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Die Abgeltungsteuer auf Einkünfte aus Wertpapieranlagen wurde 2009 in Deutschland eingeführt. Damit sollte die bisherige Quellensteuer vereinfacht und die Steuerflucht ins Ausland durch den einheitlichen, relativ niedrigen Steuersatz verhindert werden. Christian Conrad sieht jedoch steuerliche Fehlanreize und leitet daraus Handlungsempfehlungen für die Politik ab.

Die Abgeltungsteuer wurde zum 1.1.2009 in Deutschland eingeführt. Sie besteuert Einkünfte aus Wertpapieranlagen, wie Zinsen und Dividenden, aber auch Kurszugewinne von Wertpapieren wie Aktien pauschal mit 25% plus Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer, so dass letztlich der Steuersatz maximal rund 28,6% beträgt (vgl. Tabelle 1).1 Als der Gesetzentwurf zur Unternehmensteuerreform am 25. Mai 2007 vom Bundestag beschlossen wurde, befand sich der DAX nahe seinem Höchststand. Nach der Einführung der Abgeltungsteuer kamen die Finanzkrise und die Staatsschuldenkrise. Das Rendite-Risikoverhältnis der Anlageform Aktie verschlechterte sich deutlich. Inzwischen gibt es sogar Forderungen, die Abgeltungsteuer auf bis zu 32% zu erhöhen.2 Vor diesem Hintergrund untersucht der vorliegende Aufsatz die Auswirkungen der Abgeltungsteuer auf die Attraktivität der Anlageform Aktie und geht der Frage nach, inwiefern die Kapitalallokation durch die Abgeltungsteuer beeinflusst wird. Hierbei werden die Kriterien Steuergerechtigkeit und Steuereffizienz berücksichtigt, um schließlich Reformvorschläge herauszuarbeiten.

Tabelle 1
Abgeltungsteuer: Berechnung des Gesamtsteuersatzes
Gesellschaftsebene Eigenkapital Fremdkapital
(1) Gewinn vor Steuern (bei Eigenfinanzierung)   100,000  
(2) Gewerbe­ertragsteuer1 = 0,035 · 4,9 = 0,1715 -17,150  
(3) Gewinn nach Gewerbe­steuer (1) – (2) 82,850  
(4) Körperschaft­steuer = (1) · 0,15 -15,000  
(5) Solidaritäts­zuschlag = (4) · 0,055 -0,825  
(6) Ausschüttungs­volumen oder thesaurierter Gewinn (3) – (4) 67,025  
  Steuersatz von (1) in %   32,980  
Gesellschafterebene
(6) Zufluss bei Vollaus­schüttung   67,025 100,000
(7) Abgeltung­steuer = (6) · 0,25 -16,756 -25,000
(8) Solidaritäts­zuschlag = (7) · 0,055 -0,922 -1,375
(9) Kirchen­steuer = (7) · 0,09 (oder 0,08) -1,508 -2,250
(10) Nettozufluss   47,839 71,375
(11) Steuer­satz von (1) bzw. (6) in %   52,161 28,625

1 Messzahl m · Hebesatz h, m = 0,035 nach §11, Abs. 2 GewStG, maximaler Hebesatz h von München mit 490. München beherbergt als deutsche Stadt die meisten DAX-Konzerne mit dem größten Anteil an der Marktkapitalisierung, vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 9.9.2006, S. 17.

Quelle: Eigene Berechnungen.

Mangelnde Steuergerechtigkeit

Als Grund für die Einführung der Abgeltungsteuer wurde die Vereinfachung bei der Erhebung genannt. Die Steuerschuld wird pauschal beglichen, und es kommt nur im Rahmen der Günstigerprüfung zu einer Berücksichtigung bei der persönlichen Einkommensteuer.3 Ein weiterer Grund für den niedrigen und einheitlichen Steuersatz war, den Anreiz für private Anleger zu verringern, Kapital aus steuerlichen Gründen ins Ausland zu verlagern.4 Die Ursachen für Steuerhinterziehung sind allerdings vielschichtig. Wird eine Besteuerung, vor allem in Relation zur Leistung des Staates, als zu hoch bzw. unfair empfunden, sinkt die Bereitschaft, Steuern zu zahlen. Steuermoral gibt eine grundsätzliche innere Bereitschaft der Bürger wieder, einen Beitrag zur Finanzierung von Gemeinschaftsprojekten zu leisten.5 Studien zeigen, dass die Fairness eines Steuersystems wesentlich für die Steuermoral ist. Hierzu gehört auch, dass sich die Bürger grundsätzlich gleichbehandelt fühlen.6

Bereits bei der Einführung der Abgeltungsteuer war bekannt, dass der relativ geringe Steuersatz eine soziale Unausgewogenheit aufweist und nicht den Steuerprinzipien der Einkommensteuer entspricht. Die Abgeltungsteuer bevorzugt Bezieher höherer Einkommen, da sie den Höchstsatz für zu versteuernde Einkommen von 45% auf den Abgeltungsteuersatz von 25% reduziert.7 Arbeitseinkommen werden damit mit einem höheren Steuersatz besteuert als Kapitaleinkommen. Aufgrund des vordergründig geringen Steuersatzes lehnen deshalb viele Kritiker die Abgeltungsteuer ab und fordern eine gleiche Besteuerung der Einkünfte aus Kapitalvermögen wie bei anderen Einkunftsarten.8

