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Marktintransparenz und deren Bedeutung für die Preisbildung auf Märkten wurden in der Ökonomie lange Zeit vernachlässigt. Die für ihre Search-and-Matching-Theorie geehrten Wirtschaftswissenschaftler haben maßgeblich dazu beigetragen, dieses Manko zu überwinden. In ihren Arbeiten zeigen sie, wie informationsbedingte Friktionen zu dauerhaften Marktungleichgewichten führen können und welchen Einfluss staatliche Institutionen dabei haben.

Es gehört zu unseren alltäglichen Erfahrungen, dass Entscheidungen unter Unsicherheit getroffen werden müssen. Wir schließen Verträge ab, ohne zu wissen, ob die vereinbarte Leistung nicht vielleicht doch woanders noch preisgünstiger zu haben gewesen wäre. Der Aufwand für die Realisierung einer besseren Alternative erscheint uns häufig zu hoch. Und weil Firmen das wissen, sind sie daran interessiert, den Informationswirrwarr möglichst groß zu machen. Je größer die Marktintransparenz, desto größer ist ihr Preissetzungsspielraum, insbesondere bei Verträgen mit langfristiger Bindung. Einrichtungen wie die Stiftung Warentest, die im Interesse der Kunden mit Hilfe von Produkttests für mehr Markttransparenz sorgen wollen, sind einem permanenten Rennen ausgesetzt, der dem Wettlauf von Hase und Igel gleicht und bei dem ihnen die Rolle des Hasen zugedacht ist. Die Schaffung von Marktintransparenz durch eine stetige Veränderung der Produktpalette macht den Nutzen von Produkttests zunichte und stellt eine wichtige Geschäftsgrundlage für die Hersteller dar. Dies ist nur ein Beispiel für die vielfältige Form, in der Marktteilnehmer mit Marktintransparenz konfrontiert sind, und die sie dazu zwingt, ihre Entscheidungsfindungsstrategien danach auszurichten.

Gleichwohl hat die Ökonomie die Bedeutung von Such- und Informationskosten für die Preisbildung auf Märkten und das Zustandekommen von Vertragsabschlüssen (Matches) lange ignoriert. Mit dem diesjährigen Nobelpreis für Wirtschaft ehrt das Nobelpreiskomitee zum wiederholten Mal Wissenschaftler, die auf diesem Gebiet Pionierarbeit geleistet haben. Peter A. Diamond, Dale T. Mortensen und Christopher A. Pissarides haben mit ihrer Forschung zur Funktionsweise von Arbeitsmärkten entscheidend dazu beigetragen, die Rolle von Informationsdefiziten für das Jobsuchverhalten von Arbeitnehmern und das Rekrutierungsverhalten von Unternehmen zu verstehen. Ihr primäres Interesse galt dabei einer möglichst realitätsgerechten Erklärung für die Entstehung von Arbeitslosigkeit. Was dabei entstanden ist, hat jedoch eine Bedeutung erlangt, die weit über den Arbeitsmarkt hinausreicht. Informationsdefizite bei Entscheidungen mit langfristiger Bindung kennzeichnen nicht nur den Arbeitsmarkt, sondern beispielsweise auch den Wohnungsmarkt, den Versicherungsmarkt oder den „Heiratsmarkt“. Die neue Sicht wird daher völlig zu Recht als informationsökonomische Revolution betrachtet.

Das einfachste Modell zur Erklärung der Entstehung von Arbeitslosigkeit geht von einem Marktlohn oberhalb des markträumenden Gleichgewichtslohns aus. Es gehört zum Ur-Inventar der neoklassischen Ökonomie und hält sich bis heute hartnäckig in den Lehrbüchern und der Rhetorik von Wirtschaftspolitikern. Dabei weiß eigentlich jeder, dass es im richtigen Leben mehr als nur Einheitsarbeiter gibt, die mit einem Einheitslohn bezahlt werden. Auch die Tatsache, dass ein einmal entstandenes Ungleichgewicht auf dem Arbeitsmarkt stabil bleiben kann, ist mit diesem Modell nicht in Einklang zu bringen. Theoriegemäß müssten die Marktkräfte nämlich dafür sorgen, dass bei Arbeitslosigkeit der Lohn sinkt, bis wieder Vollbeschäftigung herrscht.

