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Der internationale Handel ist für die deutsche Wirtschaft von sehr großer Bedeutung. Verlässliche Informationen über Aus- und Einfuhren bilden eine wichtige Basis für ökonomische Analysen auf gesamtwirtschaftlicher, sektoraler und regionaler Ebene. Die amtliche Statistik veröffentlicht hierzu regelmäßig Angaben zu den Werten von Exporten und Importen insgesamt sowie gegliedert nach Warengruppen und Ziel- bzw. Ursprungsländern. Diese aggregierten publizierten Angaben stellen eine wichtige Informationsgrundlage dar. Für wissenschaftliche Analysen zur internationalen Verflechtung werden aber statt dieser Aggregatdaten seit einigen Jahren verstärkt Daten für die am Handel beteiligten Akteure, d.h. für die auf Auslandsmärkten als Anbieter oder Nachfrager aktiven Firmen (Unternehmen bzw. Betriebe) verwendet.

Für Deutschland liegen Studien zum Außenhandel auf der Basis umfassender Mikrodaten aus der amtlichen Statistik bisher vor allem für die Exporte der Firmen des Verarbeitenden Gewerbes vor.1 Daneben gibt es Untersuchungen zu den Importen dieser Firmen auf der Grundlage der Umsatzsteuerstatistik. Hierbei liegt allerdings nur die Information vor, ob ein Unternehmen in einem Jahr Waren importiert hat oder nicht, während der Wert dieser Importe nicht erfasst ist.2 Für Firmen aus dem Sektor der unternehmensnahen Dienstleistungen liegen Analysen zu den Exportaktivitäten mit den Daten aus der Strukturerhebung im Dienstleistungssektor vor.3

Die in diesen Arbeiten verwendeten Firmendaten haben eines gemeinsam: Man kann aus ihnen erkennen, wer international handelt und im Fall der Exporte auch den Wert der gehandelten Waren – es liegen aber keine Informationen darüber vor, welche Waren gehandelt werden und aus welchen Ländern sie importiert bzw. in welche Länder sie exportiert werden. Diese Informationen gibt es für den Warenhandel4 in der Außenhandelsstatistik. Dort wird in der Intrahandelsstatistik der Warenverkehr mit Ländern der EU erfasst; hierbei gilt für Meldungen eine Freigrenze von 400 000 Euro. Die Extrahandelsstatistik erfasst den Warenhandel mit Drittländern (ab einem Wert von 1000 Euro je Lieferung).5

Die Informationen der Außenhandelsstatistik bilden die Basis für Berichte über den Außenhandel nach Ländern und nach Gütern. Eine Aufbereitung dieser Informationen für die am Außenhandel beteiligten Akteure (exportierende bzw. importierende Unternehmen) ist erstmals für das Berichtsjahr 2009 verfügbar. Für jedes im Export oder/und im Import aktive Unternehmen liegen damit – soweit die genannten Erfassungsgrenzen überschritten wurden – Informationen über die international gehandelten Güter, das Sitzland der Handelspartner und den Wert der grenzüberschreitenden Transaktionen vor. Der vorliegende Beitrag nutzt diese Daten zur Dokumentation von Fakten über exportierende und importierende Unternehmen in Deutschland, die bisher nicht bekannt waren und die für ein Verständnis des internationalen Warenhandels sehr wichtig sind.6

Viele Unternehmen exportieren und importieren gleichzeitig

2009 sind in der Außenhandelsstatistik 109 200 am internationalen Warenhandel beteiligte deutsche Unternehmen erfasst. Die Hälfte dieser Firmen ist gleichzeitig als Exporteur und als Importeur aktiv, rund 30% importieren und rund 20% exportieren (vgl. Tabelle 1). Zahlreiche Exporteure konzentrieren sich auf die Ausfuhr einer kleinen Anzahl von Waren. Knapp ein Viertel dieser Unternehmen exportiert nur ein einziges Gut, rund die Hälfte bis zu vier Güter und zwei Drittel bis zu acht Güter.7 Bei den Importeuren ist diese Konzentration auf wenige gehandelte Güter ähnlich stark ausgeprägt (vgl. Tabelle 2). Neben diesen Unternehmen mit nur wenigen unterschiedlichen aus- oder eingeführten Waren gibt es aber auch zahlreiche Firmen mit einer breiten Palette an international gehandelten Gütern. Der Anteil der Unternehmen mit zehn und mehr unterschiedlichen Waren beträgt bei den Exporteuren rund 30% und bei den Importeuren rund 40%. Die Unternehmen mit den meisten exportierten bzw. importierten Waren handeln mit jeweils mehr als 8000 verschiedenen Gütern.

