Ein einheitlicher Rentenbeitrag trotz längerer Lebenserwartung der Frauen, der Ausbau der Kindererziehungszeiten und die Hinterbliebenenrenten stellen faktische Begünstigungen von Frauen in der gesetzlichen Rentenversicherung dar. Wie sollten derartige Umverteilungen ordnungspolitisch korrekt finanziert werden? Während Kindererziehungs- und Hinterbliebenenleistungen (zumindest teilweise) aus Steuermitteln finanziert werden, gilt dies bislang nicht für den Transfer zugunsten der Frauen aufgrund von durchschnittlich längeren Rentenlaufzeiten. Die Autoren plädieren grundsätzlich für eine Mischfinanzierung der Kosten.
Die gesetzliche Rente ersetzt vormaliges Einkommen, welches ansonsten im Alter oder im Falle der Invalidität entfallen würde. Finanziert wird sie im Wesentlichen aus den Beiträgen der Versicherten. Die Einkommensersatzfunktion und die Beitragsfinanzierung sind die beiden Gründe dafür, dass „die entgeltliche Beschäftigung primäres Zugangskriterium zur gesetzlichen Rentenversicherung ist“.1 Kindererziehung und Familienarbeit stellen in unserem Wirtschaftssystem typischerweise keine entgeltliche Beschäftigung dar, so dass aus ihnen gegenüber den Erwerbsphasen geringere Rentenanwartschaften resultieren. Da den Frauen traditionellerweise die Kinder- und Hausarbeit obliegen, lassen sich seit der Einführung der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) in Deutschland Ende des 19. Jahrhunderts geringere durchschnittliche Rentenanwartschaften von Frauen gegenüber Männern konstatieren.2 Nicht weil das Rentenrecht sie benachteiligt, sondern weil Frauen in unserem Wirtschaftssystem für ihre (Haus-)Arbeit vielfach keinen Lohn erhalten, verfügen sie im Alter über kleinere eigenständige Renten.
De facto finden sich aber im bundesdeutschen Rentenrecht Regelungen zugunsten der Frauen, durch die ihre materiellen Nachteile zumindest teilweise kompensiert werden (sollen). An mindestens drei Stellen wird dies deutlich: Erstens ist für Frauen der Jahrgänge bis 1952 der Eintritt in die Altersrente bereits ab dem vollendeten 60. Lebensjahr mit geringen Abschlägen möglich (gewesen). Außerdem beziehen Frauen aufgrund ihrer längeren Lebenserwartung im Durchschnitt knapp fünf Jahre länger eine Altersrente als Männer.3 Demzufolge weisen sämtliche GRV-Renditeberechnungen lediger, weiblicher Versicherter – je nach Jahrgang – bis zu 50% höhere Renditen aus als für die Gruppe der ledigen Männer.4 Zweitens kommt der Ausbau der Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung (in Form einer Gutschrift von bis zu sieben Entgeltpunkten für die Erziehung eines Kindes, verbunden mit einer Beitragsersparnis in Höhe von über 44 500 Euro)5 vor allem Frauen zugute. Und drittens beziehen überwiegend Frauen Hinterbliebenenrenten, eine nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts „vorwiegend fürsorgerisch motivierte Leistung“.6 Trotz dieser sehr ausgeprägten Besserstellung von Frauen in der gesetzlichen Rentenversicherung verläuft der Diskurs, wenn es um Frauen und Alterssicherung geht, üblicherweise eher mit einer negativen Konnotation, was naheliegenderweise mit den Folgen der Benachteiligung von Frauen im Erwerbsprozess zusammenhängt. Die Tatsache, dass beispielsweise die durchschnittlichen Altersrenten von Frauen in Deutschland (Rentenzugang 2008) 484 Euro betrugen, die der Männer dagegen 871 Euro,7 lässt sich damit erklären, dass in Deutschland Frauen viel häufiger als Männer in Teilzeit arbeiten,8 häufiger im Niedriglohnbereich beschäftigt sind und in der Regel während der Kleinkindphase ihre Erwerbstätigkeit unterbrechen oder zumindest reduzieren.9 Vor allem die geringere Erwerbsbeteiligung erklärt auch das erhöhte Altersarmutsrisiko von Frauen. Hinzu kommen allerdings die Wirkungen der Rentenreformen der vergangenen Jahre, die auch (bzw. insbesondere) Frauen getroffen haben: Die Abschaffung der Rente nach Mindesteinkommen sowie die Zurücknahme der Anrechnung von Ausbildungszeiten.
Trotz eines künftig voraussichtlich steigenden Altersarmutsrisikos von Frauen hat sich nichts Grundlegendes daran geändert, dass Frauen faktisch vom bundesdeutschen Rentenrecht weiterhin stark begünstigt werden. In welchem Umfang Frauen vom Rentenversicherungssystem profitieren und wie sich dieser Transfer von Männern zu Frauen innerhalb der Rentenversicherung begründen lässt, ist daher Gegenstand des vorliegenden Beitrags. Es werden nicht die Implikationen dieser Ungleichbehandlung für die Erwerbsbeteiligung und das Verhältnis der Geschlechter auf der gesamtgesellschaftlichen Ebene diskutiert. Vielmehr wird die Frage in den Fokus gerückt, ob die Besserstellung von Frauen in der Rentenversicherung zur Kompensation der Nachteile von Frauen in anderen Lebensbereichen im Sinne eines sozialen Ausgleichs der Rentenversicherung tatsächlich eine Aufgabe der GRV-Versichertengemeinschaft ist oder ob die (rechtliche) Besserstellung von Frauen nicht eher eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe darstellt, die zwar über die Rentenversicherung organisiert werden kann, allerdings aus Steuermitteln finanziert werden müsste, weil zu ihrer Finanzierung – so wie es bei den Kindererziehungsleistungen seit 1999 der Fall ist – ordnungspolitisch sachgerecht alle Bürger herangezogen werden sollten.