Spätestens seit den 1970er Jahren führte das Unbehagen an den Unzulänglichkeiten des neoklassischen Modells zu einer Reihe von Weiterentwicklungen. So entstand beispielsweise die Ungleichgewichtstheorie, die unter anderem institutionell bedingte Lohnstarrheiten als Ursache für das Fortbestehen von Ungleichgewichten auf dem Arbeitsmarkt identifizierte.1

Daneben traten effizienzlohntheoretische Ansätze hervor, die erklären, warum es für Firmen sinnvoll sein kann, Löhne oberhalb des Gleichgewichtslohns zu zahlen. Das dadurch entstehende Arbeitslosigkeitsrisiko sorge dafür, so die Theorie, dass Arbeitnehmer besser motiviert sind und sich deren Wissen leichter an ein Unternehmen binden lässt. Im Ergebnis gleich erklärt die Insider-Outsider-Theorie die Existenz von Löhnen oberhalb des Markträumungsgleichgewichts mit der Verhandlungsmacht der Beschäftigten, den sogenannten Insidern, die den vorhandenen Verteilungsspielraum so nutzen, dass ihre Beschäftigung gerade noch gesichert bleibt und es sich für ihr Unternehmen nicht lohnt, (vorübergehend) billigere aber (ebenso vorübergehend) weniger produktive Arbeitslose, die sogenannten Outsider, einzustellen.2 Offen bleibt bei den Effizienzlohntheorien allerdings, warum das Niveau der Arbeitslosigkeit über die Zeit schwankt.

Weniger plakativ, dafür umso nachhaltiger, bahnte sich zeitgleich ein Paradigmenwechsel an, bei dem das Lohnniveau als zentrale Steuerungsgröße auf dem Arbeitsmarkt in den Hintergrund rückt. Stattdessen setzt sich mehr und mehr eine Vorstellung durch, die den Arbeitsmarkt als Prozess begreift, bei dem heterogene Arbeitnehmer und heterogene Firmen stetig auf der Suche nach dem für sie optimal passenden Gegenüber sind. Firmen generieren in diesem Prozess Lohnofferten und sondieren die Passfähigkeit von Bewerbern nach einem ähnlichen Rationalitätskalkül wie auf der anderen Seite Arbeitnehmer die eingehenden Lohnofferten bewerten. Konstitutiv für den Paradigmenwechsel ist die Annahme, dass beide Seiten Informationsdefiziten ausgesetzt sind, die verhindern, dass ein Unternehmen ohne Umschweife den am besten passenden Arbeitnehmer für eine Stelle findet und die ebenso verhindern, dass eine Arbeitskraft unmittelbar die am besten für sie passende Stelle findet. Solche Friktionen zwingen die Beteiligten dazu, Kosten und Nutzen bei der Suche nach dem optimalen Match gegeneinander abzuwägen. Arbeitslosigkeit entsteht, weil der Suchprozess Zeit beansprucht. Was sich dann aus der Perspektive des einzelnen Unternehmens oder des einzelnen Arbeitsuchenden als optimaler Match ergibt, muss nicht notwendigerweise einer gesamtwirtschaftlich effizienten Lösung entsprechen.

Entwicklung einer neuen Theorie

Aus diesen Grundüberlegungen heraus entstand allmählich das, was sich inzwischen mathematisch streng formalisiert als Search-and-Matching-Ansatz in der Ökonomie etabliert hat. Mit Hilfe der Search-and-Matching-Theorie ist es nicht nur gelungen, eine realitätsnähere Erklärung dafür zu finden, warum Arbeitslosigkeit entsteht, sondern auch dafür, warum es hierbei zu zyklischen Schwankungen kommen kann. Die Search-and-Matching-Theorie stellt zudem eine interessante Synthese zwischen Mikro- und Makroperspektive dar. So erlaubt sie zum einen auf der Makroebene empirisch mess- und überprüfbare Aussagen über den Zusammenhang zwischen aggregierten Strom- und Bestandsgrößen auf dem Arbeitsmarkt. Diese fußen zum anderen auf suchtheoretischen Verhaltensannahmen auf der Mikroebene, die ihrerseits empirisch mess- und überprüfbar sind. Beide Sichtweisen bilden die Grundlage für eine inzwischen unübersehbare Flut entsprechender empirischer Untersuchungen.