Auch bei den Zielländern der Exporte bzw. bei den Ursprungsländern der Importe ist bei sehr vielen Unternehmen eine Konzentration der Handelspartner auf wenige Länder zu beobachten. Mehr als die Hälfte der Firmen exportiert in fünf oder weniger Länder bzw. importiert aus höchstens drei Ländern (vgl. Tabelle 2). Wiederum gibt es aber auch hier zahlreiche Unternehmen mit Handelspartnern in sehr vielen Ländern. Rund ein Drittel aller Exporteure und rund ein Fünftel aller Importeure hat Abnehmer bzw. Lieferanten in zehn oder mehr Ländern. An der Spitze stehen Unternehmen mit mehr als 200 verschiedenen Ziel- bzw. Ursprungsländern.

Exporte und Importe sind hoch konzentriert

In Deutschland gibt es nach den hier dokumentierten Fakten eine große Anzahl von exportierenden und importierenden Unternehmen; Tausende davon handeln international mit zahlreichen unterschiedlichen Waren und mit Partnern in vielen Ländern. Ein kleiner Bruchteil dieser Unternehmen ist dabei von entscheidender Bedeutung für den Außenhandel insgesamt, denn sowohl die Exporte als auch die Importe sind hoch konzentriert. Die jeweils gemessen am Wert der Ausfuhren bzw. Einfuhren größten 100 Unternehmen haben einen Anteil am gesamten Handel von fast 50% (vgl. Tabelle 3). Mehr als 85% der Exporte und knapp 80% der Importe werden dabei von Unternehmen getätigt, die gleichzeitig zehn oder mehr unterschiedliche Waren mit Partnern in zehn oder mehr unterschiedlichen Ländern handeln.

Tabelle 1
Exportierende und importierende Unternehmen in Deutschland 2009
Unternehmenstyp Firmen Anteil an allen international aktiven Unternehmen (%)
Exporteur oder Importeur 109 200 100,0
Exporteur 75 493 69,1
Importeur 88 798 81,3
Nur Exporteur 20 402 18,7
Nur Importeur 33 707 30,9
Exporteur und Importeur 55 091 50,4

Quelle: Forschungsdatenzentrum der statistischen Ämter des Bundes und der Länder: Außenhandelsstatistik, 2009; eigene Berechnungen.

Tabelle 2
Export- und Importaktivitäten nach Zahl der Waren bzw. der Länder
  Exporte Importe
  Firmen Kumulierte Anteile (%) Firmen Kumulierte Anteile (%)
Waren
1 17 767 23,62 15 288 17,25
2 10 025 36,94 9 426 27,88
3 6 602 45,72 6 869 35,63
4 4 816 52,12 5 254 41,55
5 3 599 56,90 4 226 46,32
6 2 998 60,89 3 622 50,41
7 2 381 64,06 3 100 53,90
8 2 036 66,76 2 713 56,96
9 1 714 69,04 2 437 59,71
10 und mehr 23 291 100,00 35 716 100,00
Insgesamt 75 229   88 651  
Länder
1 17 436 23,96 23 980 28,27
2 8 335 35,42 12 801 43,36
3 5 205 42,57 8 574 53,47
4 3 794 47,78 6 197 60,78
5 3 018 51,93 4 860 66,51
6 2 588 55,49 3 911 71,12
7 2 267 58,60 3 320 75,03
8 2 033 61,40 2 712 78,23
9 1 828 63,91 2 343 80,99
10 und mehr 26 261 100,00 16 121 100,00
Insgesamt 72 765   84 819  

Quelle: Forschungsdatenzentrum der statistischen Ämter des Bundes und der Länder: Außenhandelsstatistik, 2009; eigene Berechnungen.