Zu berücksichtigen ist hierbei allerdings, dass die Besteuerung der nominalen Zinserträge bei den meisten Anlegern zu einem Kapitalverzehr führt. Wenn der Zinssatz bei einer Inflationsrate von 2% (Inflationsziel der EZB: unter aber nahe 2%) z.B. 4% beträgt, dann bleibt dem Steuerzahler nach Abzug von rund 1% anteiliger Abgeltungsteuer eine reale Verzinsung seines Kapitals von 1%. Bei dem derzeit historisch niedrigen kurzfristigen Zinsniveau, das unter der Inflationsrate liegt, dürften viele Anleger auch vor Abzug der Abgeltungsteuer eine negative Realverzinsung akzeptieren müssen. Eine Besteuerung verringert hier die Kaufkraft des Kapitals zusätzlich, weshalb das Leistungsfähigkeitsprinzip grob verletzt wird. Die Abgeltungsteuer wird unglaubwürdig, was nicht zuletzt die Steuerunehrlichkeit begünstigt. Ein pauschaler Abzug der Inflationsrate bei der Bemessungsgrundlage oder zumindest höhere Freibeträge wären hier dringend geboten, weil nur die Realzinsen aufgrund der erzielten Einkünfte eine Erhöhung der Leistungsfähigkeit darstellen. Darüber hinaus bevorzugt die Besteuerung der Nominalverzinsung Anlageformen ohne Kapitalverzehr durch Inflation wie beispielsweise vermietbare Immobilien, weshalb hier die Kapitalallokation verzerrt wird.

Doppelbesteuerung der Dividenden

Hatte das Halbeinkünfteverfahren mit der hälftigen Veranlagung der Dividenden gerade zum Ziel, die Doppelbesteuerung der Kapitaleinkünfte abzuschwächen, nimmt die Abgeltungsteuer sie bewusst in Kauf. Die Besteuerung der Dividenden mit rund 28,6% berücksichtigt die vorherige Besteuerung nicht und erhöht den Gesamtsteuersatz auf rund 52,2%, da die Gewinne im Unternehmen bereits mit rund 33% (Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer und Solidaritätszuschlag, vgl. Tabelle 1) versteuert wurden. Sie widerspricht in diesem Sinne ebenfalls dem Besteuerungsgrundsatz der Leistungsfähigkeit. Ferner sind die Werbungskosten wie beispielsweise der Zinsaufwand eines kreditfinanzierten Aktienerwerbs im privaten Bereich seit der Steuerreform nicht mehr abzugsfähig, was sowohl dem Leistungsfähigkeitsprinzip als auch dem Gleichbehandlungsprinzip verschiedener Einkunftsarten widerspricht. Das Nettoprinzip, das sich in einer Versteuerung des tatsächlichen Einkommenszugangs nach Abzug der zur Erzielung notwendigen Aufwendungen widerspiegelt, wurde aufgegeben. Der Sachverständigenrat hält vor diesem Hintergrund den Begriff „Besteuerung der Einkünfte“ für verfehlt.9

Diese Doppelbesteuerung bewirkt darüber hinaus eine massive Verzerrung der Nachsteuerrenditen zugunsten von Fremdkapital, da die Fremdkapitalzinsen im Gegensatz zu den Dividenden als Aufwand vor der Besteuerung des Unternehmensgewinns abzugsfähig sind. Die Belastungsrelation als Ausdruck für die steuerliche Gleichbehandlung von Eigenkapital und Fremdkapital wird durch die Doppelbesteuerung zum Nachteil des Eigenkapitals verzerrt. Bei einer Gleichbehandlung müsste sich ein Wert von eins ergeben. Tatsächlich beträgt die Belastungsrelation aber 1,822, was die starke Benachteiligung von Eigenkapital zum Ausdruck bringt.

Belastungsrelation = Steuerliche Belastung von Eigenkapitalerträgen in % / Steuerliche Belastung von Fremdkapitalerträgen in % = 52,161% / 28,625% = 1,822

Auch die Rechtsformneutralität ist nicht gewährleistet. Bei einer Thesaurierung der Gewinne weist die Aktiengesellschaft eine niedrigere Besteuerung aus als die Personengesellschaft, wohingegen bei Ausschüttung aufgrund der angeführten Doppelbesteuerung, die Personengesellschaft günstiger ist.10

Doppelbesteuerung von Kursgewinnen

Die größten und bisher kaum berücksichtigten wirtschaftlichen Verzerrungen ergeben sich jedoch aus der Besteuerung der Kursgewinne von Aktien. Die deutsche Abgeltungsteuer unterscheidet sich im internationalen Vergleich von den Regelungen anderer Länder, in denen beispielsweise die Kursgewinne generell oder zumindest außerhalb einer Spekulationsfrist nicht besteuert werden – wie beispielsweise in der Schweiz, in Belgien, in den Niederlanden und in Luxemburg. Bei den Ländern, die die Kursgewinne besteuern, liegt der Steuersatz überwiegend deutlich unter 25% bzw. 28,6%11. Ferner gibt es oft – wie beispielsweise in Großbritannien – hohe Freibeträge, oder die Besteuerung entfällt generell nach einer gewissen Haltedauer – wie in Frankreich. Viele Länder unterscheiden je nach Haltedauer zwischen kurzfristigen und langfristigen Kursgewinnen. Die USA setzt derzeit beispielsweise bei Short-term-capital-gains einen maximalen Steuersatz von bis zu 35% und für Long-term-capital-gains einen Steuersatz von 15% an.12 Auch bei der Besteuerung der Kursgewinne handelt es sich um eine Doppelbesteuerung, da langfristig betrachtet die Kurssteigerungen ausschließlich auf thesaurierte und damit versteuerte Gewinne zurückzuführen sind. Langfristig wird aus jeder Erwartung, die den Kurs einer Aktie getrieben hat, ein zu versteuernder Gewinn oder der Kurs fällt wieder, wenn die Erwartungen nicht erfüllt werden.

