Ein Service der

Artikel als PDF herunterladen

Der Preisanstieg auf der Verbraucherstufe hat sich seit Monaten spürbar verstärkt. Im März lag die Inflationsrate in Deutschland mit 2,1% zwar erst knapp über der Stabilitätsschwelle der EZB, allerdings bei zunehmender Tendenz. Im übrigen Euroraum lag sie mit durchschnittlich 2,8% jedoch bereits deutlich darüber. Auf kurze Frist war der Preisauftrieb auch hierzulande bereits wesentlich ausgeprägter; in den vergangenen sechs Monaten betrug er auf Jahresbasis hochgerechnet 3%. Dafür war vor allem die starke Verteuerung von Öl und Benzin sowie von Nahrungsmitteln verantwortlich. Doch waren das nicht die alleinigen Ursachen. Vielmehr ist der Preisanstieg auf den vorgelagerten Stufen schon seit geraumer Zeit kräftig. Zudem gibt es von der Lohnseite erste Anzeichen von Zweitrundeneffekten.

Besorgniserregend ist die Breite des Preisauftriebs. Die Erzeugerpreise stiegen zuletzt gegenüber dem Vorjahr um mehr als 6%, die Großhandelspreise um mehr als 10% und die Importpreise sogar um fast 12% (vgl. Abbildung 1). Auch nach Herausrechnen der Energiepreise ist der Preisanstieg auf allen Stufen kräftig. Offensichtlich wird der verstärkte Kostendruck mehr und mehr auf die Verbraucherpreise überwälzt. Die vom HWWI berechnete Kerninflationsrate, die kurzfristige Preisschwankungen bei Öl und Nahrungsmitteln sowie steuerbedingte Preiseffekte herausfiltert, hat sich ebenfalls innerhalb des letzten Jahres deutlich erhöht und nähert sich der 2%-Marke.

Abbildung 1
Indikatoren zur Preisentwicklung
Veränderungen gegenüber dem Vorjahr in %
missing image file

1 Kerninflationsrate: Berechnet aus geglätteten Indizes (gleitende 3-Monats-Durchschnitte für den Gesamtindex ohne Heizöl und Kraftstoffe sowie ohne Saisonwaren und 24-Monats-Durchschnitte für den Index für Heizöl und Kraftstoffe sowie für Saisonwaren) sowie ohne Steueränderungen.

Quellen: Statistisches Bundesamt, Berechnungen des HWWI.

Der Druck seitens der Energiepreise blieb bis zuletzt hoch. Dabei spielten sowohl die globale Konjunkturerholung wie auch die geopolitischen Unruhen in Nordafrika und Nahost eine Rolle. Der Ölpreis hat inzwischen die Marke von 100 US-$/Barrel wieder deutlich überschritten. Dabei wurde der Ölpreisanstieg in Europa noch etwas durch die Aufwertung des Euro gegenüber dem US-Dollar abgemildert. Die Preise für Heizöl waren zuletzt um 32% höher als vor einem Jahr, die für Kraftstoffe um 12%. Mit der üblichen zeitlichen Verzögerung werden dem auch die Gas- und Strompreise folgen, so dass dort ebenfalls kräftigere Erhöhungen anstehen. Insgesamt war Haushaltsenergie zuletzt um rund 10% teurer als vor einem Jahr.

Die Preise für Nahrungsmittel steigen seit einigen Monaten ebenfalls überdurchschnittlich stark, einige wie für Obst sogar mit zweistelliger Rate. Auch wenn Nahrungsmittel lediglich einen Anteil von 9% am gesamten Warenkorb des Verbraucherpreisindex haben, so schlägt dies doch bei den Haushalten mit geringerem Einkommen wegen deren höheren Anteils spürbar durch. Da es sich bei Nahrungsmitteln – wie auch bei Kraftstoffen – um Güter des täglichen Bedarfs handelt, wird denn auch seit einiger Zeit wieder eine höhere „gefühlte“ Inflation als die amtlich gemessene beklagt (vgl. Abbildung 2).

Abbildung 2
Entwicklung ausgewählter Verbraucherpreise
Index (2005 = 100)
missing image file

Quellen: Statistisches Bundesamt, Berechnungen des HWWI.

