ölpreiskrise. Der Verfall des Ölpreises hat die internationalen Kohlepreise mit sich gerissen, mit der Folge, dass heute Importkohle für weniger als 80 DM pro Tonne auf Spot-Märkten angeboten wird. Die Preisschere zwischen deutscher Steinkohle und Importkohle öffnet sich immer mehr – sie liegt heute bei 200 DM pro Tonne. Es kann deshalb nicht überraschen, dass die Vertreter einer Liberalisierung des Welthandels diese auch für die Energiemärkte verlangen. Westdeutsche Steinkohle ist aber ebenso wenig wie englische oder französische Kohle gegenüber der billigen australischen, südafrikanischen, kolumbianischen, amerikanischen, chinesischen oder osteuropäischen Kohle wettbewerbsfähig. Obwohl Kenner inzwischen bezweifeln, dass diese Länder mit dem Kohleverkauf noch Gewinne machen, findet ein mörderischer Preiskampf ohne Rücksicht auf ökologische und soziale Belange oder Ressourcenschonung statt, wenn die Politik nicht gegensteuert.
Sichere Energieversorgung notwendig
Seit über 30 Jahren ist es Überzeugung aller Bundesregierungen gewesen, dass wir als eine der führenden Industrienationen eine jederzeit sichere Energieversorgung brauchen. Anders ist unser Wohlstand nicht aufrechtzuerhalten. Aus diesem Grunde war eines der zentralen Ziele jeder Energiepolitik die Versorgungssicherheit. Während wir vor 30 Jahren 60% unseres Energiebedarfs mit heimischer Steinkohle decken konnten, ist das vereinigte Deutschland heute zu über 60% von Importenergien abhängig. Ein Großteil dieser Importenergie stammt aus politisch höchst unsicheren Gebieten. Das Ziel, jederzeit eine sichere Versorgung mit Energie zu garantieren, hat an Aktualität nicht verloren. Die einzige heimische Energiequelle, über die Deutschland in nennenswertem Umfang und für mehrere Jahrhunderte verfügt, ist der Vorrat an Stein- und Braunkohle, die heute über 35% unseres Energieverbrauchs ausmachen. Es ist daher Politik der SPD, diesen Versorgungssockel zu halten und durch eine Politik massiver Energieeinsparungen die Abhängigkeit von importierten Energiequellen mittel- und langfristig zu verringern. In den letzten Jahrzehnten hat der Steinkohlenbergbau enorme Anpassungsleistungen erbracht. Über 100.000 Arbeitsplätze sind weggefallen, die Zahl der Beschäftigten hat sich halbiert. Gleichzeitig ist die Produktivität der Steinkohlenförderung durch Rationalisierung enorm gestiegen. Die Automatisierung hat auch unter Tage große Fortschritte erreicht, so dass heute fast alle Rationalisierungsreserven ausgeschöpft sind.
Verpflichtungen aus dem Kohlekompromiss
Schon im Jahr 1991 war den Teilnehmern der Kohlerunde – also der Bundesregierung, den Landesregierungen von Nordrhein-Westfalen und dem Saarland, dem Steinkohlenbergbau, der Gewerkschaft Bergbau und Energie und der Stromwirtschaft – klar, dass die zu verhandelnde Anschlussregelung für den 1995 auslaufenden Jahrhundertvertrag große Probleme mit sich bringen würde, weil die Importenergiepreise tendenziell fallend waren.
Die Lebensfähigkeit des Steinkohlenbergbaus konnte nur gesichert werden, wenn eine langfristige Perspektive, die politisch und finanziell abgesichert wird, erhalten würde. Der für die Bergleute schmerzhafte Kompromiss sah vor, dass der Absatz deutscher Steinkohle von 73 Mill. Jahrestonnen 1991 schrittweise bis zum Jahr 2000 auf 50 Mill. Tonnen verringert, aber bis zum Jahr 2005 auf diesem Niveau gehalten werden sollte. 35 Mill. Tonnen Steinkohle sollten pro Jahr verstromt und 15 Mill. Tonnen Kokskohle zur Stahlerzeugung eingesetzt werden.
Bis Ende 1993 haben die Bergbauunternehmen und die Gewerkschaften ihre Verpflichtungen aus dem Kohlekompromiss Punkt für Punkt eingehalten, den Rückgang der Förderung sowie den Abbau von 30.000 Arbeitsplätzen mitgetragen. Die Bundesregierung hat ihre 1991 eingegangenen Verpflichtungen aber nicht eingehalten, da sie kein Finanzierungskonzept vorgelegt hat, das bis zum Jahr 2005 Geltung hat.
Zwischen CDU/CSU und FDP herrscht über fast alle Details der zu treffenden kohlepolitischen Entscheidungen Streit:
- Durchgesetzt werden konnte nur die Anhebung des Kohlepfennigs für das Jahr 1994.
- Ungelöst ist vor allem die langfristige Finanzierung bis zum Jahr 2005. Der im Dezember vom Bundeskabinett verabschiedete Entwurf eines Artikelgesetzes zur Sicherung des Einsatzes von Steinkohle und zur Änderung des Atomgesetzes sieht einen konkreten Finanzierungsvorschlag nur bis zum Jahr 1996 vor. Dieser Finanzierungsvorschlag ist unzureichend, da mit den veranschlagten 7 Mrd. DM ab 1997 weder der Preisausgleich zur Importkohle beim gegenwärtigen Preisniveau gelingen wird, noch der aufgelaufene Schuldenberg des Verstromungsfonds von 5 Mrd. DM abgetragen werden kann. Das 1991 vereinbarte Mengengerüst könnte zusammenbrechen. Für das ohnehin unzureichende Finanzierungsangebot von 7 Mrd. DM für die Jahre 1997 bis 2000 ist kein finanzieller Deckungsvorschlag gemacht worden. Für die Jahre 2000 bis 2005 wird überhaupt keine finanzielle Lösung vorgeschlagen.