Es ist also festzuhalten, dass sich durch die Doppelbelastung in Höhe von 52,2% die Rendite aus Aktienanlagen (Dividenden und Kurssteigerungen) auf 47,8% des Ertrags nachhaltig verschlechtert hat. Zudem weisen die Eigenkapitalerträge von Aktiengesellschaften durch die Belastung mit Unternehmensteuern seit 2009 eine rund 33% geringere Nachsteuerrendite (absolut 23,5%) auf als Fremdkapital mit einer Nettoausschüttung von 71,4%. Die Anleger werden einen entsprechenden Renditeaufschlag verlangen, wenn sie anstatt in Fremdkapital in Eigenkapital investieren sollen. Hinzu kommt, dass Aktien in Relation zu Anleihen trotz der Kurserholung nach der Finanzkrise 2008 ein schlechteres Rendite-Risikoverhältnis vor Steuern aufweisen (vgl. Abbildung 1 und 2 sowie Tabelle 2 und 3). Die Sharpe-Ratio von Aktien ist wesentlich schlechter, was vor allem auf stärkere Kursschwankungen zurückzuführen ist. Dies ist nach zwei Börsencrashs in rund zehn Jahren auch wenig verwunderlich. Aktien sind somit derzeit schon vor Steuern relativ unattraktiv. Dies wird durch die Abgeltungsteuer aufgrund der relativ hohen Verringerung der Nachsteuerrendite noch verstärkt.

Abbildung 1
Aktien: Entwicklung des DAX
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Quelle: Deutsche Bundesbank, 2.3.2012, Statistiken.

Abbildung 2
Anleihen: Entwicklung des Deutschen Rentenindex
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Quelle: Deutsche Bundesbank, 2.3.2012, Statistiken.

Tabelle 2
Entwicklung des DAX
DAX (23.4.2012) 1 Jahr 3 Jahre 5 Jahre 10 Jahre
Performance in % -13,70 24,46 -17,57 10,85
Volatilität in % 29,41 23,24 27,18 25,99
Sharpe-Ratio1 -2,59 2,50 -0,11 1,17
Hoch 7523,53 7600,41 8151,57 8151,57
Tief 4965,80 4524,01 3588,89 2188,75
Durchschnitts­preis 6397,42 6218,58 6272,71 5253,53
Maximale Verlust­periode (Handels­tage) 222 270 1231 1386

1 Die Sharpe-Ratio misst die Überschussrendite eines Fonds pro Risikoeinheit. Vgl. http://boersenlexikon.faz.net/sharpera.htm (16.2.2011).

Quelle: www.GOYAX.de (18.5.2012).

Tabelle 3
Entwicklung des Deutschen Rentenindex
REXP1 (23.4.2012) 1 Jahr 3 Jahre 5 Jahre 10 Jahre
Performance in % 11,47 19,19 37,37 79,36
Volatilität in % 4,66 3,75 4,60 3,74
Sharpe-Ratio 11,89 8,67 8,19 7,59
Hoch 434,43 434,43 434,43 434,43
Tief 389,73 358,41 312,91 239,62
Durchschnitts­preis 415,12 393,11 371,08 315,16
Maximale Verlust­periode (Handels­tage) 35 219 219 306

1 Performance-Index, der den gesamten Anlageerfolg am deutschen Rentenmarkt misst. Performancekomponenten bilden die Kursveränderungen des REX (Kursindex der Deutschen Börse AG, der den Markt der Staatspapiere am deutschen Rentenmarkt abbildet und alle Anleihen, Obligationen und Schatzanweisungen der Bundesrepublik Deutschland, des Fonds deutscher Einheit und der Treuhandanstalt mit fester Verzinsung enthält) sowie die tägliche Reinvestition des durchschnittlichen Jahrescoupons. Seine Errechnung erfolgt in zwei Schritten jeweils täglich zum Börsenschluss: Zuerst wird die Kalkulation des Kursindex REX durchgeführt, anschließend erfolgt eine Summation von Kursveränderungen und Zinsertrag zum Performanceindex, vgl. http://boerse.arundde/lexikon.jsp?p=150&key=lexikon_19120&letter=R (16.2.2011).

Quelle: www.GOYAX.de (18.5.2012).

