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Die aktuelle Diskussion über die Reserven der Gesetzlichen Krankenversicherung hat einmal wieder gezeigt, dass Überschüsse sehr schnell politische Begehrlichkeiten wecken. Klare Regeln für ihre Verwendung wären demgegenüber aber nötig. Um die Belastungen der Beitragszahler zu verringern, sollten einheitliche gesetzliche Vorgaben zur Zweckbindung und Bemessung der Sozialversicherungsrücklagen eingeführt werden.

Im vergangenen Jahr konnten die Gesetzliche Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung Überschüsse erzielen und ihre bereits bestehenden Rücklagen erhöhen. Die Arbeitslosenversicherung hat das Geschäftsjahr 2011 zwar ebenfalls mit einem geringfügigen Überschuss abgeschlossen, jedoch verfügt sie über keine Reserven. Auch für das laufende Jahr werden in diesen vier Sozialversicherungszweigen Überschüsse erwartet, sodass ihre Reserven steigen dürften. Da der Zweck und die Höhe der Rücklagen gesetzlich nicht hinreichend geregelt sind, wird regelmäßig die Frage nach der richtigen Mittelverwendung gestellt.1

Geltende Vorschriften zur Bildung und Verwendung von Rücklagen

Die gemeinsamen Vorschriften für die Sozialversicherung gemäß SGB IV bestimmen, dass die einzelnen Sozialversicherungsträger „zur Sicherstellung ihrer Leistungsfähigkeit, insbesondere für den Fall, dass Einnahme- und Ausgabeschwankungen durch Einsatz der Betriebsmittel nicht mehr ausgeglichen werden können, eine Rücklage bereitzuhalten“ haben.2 Näheres regeln die besonderen Vorschriften für die jeweilige Sozialversicherung.

So ist für die Gesetzliche Rentenversicherung (GRV) zwar der Zweck nicht präzisiert, jedoch ist die anzustrebende Höhe der Rücklage explizit festgelegt. Die Nachhaltigkeitsrücklage der GRV soll mindestens das 0,2fache und höchstens das 1,5fache der durchschnittlichen Monatsausgaben „zu eigenen Lasten“3 betragen. Zudem ist der Beitragssatz anzupassen, wenn die Rücklage den Mindestwert unterschreitet (Beitragssatzerhöhung) oder den Höchstwert überschreitet (Beitragssatzsenkung).4

Für die Arbeitslosenversicherung (ALV) bestimmt § 366 SGB III lediglich, dass die Bundesagentur „aus den Überschüssen der Einnahmen über die Ausgaben eine Rücklage zu bilden“ hat. Zur Höhe und Bemessung der Rücklage existieren keine gesetzlichen Vorgaben.

In der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sind sowohl die einzelnen Krankenkassen als auch der Gesundheitsfonds zur Bildung von Reserven gesetzlich verpflichtet. Die Krankenkassen dürfen zunächst Betriebsmittel dauerhaft als Betriebsmittelreserve in Höhe von bis zu 0,5 Monatsausgaben5 vorhalten.6 Ihr Zweck ist nicht näher bestimmt. Zudem sind die Krankenkassen kraft Gesetz zur Bildung einer Rücklage zur Sicherstellung ihrer Leistungsfähigkeit verpflichtet. Sie soll in Anspruch genommen werden, „wenn Einnahme- und Ausgabeschwankungen innerhalb eines Haushaltsjahres nicht durch die Betriebsmittel ausgeglichen werden können“. Die Rücklagenhöhe dürfen die Krankenkassen kraft Satzung festlegen; sie muss jedoch mindestens 0,25 Monatsausgaben betragen und darf eine Monatsausgabe nicht überschreiten.7 Damit wird den Krankenkassen ein großer Spielraum bei der Bemessung ihrer Reserven eingeräumt. Ebenfalls obliegt es den Krankenkassen, Überschüsse mittels kassenindividueller Beitragsprämien auszuschütten, sollten die gesamten Reserven der Krankenkassen das festgelegte Reservesoll übersteigen.8 Darüber hinaus wird eine Liquiditätsreserve beim Gesundheitsfonds gebildet. Sie soll vor allem dem Ausgleich unterjähriger Einnahmeschwankungen dienen, aber auch zur Deckung unvorhergesehener Einnahmeausfälle verwendet werden. Für die Liquiditätsreserve ist lediglich ein Mindestwert von 0,2 Monatsausgaben festgelegt; ein Höchstwert und folglich eine Vorgabe zur Verwendung überschüssiger Rücklagenmittel ist gesetzlich nicht verankert. Zudem werden im Rahmen der Liquiditätsreserve die vom Bund bereitgestellten Mittel für den Sozialausgleich bei den kassenindividuellen Zusatzbeiträgen verwaltet.9

Schließlich sind in der Sozialen Pflegeversicherung (SPV) die einzelnen Pflegekassen zur Bildung einer Rücklage zur Sicherstellung ihrer Leistungsfähigkeit in Höhe von 0,5 Monatsausgaben10 gesetzlich verpflichtet.11 Sofern die Beitragseinnahmen die Ausgaben und das Rücklagensoll der Pflegekasse übersteigen, werden sie dem Ausgleichsfonds zugeführt. Mit diesen Mitteln wird ein kassenübergreifender Finanzausgleich durchgeführt, indem die Überschüsse defizitären Pflegekassen zugewiesen werden. Sollten nach Durchführung des Finanzausgleichs überschüssige Mittel vorhanden sein, werden sie vom Ausgleichsfonds verwaltet. Eine Obergrenze für diese überschüssigen Reserven und damit eine Vorgabe zu ihrer Verwendung existiert nicht.