Das bedeutet im Klartext: Nach dem Auslaufen des Jahrhundertvertrages Ende 1995 will die Bundesregierung Rahmenbedingungen für die Planung des Bergbaus nur für ein einziges Jahr festlegen. Damit kann niemand langfristig planen.
Die Stromwirtschaft wird deshalb mit dem Bergbau keine konkreten Vertragsverhandlungen über Abnahmemengen bis zum Jahr 2005 treffen können, sie wird höchstens Verträge über ein bis drei Jahre abschließen. Mit diesem Ergebnis kann aber der Steinkohlenbergbau nicht leben. Die Bundesregierung ist deshalb dafür verantwortlich, wenn die Zukunft von 100.000 Arbeitsplätzen in den Revieren an Ruhr und Saar aufs Spiel gesetzt und die Ruhrkohle AG und die Saarbergwerke an den Rand des Ruins getrieben werden. Es fehlt der politische Wille, zentrale kohlepolitische Fragen jetzt zu lösen. Vielmehr werden sie auf die Zeit nach der nächsten Bundestagswahl vertagt. Dies gilt umso mehr, als gegenwärtig völlig offen ist, ob überhaupt noch ausreichend Zeit für das Gesetzgebungsverfahren zum Artikelgesetz verbleibt.
Begrenzung des Energieverbrauchs
Die SPD-Bundestagsfraktion und die Länder Nordrhein-Westfalen und Saarland haben als Alternative einen Gesetzentwurf über die weitere Sicherung des Einsatzes von Steinkohle in der Elektrizitätswirtschaft und zur Einführung einer Energiesteuer in Bundestag und Bundesrat eingebracht. Der Gesetzentwurf sieht vor, die in der Kohlerunde 1991 vereinbarte Verstromungsmenge von jeweils 35 Mill. Tonnen Steinkohleeinheiten zur Elektrizitätserzeugung in den Jahren 1997 bis 2005 einzusetzen.
Zur Finanzierung sollen öffentliche Zuschüsse an die Bergbauunternehmen gezahlt werden, die diese in die Lage versetzen, den Elektrizitätsversorgungsunternehmen heimische Steinkohle zu Weltmarktpreisen anzubieten. Durch die Zuschüsse wird also die Differenz zwischen dem Wettbewerbspreis und dem kostendeckenden Preis heimischer Steinkohlenförderung ausgeglichen. Zur Finanzierung der festgelegten Mengen soll an die Stelle des Kohlepfennigs, also der Finanzierung durch die Stromkunden, die Finanzierung über eine allgemeine Energiesteuer auf alle Energieträger außer erneuerbaren Energiequellen treten.
Die Erfahrung der letzten 20 Jahre bei der Entwicklung des Energieverbrauchs hat gezeigt, dass die Verbraucher dann am stärksten in Energieeinsparung investieren, wenn die Energiepreise hoch sind. Gegenwärtig liegt das Energiepreisniveau bei der „Leitwährung“ Öl um 40% niedriger als 1990, gegenüber 1985 ist es sogar um mehr als die Hälfte gesunken. Dadurch spart die deutsche Volkswirtschaft Energiekosten gegenüber 1990 von über 20 Mrd. DM. Die Kehrseite dieser Entwicklung ist das Versiegen aller Anstrengungen zum Energiesparen in der Industrie und beim privaten Verbraucher. Die Klimaschutzziele, die eine Reduzierung des Energieverbrauchs von bis zu 30% zum Anfang des nächsten Jahrhunderts vorsahen, werden Makulatur. Der Aufbau der notwendigen Umwelt- und Energieeinsparindustrien stagniert.
Deshalb ist es gerade im Zeichen fallender Energiepreise höchste Zeit, dass mit dem Einsatz fiskalischer Instrumente der Energieverbrauch begrenzt und klimaverändernde Emissionen gesenkt werden. Die SPD will aus dem Aufkommen dieser Steuer, die sich an dem Energieinhalt bemessen soll, den Einsatz heimischer Steinkohle in der Verstromung sichern, die ökologische Umstrukturierung der ostdeutschen Braunkohlegewinnung und -Verwendung finanzieren und Investitionen im Rahmen eines Programms für Energieeinsparung und zur Entwicklung erneuerbarer Energiequellen fördern. Für die Zwecke der Versorgungssicherheit werden mindestens 7 Mrd. DM für die westdeutsche Steinkohle, 1,5 Mrd. DM für die ostdeutsche Braunkohle und 1,5 Mrd. DM für ein Energiesparprogramm bereitzustellen sein.
Die SPD-Bundestagsfraktion hat im Sommer 1993 ein Gesamtaufkommen von 20 Mrd. DM gefordert. Selbst dieses Volumen wäre für die deutsche Volkswirtschaft wegen des eingetretenen Energiepreisverfalls im Vergleich zum Jahr 1990 noch kostenneutral. Es bleibt dem weiteren Gesetzgebungsverfahren, das bis zum Sommer 1994 abzuschließen ist, überlassen, wie hoch die Energiebesteuerung letztendlich ausfallen wird. Dabei sind die Entwicklungen in unserer Volkswirtschaft, in der Europäischen Union sowie der internationalen Energiepreise zu berücksichtigen.
Erneuerung des Kraftwerksparks
Im Rahmen des Energiesparprogramms setzt sich die SPD auch für die Restrukturierung des Kraftwerksparks ein. Gegenwärtig haben wir etwa 40.000 MW an Steinkohlekraftwerken in ganz Deutschland in Betrieb. Ein Großteil der Anlagen ist älter als 25 Jahre und muss in den nächsten 20 Jahren erneuert werden. Dieser Erneuerungsprozess sollte sich auf Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen konzentrieren, mit deren Hilfe man die spezifischen CO2-Emissionen um bis zu 50% absenken kann.
Die Energieausnutzung kann von heute durchschnittlich knapp 40% auf über 80% gesteigert werden. Es liegt deshalb im Interesse des Klimaschutzes, dass das Restrukturierungsprogramm der vorhandenen Kraftwerke noch in diesem Jahrzehnt begonnen wird. Die neuen Kraftwerkstechnologien sollten weltweit zur Senkung des Energieverbrauchs und der Klimabelastung eingesetzt werden. Sie könnten ein Exportschlager der deutschen Industrie werden, wenn sie auf dem Heimatmarkt die notwendige Betriebserfahrung vorweisen können.