Um diese Frage klären zu können, sind zunächst die Begriffe des Risiko- und des sozialen Ausgleichs trennscharf voneinander zu unterscheiden sowie auf dieser Grundlage konkrete Geschlechterunterschiede beim sozialen Ausgleich in der GRV zu benennen. Sodann wird der Umverteilungsbetrag für das geschlechterdifferenzierte Langlebigkeitsrisiko quantifiziert und in die aus unserer Sicht sachlich gerechtfertigten Steuer- und Beitragsanteile gegliedert.
Begründung für die Besserstellung von Frauen
Die gesetzliche Rentenversicherung ist eine Sozialversicherung: „Sie sichert bei Erwerbsminderung, sie erbringt Leistungen zur Rehabilitation und an Hinterbliebene, und sie finanziert ihren Rentnern auch noch den halben Beitrag zur Krankenversicherung. Sie erkennt darüber hinaus Kindererziehungs- oder Pflegezeiten an und berücksichtigt Zeiten der Arbeitslosigkeit. Trotz unterschiedlicher Lebenserwartung werden Frauen und Männer gleichbehandelt. Gesunde und Kranke zahlen einen gleich hohen Beitrag.“10 In der „Wegtypisierung des individuellen Risikos“ sieht Ruland den entscheidenden Unterschied zwischen der Sozial- und der Privatversicherung: „Es entspricht daher der Natur des Sozialversicherungsbeitrags, dass trotz unterschiedlicher Lebenserwartung Frauen und Männer gleichbehandelt werden und dass auch Gesunde und Kranke einen gleich hohen Beitrag zahlen.“11
Diese Sichtweise ist jedoch problematisch, da das Geschlecht – anders als die Invalidität oder die individuelle Langlebigkeit – kein Risiko ist, das in der Rentenversicherung versichert ist.12 Das Geschlecht ist vielmehr eine erkennbare und prinzipiell unveränderliche Eigenschaft, die zum Zeitpunkt des Eintritts in die Versicherung bekannt ist. Der Grundgedanke einer Versicherung, nämlich eine Selbsthilfe durch einen freiwilligen oder zwangsweisen Zusammenschluss grundsätzlich gleichartig Gefährdeter und einen Risikoausgleich innerhalb dieser Gefahrengemeinschaft zu bewerkstelligen,13 ist mithin in Bezug auf das Geschlecht nicht erfüllt. Nur ein Ausgleich infolge des zufälligen Eintritts eines versicherten Risikos innerhalb einer Gefahrengemeinschaft lässt sich daher als Risikoausgleich charakterisieren. Im Falle des Geschlechts kann hiervon nicht die Rede sein. Tatsächlich werden Männer und Frauen in der Rentenversicherung im Verhältnis zum existierenden Versicherungsschutz ungleich behandelt. Ungleichbehandlung ist aber etwas anderes als ein Risikoausgleich. Letzterer kann nur zwischen prinzipiell gleichartig Gefährdeten erfolgen.
Die Tatsache, dass Frauen denselben Beitragssatz wie Männer zahlen, obwohl sie länger Rentenzahlungen beziehen, ist somit kein Risikoausgleich, sondern stellt eine Durchbrechung des Äquivalenzprinzips und eine Verletzung des Prinzips der Teilhabegerechtigkeit dar. Ruland schreibt hierzu: „Anteilsgerechtigkeit bedeutet auf der Seite der Leistungsempfänger, dass gleichwertige Anrechte auf Leistungen (Entgeltpunkte) unabhängig von der Zeit, der sie entstammen, im Rentenfall zu gleichen Leistungen berechtigen (...)“.14 Genau dieses Grundprinzip wird in Bezug auf das Geschlecht nicht erfüllt. Frauen erhalten während ihrer Versicherungsbiografie Anrechte auf Leistungen, die im Rentenfall ceteris paribus zu höheren (weil länger gezahlten) Leistungen berechtigen. Es ist eben nicht so – wie Ruland an anderer Stelle schreibt –, dass Äquivalenz nur in den Fällen nicht besteht, in denen Versicherte zu unterschiedlichen Zeiten der Rentenversicherung angehört haben.15 Die Äquivalenz besteht innerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung auch für das Verhältnis von Männern und Frauen nicht.
Diese Tatsache stellt für sich genommen kein Problem dar. Wenn die Besserstellung der Frauen innerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung von der Gesellschaft gewollt ist, um Benachteiligungen etwa in der Arbeitswelt auszugleichen, dann ist das legitim und im Übrigen auch verfassungsgemäß. Die Tatsache, dass Frauen seit 1957 das Recht hatten, das Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung bereits ab Vollendung des 60. Lebensjahres zu beziehen, während männliche Versicherte in der Regel das Altersruhegeld erst nach Vollendung des 65. Lebensjahres beziehen konnten, rechtfertigte das Bundesverfassungsgericht in einem Urteil von 1987 damit, dass „die versicherte Frau vielfach einen Doppelberuf als Arbeitnehmer und Hausfrau erfüllt hat, der eine frühzeitige Abnutzung der Kräfte und damit frühzeitige Berufsunfähigkeit hervorruft“.16 Das Gericht kam demgemäß zu der Einschätzung, dass „(…) der Gesetzgeber zu einer Ungleichbehandlung auch dann befugt ist, wenn er einen sozialstaatlich motivierten typisierenden Ausgleich von Nachteilen anordnet, die ihrerseits auch auf biologische Unterschiede zurückgehen. Darin liegt keine Ungleichbehandlung ,wegen des Geschlechts‘ (…), sondern eine Maßnahme, die auf eine Kompensation erlittener Nachteile zielt“.17 Als Benachteiligungen benannte das Gericht die häufige Beschäftigung in unteren Lohngruppen, die geringeren Aufstiegschancen von Frauen im Beruf sowie die typischen Unterbrechungen einer entgeltlichen Tätigkeit durch Zeiten von Schwangerschaft, Geburt und Kindererziehung. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass noch bis 1976 das Familienrecht der Frau die Haushaltsführung zur Pflicht und die Ausübung einer Erwerbstätigkeit von der Zustimmung des Ehemannes abhängig machte.