Die geltenden gesetzlichen Vorgaben zur Bildung und Verwendung der Rücklagen sind für die einzelnen Sozialversicherungszweige unterschiedlich, sodass eine geordnete Systematik nicht erkennbar ist. Ob die geltenden Vorschriften im Ansatz sachgerecht sind, hängt davon ab, zu welchem Zweck und in welcher Höhe die Bildung von Rücklagen in umlagefinanzierten Sozialversicherungen als sinnvoll erachtet wird.

Zweck von Sozialversicherungsrücklagen

Mit einer Rücklage in der Sozialversicherung können grundsätzlich zwei Ziele verfolgt werden. Zum einen kann sie zum Ausgleich unterjähriger Einnahme- und Ausgabeschwankungen verwendet werden. Damit würde die unterjährige Liquidität der Sozialversicherung sichergestellt werden. Zum anderen kann sie der Stabilisierung des Beitragssatzes im Konjunkturverlauf dienen.12

Unterjährige Einnahmeschwankungen werden vor allem durch die saisonbedingte Entwicklung am Arbeitsmarkt verursacht. So sinkt die Beschäftigung meist in den Wintermonaten, sodass die sozialversicherungspflichtige Lohnsumme und somit die Beitragsbemessungsgrundlage niedriger als in anderen Monaten ausfällt. Daher zählen traditionell der Januar und der Februar zu den einnahmeschwächsten Monaten der Sozialversicherung. Darüber hinaus ist die Beitragsbemessungsgrundlage von Sonderzahlungen an Arbeitnehmer abhängig, wie z.B. Weihnachtsgeld oder Boni, die meist am Jahresende ausgezahlt werden. Diese Sonderzahlungen erhöhen die Beitragseinnahmen der Sozialversicherung vor allem im November und Dezember. Solche saisonbedingten unterjährigen Einnahmeschwankungen sind konjunkturunabhängig, bestehen also sowohl in einem wirtschaftlichen Auf- als auch in einem Abschwung. Ohne ausreichend hohe Rücklagen würden sie im Jahresverlauf dazu führen, dass die Sozialversicherung ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen könnte. In einem solchen Fall wäre der Bund grundsätzlich dazu verpflichtet, ihr im Rahmen seiner Einstandspflicht Liquiditätshilfen zu gewähren.13

Die Einnahmen und Ausgaben der Sozialversicherungen unterliegen aber auch konjunkturbedingten überjährigen Schwankungen. Dies ist vor allem auf die Entwicklung der Beschäftigung und damit der Bemessungsgrundlage für die Beiträge zur Sozialversicherung im Konjunkturverlauf zurückzuführen. Ein konjunktureller Rückgang der Beschäftigung hat daher in der Regel negative Auswirkungen auf die Einnahmesituation der Sozialversicherungen. Hingegen sind die Ausgaben – mit Ausnahme der Arbeitslosenversicherung14 – konjunkturunabhängig.

Würde die Sozialversicherung über die Reserve zum Ausgleich unterjähriger Einnahmeschwankungen hinaus keine weiteren Rücklagenmittel vorhalten, müsste im Konjunkturabschwung entweder der Beitragssatz angehoben werden oder wiederum der Bund die Defizite durch Zuschüsse oder Darlehen ausgleichen. Beides sollte aber nach Möglichkeit vermieden werden. Beitragssatzerhöhungen haben grundsätzlich negative Auswirkungen auf Produktion und Beschäftigung. In einer konjunkturellen Schwächephase würde eine Beitragssatzerhöhung prozyklisch wirken und den negativen Trend der schwächelnden Wirtschafts- und Arbeitsmarktentwicklung zusätzlich verschärfen. Eine Erhöhung des Beitragssatzes im Konjunkturabschwung wäre daher gesamtwirtschaftlich kontraproduktiv.

Der Einsatz von Bundesmitteln wäre zudem aus Gründen der Finanzierungsgerechtigkeit verfehlt, weil er gegen das Äquivalenz- bzw. Versicherungsprinzip verstoßen würde. Die Bundesmittel würden dann zur Finanzierung von versicherungsgemäßen Leistungen der Sozialversicherung eingesetzt, sodass die Allgemeinheit und damit auch Personen außerhalb der Versichertengemeinschaft Sozialversicherungsleistungen mitfinanzieren würden, auf die sie jedoch keinen Anspruch haben. Hinzu kommt, dass eine verstärkte Finanzierung der Sozialversicherung aus Bundesmitteln den Einfluss des Bundes auf die Parafisci erhöhen würde und der Gefahr einer Zweckentfremdung von Beitragsmitteln Vorschub leisten würde.15

Gefahr der Zweckentfremdung

Eine Rücklage in staatlicher Hand birgt allerdings die Gefahr eines willkommenen Zugriffs auf diese Finanzmittel aus haushalts- und machtpolitischen Motiven. Begünstigt wird dies dadurch, dass die bestehenden gesetzlichen Vorgaben zur Verwendung der Rücklagen unzureichend sind. Wie zahlreiche Beispiele aus der Vergangenheit zeigen, ist die Wahrscheinlichkeit, dass Rücklagen der Sozialversicherungen für versicherungsfremde (Wahlkampf-)Zwecke und unnötige Leistungsausweitungen verwendet werden, relativ hoch.16

Politische Zugriffe auf die Rücklage wurden in der Vergangenheit meist für Leistungsausweitungen aus wahltaktischen Gründen vorgenommen. Es handelte sich dabei um zusätzliche Leistungen, die zur Aufblähung des Wohlfahrtsstaats beitrugen und die langfristige Tragfähigkeit bzw. Finanzierung der Sozialversicherungen unterminierten. Rücklagenfinanzierte Leistungsausweitungen haben aus Sicht der Politik den Vorteil, dass sie für die Beitragszahler zunächst belastungsneutral erscheinen, weil zu ihrer Finanzierung keine Erhöhung des Beitragssatzes erforderlich ist. Diese Belastungsillusion hält solange an, bis die Rücklage verbraucht ist. Erst dann werden die Kosten der Politikmaßnahmen für die Beitragszahler spürbar. So müssen die Steuer- und Beitragszahler die Folgekosten solcher politischer Manöver vor allem in der GRV noch heute tragen.