Eigenkapital wurde somit durch die Abgeltungsteuer für Aktiengesellschaften deutlich teurer als Fremdkapital. Die Finanzierungsstruktur von Aktiengesellschaften wird sich deshalb zu Gunsten von Fremdkapital verändern. Dies gilt aber auch für andere Unternehmensrechtsformen. Der Trend zu einer geringeren Eigenkapitalquote konnte bereits im Rahmen einer DIW-Studie für Personengesellschaften nachgewiesen werden. Anscheinend haben die Eigentümer ihr Eigenkapital durch Fremdkapital im Unternehmen ersetzt und es am Kapitalmarkt angelegt, um dort in den Genuss der gegenüber ihrem persönlichen Steuersatz geringeren Abgeltungsteuer zu kommen.13 Mehr Fremdkapital in Relation zum Eigenkapital bedeutet aber auch ein höheres Konkursrisiko. Die Doppelbesteuerung durch die Abgeltungsteuer riskiert somit indirekt Arbeitsplätze und Wohlfahrt.

Die durch die Abgeltungsteuer hervorgerufene Verschlechterung der Nachsteuer-Eigenkapitalrendite relativ zu anderen Anlagen erschwert es ferner Firmen, Eigenkapital einzuwerben.14 Hiervon sind vor allem Mittelständler betroffen, die nur über einen eingeschränkten Zugang zu dem von der Abgeltungsteuer nicht oder weniger verzerrten internationalen Kapitalmarkt verfügen. Eigenkapital ist als das unternehmerisch haftende Kapital die Basis für Unternehmensgründungen und Innovationen. Damit haben sich in Deutschland rund zehn Jahre nach dem Boom des Neuen Marktes die Finanzierungsbedingungen am Kapitalmarkt verdreht: anstatt Risikokapital zu fördern, um Wachstum und Arbeitsplätze zu schaffen, benachteiligt die Politik Eigenkapital. Es wird immer wieder eine bessere deutsche Aktienkultur gefordert, und die gegenüber den USA geringe Börsenfinanzierung der deutschen Unternehmen15 als Wettbewerbsnachteil gesehen. Inzwischen zeigen zwei Börsencrashs mit bis zu 70%igen Kursverlusten im DAX das unternehmerische Risiko, das Aktienanleger eingehen. Vor diesem Hintergrund müsste Aktienkapital eher gefördert als höher besteuert werden. Die international nicht abgestimmte deutsche Besteuerung der Kursgewinne bewirkt darüber hinaus eine Verzerrung der Nachsteuerrenditen von deutschen Aktien zum Nachteil deutscher Anleger. Ausländische Anleger, deren Kursgewinne nicht oder geringer besteuert werden, haben bei deutschen Aktien eine bis zu 28,6% höhere Rendite als deutsche Anleger.

Übernahmen und Kapitalerhöhungen

Die Besteuerung der Kursgewinne bewirkt weitere gravierende Nachteile für deutsche Anleger bei Übernahmen und Kapitalerhöhungen und in der Folge damit auch für deutsche Unternehmen. Kursgewinne von Aktien, die vor dem 1.1.2009 von deutschen Anlegern erworben wurden, unterliegen nicht der Abgeltungsteuer. Im Fall, dass die Aktiengesellschaft, an der ein Anleger mit abgeltungsteuerfreien Aktien beteiligt ist, mit einem Barangebot übernommen wird, verschlechtert sich der Anleger, wenn er mit dem Bargeld alternativ andere, dann nicht mehr abgeltungsteuerfreie Aktien kauft aufgrund der Abgeltungsteuer auf zukünftige Kursgewinne um 28,6%. Das heißt, ein Übernahmeangebot muss einen um 28,6% höheren Kursaufschlag bieten, um diesen Steuernachteil auszugleichen. Bei nach dem 1.1.2009 erworbenen Aktien verschlechtert die Abgeltungsteuer auf Kursgewinne die Übernahmerendite ebenfalls anteilig um 28,6%. Übernahmen werden somit durch die Abgeltungsteuer auf Kursgewinne unwahrscheinlicher oder zumindest teurer.16

Übernahmen haben aber oft Synergieeffekte zum Ziel. Verringern sich als Folge der Abgeltungsteuer die Übernahmen, können sich somit auch damit verbundene volkswirtschaftliche Effizienzgewinne (Economies of Scale oder Scope) verringern.

Möchte ein Unternehmen hingegen eine Kapitalerhöhung durchführen, verschlechtern sich wiederum die abgeltungsteuerfreien Altaktionäre, wenn sie sich an der Kapitalerhöhung beteiligen, weil sie den Bezugsrechtsabschlag in der neuen Aktie als Kursgewinn versteuern müssen. Angenommen eine Aktie kostet 80 Euro und die neue Aktie ist für 40 Euro beziehbar. Der Eröffnungskurs wird nach der Kapitalerhöhung bei 60 Euro liegen, da der Bezugsrechtsabschlag von 40 Euro die neue und die alte Aktie gleichermaßen jeweils um 20 Euro verbilligt. Die Hälfte des steuerfreien Abschlags gegenüber dem Kurs der Altaktie, also 20 Euro, steckt allerdings in der neuen Aktie. Der Bezugspreis der neuen Aktien ist um den Wert des Bezugsrechts von 20 Euro niedriger als der Eröffnungskurs und damit als Kursgewinn bei einem Verkauf der Aktie mit der Abgeltungsteuer zu versteuern.17 Der Anleger stellt sich folglich besser, wenn er an der Kapitalerhöhung nicht teilnimmt und seine Bezugsrechte steuerfrei verkauft und gegebenenfalls danach die Aktien direkt kauft. Dies erschwert Kapitalerhöhungen.