Interner sozialer Ausgleich oder gesamtgesellschaftliche Aufgabe?
Dennoch stellt sich die Frage, ob die Besserstellung von Frauen in der Rentenversicherung ein Teil des sozialen Ausgleichs innerhalb der Rentenversicherung und somit Teil des „Wesens der Sozialversicherung“ ist oder ob die Rentenversicherung hier gewissermaßen einen Missstand der Gesellschaft repariert bzw. kompensiert. In diesem letztgenannten Falle wären die Zusatzleistungen für Frauen allerdings aus Steuermitteln zu begleichen, denn eine gesellschaftliche Benachteiligung von Frauen ist „naturgemäß“ eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.
Bezüglich der Finanzierung gesamtgesellschaftlicher Aufgaben ist die Position der Rentenversicherung eindeutig. Ruland schreibt hierzu: „In der Rechtsprechung diente die Vermischung des Versicherungsprinzips mit dem Prinzip des sozialen Ausgleichs dann stets auch zur Legitimation der Übertragung gesamtgesellschaftlicher Lasten. Dass ihre entsprechenden Kosten nicht vom Staat, d.h. aus Steuermitteln, finanziert wurden, verletzte aber die Lastengleichheit aller Bürger, weil Beamte, Selbstständige und Personen mit Einkommen oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze oder z.B. aus Vermögen von diesen Lasten freigestellt sind. Dies führt zu einer Umverteilung von ,unten nach oben‘, weil Beiträge nicht wie Steuern nach einem progressiven Tarif, sondern nach einem für alle gleichen Satz erhoben werden. Außerdem ist eine Beitragsfinanzierung allgemeinstaatlicher Aufgaben arbeitsmarktpolitisch unvernünftig, da einseitig die Arbeitskosten stärker belastet werden. Dementsprechend wird in der neueren Literatur überwiegend die Auffassung vertreten, dass der Sozialversicherungsbeitrag kein geeignetes Mittel zur Finanzierung gesamtgesellschaftlicher Aufgaben ist. Er ist die Gegenleistung nur für den Versicherungsschutz. (…) Deshalb werden aus diesem Grunde ordnungspolitisch richtig die Beiträge für Kindererziehungszeiten aus Bundesmitteln gezahlt, und es wurden die Bundeszuschüsse so angehoben, dass die nicht beitragsgedeckten Leistungen nun weitgehend aus Steuermitteln finanziert werden.“18
Dieser Logik wird hier gefolgt. Dementsprechend sind von den oben genannten geschlechtsspezifischen Unterschieden im sozialen Ausgleich neben den Kindererziehungszeiten auch die Hinterbliebenenrenten von der Inzidenz her faktisch steuerfinanziert (und zwar über die Bundeszuschüsse), was sachlich damit gerechtfertigt werden kann, dass Hinterbliebenenrenten einen geringeren verfassungsrechtlichen Schutz als Versichertenrenten genießen. Daher stellt sich aus sozialpolitisch-pragmatischen Überlegungen heraus an dieser Stelle nur die Frage nach der ordnungspolitisch gebotenen Finanzierung des zwischen Frauen und Männern divergierenden Langlebigkeitsrisikos in der GRV.19 Bevor auf diese Frage detaillierter eingegangen wird, werden im Folgenden die vorhandenen Geschlechterdifferenzierungen in der gesetzlichen Rentenversicherung näher erläutert.