Als ein relevantes Beispiel sind die Leistungsausweitungen in der GRV in den 1970er Jahren zu nennen. Eine bestehende hohe Rücklage der GRV sowie überaus optimistische Prognosen zu ihrer Entwicklung weckten im Jahr 1972 Begehrlichkeiten und führten zu einem „Wettlauf um die Verteilung der Rentenüberschüsse“ – vor allem aus wahltaktischen Gründen.17 Das Ergebnis war die Umsetzung von Maßnahmen, aus denen erhebliche Mehrausgaben resultierten und die den schnellen Abbau der vorhandenen Rücklage förderten. Dazu gehörten die Erhöhung des Rentenniveaus durch das Vorziehen des Rentenanpassungszeitpunkts, die Einführung der flexiblen Altersgrenze ohne Rentenabschläge, die Aufnahme Selbständiger und Hausfrauen in die GRV zu günstigen Bedingungen sowie die Einführung der Rente nach Mindesteinkommen.18 Auch aus jüngerer Vergangenheit gibt es Beispiele für solche Zugriffe auf Rücklagenmittel der GRV. Nachdem die GRV seit Ende des Jahres 2006 über eine höhere Rücklage als zum Ausgleich unterjähriger Einnahmeschwankungen erforderlich verfügte, kassierte die Bundesregierung bereits beschlossene Änderungen in der GRV, die zu einer sukzessiven Reduzierung des Rentenniveaus beitragen sollten, um diese Kürzung teilweise zurückzunehmen bzw. den Rentnern eine höhere Rentenanpassung zu gewähren. So wurde beispielsweise für die Jahre 2007 bis 2010 der sogenannte Nachholfaktor und zusätzlich für die Jahre 2007 und 2008 der sogenannte „Riester-Faktor“ ausgesetzt, was zu höheren Rentenanpassungen in den Jahren 2008 und 2009 führte. Im Jahr 2009 wurde schließlich aus wahltaktischen Gründen eine Regelung eingeführt, nach der Rentenkürzungen ausgeschlossen sind, auch wenn die Bruttolöhne und -gehälter sinken. Damit wurde eine Rentenkürzung zum 1. Juli 2010 verhindert.19

Auch für die ALV existieren solche Beispiele. So entbrannte 2007 eine heftige Debatte um die Verwendung ihrer Rücklagen, als die ALV nach einer langen Defizitphase hohe Rücklagen angehäuft hatte.20 Zwar wurde von 2007 bis 2009 aus diesen Mitteln eine schrittweise Beitragssatzsenkung finanziert, jedoch wurden auch dauerhaft Leistungen der ALV ausgeweitet sowie Zweckentfremdungen von Beitragsmitteln zugunsten des Bundeshaushalts installiert, und 2008 wurde die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes für ältere Arbeitslose erhöht und der Eingliederungsbeitrag, mit dem der Bund der ALV jährlich Mittel in Höhe von rund 4 bis 5 Mrd. Euro entzieht, eingeführt.21

Ebenso gab es Mittelverschiebungen zwischen Sozialversicherungszweigen durch simultane Beitragssatzänderungen, aber auch zwischen dem Bund und der jeweiligen Sozialversicherung.22 Um Leistungsausweitungen in einem Sozialversicherungszweig zu finanzieren oder ein Defizit auszugleichen, wurde in der Vergangenheit der Beitragssatz zu dieser Sozialversicherung erhöht. Gleichzeitig wurde der Beitragssatz in einem anderen Sozialversicherungszweig gesenkt, der über relativ hohe Rücklagen verfügte. Auf diese Weise wurden Rücklagen eines Sozialversicherungszweigs zur Finanzierung eines anderen zweckentfremdet. Das Problem einer solchen Zweckentfremdung liegt zum einen im Verstoß gegen anerkannte Haushaltsgrundsätze und zum anderen darin, dass notwendige Reformen in einem defizitären Sozialversicherungszweig verhindert werden.

Beispielsweise wurden 1981 und 1982 Rücklagenmittel der GRV zur Finanzierung des Ausgabenanstiegs in der ALV verwendet. Die Rücklagenmittel der GRV wurden indirekt in die ALV transferiert, indem der Beitragssatz zur GRV reduziert und gleichzeitig der Beitragssatz zur ALV erhöht wurde. Die relativ hohen Rücklagen in der ALV in den Jahren 1984 bis 1987 veranlassten die Politik, die Beitragssatzänderungen wiederum zulasten der GRV zurückzunehmen. 1991 erfolgte ein Zugriff auf die Rücklagenmittel der GRV durch eine weitere simultane Beitragssatzänderung in diesen beiden Sozialversicherungszweigen, um die deutlich erhöhten Ausgaben für die Arbeitsmarktpolitik nach der Deutschen Wiedervereinigung zu finanzieren.23

Gesetzliche Vorgaben zur Zweckbindung

Für eine Reserve der Sozialversicherungen zum Ausgleich unterjähriger Einnahmeschwankungen dürfte es einen breiten Konsens geben, zumal diese Zweckbindung auch in der Politik nicht infrage gestellt wird. Aus wohlfahrtsökonomischer Sicht wäre es effizient, eine Reserve zum Ausgleich von überjährigen konjunkturbedingten Schwankungen der Finanzmittel und damit zur Beitragssatzstabilisierung vorzuhalten. Dem steht jedoch das politökonomische Argument entgegen, dass eine solche Rücklage die Politik veranlassen könnte, über die Mittel zweckwidrig zu entscheiden. Somit scheint bei der Festlegung einer konkreten Rücklagenhöhe ein Konflikt zwischen dem wohlfahrts- und dem politökonomischen Ziel zu bestehen, da beide Ziele nicht gleichzeitig erreicht werden können.