Den Grundstein für ein Search-and-Matching-Modell des Arbeitsmarktes legte George Stigler Anfang der 1960er Jahre mit zwei Aufsätzen im Journal of Political Economy.3 Hier findet erstmals der Gedanke, dass Informationsdefizite auf Märkten Suchaufwand verursachen, Eingang in die ökonomische Modellierung. Aus der Suche resultiert Zeitaufwand, der neben den reinen Suchkosten entscheidenden Einfluss auf die optimale Suchstrategie hat. Die damalige Pionierarbeit auf dem Gebiet der Informationsökonomie wurde 1982 durch die Verleihung des Nobelpreises an George Stigler gewürdigt.

Es dauerte dennoch fast zehn Jahre, bis die Saat von Stiglers Ideen allmählich aufging. Einer der ersten, die sich von informationsökonomischen Überlegungen zu einem frühen Search-and-Matching-Modell des Arbeitsmarktes inspirieren ließen, war Edmund Phelps, der unter anderem dafür 2006 den Nobelpreis bekam. 1968 erschien ebenfalls im Journal of Political Economy sein Aufsatz „Money-Wage Dynamics and Labor-Market Equilibrium“.4 Anstelle eines Marktes auf dem ein fiktiver Walrasianischer Auktionator permanent für markträumende Löhne sorgt, geht Phelps darin von einem imperfekten Markt aus, bei dem Löhne von Firmen unter Unsicherheit gesetzt werden. Die Firmen nutzen dabei ihre Verhandlungsmacht, die wiederum maßgeblich vom zahlenmäßigen Verhältnis von offenen Stellen zu Arbeitslosen abhängt. Da hieraus eine Lohnverteilung statt eines Einheitslohns resultiert, kann es sich für Arbeitslose lohnen, Zeit in die Arbeitsuche zu investieren, statt stets die erstbeste Lohnofferte anzunehmen. Anders als in der neoklassischen Sicht kann Arbeitslosigkeit folglich selbst dann entstehen, wenn sich am Markt Löhne unterhalb des Niveaus bilden, das aus neoklassischer Sicht zur Markträumung führen müsste. Die Überlegungen von Phelps münden in einer Matching-Funktion, die bereits starke Ähnlichkeiten mit den sich in der Folgeliteratur herausbildenden Matching-Funktionen aufweist. Wie wichtig diese Entwicklung für die moderne Ökonomie ist, lässt sich übrigens auch an der Tatsache ablesen, dass sich in diesem Zusammenhang in der Laudatio des Nobelpreis-Komitees für Edmund Phelps ein Hinweis auf die Verdienste findet, die sich die diesjährigen Nobelpreisträger erworben haben.5

Eine ausgefeilte theoretische Begründung für suchbedingte Friktionen am Arbeitsmarkt lieferte dann Dale Mortensen in einem Beitrag, der 1970 unter dem Titel „Job Search, the Duration of Unemployment and the Phillips Curve“ im American Economic Review veröffentlicht wurde.6 Der Beitrag löste damals eine lebhafte Diskussion aus und führte in der Folge zu zahlreichen Modellerweiterungen.