Die Frage der Finanzierung[20]
Im Rentenrecht gibt es – wie bereits angedeutet – de facto mindestens drei zentrale geschlechterdifferenzierte Aspekte, die im Ergebnis zu einer erheblichen Privilegierung von Frauen in der gesetzlichen Rentenversicherung beitragen: Frauen werden in aller Regel die Kindererziehungszeiten angerechnet, sie beziehen überwiegend die (nicht beitragsgedeckten) Hinterbliebenenrenten,21 und sie erhalten durchschnittlich deutlich länger als Männer eine Alters- bzw. eine Versichertenrente. Was die Kindererziehungszeiten angeht, so sind seit 1999 die Erziehungsleistungen als gesamtgesellschaftliche Leistung anerkannt, und sie werden – folgerichtig und systemadäquat – aus Steuermitteln finanziert: Die Beitragslast je Kind beträgt aktuell etwa 19 000 Euro; insgesamt hat der Bund 2008 und 2009 hierfür jeweils Mittel in Höhe von rund 11,5 Mrd. Euro aufgewendet.22 Obwohl Zeiten der Kindererziehung prinzipiell auch Männern angerechnet werden können, kommt dies in der Praxis kaum vor, denn im Rentenbestand des Jahres 2008 enthielten 82,1% der Altersrenten von Frauen Kindererziehungsleistungen, aber nur 2,1% der Altersrenten von Männern.23 Da die Kindererziehung unabhängig vom Einkommen des Mannes bewertet wird, stellt sie „einen Schritt aus der abgeleiteten Rente heraus“ dar.24 Bezüglich der Hinterbliebenenrenten überwiegen im Rentenzugang die Witwen- die Witwerrenten um mehr als das Vierfache (Rentenzugang 2008, Gesamtdeutschland: 248 000 versus 57 000 Fälle).25 Die Zahlbeträge der Witwenrenten übersteigen im Durchschnitt die Zahlbeträge der Witwerrenten um etwas mehr als das Doppelte (Rentenzugang 2008, Gesamtdeutschland: Große Witwenrente: 556 Euro/Monat, große Witwerrente: 226 Euro/Monat).26 Auch bei den Hinterbliebenenrenten handelt es sich somit faktisch überwiegend um Leistungen, die Frauen zugute kommen.27
In einer früheren Studie unternahmen Bieber und Stegmann28 den Versuch, die rentenrechliche Begünstigung von Frauen zu konzeptionalisieren und zu quantifizieren. Dabei kamen sie zu dem Ergebnis, dass bei Männern vor allem lang andauernde Arbeitslosigkeit und bei Frauen Haushaltszeiten und Kindererziehung der Grund für die Aufwertung vorhandener rentenrechtlicher Anwartschaften auf der Grundlage von Regelungen des sozialen Ausgleichs in der gesetzlichen Rentenversicherung waren (u.a. kinderbezogene Leistungen, Berücksichtigung beitragsfreier Zeiten, Rente nach Mindesteinkommen). Anhand der Mikrodaten aus der Untersuchung Altersvorsorge in Deutschland 1996 (AVID 1996) hielten die Autoren den direkt aus Erwerbstätigkeit stammenden Anwartschaften die letztlich erreichte Gesamtanwartschaft auf eine Altersrente entgegen und schätzten auf diese Weise für verschiedene Gruppen die zusätzlichen Entgeltpunkte aus dem sozialen Ausgleich in der GRV.
Bieber/Stegmann ermittelten für die Geburtskohorten 1936-1955 mit projizierter Anwartschaft auf eine GRV-Versichertenrente (aber ohne Fälle mit projizierten Erwerbsminderungsrenten; AVID 1996) für die Gruppe der Männer in den alten Bundesländern eine Anwartschaft aus sozialem Ausgleich in Höhe von 3,8 Entgeltpunkten, was einem Anteilswert in Höhe von 8% an der Gesamtanwartschaft (bezogen auf den Gruppenmittelwert) entsprach; für die ostdeutschen Männer ergaben sich 3,3 Entgeltpunkte und ein Anteilswert in Höhe von ebenfalls 8%. Im Unterschied zu den genannten Werten waren die für die Frauen in den alten Bundesländern (4,1 Entgeltpunkte; 18%-Anteil) und für die Frauen in den neuen Bundesländern (5,3 Entgeltpunkte; 16%-Anteil) ermittelten Werte spürbar höher. In Gesamtdeutschland resultierten aus diesen gebietsbezogenen Werten 3,8 Entgeltpunkte (bei einem 8%-Anteil) für die Gruppe der Männer und 4,3 Entgeltpunkte (bei einem 17%-Anteil) für die Gruppe der Frauen, welche sich jeweils aus einer Anwartschaft aus sozialem Ausgleich ergaben.29
Der einzige Bestandteil des Transfers mit Umverteilungscharakter zugunsten von Frauen, der bislang nicht zumindest zum Teil ursachenadäquat steuerfinanziert ist, stellt der Gewinn dar, den Frauen infolge ihrer längeren Rentenlaufzeit aufgrund ihrer deutlich längeren Lebenserwartung haben. Beispielsweise beträgt die fernere Lebenserwartung 65-jähriger Frauen aktuell 20,4 Jahre und die der 65-jährigen Männer 17,1 Jahre; das ist ein Unterschied von 3,3 Jahren.30 Rund die Hälfte dieses Überlebensvorteils führen Experten auf genetische bzw. hormonelle, also verhaltensunabhängige Faktoren zurück.31 Aus der längeren Lebenserwartung der Frauen resultiert naturgemäß eine längere durchschnittliche Rentenlaufzeit. 2008 betrug sie beispielsweise bei den Versichertenrenten für Frauen 20,4 Jahre und für Männer 15,5 Jahre.32
(De-facto-)Umverteilung in der GRV zugunsten von Frauen
Leistungen | Risikoausgleich oder Umverteilung? | Finanzierung |
---|---|---|
Kindererziehungsleistungen | Anerkennung von Leistungen, die üblicherweise von Frauen erbracht werden (Umverteilung) | Seit 1999 steuerfinanziert |
Pflegeleistungen | Anerkennung von Leistungen, die üblicherweise von Frauen erbracht werden (Umverteilung) | Pflegekassen zahlen Beitrag (seit 1995) |
Rente nach Mindesteinkommen (für Pflichtbeitragszeiten vor 1992) | Umverteilung | Steuerfinanziert |
Hinterbliebenenrenten | Risikoausgleich zwischen verheirateten und nicht-verheirateten Männern (Splitting-Anteil) und Umverteilung (der Anteil der Ausgaben für Hinterbliebenenrenten, der den Splitting-Anteil übersteigt) | Den Splitting-Anteil trägt die Versichertengemeinschaft. Der darüber hinausgehende Anteil wird aus dem Bundeszuschuss finanziert. |
Versorgungsausgleich | Umverteilung | Trägt die Versichertengemeinschaft |
Längere Rentenlaufzeit | Umverteilung | Trägt die Versichertengemeinschaft |
Quelle: Eigene Zusammenstellung.