Tabelle 3
Konzentration im Außenhandel 2009
Unternehmenstyp Anteile der größten Anteile am Handel der Unternehmen mit 10 und mehr gehandelten Waren und 10 und mehr Partnerländern
3 10 50 100
Unternehmen am Handel
Exporteure 19,7 30,7 42,2 48,1 85,79
Importeure 18,5 25,4 38,2 44,7 79,97

Quelle: Forschungsdatenzentrum der statistischen Ämter des Bundes und der Länder: Außenhandelsstatistik, 2009; eigene Berechnungen.

Ausblick

Die Auswertung der für Unternehmen aufbereiteten Transaktionsdaten aus der Außenhandelsstatistik macht sehr deutlich: Eine kleine Gruppe sehr großer Multi-Produkt- und/oder Multi-Partnerländer-Unternehmen prägt dominierend den deutschen Außenhandel mit Waren. Empirische Analysen von Exporten und Importen sollten ihnen daher besondere Aufmerksamkeit zukommen lassen. Eine direkte Identifikation dieser zentralen Akteure ist für Wissenschaftler mit diesen Daten nicht möglich, denn die Einzelangaben sind streng vertraulich und ein Rückschluss auf die Unternehmen ist damit nicht zulässig. Durch eine Verknüpfung der Angaben aus der Außenhandelsstatistik mit dem Unternehmensregistersystem (URS) und weiteren amtlichen Statistiken wird es aber zukünftig möglich sein, Eigenschaften dieser Unternehmen wie z.B. den Wirtschaftszweig und die Beschäftigtenzahl zu identifizieren und damit weitergehende empirische Analysen durchzuführen.

Erste Untersuchungen hierzu liegen bereits vor. Für Industrieunternehmen wurden Angaben zum Gesamtumsatz und zur Anzahl der Beschäftigten zu den Außenhandelsdaten hinzugefügt. Damit ist es möglich, für diese Unternehmen die Arbeitsproduktivität als Umsatz pro Beschäftigtem zu berechnen. Produktivität spielt in neueren theoretischen Modellen zu den internationalen Aktivitäten von Firmen und in ökonometrischen Studien hierzu eine zentrale Rolle.8 Bernard, Redding und Schott9 entwickeln ein theoretisches Modell mit Firmen, die mehrere Güter in mehrere Länder exportieren können, wobei sich die Firmen in ihrer Produktivität unterscheiden und die Produkte jeweils spezifische Attribute aufweisen, die sie zu unvollständigen Substituten aus der Sicht der Käufer machen. Der Export in jedes Land ist jeweils mit Fixkosten verbunden, und dies gilt auch für den Export jedes Gutes in einen Auslandsmarkt – man denke hierbei an die Notwendigkeit, sich vor Beginn der Exporttätigkeit mit relevanten rechtlichen Regelungen in jedem Zielland vertraut zu machen und für jedes Produkt notwendige Anpassungen (etwa eine Gebrauchsanweisung in der Landessprache) vorzunehmen. Je höher die Produktivität der Firmen ist, desto eher können sie die Fixkosten für den Export von mehr Produkten auf mehr Märkten tragen und dabei profitabel produzieren. Die Autoren zeigen modelltheoretisch, dass die Zahl exportierter Produkte und die Zahl der Zielländer positiv mit den Gesamtexporten, der Produktivität und der Höhe des Anteils des Exports des wichtigsten Gutes am Gesamtexport der Firma zusammenhängen. Sie finden für diese Implikationen des Modells empirische Evidenz mit Daten für amerikanische Firmen. Wagner10 zeigt in einer Replikation dieser Studie mit den hier vorgestellten Daten, dass dies auch (und in erstaunlich übereinstimmendem Maße) für deutsche Firmen zutrifft.