Eine vernünftige Möglichkeit, den vermeintlichen Zielkonflikt zu lösen und beide Ziele in Einklang zu bringen, bestünde darin, eine Rücklage sowohl zum Ausgleich unterjähriger Schwankungen als auch zur Beitragssatzstabilisierung anzustreben, jedoch Zweckentfremdungen durch Verankerung eines entsprechenden gesetzlichen Verbots vorzubeugen. So könnte zunächst für alle Sozialversicherungszweige das angestrebte Ziel und die Zweckbindung der Rücklage gesetzlich fixiert werden. Die Rücklage dürfte ausschließlich zum Ausgleich unterjähriger Einnahme- und Ausgabeschwankungen sowie zur Beitragssatzstabilisierung im Konjunkturverlauf verwendet werden. Mit dieser Regelung ginge einher, dass die Rücklage nicht für andere Zwecke verwendet werden dürfte. Dieses Verbot sollte ergänzend explizit festgehalten und präzisiert werden. Beispielsweise könnte gesetzlich verankert werden, dass der Einsatz von Rücklagenmitteln insbesondere zur Finanzierung von Mehrausgaben, die durch strukturelle Änderungen des Leistungskatalogs entstehen, verboten ist. Eine solche gesetzliche Regelung müsste im Detail so ausgestaltet sein, dass Schlupflöcher für einen zweckwidrigen Zugriff auf die Rücklagenmittel weitestmöglich ausgeschlossen werden.

Eine strikte Zweckbindung der Rücklage und ein derartiges Verbot ihrer Zweckentfremdung könnte die Politik daran hindern, rücklagenfinanzierte Leistungsausweitungen aus rein wahltaktischen Gründen zu beschließen. Denn wäre der Zugriff auf die Rücklagenmittel verboten, müsste zur Finanzierung von Leistungsausweitungen der Beitragssatz angehoben werden. Dadurch würden die Belastungen durch solche politische Maßnahmen unmittelbar für die Beitragszahler sichtbar und könnten nicht mehr durch eine (vorübergehende) Rücklagenfinanzierung verschleiert werden.

Darüber hinaus sollte sichergestellt werden, dass zur Zweckerreichung nicht benötigte, also über die Sollvorgabe hinausgehende, Rücklagenmittel den Beitragszahlern mittels einer Beitragssatzreduzierung zurückgegeben werden. Bei überschüssigen Mitteln der Sozialversicherung, die weder zur Leistungsfinanzierung noch zur Rücklagenbildung benötigt werden, handelt es sich faktisch um zu viel gezahlte Beiträge der sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Denn in einem Umlageverfahren ist die Sozialversicherung nicht befugt, mehr Mittel einzunehmen und zu horten, als zur Erfüllung ihrer vorgegebenen Aufgaben erforderlich ist. Eine Möglichkeit zur Kapitalansammlung für Rückstellungen, wie es beim Kapitaldeckungsverfahren von privat organisierten Versicherungen der Fall ist, ist in einer gesetzlichen Sozialversicherung nicht vorgesehen. Sofern also die Beitragseinnahmen die Ausgaben für die Sozialversicherungsleistungen und für die Bildung einer angemessenen Reserve übersteigen, haben Beitragszahler für diese Leistungen und Aufgaben der Sozialversicherung einen zu hohen Preis bezahlt bzw. einen zu hohen Beitrag entrichtet. Die sach- und systemgerechte Konsequenz daraus ist die Rückgabe dieser überschüssigen Mittel an die Beitragszahler. Hierfür sollte ein Automatismus zur Beitragssatzreduzierung gesetzlich verankert werden, der sich an der bereits für die GRV bestehenden Regelung orientiert. Danach ist der Beitragssatz zu reduzieren, wenn der obere Sollwert für die Rücklagenhöhe erreicht ist. Umgekehrt ist er anzuheben, wenn der untere Sollwert unterschritten wird. Maßgeblich für eine Beitragssatzanpassung wäre nicht die aktuelle Höhe, sondern die voraussichtliche Höhe der Rücklage zum Ende des Folgejahres.

Bemessungsgrundlage

Die bestehenden Regelungen zur Rücklagenhöhe in den einzelnen Sozialversicherungszweigen knüpfen grundsätzlich an deren Ausgaben bzw. Monatsausgaben als Bemessungsgrundlage an. So sind die angestrebten Sollwerte der Rücklagenhöhe als relative Anteile der Monatsausgaben einer Sozialversicherung festgelegt. Prinzipiell sind für die Bemessung der Rücklagenhöhe die Ausgaben einer Sozialversicherung eine geeignete Grundlage, denn dadurch ist eine automatische Anpassung der Sollwerte an die sich verändernden finanziellen Rahmenbedingungen sichergestellt. Ein fester absoluter Zielwert wäre dagegen ungeeignet, da die Rücklagenhöhe beispielsweise aufgrund der Lohn- oder Preisniveauentwicklung entwertet würde und daher stetig diskretionär angepasst werden müsste. Allerdings ist die Bemessungsgrundlage bei den einzelnen Sozialversicherungszweigen unterschiedlich definiert. Während in der Rentenversicherung die „Ausgaben zu eigenen Lasten“ als Bemessungsgrundlage gelten, werden die Rücklagen in der Kranken- und Pflegeversicherung nahezu nach ihren Gesamtausgaben bemessen. Daher wäre zu empfehlen, eine einheitliche Bemessungsgrundlage für alle Sozialversicherungszweige festzulegen.