Die obige Übersicht fasst noch einmal die diversen Umverteilungselemente in der GRV zugunsten von Frauen und deren unterschiedliche Finanzierungsweisen zusammen.
Quantifizierung des geschlechterdifferenzierten Langlebigkeitsrisikos
Wäre es so, dass zwar die Gruppe der GRV-Rentnerinnen eine längere Lebenserwartung als die Gruppe der GRV-Rentner aufwiese, dass dies aber gesamtgesellschaftlich genau anders wäre (weil z.B. die Pensionärinnen oder die älteren weiblichen Selbstständigen/Freiberuflerinnen eine geringere Restlebenserwartung als die Pensionäre oder die älteren männlichen Selbstständigen/Freiberufler aufwiesen), dann wichen offenkundig in diesem Fall die (Langlebigkeits-)Strukturen in der GRV und auf der gesamtgesellschaftlichen Ebene voneinander ab. Wegen dieser strukturellen Diskrepanz wäre ein etwaiger sozialer Ausgleich zugunsten der GRV-Rentnerinnen ausschließlich GRV-relevant und daher ausschließlich aus Beitragsmitteln zu finanzieren.
Geht man demgegenüber von dem (realistischeren) Fall gleicher geschlechterbezogener Strukturen in Bezug auf die Lebenserwartungen in der GRV und auf der gesamtgesellschaftlichen Ebene aus, ist zumindest eine teilweise Steuerfinanzierung des betreffenden Umverteilungsvorganges zu fordern. In diesem Zusammenhang sind zwei Sonderfälle voneinander zu unterscheiden: 1. Die Differenz in den ferneren Lebenserwartungen zwischen Frauen und Männern ist in der GRV kleiner als gesamtgesellschaftlich, und 2. die Differenz in den ferneren Lebenserwartungen zwischen Frauen und Männern ist in der GRV größer als gesamtgesellschaftlich. Im Sonderfall 1 würde das gesamtgesellschaftliche Phänomen der differentiellen ferneren Lebenserwartungen in der GRV abgeschwächt, im Sonderfall 2 hingegen verstärkt zum Ausdruck kommen. Im letztgenannten Sonderfall sollte demzufolge nur der gesamtgesellschaftlich relevante Umverteilungsteil steuerfinanziert werden; der darüber hinausgehende Umverteilungsteil wäre über Beiträge zu finanzieren. Bezogen auf den skizzierten Sonderfall 1 wäre folgerichtig unter Zugrundelegung der „GRV-Parameter“ das dann festgestellte Umverteilungsvolumen voll und ganz über Steuern zu finanzieren.
Formal kann man die Zusammenhänge wie nachfolgend darstellen: Der Einfachheit halber gehen wir dabei von einem einheitlichen Ruhestandseintrittsalter von Männern und Frauen in der GRV, aber auch in den anderen bundesdeutschen Alterssicherungseinrichtungen aus. In der GRV sollen Frauen im Durchschnitt noch f Jahre, Männer noch m Jahre leben (f > m); gesamtgesellschaftlich soll die fernere Lebenserwartung von Frauen d Jahre und die von Männern h Jahre betragen (wegen der angenommenen Strukturäquivalenz von GRV und anderen Alterssicherungssystemen: d > h).
In der GRV gilt also in idealtypischer Betrachtung, ausgehend von einem mittleren Rentenzahlbetrag X für die Gruppe der Frauen (Gruppengröße: F), dass das für die Frauen relevante jährliche Rentenvolumen X * F, vom Renteneintrittsalter ausgehend, genau f Jahre gezahlt wird. Mithin beträgt das gesamte Rentenvolumen für die Frauen über deren gesamte Ruhestandsphase hinweg: X * F * f. Da Frauen annahmegemäß länger als Männer leben (f > m), beziehen Frauen genau (f - m) Jahre länger eine Rente als Männer. Folglich beträgt das hier relevante Umverteilungsvolumen: X * F * (f - m). Dieses Volumen annuisiert, ergibt X * F * (f - m)/f als jährlichen Umverteilungsbetrag.
Ist nun (f - m) kleiner als (d - h), wäre gemäß der obigen Argumentation der genannte jährliche Umverteilungsbetrag voll und ganz über das Steuersystem zu finanzieren. Ist hingegen (f - m) größer als (d - h), wäre – ebenfalls auf der Grundlage der obigen Argumentation – der Teilbetrag X * F * (d - h)/f über Steuern und der darüber hinausgehende Teilbetrag X * F * [{(f - m) - (d - h)}/f] über Beiträge zu finanzieren.
Ein Zahlenbeispiel soll die vorstehenden Zusammenhänge illustrieren. Es seien: X = 100, F = 1000, f = 20, m = 15, d = 21, h = 17. Da (f - m) = 20 - 15 = 5 größer als (d - h) = 21 - 17 = 4 ist, ist hier für Teilfinanzierungen des Umverteilungsvorgangs durch Steuern und Beiträge zu plädieren. In diesem Sinne sollte der gesamte Umverteilungsbetrag (p.a.) in Höhe von 100 * 1000 * (20 - 15)/20 = 25 000 (Geldeinheiten) in der Größenordnung von 100 * 1000 * (21 - 17)/20 = 20 000 (Geldeinheiten) über Steuern und in der (verbleibenden) Größenordnung von 100 *
1000 * [{(20 - 15) - (21 - 17)}/20] = 5000 (Geldeinheiten) über Beiträge finanziert werden.