Da wir davon ausgehen, dass die Nutzung der Kohleressourcen weltweit steigen wird, ist es dringend erforderlich, den Einsatz der Steinkohle so energiesparend und ökologisch verträglich wie nur möglich zu gestalten. Auch aus diesem Grund sind die Förderung und der Einsatz deutscher Steinkohle Voraussetzung für einen wachsenden Exportmarkt dieser Kohletechnologie.
Die SPD wird sich deshalb mit allen Mitteln dafür einsetzen, dass der deutsche Steinkohlenbergbau auch in den kommenden Jahrzehnten seinen Versorgungsbeitrag leisten kann.
Energiepolitik nach dem Scheitern der Konsensgespräche
Die Energiekonsensgespräche sind gescheitert - vorerst zumindest! Damit wurde wohl auf absehbare Zeit die Chance vertan, in zentralen energiepolitischen Fragen eine parteienübergreifende Verständigung herbeizuführen. Dies ist umso bedauerlicher, als die im Verlaufe des vergangenen Jahres zwischen den Parteien und den sogenannten gesellschaftlichen Gruppen (Industrie, Gewerkschaften, Umweltverbände und Elektrizitätswirtschaft) geführten Gespräche von vornherein nicht etwa nur auf die Kontroverse um die Nutzung der Kernenergie beschränkt wurden, sondern gleichermaßen Fragen der Sicherstellung des zukünftigen Versorgungsbeitrags der deutschen Steinkohle, Probleme der ostdeutschen Braunkohle sowie Möglichkeiten zur Unterstützung erneuerbarer Energieträger und des Energiesparens in die Überlegungen einbezogen. Daher hätte ein erfolgreicher Abschluss ohne jeden Zweifel berechtigten Anlass zu der Hoffnung gegeben, nunmehr eine längerfristig angelegte, verlässliche energiepolitische Konzeption entwerfen und auch umsetzen zu können.
Genau dies aber hatte die Energiewirtschaft in den letzten Jahren zunehmend eingefordert angesichts der immensen ökonomischen Risiken, denen sich diese Branche mit den jeweils in Milliardenhöhe zu veranschlagenden Investitionen und den nach Jahrzehnten zu bemessenden Kapitalrückflusszeiten zum Beispiel beim Bau neuer Kernkraftwerke oder beim Aufschluss neuer Braunkohletagebaue gegenübersieht, vor allem aber angesichts der seit Jahren zu verzeichnenden Zunahme politischer Interventionen.
Selbstverständlich bleibt die berechtigte Frage, ob derartige von der Energiewirtschaft angemahnte Zusagen überhaupt von Politikern gemacht werden können, da zukünftige Generationen hierdurch in ihrer Entscheidungsfreiheit maßgeblich beschränkt werden, und ob dies insofern billigerweise überhaupt gefordert werden darf. Fraglich ist aber auch, ob solche Garantien jemals eingeklagt werden könnten und wie die im Laufe der Gespräche entwickelte Vorstellung einer Bindung der Zusage gegenüber solch elementaren Positionen wie der Offenhaltung der Option Kernenergie an eine zum gegebenen Zeitpunkt einzuholende Zweidrittelmehrheit des Deutschen Bundestages beurteilt werden sollte. Damit aber stellt sich nüchtern betrachtet durchaus die Frage, welcher Wert einem Konsens insgesamt hätte beigemessen und um welchen Preis die hierzu wohl erforderlichen Kompromisse gegebenenfalls hätten zustande gebracht werden können.
Diese Frage wird kaum einheitlich beantwortet werden können, zumal die Gewichte für die einzelnen in Frage kommenden Faktoren jeweils durchaus unterschiedlich gesetzt werden dürften. Politiker scheinen in solchen Situationen zwar dazu zu neigen, den Wert von Kompromissen umso höher zu veranschlagen, je positiver sie deren Wirkung auf die Wählergunst einschätzen und je größer die Aussichten sind, die mit den Kompromissen eingehandelten Kosten und Zielverzichte verharmlosen, verdrängen oder auch nur in die Zukunft verlagern zu können. Die unmittelbar Betroffenen mögen demgegenüber zu einem deutlich anderen Urteil gelangen, und zwar nicht nur, wenn von ihnen verlangt wird, Grundsatzpositionen aufzugeben oder nachhaltig für richtig und langfristig für unabdingbar erkannte Positionen zu räumen, sondern lediglich konkret die Konsequenzen von Zugeständnissen zu tragen bzw. der eigenen Klientel gegenüber zu vertreten.
Ungleichgewichtige Verteilung
Bei Abwägung der einzelnen Aspekte könnte man durchaus zu dem Ergebnis kommen, dass den Kernenergiebefürwortern mit dem zuletzt zur Diskussion stehenden und auch von einem großen Teil der SPD mitgetragenen Konsensangebot wesentlich größere Zugeständnisse zugemutet worden wären als den Kernenergiegegnern. Dabei handelt es sich um:
- den Verzicht auf die volle rechtmäßig zustehende Restnutzung der in Betrieb befindlichen Kernkraftwerke, d.h. um Kapitalvernichtung in Milliardenhöhe;
- die Aufgabe der Wiederaufarbeitung und Moxfertigung und damit die Inkaufnahme hoher Vertragsstrafen;
- die Verkraftung der Investitionsruine Hanau und ungelöste Probleme mit dem bereits angefallenen Plutonium;
- gegebenenfalls die Bindung der Option neuer fortentwickelter Kernkraftwerke auf Basis des Konzeptes des noch in der Planungsphase befindlichen inhärent sicheren Reaktors an eine mehr als schwer, wenn überhaupt erzielbare Zweidrittelmehrheit des Deutschen Bundestages;
- die Bereitschaft zur Übernahme eines voraussichtlich vergleichsweise hohen Anteils der Belastungen aus der Verstromung heimischer Steinkohle;
- die Verpflichtung zur nachhaltigen Unterstützung des Einsatzes auch weiterhin völlig unwirtschaftlicher regenerativer Energieträger und zu einer Ausschöpfung des Einsparpotentials, die weit über ein einzelwirtschaftlich zu rechtfertigendes Maß hinausgeht.
Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, dass auch ein verkürzter, aber keinen weiteren politischen Störmanövern mehr ausgesetzter Auslaufbetrieb der bestehenden Kernkraftwerke für die Reaktorbetreiber gegenüber der - mit welcher Wahrscheinlichkeit auch immer zu veranschlagenden - Alternative einer kurzfristigen Außerbetriebnahme durchaus ihren Wert besitzt, dass die direkte Endlagerung als Alternative zur integrierten Entsorgung mit Wiederaufarbeitung und Moxfertigung so kostengünstig zu sein verspricht, dass hiermit auch Vertragsstrafen gegenüber französischen und britischen Wiederaufarbeitungsgesellschaften kompensiert werden könnten, dass der - ungestörte - Betrieb der neuen Mox-Fabrik angesichts der politischen Widerstände alles andere als sicher unterstellt werden kann und dass alleine der Verzicht auf eine Inbetriebnahme Kosten der Entsorgung einer solchen Anlage voraussichtlich in Milliardenhöhe ersparen könnte.
Offen ist aber auch, ob die deutsche Elektrizitätswirtschaft angesichts der reichlich vorhandenen Kraftwerkskapazität, der fest geplanten Neubauten auf Kohlebasis in den neuen Bundesländern sowie der verhaltenen Nachfrageentwicklung nicht erst im Laufe des nächsten Jahrzehnts Ersatz- oder Neuinvestitionen zu tätigen hat. Fraglich ist auch, ob sie dann nicht - zu welchen Bedingungen? - auf ausländische Angebote, auf die Einspeisung und Erzeugung unabhängiger Produzenten zurückgreifen kann und ob die dann anstehenden Wirtschaftlichkeitsrechnungen tatsächlich einen hinreichend großen Wirtschaftlichkeitsvorsprung für die Kernenergie ergeben. Aus gegenwärtiger Sicht wäre hiermit jedenfalls nur zu rechnen, wenn vor allem die Investitionskosten für neue Kernkraftwerke drastisch sinken, die Bauzeiten sich verkürzen und/oder gleichzeitig die Preise fossiler Brennstoffe marktbedingt oder aufgrund weiterer steuerlicher Eingriffe (z.B. zur Beherrschung des CO2-Problems) erheblich steigen. Schließlich ist durchaus offen, wie stark die Elektrizitätswirtschaft hinsichtlich der Übernahme von Belastungen aus der Kohleverstromung, des Einsatzes regenerativer Energieträger oder zur Unterstützung weiterer Energieeinsparungen im Konsensfalle tatsächlich herangezogen worden wäre.
Dennoch bleibt zu konstatieren, dass die Kernenergiegegner „lediglich“ ihre ohnehin einseitig erklärte und von der derzeitigen Rechtslage nicht gedeckte Verweigerungshaltung gegenüber wenigstens einem geordneten Auslaufbetrieb der bestehenden Kernkraftwerke hätten aufzugeben und der Offenhaltung der Option Kernenergie zuzustimmen brauchen, und auch dies nur unter dem Vorbehalt einer von zwei Dritteln des Bundestages und erst im nächsten Jahrzehnt zu bestätigenden Nachweises inhärent sicher zu betreibender Folgegenerationen heutiger Kernkraftwerke. Es darf jedoch andererseits nicht verkannt werden, welch elementare Bedeutung gerade dieser Frage für die Kernenergiegegner zukommen muss.
Chancen erneuter Überprüfung
In allen Lagern werden daher nicht wenige das Scheitern der Gespräche - wenn auch aus unterschiedlichen Motiven - mit Erleichterung zur Kenntnis genommen haben. Bei derart divergierenden Auffassungen, wie sie in der Bundesrepublik in Fragen der Kernenergienutzung, der Aufrechterhaltung deutscher Steinkohle, des Beitrags regenerativer Energieträger, der Rolle von Markt und Staat bei der Bewältigung der zentralen energie- und umweltpolitischen Aufgaben oder lediglich der im Einzelnen für erforderlich erachteten staatlichen Maßnahmen zu verzeichnen sind, und bei den Kosten und Zielverzichten, die mit entsprechenden Zugeständnissen verbunden wären, kann dies nicht erstaunen. Dies gilt weit eher für die Tatsache, dass sich die kontroversen Positionen offenbar trotz allem bereits weitgehend angenähert hatten. Dass die Gespräche dennoch am Veto des SPD-Präsidiums gescheitert sind, nachdem allerdings die Grünen bereits im Verlauf des Sommers „ausgestiegen“ waren, ist wohl nicht zuletzt der durch den Parteitagsbeschluss paralysierten Verhandlungsposition der Sozialdemokraten in der Kernenergiefrage zuzuschreiben, die aufzugeben oder auch nur zu relativieren die Parteispitze sich vor einem so wichtigen Wahljahr wie 1994 offenbar nicht in der Lage sah.
Dieser Abbruch der Gespräche oder zumindest deren Unterbrechung - gegebenenfalls bis neue politische Gegebenheiten vielleicht schon im Herbst dieses Jahres dazu zwingen, das Thema erneut aufzugreifen - bietet gleichzeitig die Chance, zentrale Positionen noch einmal neu zu überdenken, und zwar nicht nur solche, die letztlich zunächst zum Scheitern der Gespräche führten, sondern auch solche, die vielleicht vorschnell einem in Aussicht stehenden Konsens geopfert werden sollten. Dies gilt einmal für die Frage der Restlaufzeit in Betrieb befindlicher Kernkraftwerke sowie für eine befriedigende Definition der Offenhaltung der Option Kernenergie. Dies gilt gleichermaßen aber auch für das Problem der Definition einer langfristig vertretbaren und finanzierbaren deutschen Steinkohlenförderung, und dies gilt nicht zuletzt auch für eine am volkswirtschaftlichen Nutzen orientierte Ausschöpfung des Potentials der regenerativen Energieträger sowie der Energieeinsparung.