Eine solche einheitliche und sachgerechte Bemessungsgrundlage bestünde in den Ausgaben der einzelnen Sozialversicherung für ihre versicherungsgemäßen Leistungen. Grundsätzlich sollten versicherungsfremde Leistungen der Sozialversicherung aus Bundesmitteln und versicherungsgemäße Leistungen aus Beitragsmitteln finanziert werden. Dieser Finanzierungsgrundsatz sollte deshalb gesetzlich verankert werden.24 Bei einer solchen sachgerechten Finanzierung würden konjunkturbedingte Beitragsausfälle Defizite bei der Deckung der versicherungsgemäßen Leistungen verursachen, denn die versicherungsfremden Leistungen wären ja aus Bundesmitteln zu bestreiten, die der Bund der Sozialversicherung unabhängig von der konjunkturellen Lage zur Verfügung stellen sollte. Dieser durch Bundeszuweisungen finanzierte Teil der Leistungsausgaben wäre somit immer ausreichend gedeckt und von konjunkturellen Schwankungen der Beitragseinnahmen nicht betroffen. Die Realisierung einer solchen sachgerechten Finanzierung hätte daher den Vorteil eines automatischen Stabilisators und würde somit zur Beitragssatzstabilität im Konjunkturverlauf beitragen. Schwankungsanfällig wäre hingegen lediglich der Teil der Einnahmen der Sozialversicherung, der sachgerecht zur Finanzierung der versicherungsgemäßen Leistungen vorgesehen wäre, also die Beiträge der Versicherten. Da die Rücklage zum Ausgleich eben dieser Einnahmeschwankungen vorgehalten werden sollte, ist es sachgerecht, sie ausschließlich nach den Ausgaben für versicherungsgemäße bzw. beitragsfinanzierte Leistungen zu bemessen.

Problematisch erscheint jedoch die genaue Abgrenzung der versicherungsfremden bzw. versicherungsgemäßen Leistungen, da es hierfür keine einheitliche wissenschaftliche Definition gibt. Die Beurteilung einer Leistung als versicherungsfremd bzw. versicherungsgemäß hängt beispielsweise von der Auslegung des Äquivalenzprinzips in der Sozialversicherung oder der Verteilung der Aufgabenzuständigkeiten zwischen den öffentlichen Institutionen ab. Deshalb sind in der Literatur unterschiedliche Abgrenzungen zu finden, die zu unterschiedlichen Ergebnissen führen.25 Um eine sachgerechte Finanzierung von Sozialversicherungsleistungen sicherzustellen, bedarf es daher einer einheitlichen Definition der versicherungsfremden bzw. versicherungsgemäßen Leistungen, die auf Grundlage bereits vorliegender einschlägiger Untersuchungen festzulegen wäre. Dabei wäre zu erwägen, ein politisch unabhängiges Gremium mit der Ausarbeitung einer solchen Definition und fortlaufenden Quantifizierung versicherungsfremder bzw. versicherungsgemäßer Leistungen zu beauftragen.

Solange eine sachgerechte Finanzierung der Sozialversicherungsleistungen nicht sichergestellt ist, könnten die Rücklagen im Übergangszeitraum vorläufig nach den zurzeit beitragsgedeckten bzw. nicht durch Bundeszuweisungen gedeckten Ausgaben bemessen werden. Zur Ermittlung einer solchen vorläufigen Bemessungsgrundlage wären die Gesamtausgaben der jeweiligen Sozialversicherungszweige um die derzeitigen Bundeszuweisungen zu bereinigen, da lediglich diese Differenz, also der beitragsfinanzierte Teil der Ausgaben, von konjunkturellen Schwankungen betroffen ist.

Überlegungen zur angemessenen Rücklagenhöhe

Für die Rücklagenhöhe könnte ein Zielkorridor mit einem unteren und einem oberen Sollwert vorgegeben werden, wie dies bereits in der GRV der Fall ist. Die Festlegung eines solchen Zielkorridors entspricht grundsätzlich der Zielsetzung, ausreichende Mittel sowohl zum Ausgleich von unterjährigen saisonbedingten als auch zum Ausgleich von überjährigen konjunkturbedingten Einnahme- und Ausgabeschwankungen vorzuhalten. Die Frage, wie hoch die jeweiligen Sollwerte in den einzelnen Sozialversicherungszweigen konkret sein sollen, bedarf jedoch einer vertiefenden Analyse. Daher sollen im Folgenden lediglich einige Überlegungen skizziert werden.