Eine nachgelagerte Besteuerung von Kursgewinnen ergibt sich für Anleger mit abgeltungsteuerfreien Aktien, wenn – wie beispielsweise nach der Finanzkrise – Aktiengesellschaften das durch Verluste reduzierte Eigenkapital durch Kapitalerhöhungen wieder aufstocken. Die Verluste, die sich für den Anleger in gesunkenen Kursen äußern, sind nicht anrechenbar, wohingegen die Kurssteigerungen der neuen Aktien der Abgeltungsteuer unterliegen. Nehmen wir an, ein Unternehmen verdoppelt sein Grundkapital durch eine Kapitalerhöhung, dann hat der Aktionär nach der Kapitalerhöhung nur noch die Hälfte der Aktien abgeltungsteuerfrei, womit sich der Anreiz, an der Kapitalerhöhung teilzunehmen, verringert. Dies war gerade nach der Finanzkrise für die Aktionäre nachteilig, weil viele Aktiengesellschaften sich aufgrund der erlittenen Verluste durch Kapitalerhöhungen neues Kapital besorgen mussten.

Generell wird die Kapitalallokation dadurch gestört, dass Anleger mit abgeltungsteuerfreien Aktien ab 1.1.2009 durch die Umschichtung ihres Kapitals in andere Aktien ihre Abgeltungsteuerfreiheit auf Kursgewinne verlieren. Die Anleger werden deshalb erst bei Renditedifferenzen, die 28,6% übersteigen, ihr Kapital in andere Aktiengesellschaften umschichten, was es wachstumsstärkeren Unternehmen verglichen mit vor 2009 schwieriger macht, für ihr Wachstum Eigenkapital zu akquirieren.

Steuereffizienz

Die Abgeltungsteuer bewirkte bei der Wertpapierbesteuerung nur in Bezug auf den Steuersatz eine Vereinfachung. Für die Banken ist die Erhebung der Abgeltungsteuer mit einem hohen administrativen Aufwand verbunden. Sie müssen die ausländischen Quellensteuern teilweise anrechnen und die anrechenbaren Verluste aus Aktienverkäufen für jeden Anleger speichern. Diese Kosten müssen sie an die Anleger in Form von Gebühren weitergeben.18 Der Sachverständigenrat kritisiert die mangelnde Verzahnung der Abgeltungsteuer mit der Unternehmenbesteuerung und die daraus resultierende Komplexitätssteigerung. Um die Verzerrungen zu reduzieren, musste der Gesetzgeber einen Sondertarif für nicht entnommene Gewinne von Personengesellschaften (§ 34a EstG, „Thesaurierungsbegünstigung“) sowie den Sondertarif für die Abgeltungsteuer aus Darlehen und aus der Beteiligung als stiller Gesellschafter erlassen.19

Die Doppelbesteuerung und damit auch die entstandenen Allokationsschäden sind unter anderem auf die haushaltspolitische Vorgabe zurückzuführen, dass die jährlichen Steuermindereinnahmen aus der Reduzierung der Körperschaftsteuer von 25% auf 15% im Rahmen der Unternehmensteuerreform auf etwas mehr als 5 Mrd. Euro begrenzt werden sollten.20 Die Abgeltungsteuer sollte die Mindereinnahmen zumindest teilweise ausgleichen.

Es zeichnet sich ab, dass das vorrangige politische Ziel der Abgeltungsteuer „geringere Steuerflucht“ nicht in dem erwarteten Maß erreicht wird. Die trotz besserer Wirtschaftsentwicklung 2010 im Vergleich zu 2009 um 3,7 Mrd. Euro niedrigeren Kapitalertragssteuereinnahmen21 weisen darauf hin, dass es der deutschen Regierung nicht gelang, in größerem Umfang nicht versteuertes Kapital aus dem Ausland anzuziehen und, dass die erwarteten Steuern auf Aktienkursgewinne trotz gestiegener Kurse ausbleiben. Es besteht vielmehr die Gefahr, dass sich die deutschen Anleger zugunsten von ausländischen Anlegern aus deutschen Aktien zurückziehen. Von ausländischen Aktionären wird der deutsche Staat allerdings keine Steuern auf Kursgewinne erhalten. Dem stehen weitere Steuerausfälle durch ein geringeres Wirtschaftswachstum als Folge der aufgezeigten Fehlallokationen22 gegenüber und, soweit man die letzten Börsencrashs als Ausnahme ansieht, auch eine geringere Wohlfahrt der deutschen Bevölkerung aufgrund der Meidung von Aktien als Kapitalanlage.23 Um die Abwanderung von Vermögen ins Ausland und damit den Ausfall von Kapitalertragsteuer zu verhindern, wäre es vielmehr zielführender, die Steuerpflicht wie in den USA nicht an den Wohnsitz, sondern an die Staatsbürgerschaft zu binden. So besitzen die 60 reichsten Deutschen in der Schweiz rund 75 Mrd. Euro.24

Fazit

Alles in allem stellt die Abgeltungsteuer einen massiven Eingriff in die Kapitalallokation zugunsten von Fremdkapital dar, was wachstumsschädigend ist. Die deutsche Abgeltungsteuer verstößt aufgrund der Doppelbesteuerung und der Nominalzinsbesteuerung gegen die wesentlichen Besteuerungsgrundsätze der Bundesrepublik Deutschland: dem Leistungsfähigkeitsprinzip, dem Gleichbehandlungsprinzip verschiedener Einkunftsarten und dem Nettoprinzip.