Modellerweiterungen

Ein Jahr später veröffentlichte Peter Diamond einen wichtigen Beitrag, in dem er die Bedeutung von Suchkosten für die Preisbildung in Märkten untersuchte.7 Das Ergebnis ging als „Diamond Paradox“ in die Literatur ein. Es besagt, dass noch so geringe Suchkosten in einem Markt, der von Informationsdefiziten gekennzeichnet ist, zu einem Preis für das betreffende Gut führen, der dem Preis entspricht, der sich unter Monopolbedingungen herausbilden würde. Die Intuition dahinter lässt sich wie folgt erklären: Angenommen, es gäbe einen markträumenden Preis für ein bestimmtes Produkt, das von verschiedenen Anbietern hergestellt wird, der den potenziellen Käufern aber nicht bekannt ist. Wenn es für die Käufer Kosten verursacht, den Preis für dieses Produkt bei einem Anbieter zu erfahren, entsteht für die Anbieter ein Preissetzungsspielraum nach oben. Jeder Anbieter dürfte versucht sein, den Preis gerade so weit anzuheben, dass es sich für die potenziellen Käufer nicht lohnt, ein weiteres Angebot einzuholen. Da jeder Anbieter so verfährt, steigt der Preis folglich insgesamt auf ein Niveau über dem markträumenden Preis. Im gleichen Augenblick entsteht damit jedoch für jeden Anbieter der Anreiz, den Preis erneut anzuheben und zwar wiederum um den Betrag, der potenzielle Käufer gerade noch davon abhält, ein weiteres Angebot einzuholen. Dieser Prozess wiederholt sich solange, bis das Monopolpreisniveau erreicht ist. Abgesehen davon, dass sich im wahren Leben in der Regel trotzdem auch unter Wettbewerbsbedingungen Preise unterhalb des Monopolpreisniveaus bilden, besteht die Paradoxie darin, dass die Höhe der Suchkosten für das theoretische Ergebnis unerheblich ist.

Nach diesen Veröffentlichungen waren es zunächst einmal andere, die sich in ihrer Forschung von der Idee von Marktprozessen bei beschränkten Informationen inspirieren ließen. Insbesondere Modelle für die individuelle Jobsuche erfuhren damals einen beachtlichen Schub. Eine eindrucksvolle Zusammenstellung, die den Stand der Forschung in den 1970er Jahren widerspiegelt, findet sich in zwei Surveys von Lippman und McCall aus dem Jahr 1976.8

Ende der 1970er Jahre trat dann Christopher Pissarides auf den Plan. In seinem Aufsatz „Job Matching with State Employment Agencies and Random Search“9 entwickelt er eine makro-ökonomische Matching-Funktion für den Arbeitsmarkt, mit deren Hilfe sich ein Marktgleichgewicht mit Arbeitslosigkeit abbilden lässt. Sein Modell setzt den Stellenzuwachs mit der Zahl der Arbeitslosen, der Zahl der offenen Stellen, der Jobsuchintensität von Arbeitnehmern und der Rekrutierungsintensität von Firmen in Beziehung. Diese Matching-Funktion trägt erstmals und dennoch in überschaubarer Weise der Tatsache von Friktionen auf beiden Seiten des Marktes Rechnung. In der Folgezeit entstand unter Beteiligung von Diamond, Pissarides und Mortensen eine ganze Reihe von Papieren, die in verschiedenen Varianten Erklärungsmodelle dafür liefern, warum es zu einem Arbeitsmarktgleichgewicht trotz Arbeitslosigkeit kommen kann. Im Kern beruhen sie stets auf der Prämisse, dass das Handeln der Akteure entscheidend durch Friktionen aufgrund von Informationsdefiziten beeinflusst ist. In dem 1980 von Dale Mortensen und Kenneth Burdett veröffentlichten Aufsatz „Search, Layoffs and Labor Market Equilibrium“10 werden Sucharbeitslosigkeit und Entlassungen als Gleichgewichtsphänomene beschrieben. Die Intensität, mit der Arbeitslose suchen, und die Regel, wann ein Jobangebot akzeptiert wird, determinieren dabei die Verteilung der Arbeitslosigkeitsdauer.

Aufbauend auf den Arbeiten von Mortensen widmet sich auch Peter Diamond in dieser Zeit Fragen der Effizienz von Gleichgewichten bei beschränkter Information.11 Eine der zentralen Erkenntnisse lautet, dass sich unter der Bedingung von beschränkter Information nicht notwendigerweise ein effizientes Gleichgewicht auf der Makroebene einstellt. Es kann beispielsweise zu einem Zuviel oder auch einem Zuwenig an Suchanstrengungen kommen, was wiederum eine modelltheoretische Rechtfertigung für staatliche Interventionen liefert.

Unter dem Titel „Property Rights and Efficiency in Mating, Racing and Related Games“ erscheint ebenfalls 1982 ein Beitrag von Mortensen im American Economic Review, in dem er die Logik des Search-and-Matching-Modells erstmals auf andere Märkte überträgt.12 Er zeigt, dass in Märkten mit Suchfriktionen auf beiden Marktseiten ein effizientes Gleichgewicht dann erreicht wird, wenn der Vorteil eines Matchs dem initiativ werdenden Partner zufällt.