Um die angemessene Rücklagenhöhe näherungsweise zu ermitteln, könnte die vergangene unter- und überjährige finanzielle Entwicklung der Sozialversicherungen untersucht werden. Aus der Auswertung von Vergangenheitswerten ließe sich ein Zielkorridor für die Rücklage bestimmen. Zur Bestimmung der Rücklagenhöhe zum Ausgleich unterjähriger Defizite könnten saisonbedingte unterjährige Defizite ermittelt werden, die jeweils in den vergangenen Jahren entstanden sind. Daraus ließe sich tendenziell auf den künftigen Rücklagenbedarf schließen. Für die GRV sei beispielsweise angenommen, dass der geltende untere Sollwert von 0,2 Monatsausgaben bzw. 3,4 Mrd. Euro (bezogen auf die derzeitige Bemessungsgrundlage) korrekt bemessen ist. Bei einer Änderung der Bemessungsgrundlage und Bemessung der Rücklagenhöhe nach den Ausgaben der GRV für versicherungsgemäße Leistungen wäre der untere Sollwert entsprechend anzupassen. Da die monatlichen Ausgaben für versicherungsgemäße Leistungen im Jahr 2011 schätzungsweise 13,75 Mrd. Euro betrugen,26 wäre er auf 0,25 Monatsausgaben zu veranschlagen.

Zur Ermittlung der angemessenen Rücklagenhöhe für den Ausgleich konjunkturbedingter überjähriger Defizite wären analog die konjunkturbedingten Defizitphasen der Sozialversicherungen zu untersuchen. Für die GRV liegen zwei entsprechende Untersuchungen aus dem Jahr 2003 vor.27 Von den Autoren wurde im Ergebnis ein Wert von mindestens 1,5 Monatsausgaben allein zur Beitragssatzstabilisierung empfohlen. Die Ermittlungen, die zu dem vorgeschlagenen Wert geführt haben, basieren auf den vergangenheitsbezogenen Beobachtungen der Finanzentwicklung der GRV. Der Höchstwert wird dabei aus den kumulierten Defiziten in den vergangenen Defizitperioden abgeleitet. So hätten mit einer Reserve von zwei Monatsausgaben die Defizite in den Jahren 1980 bis 2002 aufgefangen werden können, ohne den Beitragssatz anheben zu müssen.

Dieses Ergebnis scheint jedoch mittlerweile aktualisierungsbedürftig, denn bei den Ermittlungen konnten beispielsweise die zwischenzeitlich durch strukturelle Reformen veränderten Rahmenbedingungen auf dem Arbeitsmarkt nicht berücksichtigt werden, die – wie die jüngere Vergangenheit zeigt – die Resistenz des Arbeitsmarktes gegenüber konjunkturellen Abschwüngen mit großer Wahrscheinlichkeit gestärkt haben.28 Daher ist anzunehmen, dass künftige Rezessionsphasen weniger stark auf den Arbeitsmarkt durchschlagen, als dies in der Vergangenheit der Fall war. Somit wäre in der GRV tendenziell eine niedrigere Reserve ausreichend.29

Auch gab es im Zeitablauf strukturelle Veränderungen in der Finanzierungsstruktur der GRV. Die GRV wird seit einigen Jahren stärker aus Bundesmitteln finanziert. Seit dem Jahrtausendwechsel macht der Anteil der Bundesmittel an den Einnahmen der GRV rund 30% aus; zuvor waren es etwa 15-20%. Dies trägt dazu bei, dass die Einnahmen der GRV weniger stark schwanken als in der Vergangenheit. Diese teilweise Stabilisierung der Finanzen kann dauerhaft dadurch sichergestellt werden, dass die oben vorgeschlagene Zweckbindung der Bundesmittel an die Ausgaben für versicherungsfremde Leistungen der GRV gesetzlich verankert wird. Schließlich sollte bei einer derartigen Ermittlung des Rücklagenwerts zum Ausgleich von konjunkturbedingten Defiziten versucht werden, strukturelle Ausgabenänderungen auszuklammern, da andernfalls der ermittelte Zielwert zu hoch ausfallen würde.

Bei Berücksichtigung dieser drei Faktoren dürfte der angemessene Zielwert für die Rücklage zur Beitragssatzstabilisierung im Konjunkturverlauf wahrscheinlich niedriger sein, als es bisher angenommen wurde. Wenn der angemessene Wert deshalb nicht bei 1,5 Monatsausgaben läge, sondern bei einer Monatsausgabe, so wäre ein oberer Sollwert für die Rücklage der GRV von rund 20 Mrd. Euro anzustreben. Bei Bemessung der Rücklage nach den Ausgaben für versicherungsgemäße Leistungen der GRV wären die Rücklagen allerdings höher. Sie würden dann in etwa 1,5 Monatsausgaben betragen.30

Die Ermittlung für die anderen Sozialversicherungszweige könnte in ähnlicher Weise erfolgen, wobei deren jeweilige Besonderheiten zu beachten sind. In der Pflegeversicherung könnte ein ähnlicher Zielkorridor wie in der GRV festgelegt werden. Hingegen dürfte die in Monatsausgaben ausgedrückte Rücklagenhöhe für die Arbeitslosenversicherung tendenziell höher sein als für die GRV, da dort nicht nur die Einnahmen, sondern auch die Ausgaben konjunkturbedingten Schwankungen unterliegen. In der GKV ist hingegen zu beachten, dass Rücklagen derzeit auf zwei Ebenen gebildet werden: zentral beim Gesundheitsfonds und dezentral bei den rund 150 einzelnen Krankenkassen. Da der allgemeine Beitragssatz ohnehin stabil gehalten werden soll und Defizite der GKV künftig über die Erhebung von kassenindividuellen Zusatzbeiträgen ausgeglichen werden sollen, erscheint eine höhere Reserve als zum Ausgleich unterjähriger Defizite beim Gesundheitsfonds nicht erforderlich. Für die einzelnen Krankenkassen kann hingegen ein Zielkorridor vorgegeben werden. Dabei sollte zwar ein oberer Sollwert gesetzlich verankert werden, um eine übermäßige Reservebildung zu vermeiden, jedoch sollten Krankenkassen nicht dazu verpflichtet werden, ihn anzustreben. Vielmehr sollte den Krankenkassen aus Wettbewerbsgründen freigestellt werden, in welcher Höhe sie Rücklagen im zulässigen Zielkorridor zu bilden haben.31