Viele Autoren fordern die Abschaffung der Abgeltungsteuer, weil sie den gegenüber der Einkommensteuer geringeren Steuersatz als ungerecht empfinden.25 Allerdings gilt der geringe Steuersatz nur für die Zinseinkünfte. Wie dieser Aufsatz zeigte, werden die Einkommen aus der Aktienanlage hingegen aufgrund der Doppelbesteuerung mit 52,16% versteuert, was immer noch knapp über dem Spitzensteuersatz (inklusive Reichensteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer) von 51,75% liegt. Die von der SPD beabsichtigte Anhebung der Abgeltungsteuer um 7 Prozentpunkte auf 32% würde den Doppelbesteuerungssatz auf 59,16% erhöhen.

Die deutliche Verschlechterung der langfristigen Rendite von Aktien als Folge der Kursgewinnbesteuerung trifft nicht nur Aktionäre, sondern alle Formen des langfristigen Vermögensaufbaus, die Aktienanteile enthalten.26 Es wundert nicht, dass es in Deutschland mit einem Anteil von 13,4% an der Gesamtbevölkerung wenig Aktionäre gibt. Die USA kommt auf 25,4%, Japan auf 27,7% und der europäische Nachbar, die Niederlande, mit 30% auf mehr als doppelt so viele Aktionäre.27 Aber auch verzinsliche Wertpapiere sind aufgrund der Nominalzinsbesteuerung für einen langfristigen Vermögenszuwachs ungeeignet. Unter der Annahme, dass die Inflationsrate 2,5% beträgt (Inflationsziel der EZB: unter aber nahe 2%), würde sich die Kaufkraft des Kapitals nach 30 Jahren halbieren. Verdoppelt sich in der gleichen Zeit das Kapital durch Zinseinkommen, dann deckt dieser Zuwachs gerade einmal die Kaufkraftverringerung durch die Inflation ab.28 Eine Besteuerung verringert in diesem Fall die Kaufkraft des Kapitals. Die Abgeltungsteuer erschwert damit eine private Altersvorsorge erheblich. Insgesamt weist die Abgeltungsteuer schwerwiegende konzeptionelle Schwächen auf, die eine massive Kapitalfehlallokation und damit eine nachhaltige Schädigung des Wirtschaftsstandorts Deutschland und der deutschen Wohlfahrt zur Folge haben. Es besteht dringender Handlungsbedarf.

Handlungsempfehlungen

Um die steuerlichen Fehlanreize, die Verzerrungen in der Kapitalallokation und die steuerliche Unausgewogenheit und Unangemessenheit zu mildern, sollte zumindest die in dieser Form international unübliche Steuer auf langfristige Kursgewinne wegfallen. Beispielsweise könnten die Kursgewinne wie in Frankreich ab einer Haltedauer von acht Jahren steuerfrei sein. Dies würde eine Altersvorsorge mit Aktien wieder ermöglichen. Um die Kapitalfehlallokation zu verringern, sollte ein steuerfreier Tausch der Aktien innerhalb der Acht-Jahresfrist im eigenen Depot möglich sein. Der Anleger könnte dann sein Aktienportfolio während dieser Zeit an veränderte Rahmenbedingungen anpassen, womit auch die volkswirtschaftliche Kapitalallokation optimiert werden würde. Ist dies aus technischen Gründen nicht möglich, wäre es zumindest dringend geboten, bei einer Haltedauer von weniger als acht Jahren – wie international üblich – höhere Freibeträge einzuführen und den Steuersatz zu reduzieren. Diese Maßnahmen haben aufgrund der aufgezeigten Kapitalfehlallokationen und der Benachteiligung deutscher Anleger oberste Priorität.29

Wenn man die Renditen von Eigen- und Fremdkapital einander annähern will, müsste darüber hinaus die Abgeltungsteuer auf Dividenden gänzlich wegfallen. Dann würden die Erträge aus Eigenkapital immer noch mit rund 33% und die aus Fremdkapital mit 28,6% besteuert. Alternativ könnten auch Dividenden dem Fremdkapital bei der steuerlichen Abzugsfähigkeit gleichgestellt werden, indem der Gesetzgeber erlaubt, die Dividenden aus dem unversteuerten Gewinn auszuschütten. Beispielsweise erlaubt die Schweiz die steuerfreie Ausschüttung von Dividenden aus den Kapitaleinlagereserven.30 Ferner sollte bei der Besteuerung von Zinseinnahmen aus privaten Geldanlagen die Inflationsrate berücksichtigt oder zumindest die Freibeträge erhöht werden.31

Es bleibt aber auch noch die eingangs beschriebene soziale Unausgewogenheit der Abgeltungsteuer. Eine Abgeltungsteuer widerspricht vom Grundsatz her einer gerechten Besteuerung, weil nicht der persönliche Einkommensteuersatz angesetzt wird. Ist mehr Steuergerechtigkeit gewollt, muss deshalb zur nachgelagerten Besteuerung im Rahmen der Einkommenserklärung zurückgekehrt werden. Die Abgeltungsteuer wäre dann wieder durch eine Quellensteuer zu ersetzen. Um den Bearbeitungsaufwand zu reduzieren, sind hohe Freibeträge zu empfehlen. Die Werbungskosten sollten Im Rahmen der Einkommensteuererklärung abzugsfähig sein.