Pissarides beschäftigt sich später mit den Ursachen für zyklische Schwankungen eines Gleichgewichts. In seinem 1985 erschienen Beitrag „Short-Run Equilibrium Dynamics of Unemployment, Vacancies, and Real Wages“ untersucht er die Effekte von zyklischen Produktivitätsschwankungen auf die Zahl offener Stellen, die Höhe der Arbeitslosigkeit und die Lohndynamik.13 Sein Modell liefert eine Erklärung dafür, warum die Zahl der offenen Stellen früher und heftiger auf Veränderungen der Nachfrage reagiert als die Arbeitslosigkeit. Es legt zudem nahe, dass Reallohnveränderungen nicht in vollem Umfang Wachstumsveränderungen widerspiegeln und dass Arbeitslosigkeit stärker auf negative als auf positive Veränderungen des Wachstums reagiert.

In den 1990er Jahren taten sich Dale Mortensen und Christopher Pissarides zusammen, um die unterschiedlichen Schwerpunkte ihrer Herangehensweise zu einem einheitlichen theoretischen Ansatz zu verschmelzen. 1994 erschien dann im Review of Economic Studies der Beitrag „Job Creation and Job Destruction in the Theory of Unemployment“, der als Geburtsstunde des sogenannten Mortensen-Pissarides-Modells gelten kann.14 Es stellt heute in der Arbeitsmarktökonomie schlicht das Standard-Modell zur makroökonomischen Erklärung der Vorgänge am Arbeitsmarkt dar und bildet die Referenz für zahlreiche Veröffentlichungen, die seither auch von vielen anderen Autoren auf der Basis dieses Modellansatzes erfolgt sind.

Das Modell ist in der Lage, zyklische Schwankungen der Arbeitsnachfrage abzubilden und ist allgemein genug, um verschiedene Arten von Lohnsetzungsmechanismen in sich vereinigen zu können. Vor allem aber erlaubt es die Abbildung arbeitsmarktpolitischer Strategien und damit auch die Möglichkeit einer Einschätzung von deren gesamtwirtschaftlicher Bedeutung. Dieser Aspekt war Gegenstand zweier politisch bedeutsamer Studien, nämlich dem sogenannten Delors-Report der Europäischen Kommission und der Beschäftigungsstudie der OECD. Beide erschienen ebenfalls 1994 und basieren in methodischer Hinsicht auf dem Search-and-Matching-Ansatz von Mortensen und Pissarides. Beide Untersuchungen kommen zu dem Schluss, dass verkrustete Arbeitsmarktstrukturen in einigen europäischen Ländern ein entscheidendes Hindernis für deren Beschäftigungswachstum darstellen.

Dieser Aspekt ist auch Gegenstand eines 1999 von Mortensen und Pissarides veröffentlichten Papiers im Economic Journal.15 Darin untersuchen sie, wie qualifikationsspezifische Veränderungen der Arbeitsnachfrage in unterschiedlichen institutionellen Ausgestaltungen von Arbeitslosenversicherung und Kündigungsschutz auf Beschäftigung und Löhne wirken. Die Ergebnisse machen unter anderem mehr als deutlich, wie Langzeitarbeitslosigkeit durch eine großzügige Ausgestaltung der Arbeitslosenversicherung und einen rigiden Kündigungsschutz entsteht. So gesehen, kann die Hartz-Reform in Deutschland durchaus als Fernwirkung der Arbeiten von Mortensen und Pissarides betrachtet werden, auch wenn beide in keiner Weise aktiv daran beteiligt waren. Der Erfolg, der sich am deutschen Arbeitsmarkt im Gefolge der Hartz-Reform zeigt, ist gleichwohl eine eindrucksvolle Bestätigung für die Realitätstauglichkeit des Mortensen-Pissarides-Modells. Ebenfalls im Jahr 1999 erschienen zwei Handbuch-Artikel von Mortensen und Pissarides, mit denen ihr Modellansatz endgültig zum Standard in der Arbeitsmarktforschung avancierte.16