Fazit

Mit den hier vorgeschlagenen gesetzlichen Vorgaben für die Sozialversicherungsrücklagen, die insbesondere eine strikte Zweckbindung, die Festsetzung einer angemessenen Höhe und einen Automatismus zur Beitragssatzanpassung umfassen, könnte eine sachgerechte und systematische Verwendung der Reserven sichergestellt werden. Eine solche Regelbindung könnte vor allem willkürliche Zugriffe auf die Sozialversicherungsrücklagen verhindern und Debatten über die Verwendung der Sozialkassenüberschüsse entbehrlich machen.

  • 1 Vgl. aktuell S. Erbe: Gesetzliche Krankenkassen: Wohin mit den Überschüssen?, in: Wirtschaftsdienst, 92. Jg. (2012), H. 3, S. 144 f.
  • 2 Vgl. § 82 SGB IV.
  • 3 „Ausgaben zu eigenen Lasten“ sind die Ausgaben der GRV bereinigt um einige Bundeszuweisungen, den Wanderungsausleich und weitere Ausgleichszahlungen. Sie betrugen im Jahr 2011 rund 204 Mrd. Euro und machten etwa 83% aller Ausgaben der GRV aus. Vgl. § 158 Abs. 1 SGB VI und Bundesregierung: Rentenversicherungsbericht 2011, Bundestags-Drucksache 17/7770, S. 18.
  • 4 Vgl. § 216 i. V. m. § 158 SGB VI. Entscheidend für die Beitragssatzanpassung ist nicht die aktuelle Höhe, sondern die voraussichtliche Höhe der Nachhaltigkeitsrücklage zum Ende des Folgejahres. So wurde im aktuellen Rentenversicherungsbericht der Bundesregierung zum Ende des Jahres 2012 eine Rücklage von über 1,5 Monatsausgaben prognostiziert, sodass folgerichtig bereits zum 1.1.2012 der Beitragssatz von 19,9% auf 19,6% reduziert worden ist. Vgl. auch Bundesregierung, a.a.O., S. 18.
  • 5 Die Bemessungsgrundlage ist definiert als Ausgaben „für die gesetzlich oder durch die Satzung vorgesehenen Aufgaben sowie für die Verwaltungskosten“, vgl. § 260 Abs. 1 Nr. 1 SGB V. Im Grunde genommen handelt es sich dabei nahezu um die Gesamtausgaben der Krankenkasse.
  • 6 Vgl. § 260 SGB V i. V. m. BSGE, 8 RK 30/81 vom 13.5.1982.
  • 7 Vgl. § 261 SGB V.
  • 8 Vgl. § 242 Abs. 2 SGB V.
  • 9 Vgl. § 271 Abs. 2 SGB V.
  • 10 Die Bemessungsgrundlage bilden die Gesamtausgaben der Pflegekassen.
  • 11 Vgl. § 64 SGB XI.
  • 12 Siehe auch Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung: Jahresgutachten 2003/04, Staatsfinanzen konsolidieren – Steuersystem reformieren, Wiesbaden 2003, Tz. 333.
  • 13 Für die Renten- und Arbeitslosenversicherung ist eine solche Bundesgarantie einfachgesetzlich geregelt, vgl. § 214 SGB VI und § 364 SGB III. Für die Kranken- und Pflegeversicherung gibt es zwar keine entsprechenden Regelungen, jedoch kann eine Bundesgarantie aus dem Verfassungsrecht abgeleitet werden. Vgl. F. Kirchhof: Finanzierung der Sozialversicherung, in: J. Isensee, P. Kirchhof (Hrsg.): Handbuch des Staatsrechts IV, Heidelberg 1990, § 93, Rdnr. 39 ff.; vgl. mit weiteren Nennungen S. Muckel: Kommentar zu Art. 120 GG, in: H. von Mangoldt, F. Klein, C. Starck: Das Bonner Grundgesetz, Bd. 3, 4. Aufl., München 2001, Rdnr. 39 ff.
  • 14 In der Arbeitslosenversicherung steigen während eines Wirtschaftsabschwungs die Anzahl der Leistungsempfänger und damit auch ihre Ausgaben und umgekehrt.
  • 15 In Bezug auf die Gesetzliche Rentenversicherung ist eine verstärkte Bundesbeteiligung auch deshalb kritisch zu sehen, weil sie den bestehenden Eigentumsschutz von Rentenansprüchen aushöhlen würde. Vgl. D. Fichte: Versicherungsfremde Leistungen in der Gesetzlichen Rentenversicherung und ihre sachgerechte Finanzierung, in: Schriftenreihe des Karl-Bräuer-Instituts, H. 107, Berlin 2011.
  • 16 Vgl. D. Fichte: Rücklagen in der gesetzlichen Sozialversicherung, in: Sonderinformation des Karl-Bräuer-Instituts, Nr. 65, Berlin 2012, S. 5 ff.
  • 17 Vgl. G. Bökenkamp: Das Ende des Wirtschaftswunders – Geschichte der Sozial-, Wirtschafts- und Finanzpolitik in der Bundesrepublik 1969-1998, Stuttgart 2010, S. 55.
  • 18 Vgl. H. G. Hockerts: Vom Nutzen und Nachteil parlamentarischer Parteienkonkurrenz. Die Rentenreform 1972 – ein Lehrstück, in: K. D. Bracher et al. (Hrsg.): Staat und Parteien, Berlin 1992, S. 903 ff.