Das Alternativkonzept der Bundesregierung
Die Bundesregierung hat unmittelbar nach dem Abbruch der Gespräche eigene Vorstellungen zu wichtigen in den Konsensgesprächen debattierten Fragenkomplexen auf den Weg gebracht. Dies gilt insbesondere für den über den Bundesrat eingebrachten Entwurf eines Artikelgesetzes, mit dem neben einer zumindest mittelfristig angelegten Lösung der deutschen Steinkohlenfrage eine Novellierung des Atomgesetzes mit der entscheidenden Öffnung für die direkte Endlagerung als parallelem Entsorgungsnachweis angestrebt wird und gleichzeitig für künftige Kernkraftwerke - bei Bestandsschutz für die bestehenden - die Einführung eines zusätzlichen Sicherheitszieles (der inhärent sichere Reaktor - „einschneidende Maßnahmen zum Schutz vor Strahlen außerhalb der Anlage nicht erforderlich!“) als Risikovorsorgemaßnahme sichergestellt werden soll.
Im Mittelpunkt der nunmehr vorgelegten Überlegungen steht jedoch die deutsche Steinkohle. Daneben gibt es Absichtserklärungen, die Sanierung der Braunkohle-Altlasten in den neuen Bundesländern über 1997 fortzuführen und parallel Maßnahmen zur verstärkten Nutzung des Potentials regenerativer Energieträger sowie der Energieeinsparung zu konzipieren.
Die Koalitionsfraktionen hatten bereits am 14. Oktober, d. h. bereits vor der Abschlusssitzung der Konsensrunde, in der Kohlefrage eine entscheidende Weichenstellung beschlossen: Die deutsche Steinkohle sollte - unbeschadet des Abbaus der sich auf ca. 5 Mrd. DM belaufenden Defizite aus dem laufenden Hilfsprogramm - 1996 mit 7,5 Mrd. DM und 1997 bis 2000 mit einem Plafond von jährlich 7 Mrd. DM pro Jahr mit einer Sprechklausel für die Zeit bis 2005 subventioniert werden.
Dieser Beschluss, der letztlich auf eine mehr oder weniger einsame Kanzlerentscheidung zurückgehen soll und sicherlich auch in Verbindung mit dem wachsenden Druck von Bergarbeiterstreiks gesehen werden muss, machte sämtliche übrigen bis dahin vorgetragenen Vorstellungen zur zukünftigen Gestaltung der Kohlepolitik gegenstandslos und setzte sich ohne Rücksicht auf die hiermit verbundenen Implikationen über die Kritik am bisherigen System hinweg. Dies gilt einmal für die Forderung nach degressiver Ausgestaltung der Kohlehilfen und deren zeitlicher Begrenzung, wie sie sowohl von Ministerpräsident Schröder in die Konsensgespräche eingebracht, aber auch noch bis zuletzt von Bundeswirtschaftsminister Rexrodt, Vertretern der revierfernen Länder, Abgeordneten des Deutschen Bundestages sowie von Wissenschaftlern vorgetragen worden waren. Dies gilt jedoch auch für die Form der Finanzierung dieser Hilfen. Insbesondere die Elektrizitätswirtschaft, aber auch Vertreter der Wissenschaft haben bereits seit Jahren eine wettbewerbsneutrale Finanzierung von Hilfen für den deutschen Steinkohlenbergbau eingefordert. In diesem Zusammenhang sei lediglich daran erinnert, dass die Elektrizitätswirtschaft in der immer wieder zitierten „Kohlerunde '91“ ihre Bereitschaft zur Verstromung von jährlich bis zu 35 Mill. t deutscher Steinkohle lediglich unter der expliziten Bedingung einer Ablösung des derzeitigen, den Energieträger Strom einseitig belastenden Systems erklärt hatte.
Dieser Koalitionsbeschluss wurde sodann unmittelbar nach dem Scheitern der Konsensgespräche in den bereits erwähnten Entwurf des Artikelgesetzes übernommen. Parallel dazu wurde inzwischen die Ausgleichsabgabe im Rahmen des Dritten Verstromungsgesetzes für das Jahr 1994 auf 8,5 % der Erlöse aus der Abgabe von Strom an die diversen Endverbraucher erhöht und damit die ursprüngliche Absicht einer schrittweisen Senkung dieser Abgabe ins Gegenteil verkehrt. Für 1995 ist ebenfalls eine Anhebung der Ausgleichsabgabe auf 8,5 % vorgesehen und gleichzeitig beabsichtigt, den Kreditrahmen des Ausgleichsfonds, aus dem nach Maßgabe der im derzeit gültigen Dritten Verstromungsgesetz vorgesehenen Kriterien die Subventionen für die Verstromung von insgesamt jährlich 40,9 Mill. t deutscher Steinkohle geleistet werden, auf insgesamt 6 Mrd. DM aufzustocken.
Hiermit soll der Tatsache Rechnung getragen werden, dass das Defizit des Ausgleichsfonds auf inzwischen knapp 5 Mrd. DM angewachsen ist. Dieses kann voraussichtlich auch mit der höheren Ausgleichsabgabe nicht entscheidend reduziert werden. Hierzu wäre nach einer vom Bundesministerium für Wirtschaft vorgelegten Modellrechnung eine Anhebung auf über 11 % bis 1995 erforderlich gewesen. Daher ist wohl davon auszugehen, dass der Bund mit seiner zugesagten Ausfallhaftung in einem erheblichen Umfang in Anspruch genommen werden wird.
Für 1996 ist nunmehr im Rahmen des Artikelgesetzes ein Viertes Verstromungsgesetz konzipiert, das auf der bisherigen Regelung aufbaut, allerdings mit zwei entscheidenden Modifizierungen: einer Ausweitung des Geltungsbereichs nunmehr auch auf die neuen Bundesländer sowie der Umstellung des Subventionssystems auf eine Produzentensubvention. Das insgesamt erwartete Aufkommen von 7,5 Mrd. DM wird als Ausgleich der Differenz zwischen den Kosten für deutsche Steinkohle und dem Weltmarktpreis, die derzeit rund 220 DM/t beträgt, direkt dem deutschen Bergbau zur Verfügung gestellt. Die Finanzierungsregelung für den Zeitraum 1997 bis 2000 ist noch offen.