Zusätzlich zur Verteuerung von Energie und anderen Rohstoffen wird auch von Seiten der Arbeitskosten der Druck zunehmen. Zwar sind die Lohnstückkosten in der jüngsten Vergangenheit mit dem Abbau der während der Krise stark ausgeweiteten Kurzarbeit wieder merklich gesunken, insgesamt sind sie aber immer noch höher als vor der Krise. Nachdem die Kurzarbeit inzwischen weitgehend abgebaut ist und die Tarifabschlüsse seit einiger Zeit wieder höher ausfallen, dürfte sich das bald auch in steigenden Lohnstückkosten niederschlagen, zumal zu Jahresbeginn auch noch die Beiträge zur Arbeitslosen- und zur Krankenversicherung erhöht wurden.

All dies zusammen birgt bei sich weiter bessernder Konjunktur und zunehmender Auslastung der Kapazitäten nicht unerhebliche Inflationsrisiken; die Gefahr einer sich verstärkenden Kosten-Preis-Spirale ist gewachsen. Was die Ölpreisentwicklung betrifft, ist die Wahrscheinlichkeit eines weiteren Anstiegs größer als die einer Preiswende. Die Gefahr einer Ausbreitung der politischen Unruhen in Nahost ist durchaus gegeben und selbst wenn es nicht dazu kommt, dürfte die Nachfrage nach Öl schon konjunkturell bedingt weiter zunehmen. Die europäische Zentralbank hat angesichts der gestiegenen Inflationserwartungen bereits eine Leitzinserhöhung signalisiert und bei sich fortsetzendem Preistrend dürften weitere Zinsschritte folgen. Aber auch wenn sich die jüngsten, teils politisch bedingten Übersteigerungen etwas beruhigen, dürfte der Preisdruck relativ hoch bleiben. Im Jahresdurchschnitt 2011 wird die Inflationsrate annähernd 2,5% betragen und auch 2012 dürfte sie sich nur unter günstigen Bedingungen, nämlich bei Beruhigung der geopolitischen Lage wie auch stabilitätskonformen Lohnabschlüssen, wieder der 2%-Marke nähern. Bei weniger günstigen Rahmenbedingungen aber, etwa kräftigen Öl- und anderen Rohstoffpreissteigerungen oder zunehmenden Zweitrundeneffekten, würde der Preisauftrieb zusätzlich angeheizt.

HWWI-Index der Weltmarktpreise für Rohstoffe

missing image file

2010 = 100, auf US-Dollar-Basis.

HWWI-Index mit Untergruppena 2010 Sep. 10 Okt. 10 Nov. 10 Dez. 10 Jan. 11 Feb. 11 Mrz. 11
Gesamtindex 100,0 98,1 104,4 107,8 114,3 118,7 124,1 134,2
  (28,8) (15,9) (15,0) (13,6) (22,7) (22,9) (33,3) (36,5)
Gesamtindex, ohne Energie 100,0 105,2 109,5 111,0 114,6 120,7 124,9 123,0
  (30,1) (28,2) (29,1) (27,0) (25,5) (30,0) (40,7) (33,4)
Nahrungs- und Genussmittel 100,0 106,3 112,0 117,7 125,0 132,4 138,1 134,7
  (11,2) (22,5) (23,1) (25,5) (29,1) (38,3) (51,1) (52,0)
Industrierohstoffe 100,0 104,9 108,6 108,6 110,9 116,5 120,2 118,9
  (38,5) (30,4) (31,4) (27,6) (24,2) (26,9) (36,8) (27,2)
Agrarische Rohstoffe 100,0 102,0 107,1 108,2 108,6 112,9 116,4 114,1
  (34,2) (24,2) (24,1) (19,8) (17,8) (21,2) (26,0) (18,9)
NE-Metalle 100,0 101,3 109,5 109,2 113,0 118,2 123,1 121,5
  (37,3) (21,3) (27,5) (23,2) (18,6) (18,8) (33,5) (20,6)
Eisenerz, Stahlschrott 100,0 117,6 108,3 107,7 108,8 117,1 118,3 118,8
  (48,3) (66,6) (55,6) (55,5) (54,0) (65,7) (66,6) (64,9)
Energierohstoffe 100,0 96,2 103,1 106,9 114,2 118,2 123,9 137,1
  (28,4) (12,8) (11,6) (10,4) (22,0) (21,2) (31,5) (37,3)

a 2010 = 100, auf US-Dollar-Basis, Periodendurchschnitte; in Klammern: prozentuale Änderung gegenüber Vorjahr.

Weitere Informationen: http://hwwi-rohindex.org/

Beitrag als PDF

DOI: 10.1007/s10273-011-1220-z

Fachinformationen über EconBiz

EconBiz unterstützt Sie bei der Recherche wirtschaftswissenschaftlicher Fachinformationen.