  • 19 Vgl. T. Krieger, S. Stöwhase: Diskretionäre rentenpolitische Maßnahmen und die Entwicklung des Rentenwerts in Deutschland von 2003-2008, in: Zeitschrift für Wirtschaftspolitik, 58. Jg. (2009), H. 1, S. 40 f.; S. Moog, C. Müller, B. Raffelhüschen: Tricksen an der Rentenformel – Rentenpolitik zu Lasten der Beitrags- und Steuerzahler, Freiburg 2009.
  • 20 Vgl. D. Fichte: Arbeitslosenversicherung: Entlastung statt Ausbeutung!, in: Sonderinformation des Karl-Bräuer-Instituts, Nr. 53, Berlin 2007.
  • 21 Zum Eingliederungsbeitrag siehe D. Fichte, L. Schemmel: Systemwidriger Eingliederungsbeitrag in der Arbeitslosenversicherung, in: Wirtschaftsdienst, 89. Jg. (2009), H. 12, S. 821 ff.
  • 22 Zweckwidrige Mittelverschiebungen aus den Sozialversicherungen in den Bundeshaushalt drohen im Jahr 2013, weil Kürzungen der Bundeszuweisungen geplant sind.
  • 23 Vgl. C. Trampusch: Ein Bündnis für die nachhaltige Finanzierung der Sozialversicherungssysteme: Interessenvermittlung in der bundesdeutschen Arbeits- und Rentenpolitik, Discussion Paper 03/1 des Max-Planck-Instituts für Gesellschaftsforschung, S. 18 ff.
  • 24 Vgl. für die Krankenversicherung D. Fichte, O. Schulemann: Versicherungsfremde Leistungen in der Gesetzlichen Krankenversicherung, in: Wirtschaftsdienst, 90. Jg. (2010), H. 10, S. 681 f.; und für die Rentenversicherung D. Fichte: Versicherungsfremde Leistungen in der Gesetzlichen Rentenversicherung ..., a.a.O., S. 83 f.
  • 25 Vgl. aus jüngerer Vergangenheit beispielsweise B. Raffelhüschen, S. Moog, J. Vatter: Fehlfinanzierung in der deutschen Sozialversicherung, Freiburg 2011; D. Fichte: Versicherungsfremde Leistungen in der Gesetzlichen Rentenversicherung ..., a.a.O.; D. Fichte, O. Schulemann, a.a.O.; W. Schmähl: Aufgabenadäquate Finanzierung der Sozialversicherungen durch Beiträge und Steuern – Begründungen und Wirkungen eines Abbaus der „Fehlfinanzierung“ in Deutschland, ZeS-Arbeitspapier, Nr. 5/06, S. 20 ff.; V. Meinhardt, R. Zwiener: Gesamtwirtschaftliche Wirkungen einer Steuerfinanzierung versicherungsfremder Leistungen in der Sozialversicherung, Berlin 2005, S. 17 ff.; Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung: Die Chance nutzen – Reformen mutig voranbringen, Jahresgutachten 2005/2006, Tz. 551 ff.; J. Becker: Transfergerechtigkeit und Verfassung, Tübingen 2001, S. 302 ff.
  • 26 Vgl. D. Fichte: Versicherungsfremde Leistungen in der Gesetzlichen Rentenversicherung ..., a.a.O.
  • 27 Vgl. Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung („Rürup-Kommission“): Nachhaltigkeit in der Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme – Bericht der Kommission, Berlin 2003, S. 126 ff.; F. Heiss: Wie groß soll die Schwankungsreserve der gesetzlichen Rentenversicherung sein?, MEA-Discussion-Paper, Nr. 33-2003.
  • 28 Vgl. Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung: Die Finanzkrise meistern – Wachstumskräfte stärken, Jahresgutachten 2008/09, Wiesbaden 2008, Tz. 475 ff.; Projektgruppe Gemeinschaftsdiagnose: Im Sog der Weltrezession – Gemeinschaftsdiagnose Frühjahr 2009, S. 55 ff.
  • 29 So ist im letzten Konjunkturabschwung die Nachhaltigkeitsrücklage nicht zurückgegangen, sondern sogar geringfügig gestiegen. Dies hängt allerdings auch mit den ergriffenen Politikmaßnahmen, wie beispielsweise der Ausweitung des Kurzarbeitergeldbezugs, zusammen, die die Beschäftigung und somit die Bemessungsgrundlage der GRV bzw. ihre Beitragseinnahmen stabilisierten. Es wäre jedoch verfrüht, daraus zu schließen, dass keine oder eine sehr geringe Rücklage zur Beitragssatzstabilisierung im Konjunkturverlauf ausreichend wäre. Denn es ist ungewiss, wie der Arbeitsmarkt bei künftigen konjunkturellen Einbrüchen reagiert und ob bei jedem Abschwung solche umfangreichen antizyklischen Politikmaßnahmen ergriffen werden.
  • 30 Bei Beibehaltung der geltenden Bemessungsgrundlage wäre unter dieser Annahme zu erwägen, den oberen Sollwert des Zielkorridors auf rund eine Monatsausgabe zu reduzieren.
  • 31 Zu Überlegungen zu einer angemessenen Rücklagenhöhe für die einzelnen Sozialversicherungszweige vgl. D. Fichte: Rücklagen in der gesetzlichen Sozialversicherung, a.a.O., S. 13 ff.

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DOI: 10.1007/s10273-012-1384-1