Kritik
Diese kohlepolitischen Vorstellungen sind auf massive Kritik gestoßen. Diese konzentriert sich insbesondere auf folgende Aspekte:
Es fehlt nach wie vor eine überzeugende Begründung für die Unterstützung des deutschen Steinkohlenbergbaus mit jährlich mehr als 10 Mrd. DM. Mit mehr als 200 DM/t entsprechen die Subventionen fast dem Dreifachen des derzeitigen Weltmarktpreises oder fast 100.000 DM p.a. für jeden im Bergbau Beschäftigten. Das Argument der Sicherung der Energieversorgung ist offiziell nie kritisch hinterfragt worden. Auch ist es gegenüber Alternativen wie der Braunkohle oder der Importkohle kaum zu halten und würde lediglich die vermeidbaren Kosten einer alternativen Sicherheitsstrategie, so etwa einer bestimmten Bevorratung (z. B. mit Importkohle), d. h. größenordnungsmäßig eine Subvention als Sicherheitsprämie in Höhe von 20 bis 30 DM/t rechtfertigen. Regional- und sozialpolitische Erwägungen können nur die zeitweise Finanzierung von Anpassungsstrategien, nicht jedoch Dauersubventionen begründen.
Vor diesem Hintergrund wiegt das Fehlen einer expliziten Degression der Subventionszahlungen umso schwerer. Lediglich die Abwertungseffekte der Inflation wirken ceteris paribus in diese Richtung. Bei einer jährlichen Inflationsrate von 3% sind dies in sechs Jahren rund 20%.
Ungelöst scheint bislang auch das Problem, nach welchen Kriterien der vorgesehene Finanzplafond auf die einzelnen Förderreviere und innerhalb dieser Reviere auf die einzelnen Schachtanlagen aufgeteilt werden soll. Kommen hierbei nur strenge Wirtschaftlichkeitsaspekte zum Tragen? Sind die einzelnen Bergbaugesellschaften hiermit nicht überfordert?
Die pauschale Gewährung eines Subventionsbetrages von über 35 Mrd. DM allein bis zum Jahre 2000 ist ohne intensive Kontrolle undenkbar. Nicht nur wenige Insider wie bisher, sondern die gesamte Öffentlichkeit hat ein Recht auf eine extensive Information über das Geschäftsgebahren der begünstigten Unternehmen. Dies kann befriedigend nur von einem in Bergbaufragen ausgewiesenen international renommierten Prüfinstitut geleistet werden. Hierbei gehören nicht nur die diversen Kostenangaben beim Nachweis der jeweiligen „Kostenpreise“ auf den Prüfstand, sondern das gesamte Betriebsgebahren der einzelnen Zechengesellschaften. Ziel muss es sein, die vorgesehene Kohlemenge an den günstigsten Standorten zu den insgesamt niedrigsten Kosten zu fördern. Dies muss auch die Möglichkeit einer beschleunigten Schließung submarginaler Schachtanlagen zugunsten der besten Zechenbetriebe – und möglicherweise sogar deren Ausbau – beinhalten. Ohne eine solche Auflage kann kaum erwartet werden, dass das vorhandene Rationalisierungspotential voll ausgeschöpft wird. Es böte im Übrigen den Zechengesellschaften eine hervorragende Möglichkeit, sich unbilliger – vom Bergbau nicht zu vertretender – regional- und sozialpolitischer Anforderungen zu erwehren.
Nicht auszuschließen – wenn auch wenig wahrscheinlich – ist die Möglichkeit, dass bei vergleichsweise konstanten Kosten der deutschen Förderung und stark steigenden Weltmarktpreisen für Steinkohle oder steigenden Dollarkursen mit dem vorgesehenen Finanzplafond eine zu verströmende Menge deutscher Steinkohle auf das Wettbewerbsniveau herunter subventioniert werden könnte, die über das in der Kohlerunde angepeilte Niveau von 35 Mill. t/Jahr hinausgeht. Für diesen Fall ist bislang keine Regelung vorgesehen, nach der nicht in Anspruch genommene oder gemäß Kostenprüfung in Anspruch zu nehmende Mittel zurückzuzahlen sind oder doch zumindest übertragen werden können. Ohne eine solche Regelung wird zumindest einem Nachlassen der Rationalisierungsanstrengungen Vorschub geleistet. Ein ähnlicher Effekt würde eintreten, wenn im Zuge der Anpassung der Förderkapazität die mit einem Auslaufbetrieb verbundenen Kostensenkungspotentiale zur Steigerung der Menge deutscher Steinkohle genutzt würden, die im Rahmen eines vorgesehenen Finanzplafonds verstrombar ist.