Da sich die jeweiligen Parameter X, F, f, m, d und h periodisch ändern, wären entsprechende Berechnungen für jede neue Periode durchzuführen. Gravierende demografische Veränderungen ergeben sich – in Friedenszeiten – typischerweise allerdings nicht kurzfristig, so dass Veränderungen bezüglich der Finanzierungsstruktur des angesprochenen sozialen Ausgleichs im Jahresvergleich eher gering ausfallen dürften.
Empirische Befunde
Aus der Statistik der Deutschen Rentenversicherung Bund folgt, dass aktuell in Deutschland die fernere Lebenserwartung 65-jähriger Versichertenrentnerinnen 20,5 Jahre und diejenige 65-jähriger Versichertenrentner 16,8 Jahre beträgt.33 Die Differenz aus beiden Werten (f - m) beläuft sich mithin auf 3,7 Jahre.34
In der bundesdeutschen Gesamtgesellschaft gilt aktuell (wie bereits oben erwähnt), dass ein 65-jähriger Mann eine fernere Lebenserwartung (h) in Höhe von 17,1 Jahren und eine 65-jährige Frau eine solche (d) in Höhe von 20,4 Jahren hat; die Differenz aus diesen Lebenserwartungen zwischen Frauen und Männern (d - h) beträgt somit 3,3 Jahre.35
Damit liegt hier der oben skizzierte Fall vor, dass die geschlechtsspezifische Lebenserwartungsdifferenz in der gesetzlichen Rentenversicherung größer als in der Gesamtgesellschaft ist. Daher ist der gesamte soziale Ausgleich im Falle der Langlebigkeit gemäß der oben dargelegten Logik auf Steuern und Beiträge zu verteilen.
Mit X (durchschnittlicher Rentenzahlbetrag der bundesdeutschen Frauen bei den Versichertenrenten im Jahr 2008, p.a.) = 526 Euro/Monat * 12 = 6312 Euro/Jahr36 und F (Anzahl der Versichertenrenten von Frauen im Rentenbestand 2008) = 10 447 541 Fälle37 gilt:
- Gesamter sozialer Ausgleich wegen Langlebigkeitsdifferenz = 6312 Euro/(Fall und Jahr) * 10 447 541 Fälle * 3,7 Jahre/20,5 Jahre = 11 902 246 416 Euro/Jahr;
- steuerfinanzierter sozialer Ausgleich wegen Langlebigkeitsdifferenz = 6312 Euro/(Fall und Jahr) * 10 447 541 Fälle * 3,3 Jahre/20,5 Jahre = 10 615 517 074 Euro/Jahr;
- beitragsfinanzierter sozialer Ausgleich wegen Langlebigkeitsdifferenz = 6312 Euro/(Fall und Jahr) * 10 447541 Fälle * (3,7 Jahre - 3,3 Jahre)/20,5 Jahre = 1 286 729 342 Euro/Jahr.
Ergo sind in diesem Fall ca. 89,2% des gesamten sozialen Ausgleichs wegen der geschlechtsspezifischen Langlebigkeitsdifferenz über Steuern und entsprechend ca. 10,8% über GRV-Beiträge zu finanzieren.
Gemäß der Faustformel, dass aktuell (2. Halbjahr 2009) ein GRV-Beitragssatzpunkt 10,7 Mrd. Euro entspricht,38 kommt das genannte steuerfinanzierte Ausgleichsvolumen (als Folge der geschlechtsspezifischen Langlebigkeitsdifferenz) in Höhe von 10,6 Mrd. Euro einer Senkung des GRV-Beitragssatzes um ca. einen Punkt gleich.
Fazit
Anders als Invalidität oder individuelle Langlebigkeit stellt das Geschlecht kein Risiko im eigentlichen Sinne dar, das sich im individuellen Lebensverlauf zufällig oder unvorhersehbar realisiert. Die faktische Begünstigung von Frauen in der gesetzlichen Rentenversicherung (längere Rentenlaufzeit, Anerkennung von Kindererziehungsleistungen, Bezug von Hinterbliebenenrenten u.Ä.) reflektiert somit – anders als etwa der Risikoausgleich zwischen den Gesunden und Kranken bzw. Behinderten – keinen Risikoausgleich innerhalb der Versichertengemeinschaft. Die Tatsachen, dass Frauen für dieselbe Arbeit häufig weniger Geld bekommen, in gering bezahlten Jobs überrepräsentiert sind und häufiger als Männer ihre Erwerbstätigkeit aufgrund der Kindererziehung unterbrechen oder reduzieren, stellen vielmehr gesamtgesellschaftliche Probleme dar, deren (teilweise) Kompensation die rentenrechtliche De-facto-Besserstellung von Frauen in der gesetzlichen Rentenversicherung dient.39
Bezahlen sollte hierfür allerdings nicht bzw. nicht nur die Versichertengemeinschaft. Für einen gesamtgesellschaftlich relevanten sozialen Ausgleich, der lediglich über die gesetzliche Rentenversicherung organisiert wird, sollte auch die gesamte Gesellschaft aufkommen. Ein Beispiel hierfür stellt der Familienlastenausgleich dar. Die Finanzierung der Maßnahmen des Familienlastenausgleichs erfolgt seit 1999 adäquat durch die Allgemeinheit der Staatsbürger und nicht durch die Gruppe der Beitragspflichtigen. Genauso aber wie Kindererziehungszeiten, sollte die Besserstellung der Frau aufgrund ihrer Benachteiligungen im Erwerbsprozess ebenfalls aus allgemeinen Haushaltsmitteln finanziert werden. Die früher vom Bundesverfassungsgericht geäußerte Position, dass Frauen auf dem Arbeitsmarkt benachteiligt seien und man deshalb in der GRV eine Umverteilung zugunsten der Frauen durchführen müsse, gründet auf einem festgehaltenen gesamtgesellschaftlichen Nachteil der Gruppe der Frauen, und dieser müsste – ordnungspolitisch korrekt – von der Allgemeinheit über das Steuersystem korrigiert werden.40
- 1 F. Ruland: Die Grundprinzipien des Rentenversicherungsrechts, in: F. Ruland (Hrsg.): Handbuch der gesetzlichen Rentenversicherung, Neuwied 1990, S. 481-524, hier S. 486.