  • 1 Die Abgeltungsteuer löste das Halbeinkünfteverfahren ab. Sie ist eine Fortsetzung der Quellensteuer, bei der die Banken die Steuer für den Staat einbehalten und nur den Nettoerlös an den Anleger weiterleiten. Bei Dividenden haben die ausschüttenden Unternehmen die Abgeltungsteuer direkt an das Finanzamt abzuführen. Vgl. Deutsches Aktieninstitut (DAI): Nachjustierung der Aktienbesteuerung, Empfehlung des Deutschen Aktieninstituts zur steuerlichen Gleichstellung von Eigen- und Fremdkapital, Frankfurt, 8.12.2010, www.dai.de, S. 23.
  • 2 Auf dem SPD-Parteitag wurde im Dezember 2011 als Programm die Anhebung der Abgeltungsteuer auf 32% beschlossen. Vgl. http://www.tagesspiegel.de/politik/live-blog-peer-steinbrueck-wird-es-schwer-haben-kandidat-zu-werden/5925626.html (12.2.2012); D. Ondracek: Steuerverwaltung stärken, Zeitgespräch „Steuerehrlichkeit und Steuergerechtigkeit“, in: Wirtschaftsdienst, 88. Jg. (2008), H. 4, S. 236; sowie G. Corneo: Steuerpolitik in finanzkritischen Zeiten, in: Wirtschaftsdienst, 89. Jg. (2009), H. 5, S. 283.
  • 3 Vgl. Bundesministerium der Finanzen: Einzelfragen zur Abgeltungsteuer, http://www.bundesfinanzministerium.de/nn_87730/DE/BMF__Startseite/Aktuelles/BMF__Schreiben/Veroffentlichungen__zu__Steuerarten/Abgeltungsteuer/002__a,templateId=raw,property=publicationFile.pdf (12.1.2011).
  • 4 Vgl. Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung: Die Finanzkrise meistern – Wachstumskräfte stärken, Wiesbaden 2008, S. 275; S. Bach: Abgeltungsteuer: Nichts Halbes und nichts Ganzes, in: Wirtschaftsdienst, 87. Jg. (2007), H. 5, S. 276.
  • 5 Vgl. R. Peffekoven: Steuerhinterziehung ist nur über Reformen in den Griff zu bekommen, Zeitgespräch „Steuerehrlichkeit und Steuergerechtigkeit“, in: Wirtschaftsdienst, 88. Jg. (2008), H. 4, S. 225; C. A. Schaltegger, F. Schneider, B. Torgler: Vertrauen als Basis: warum verstärkte Kontrollen und schärfere Strafen nicht helfen, Zeitgespräch „Steuerehrlichkeit und Steuergerechtigkeit“, in: Wirtschaftsdienst, 88. Jg. (2008), H. 4, S. 228.
  • 6 So z.B. R. W. McGee, I. Nickerson, W. Fees: The Ethics of Tax Evasion: A Comparative Study of Germany and the United States, Working Paper, Barry University, Miami, Oktober 2006. Vgl. G. Kirchgässner: Fairness, Steuermoral und Steuerhinterziehung, Zeitgespräch „Steuerehrlichkeit und Steuergerechtigkeit“, in: Wirtschaftsdienst, 88. Jg. (2008), H. 4, S. 232.
  • 7 Vgl. S. Lobe: Zum Einfluss der Abgeltungsteuer auf die Vorteilhaftigkeit von Renten, Aktien und Aktienindexanlagen, in: Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft, H. 6, 2009, S. 434.
  • 8 „Stattdessen ging der Gesetzgeber den falschen Weg und entschied sich für eine definitive Abgeltungssteuer mit einem Satz von 25%. Dadurch wird die Einkunftsart Kapitalvermögen im Vergleich zu den anderen sechs Einkommensarten begünstigt. Für diese Sonderbehandlung bestehen nach Ansicht der Deutschen Steuer-Gewerkschaft keine Rechtfertigungsgründe. Vielmehr geht davon ein Signal aus, dass der Staat Kapitaleinkünfte schonender besteuern will als andere Einkünfte.“ D. Ondracek, a.a.O., S. 236; sowie G. Corneo, a.a.O., S. 283.
  • 9 Vgl. Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung: Das Erreichte nicht verspielen, Wiesbaden 2007, S. 274.
  • 10 Vgl. Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung: Die Finanzkrise meistern …, a.a.O., S. 221.
  • 11 Vgl. OECD Tax Database: International Bureau of Fiscal Documentation and PricewaterhouseCoopers’ Worldwide Tax Summaries, zitiert nach http://www.fin.gc.ca/taxexp-depfisc/2010/taxexp1002-eng.asp (16.3.2011).
  • 12 Vgl. Welt am Sonntag vom 6.5.2007; http://www.abgeltungssteuer-sparen.info/abgeltungssteuer-verluste.html; http://www.abgeltungsteuer.de/static/Die_Abgeltungsteuer_im_internationalen_Vergleich.html (16.2.2011); sowie Bundesministerium für Finanzen, a.a.O.
  • 13 Vgl. DIW Wochenbericht, Nr. 17, 2012, S. 14; sowie F. M. Fossen, M. Simmer: Differential Taxation and Firms‘ Financial Leverage – Evidence from the Introduction of a Flat Tax on Interest Income, DIW Discussion Paper 1190, Berlin 2012.
  • 14 Vgl. auch J. Kremer, M. Ruf: Belastung der Kapitalgesellschaften nach der Unternehmensteuerreform 2008, in: Wirtschaftsdienst, 88. Jg. (2008), H. 1, S. 72.