Schon heute ist absehbar, dass die nunmehr ins Auge gefasste Subventionsregelung zu einer gravierenden Verschlechterung der Wettbewerbsposition anderer Energieträger in der Verstromung führen wird, und zwar insbesondere der Importkohle, aber auch der Braunkohle vor allem aus den neuen Bundesländern. Diese Energieträger werden immer stärker in die Rolle eines „Swing Suppliers“ verwiesen, die die gesamte Anpassungslast auf künstlich verzerrten Märkten aufzufangen haben. Hierbei ist nicht nur zu berücksichtigen, dass die derzeit beim Bergbau auf Halde liegenden Mengen von über 20 Mill. t, d. h. die Hälfte der gegenwärtig in der deutschen Elektrizitätswirtschaft verströmten Menge heimischer Steinkohle, nach 1995 beschleunigt in den Markt geschleust werden dürften, sondern auch, dass bei dem anstehenden Auslaufbetrieb einzelner Schachtanlagen Steinkohle vorübergehend zu außerordentlich günstigen Bedingungen gefördert werden kann. Hinzu kommt, dass die Elektrizitätswirtschaft ebenfalls 10 bis 15 Mill. t nicht verströmter Steinkohle über das normale Maß hinaus aus den laufenden Verstromungsverträgen auf Halde liegen hat und dass auch der Bedarf möglicherweise geringer zu veranschlagen ist als bislang prognostiziert. Hierfür sprechen die anhaltend niedrigen Stromverbrauchszuwachsraten, die sicherlich zum einen auf die Rezession, zum anderen aber auch auf die Erfolge rationellerer Energienutzung zurückzuführen sind, sowie das mit den anstehenden Reinvestitionen realistischerweise zu erwartende Ausscheiden weiterer Großstromverbraucher. Hinzu kommen jedoch die mit den neuen Kraftwerksgenerationen und mit fortgesetzter – vor allem auf Erdgas basierender – Kraft-Wärme-Kopplung zu unterstellenden Wirkungsgradfortschritte und Substitutionseffekte. Wachsende Bedeutung kommt aber nicht zuletzt in diesem Zusammenhang den mit Stromimporten (Kernenergiestrom aus Frankreich oder den früheren Ostblockstaaten, Wasserkraftstrom aus Skandinavien, Kohlestrom aus Osteuropa?) zu erwartenden Verlagerungseffekten zu. All dies geht voll zu Lasten der Möglichkeiten zum Einsatz von Importkohle und Braunkohle. Im Ergebnis läuft dies nicht nur darauf hinaus, dass die unsubventionierten Energieträger Importkohle sowie heimische Braunkohle von der subventionierten Steinkohle, sondern geradezu die kostengünstigen Energieträger vom teuersten verdrängt werden.
Ziel einer nachhaltig zu rechtfertigenden Unterstützung der deutschen Steinkohle kann nur sein, den Bergbau und die Bergbaugebiete langfristig in die Lage zu versetzen, sich aus eigenen Kräften erfolgreich dem Wettbewerb zu stellen. Hierzu kann es sich als sinnvoll erweisen, die – oder einen Teil der – vorgesehenen Fördermittel auch für die Schaffung von dauerhaft rentablen Arbeitsplätzen außerhalb des Bergbaus, so beispielsweise im Rahmen der Aktivitäten der Bergbaugesellschaften zur Diversifizierung ihrer Geschäftsfelder verwenden zu lassen, insbesondere falls dies mit einem zusätzlichen Engagement der Muttergesellschaften der Bergbauunternehmen verknüpft werden könnte. Hierfür bietet die derzeitige Regelung keinen Raum.
Mängel bei der Finanzierung
Eine Entscheidung über die längerfristige Finanzierung der Subventionen für die Verstromung deutscher Steinkohle steht aus. Entschieden hat sich die Bundesregierung bislang lediglich für ein Finanzierungsmodell für das Jahr 1996: die Einführung einer Ausgleichsabgabe in Höhe von 8,5% auf die Stromerlöse (plus Mehrwertsteuer) aller Letztverbraucher nunmehr in den alten wie in den neuen Bundesländern. 1994 und 1995 sind über das bestehende System des Dritten Verstromungsgesetzes und den hierbei der Elektrizitätswirtschaft in den alten Bundesländern auch weiterhin auferlegten Selbstbehalt in Höhe von jeweils mehr als 2 Mrd. DM p.a. abgedeckt. Offen ist allerdings der Ausgleich des zwischenzeitlich aufgelaufenen Defizits des Verstromungsfonds in Höhe von rund 5 Mrd. DM. Für die Zeit nach 1996 steht eine Entscheidung über die Finanzierung noch aus.
Mit der Fortsetzung des Systems der Ausgleichsabgabe, wenn auch in modifizierter Form, hat sich die Bundesregierung über die nicht nur von der Elektrizitätswirtschaft vehement vorgetragene Kritik an diesem Finanzierungsinstrument hinweggesetzt.
- Die gesamte Finanzierung der Hilfen zur Kohleverstromung wird weiterhin einseitig dem Energieträger Strom aufgebürdet. Hierdurch werden bei Überwälzung die Wettbewerbsnachteile der hiervon betroffenen Industrien gegenüber der internationalen Konkurrenz perpetuiert, bei interner Subventionierung die übrigen Verbrauchergruppen diskriminiert.
- Wettbewerbsnachteile für den gewerblichen Bereich resultieren jedoch auch daraus, dass dieser wie der konsumtive Verbrauch von der Ausgleichsabgabe betroffen ist.
- Revierferne Länder werden gleichermaßen zur Finanzierung der Kohlelasten herangezogen wie die Revierländer.
- Erstmalig erfasst werden von dieser Regelung nunmehr auch die neuen Bundesländer, die sich ohnehin erheblichen strukturellen Anpassungsproblemen gegenübersehen. Die hieraus resultierende Gesamtbelastung für die neuen Länder beläuft sich auf rund 1,4 Mrd. DM p.a.; Forderungen nach einem Ausgleich wurden bereits grundsätzlich zugestimmt.
- Dabei ist nicht einmal sicher, ob nicht im Rahmen eines derzeit anhängigen Gerichtsverfahrens die Zulässigkeit der Ausgleichsabgabe, insbesondere wegen des Fehlens der Gruppennützigkeit, insgesamt in Frage gestellt werden wird
- Vor diesem Hintergrund können die mit diesem Finanzierungsinstrument verbundenen positiven Effekte die negativen kaum kompensieren. Bei den positiven Effekten ist die Tatsache hervorzuheben, dass es sich um ein eingeführtes System mit hoher Nettoergiebigkeit handelt, das zudem die Staatsquote nicht erhöht, das gesamte Bundesgebiet erfasst und damit zu einer Entlastung der westdeutschen Stromverbraucher um die von den neuen Bundesländern aufgebrachten Mittel führt. Die Belastung der alten Bundesländer reduziert sich insgesamt von 8,3 auf 6,1 Mrd. DM p.a.