- 2 Vgl. U. Haerendel: Geschlechterpolitik und Alterssicherung, in: Deutsche Rentenversicherung, 2-3/2007, S. 99-124.
- 3 Vgl. Deutsche Rentenversicherung Bund (Hrsg.): Rentenversicherung in Zeitreihen, DRV-Schriften, Band 22, Berlin 2009, S. 137.
- 4 Vgl. A. Ottnad, S. Wahl: Die Renditen der gesetzlichen Rente, DIA, Köln 2005, S. 7. Auch die Berechnungen der Deutschen Rentenversicherung weisen für ledige Frauen rund 40% höhere Renditen aus als für ledige Männer. Vgl. S. Ohsmann, U. Stolz: Entwicklung der Rendite in der gesetzlichen Rentenversicherung, in: Die deutsche Angestelltenversicherung, 2/2004, S. 56-62. Für verheiratete Männer, sofern sich nach ihrem Tod für die Ehefrau eine Witwenrente anschließt, lassen sich höhere Renditen berechnen.
- 5 Vgl. F. Ruland: Grundprinzipien des Rentenversicherungsrechts, in: E. Eichenhofer, W. Schmähl, H. Rische (Hrsg.): Handbuch der gesetzlichen Rentenversicherung – SGB VI, Neuwied 2010, S. 319-359, hier S. 351.
- 6 Ein weiteres, die Frauen begünstigendes Element der gesetzlichen Rentenversicherung stellt der Versorgungsausgleich dar, der vor allem geschiedenen Ehefrauen zugute kommt. Im Rentenzugang 2008 betrug der durchschnittliche Bonus-Betrag bei den Altersrenten für Frauen 238,70 Euro, d.h. fast die Hälfte des durchschnittlichen Zahlbetrags der Altersrente für Frauen insgesamt (vgl. Deutsche Rentenversicherung Bund (Hrsg.): Rentenzugang 2008, Berlin 2009, S. 115). Da der Versorgungsausgleich einer (noch) relativ kleinen Gruppe von Frauen zugute kommt – nur rund jede zehnte Frauenrente aus dem Rentenzugang enthält Bestandteile aus dem Versorgungsausgleich – wird auf ihn im Folgenden nicht näher eingegangen.
- 7 Vgl. Deutsche Rentenversicherung Bund: Rentenversicherung in Zeitreihen 2009, a.a.O., S. 105.
- 8 Die Deutsche Rentenversicherung Bund weist z.B. in Gesamtdeutschland im Jahre 2007 für die Gruppe der Frauen eine Teilzeitquote in Höhe von 51,5%, für die Gruppe der Männer indes nur in Höhe von 16,6% aus. Vgl. ebenda, S. 249.
- 9 Vgl. z.B. Fünfter Bericht zur Lage der älteren Generation in der Bundesrepublik Deutschland, Bundestags-Drucksache 16/2190, S. 57-95.
- 10 F. Ruland: Grundprinzipien des Rentenversicherungsrechts, a.a.O., S. 323.
- 11 Ebenda, S. 340.
- 12 In dem älteren Beitrag „Die Grundprinzipien des Rentenversicherungsrechts“ von Ruland für das Handbuch der Rentenversicherung aus dem Jahre 1990 fehlte in der Passage zur Wegtypisierung des individuellen Risikos noch das Merkmalspaar Mann/Frau.
- 13 Vgl. P. Braess: Versicherung und Risiko, Wiesbaden 1960; oder K. Hax: Grundlagen des Versicherungswesens, Wiesbaden 1964.
- 14 F. Ruland: Grundprinzipien des Rentenversicherungsrechts, a.a.O., S. 342.
- 15 Vgl. ebenda, S. 341.
- 16 BVerfG, 74, 163.
- 17 Ebenda.
- 18 F. Ruland: Grundprinzipien des Rentenversicherungsrechts, a.a.O., S. 340.
- 19 Streng genommen müssten auch das früher mögliche niedrigere Renteneintrittsalter für Frauen, die Beitragsfinanzierung von Kindererziehungsleistungen vor 1992 und dergleichen Berücksichtigung finden, sofern sich derartige Phänomene noch im aktuellen Rentenbestand widerspiegeln. Da sich die genannten Aspekte allerdings in absehbarer Zeit aus dem Rentenbestand „herauswachsen“ werden und daher von abnehmender sozialpolitischer Relevanz sind, wird auf sie im Folgenden nicht näher eingegangen.
- 20 Vgl. in diesem Zusammenhang auch J. Faik, T. Köhler-Rama: Prioritäre Forschungsthemen des Forschungsnetzwerkes Alterssicherung, in: Deutsche Rentenversicherung Bund (Hrsg.): Zukunft gestalten – Fünf Jahre Forschungsnetzwerk Alterssicherung (FNA), DRV-Schriften, Band 67, Berlin 2006, S. 37-56, hier: S. 50-54.
- 21 Im Hinblick auf das Invaliditätsrisiko besteht – im Gegensatz zur allgemein verbreiteten Ansicht – im Übrigen keine Subventionierung der Männer durch die Gruppe der Frauen. Die Berentungsintensität (Erwerbsminderungsrenten pro 1000 aktiv Versicherten) beim Rentenzugang 2007 war für Frauen in allen älteren Jahrgängen höher als bei den Männern. Vgl. C. Korsukéwitz, U. Rehfeld: Rehabilitations- und Erwerbsminderungsrenten – aktueller Stand und Entwicklungen, in: RVaktuell 9/2008, S. 274-284, hier: S. 279.