  • 15 Vgl. N. Sauter: Das schwache Pflänzchen Aktienkultur, Allianz Working Paper, Nr. 139 vom 21.5.2010.
  • 16 Werden Übernahmen nicht bar, sondern mit Aktien des übernehmenden Unternehmens bezahlt, sind die im Austausch erhaltenen Aktien abgeltungsteuerpflichtig, auch wenn die eingetauschten Aktien des Anlegers vor 2009 erworben wurden und deshalb von der Kursgewinnbesteuerung ausgenommen waren. Der private Anleger verschlechtert sich also in jedem Fall, wenn er das Übernahmeangebot annimmt.
  • 17 Vgl. Handelsblatt vom 4.3.2009; W. Meilicke: Die Neuregelung der Besteuerung des Bezugsrechts, in: Der Betrieb, 2009, H. 10, S. 476-478; F. Schmitt-Homann: Abgeltungsteuer, Verlustanteil, Forderungsausfall, Bezugsrecht und Wertpapierleihe, in: Der Betrieb, 2010, H. 7, S. 351-356; R. Ronig: Einzelfragen zur Abgeltungsteuer, in: Der Betrieb, 2010, H. 3, S. 128-137.
  • 18 Das Fazit des Sachverständigenrates: „Auch die eigentlich angestrebte Steuervereinfachung wird nur für einen Teil der Steuerpflichtigen eintreten. In vielen Fällen wird das Steuersystem nach Inkrafttreten der Abgeltungsteuer noch einmal komplizierter als es jetzt schon ist.“ Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung: Die Finanzkrise meistern, a.a.O., S. 236.
  • 19 Vgl. ebenda, S. 230.
  • 20 Vgl. ebenda, S. 229.
  • 21 Vgl. o.V.: Deutsche zahlen drastisch weniger Kapitalsteuern, Spiegel Online vom 24.1.2011.
  • 22 Der Sachverständigenrat kommt zu einem ähnlichen Ergebnis: „Dadurch werden die noch im Koalitionsvertrag genannten Ziele einer finanzierungs- und rechtsformneutralen Besteuerung in einem Ausmaß verletzt, das schwer wiegende Fehlallokationen nach sich ziehen wird.“ Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung: Das Erreichte nicht verspielen …, a.a.O., S. 284.
  • 23 Laut DAI wurde mit einer fünfjährigen Anlage in den DAX von 1973 bis 1978 eine durchschnittliche jährliche Rendite von 10,6% erreicht, im 25-Jahreszeitraum von 1973 bis 1998 sogar 12,4%. Vgl. http://www.dai.de/internet/dai/dai-2-0.nsf/webmaskenformeln/0BE176A7BC8EFB76C125747C0053B124?OpenDocument (3.5.2011).
  • 24 Vgl. auch D. Ondracek, a.a.O., S. 236; sowie http://www.bilanz.ch/people/300-reichste/reichsten-updates/exportschlager-milliardaere (7.2.2012).
  • 25 Vgl. D. Ondracek, a.a.O., S. 236; sowie G. Corneo, a.a.O., S. 283.
  • 26 Alternativen gibt es kaum. Die Steuerfreiheit der Lebensversicherungen wurde abgeschafft.
  • 27 Vgl. http://www.wallstreet-online.de/nachricht/4311265-kehrt-aktienkultur-deutschland-zurueck (20.2.2012).
  • 28 Vgl. Manager Magazin vom 27.6.2007, http://www.manager-magazin.de/finanzen/geldanlage/0,2828,490041,00.html sowie http://www.0711-aktienclub.de/download_gratis_Inflation.htm (3.5.2011).
  • 29 Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt das Deutsche Aktieninstitut in seiner Studie. Vgl. Deutsches Aktieninstitut (von R. Rosen): Conflicts of Interests and Reputational Risk in Financial Service Firms – the Special Case of Stock Exchanges – Vortrag vom 15.11.2006.
  • 30 Vgl. http://www.bilanz.ch/steuern/verpoentes-geschenk-vom-fiskus (5.5.2011).
  • 31 Der Freibetrag von 800 Euro ist bereits bei einem angenommenen langfristigen durchschnittlichen Zinssatz von 4% bei einem in verzinslichen Wertpapieren angelegten Kapital von 20 000 Euro aufgebraucht.

Title:Effects of the Flat Withholding Tax on Capital Allocation – Suggestions for Reform

Abstract:The flat tax was introduced in Germany in 2009. It is imposed on income from portfolio investment, such as interest and dividends, but also on gains from stock sales. As this paper shows, the tax causes a massive distortion of after-tax returns in favour of debt capital. The financing structure of companies will therefore change in favour of debt capital. The tax discriminates German investors against foreign investors and the profitability of equity decreases strongly. The withholding tax has serious conceptual weaknesses that cause a massive misallocation of capital and thus a lasting damage to growth in Germany. Several recommendations for the necessary amendments are outlined in the article.


DOI: 10.1007/s10273-012-1395-y

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