- Als Alternative zur Ausgleichsabgabe wurde nicht zuletzt durch den Bundeswirtschaftsminister auch eine allgemeine Energiesteuer ins Gespräch gebracht. Ein solches Finanzierungssystem würde zwar die Kohlefinanzierung rechtlich unbedenklich auf eine breitere Basis stellen, den Strom vor allem in Westdeutschland deutlich entlasten und damit dort die Wettbewerbsprobleme der stromintensiven – nicht jedoch notwendigerweise die der energieintensiven – Industrien reduzieren. Gleichzeitig blieben jedoch die für die Sonderabgabe aufgeführten negativen Effekte im Wesentlichen bestehen. Hinzu käme, dass die Staatsquote erhöht würde, eine solche Steuer in der EU zustimmungspflichtig wäre und die neuen Bundesländer nicht nur mit ihrem Stromverbrauch, sondern mit dem gesamten Energieverbrauch herangezogen würden.
- Nur schwer nachvollziehbar ist in diesem Zusammenhang, dass für die Deckung der mit der Kohlepolitik verfolgten gesamtwirtschaftlichen Ziele eine Erhöhung der Mehrwertsteuer nicht stärker ins Auge gefasst wurde, wie sie gleichermaßen von Abgeordneten, Vertretern der Energiewirtschaft und der Wissenschaft vorgeschlagen worden war. Schon mit einer Erhöhung der Mehrwertsteuer um ½ Prozentpunkt würde sich die denkbar breiteste Finanzierungsquelle erschließen lassen, die Lasten wären auf viele Schultern verteilt, der produktive Bereich wäre geschont, und damit wäre ein nicht zu unterschätzender Beitrag zur Verbesserung des Standortes Bundesrepublik geleistet worden. Die EU-Kompatibilität schließlich steht außer Frage. Es scheint kennzeichnend für die derzeitige energiepolitische Argumentation, dass als letztlich entscheidender Einwand gegen die Mehrwertsteuererhöhung die dann anstehende Verteilung des Mittelaufkommens auf Bund und Länder ins Feld geführt wurde. Plausibler – wenn auch nie offiziell bestätigt – scheint demgegenüber die Vermutung, dass der noch verfügbare Erhöhungsspielraum bei der Mehrwertsteuer längst für andere Zwecke verplant ist, die geplante Unternehmenssteuerreform etwa oder auch nur für die Schließung der immer größeren Haushaltslücken.
Es kann nur gehofft werden, dass diese Überlegungen für die Entscheidung über die Finanzierung nach 1996 noch einmal aufgegriffen werden.
Mehr als problematisch zu bezeichnen sind jedoch schließlich die indirekten Konsequenzen der Tatsache, dass die Bundesregierung immer wieder in Brüssel als Bittsteller in Sachen Kohle antreten muss. Hierbei handelt es sich um die Rückwirkung auf andere Sektoren, nicht zuletzt auf die deutsche Stahlindustrie. Leider muss nicht nur befürchtet werden, dass die Glaubwürdigkeit eines Landes entscheidend Schaden nimmt, das gleichzeitig mit einem vehementen Plädoyer für freien Welthandel im Bergbau wie im Agrarbereich dauerhaft Ausnahmeregelungen beansprucht, sondern auch, dass der Bundesregierung, wie sich zeigt, in einem erheblichen Maße die Hände gebunden sind, wenn es gilt, weitreichende Subventionsforderungen anderer Mitgliedstaaten etwa im Stahlbereich abzuwehren. Die Arbeitsplätze, die an Ruhr und Saar im Bergbau durch die Kohlepolitik mühsam aufrechterhalten werden, gehen damit im Stahlbereich möglicherweise mehr als verloren.
Fazit
Die Bundesregierung hat sich nach dem Scheitern der Konsensgespräche erstaunlich schnell zu energiepolitischen Entscheidungen durchgerungen. Diese waren jedoch seit Jahren überfällig. Ihr Ergebnis kann nur partiell befriedigen. Dies gilt insbesondere für die längst anstehende Öffnung des Entsorgungsnachweises durch die voraussichtlich wesentlich kostengünstigere direkte Endlagerung und die systematische Fortschreibung der Sicherheitsvorsorge im Kernenergiebereich durch die Einführung des Konzeptes des inhärent sicheren Reaktors. Insbesondere im Kohlebereich wurde lediglich eine – zudem wenig überzeugende – Interimslösung mit weitreichenden Implikationen verabschiedet; eine Überprüfung scheint schon bald nach den Wahlen vorprogrammiert.
Völlig offen ist, ob, in welchem Maße und zu welchen Bedingungen die Unternehmen der Elektrizitätswirtschaft bzw. die industrielle Kraftwirtschaft die für 1996 ins Auge gefasste Lösung aufgreifen werden und bereit sind, langfristige Verträge zu den vom deutschen Steinkohlenbergbau angebotenen Bedingungen abzuschließen. Dem deutschen Bergbau ist die aus seiner Sicht immer wieder zu Recht angemahnte langfristige Absicherung im Kesselkohlebereich erneut versagt worden. Der lange Jahre als weitgehend unproblematisch angesehene Absatz von Kokskohle erweist sich als immer gefährdeter.
Selbst die von Brüssel am Jahresende erteilte Genehmigung einer weiteren Beihilfegewährung könnte sich als Pyrrhussieg erweisen: Die Kokskohlenbeihilfe ist hiervon in ihrer jetzigen Form nicht abgedeckt. Vor allem aber ist der Bundeswirtschaftsminister nunmehr gehalten, bis zum Frühjahr dieses Jahres einen Plan vorzulegen, aus dem die bis zur Jahrhundertwende erwarteten Kosten hervorgehen. Lediglich jene Anlagen, die eine reale Senkung der Kosten aufweisen, dürfen danach Betriebsbeihilfen erhalten, und zwar mit der Zielsetzung ihres Abbaus über die Zeit, alle anderen bekommen lediglich Stillegungshilfen, und zwar nicht länger als bis zum Jahre 2002, dem Auslaufen des Montanunionvertrages. Dies dürfte insofern auch neue entscheidende Rahmendaten für eine Fortführung der Konsensgespräche setzen.