- 22 Vgl. H. Försterling: Die Familienleistungen, in: E. Eichenhofer, W. Schmähl, H. Rische (Hrsg.), a.a.O., S. 673-704, hier S. 684.
- 23 Vgl. Deutsche Rentenversicherung Bund (Hrsg.): Rentenbestand am 31.12.2008, Berlin 2009, S. 23.
- 24 Vgl. B. Riedmüller: Frauen- und familienpolitische Leitbilder im deutschen Alterssicherungssystem, in: W. Schmähl, K. Michaelis (Hrsg.): Alterssicherung von Frauen, Wiesbaden 2000, S. 36-45. Weitere Leistungsbestandteile der Rentenversicherung, die vor allem Frauen zugute kommen, sind die Pflegezeiten und die (allerdings auslaufende) Rente nach Mindesteinkommen.
- 25 Vgl. Deutsche Rentenversicherung Bund: Rentenversicherung in Zeitreihen 2009, a.a.O., S. 101.
- 26 Vgl. ebenda, S. 109.
- 27 Letzteres gilt im Prinzip auch für den Versorgungsausgleich in der GRV, vgl. hierzu Fußnote 6. Seit 2002 gibt es überdies mit dem Rentensplitting in der gesetzlichen Rentenversicherung eine Alternative zur Hinterbliebenenversorgung. Durch das „Splitten“ entstehen eigene Rentenansprüche in der Regel bei den Frauen. Auf diese Ansprüche wird – anders als bei Witwen- oder Witwerrenten – kein eigenes Einkommen angerechnet. Der Teil der Rentenausgaben für Hinterbliebenenrenten, der die Rentenanwartschaften aus dem Splitting übersteigt, wird über den Bundeszuschuss finanziert, weil es sich lediglich um „abgeleitete Ansprüche“ handelt.
- 28 Vgl. U. Bieber, M. Stegmann: Maßnahmen des sozialen Ausgleichs innerhalb der Gesetzlichen Rentenversicherung, in: Deutsche Rentenversicherung, 11/2002, S. 642-660.
- 29 Differenziert nach der Kinderzahl, erhöhten sich die aus sozialem Ausgleich erworbenen Anwartschaften sowohl absolut als auch relativ kontinuierlich mit steigender Kinderzahl: Keine Kinder: 3,2 Entgeltpunkte (8%), ein Kind: 3,7 Entgeltpunkte (14%), zwei Kinder: 4,2 Entgeltpunkte (18%) und drei oder mehr Kinder: 5,6 Entgeltpunkte (30%). Vgl. U. Bieber, M. Stegmann, a.a.O., S. 654.
- 30 Vgl. Statistisches Bundesamt auf http://www.destatis.de.
- 31 Vgl. Robert Koch-Institut: Gesundheit und Krankheit im Alter, Berlin 2009, S. 97.
- 32 Vgl. Deutsche Rentenversicherung Bund: Rentenversicherung in Zeitreihen 2009, a.a.O., S. 137.
- 33 Vgl. Deutsche Rentenversicherung Bund: Rentenversicherung in Zeitreihen 2009, a.a.O., S. 138-139.
- 34 Die Versichertenrenten sind die hier angemessene Rentenart, weil sie die jeweilige individuelle Versorgungslage aus eigenen Ansprüchen adäquat widerspiegeln.
- 35 Vgl. hierzu die Angaben auf http://www.destatis.de. Die etwas höhere Restlebenserwartung in der Gesamtbevölkerung gegenüber den GRV-Rentnern dürfte vor allem auf entsprechende Unterschiede zwischen Pensionären einerseits sowie GRV-Rentnern andererseits zurückzuführen sein, wie R. K. Himmelreicher, D. Sewöster, R. Scholz, A. Schulz: Die fernere Lebenserwartung von Rentnern und Pensionären im Vergleich, in: WSI-Mitteilungen, 5/2008, S. 274-280, gezeigt haben. Ihnen zufolge (S. 280) sind als Gründe für die betreffende Differenz zu nennen: Die zwingend erforderlichen Gesundheitstests zu Beginn der Beamtenlaufbahn mit der Folge einer Selektion gesünderer Personen, eine bessere Krankheitsversorgung der Beamten durch deren übliche Absicherung in der privaten Krankenversicherung und eine hohe Arbeitsplatz-/Einkommenssicherheit der Beamten mit positiven Auswirkungen auf die Lebensführung bzw. die Lebenszufriedenheit.
- 36 Vgl. hierzu Deutsche Rentenversicherung Bund: Rentenversicherung in Zeitreihen 2009, a.a.O., S. 180.
- 37 Vgl. ebenda, S. 171.
- 38 Vgl. Deutsche Rentenversicherung Bund (Hrsg.): Rentenversicherung in Zahlen, Berlin 2009, S. 10.
- 39 Dasselbe würde für die private Versicherungswirtschaft gelten, falls diese vom EuGH tatsächlich eines Tages zu Unisex-Tarifen gezwungen werden sollte. Für die Männer insgesamt hätte dies allerdings eine erhebliche Verteuerung ihrer Altersvorsorge zur Folge.
- 40 Vgl. hierzu H.-J. Reinhard: Alterssicherung der Frau – Internationale Trends und Entwicklungstendenzen, in: W. Schmähl, K. Michaelis (Hrsg.), a.a.O., S. 109-141.