Bereits 2005 erhielten Dale Mortensen und Christopher Pissarides für ihre Pionierarbeit den IZA Prize in Labor Economics. In einem demnächst erscheinenden Sammelband sind die wichtigsten Artikel, die als Marksteine in der Entwicklung der Search-and-Matching-Theorie verstanden werden können, in kommentierter Form zusammengefasst.17

  • 1 K. W. Rothschild: Einführung in die Ungleichgewichtstheorie, Berlin, Heidelberg, New York 1981.
  • 2 A. Lindbeck, D. Snower: The Insider-Outsider Theory of Employment and Unemployment, Cambridge 1988.
  • 3 3 G. J. Stigler: The Economics of Information, in: Journal of Political Economy, Vol. 69 (1961), S. 213-225; G. J. Stigler: Information in the Labor Market, in: Journal of Political Economy, Vol. 70 (1962), S. 94-104.
  • 4 4 E. S. Phelps: Money-Wage Dynamics and Labor-Market Equilibrium, in: Journal of Political Economy, Vol. 76 (1968), S. 678-711.
  • 5 Kungliga Vetenskapsakademien (2006): Edmund Phelps’s Contributions to Macroeconomics, http://www.kva.se.
  • 6 D. T. Mortensen: Job Search, the Duration of Unemployment and the Phillips Curve, in: American Economic Review, Vol. LX (1970), S. 847-862.
  • 7 P. A. Diamond: A Model of Price Adjustment, in: Journal of Economic Theory, Vol. 3 (1971), S. 158-168.
  • 8 S. A. Lippman, J. J. McCall: The Economics of Job Search: A Survey – Part I, in: Economic Inquiry, Vol. 15 (1976), S. 155-189; S. A. Lippman, J. J. McCall: The Economics of Job Search: A Survey – Part II, in: Economic Inquiry, Vol. 15 (1976), S. 347-368.
  • 9 C. A. Pissarides: Job Matchings with State Employment Agencies and Random Search, in: Economic Journal, Vol. 89 (1979), S. 818-833.
  • 10 D. T. Mortensen, K. Burdett: Search, Layoffs and Labor Market Equilibrium, in: Journal of Political Economy, Vol. 88 (1980), S. 652-672.
  • 11 P. A. Diamond, E. Maskin: An Equilibrium Analysis of Search and Breach of Contract, I: Steady States, in: Bell Journal of Economics, Vol. 10 (1979), S. 282-316; P. A. Diamond, E. Maskin: An Equilibrium Analysis of Search and Breach of Contract II: A Non-Steady State Example, in: Journal of Economic Theory, Vol. 25 (1981), S. 165-195; P. A. Diamond: Aggregate Demand Management in Search Equilibrium, in: Journal of Political Economy, Vol. 90 (1982), S. 881-894.
  • 12 D. T. Mortensen: Property Rights and Efficiency in Mating, Racing and Related Games, in: American Economic Review, Vol. 72 (1982), S. 968-979.
  • 13 C. A. Pissarides: Short-Run Equilibrium Dynamics of Unemployment, Vacancies and Real Wages, in: American Economic Review, Vol. 75 (1985), S. 676-690.
  • 14 D. T. Mortensen, C. A. Pissarides: Job Creation and Job Destruction in the Theory of Unemployment, in: Review of Economic Studies, Vol. 61 (1994), S. 397-415.
  • 15 D. T. Mortensen, C. A. Pissarides: Unemployment Responses to ‚Skill Biased‘ Shocks: The Role of Labor Market Policy, in: Economic Journal, Vol. 109 (1999), S. 242-265.
  • 16 D. T. Mortensen, C. A. Pissarides: Job Reallocation, Employment Fluctuations and Unemployment, in: J. Taylor, M. Woodford (Hrsg.): Handbook of Macroeconomics (North-Holland), Amsterdam 1999; D. T. Mortensen, C. A. Pissarides: New Developments in Models of Search in the Labor Market, in: O. Ashenfelter, D. Card (Hrsg.): Handbook for Labor Economics (North-Holland), Amsterdam 1999.
  • 17 D. T. Mortensen, C. A. Pissarides: Job Matching, Wage Dispersion, and Unemployment, hrsg. von K. Tatsiramos und K. F. Zimmermann, Oxford University Press (2011).

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DOI: 10.1007/s10273-010-1149-7