Neben Exporten sind auch Importe mit Fixkosten, die für jedes Ursprungsland und für jedes importierte Gut in unterschiedlichem Maße anfallen, verbunden. Wagner11 diskutiert theoretische Überlegungen und Ergebnisse empirischer Studien hierzu. Er verwendet die hier vorgestellten Daten dann für eine erste entsprechende Untersuchung für exportierende und importierende deutsche Industrieunternehmen. Das wichtigste Ergebnis lautet: Wie in den theoretischen Überlegungen betont sind Unternehmen gleicher Größe aus einem Industriezweig umso produktiver, je mehr unterschiedliche Güter sie exportieren oder importieren und mit je mehr Ländern sie internationalen Handel als Exporteure oder Importeure betreiben.

Dies zeigt, dass die neu verfügbaren detaillierten Daten über Export- und Importaktivitäten neue Fakten dokumentieren und für den Test von Hypothesen aus theoretischen Modellen genutzt werden können. Damit bilden sie eine wichtige Basis für tiefergehende empirische Untersuchungen. Darüber hinaus wird die dokumentierte dominierende Bedeutung, die Unternehmen, die viele Produkte mit vielen Ländern handeln, für den Außenhandel haben, dazu beitragen, dass in Zukunft dieser Typ von Firmen auch in theoretischen Modellen zur internationalen Firmentätigkeit eine sehr viel größere Rolle spielen wird.

Anmerkung: Alle Berechnungen wurden im Forschungsdatenzentrum des Statistischen Bundesamtes durchgeführt, in dem die vertraulichen Einzeldaten für wissenschaftliche Analysen genutzt werden können (vgl. www.forschungsdatenzentrum.de). Ich danke Christopher Gürke für die Aufbereitung der Daten und viele hilfreiche Hinweise.

  • 1 Vgl. als Übersichtsartikel J. Wagner: Exports and Firm Characteristics in Germany: A Survey of Empirical Studies (1991 to 2011), in: Applied Economics Quarterly (im Erscheinen); J. Wagner: International trade and firm performance: a survey of empirical studies since 2006, in: Review of World Economics, 148. Jg. (2012), H. 2, S. 235-267. Eine Beschreibung der amtlichen Firmendaten und der Zugangswege zu ihnen findet sich bei A. Malchin, R. Voshage: Official Firm Data for Germany, in: Schmollers Jahrbuch, 129. Jg. (2009), H. 3, S. 501-513.
  • 2 Vgl. zu diesen Daten A. Vogel, J. Wagner: Export und Import im Verarbeitenden Gewerbe, in: Wirtschaftsdienst, 90. Jg. (2010), H. 12, S. 848-850.
  • 3 Vgl. z.B. A. Vogel, J. Wagner: Exports and Profitability – First Evidence for German Business Services Enterprises, in: Applied Economics Quarterly, 56. Jg. (2010), H. 1, S. 7-30.
  • 4 Vgl. für den grenzüberschreitenden Handel mit Dienstleistungen die von der Deutschen Bundesbank erstellte Dienstleistungsbilanz.
  • 5 Vgl. zu den Details Statistisches Bundesamt: Qualitätsbericht Außenhandel, Januar 2011.
  • 6 Für den Intrahandel vgl. S. Allafi: Intrahandelsergebnisse nach Wirtschaftszweigen, in: Wirtschaft und Statistik, Juni 2011, S. 546-555.
  • 7 Ein Gut entspricht hierbei einer achtstelligen Nummer im Warenverzeichnis für die Außenhandelsstatistik. Die Fallzahlen zu Exporteuren bzw. Importeuren insgesamt unterscheiden sich zwischen Tabelle 1 und Tabelle 2 sowie zwischen den beiden Hälften in Tabelle 2, denn in Einzelfällen werden Angaben zur Ein- oder Ausfuhr von bestimmten Waren oder Angaben zu bestimmten Ursprungs- und Bestimmungsländern auf Antrag der Unternehmen geheim gehalten und die Transaktion wird nicht ausgewiesen.
  • 8 Vgl. J. Wagner: International trade ..., a.a.O.
  • 9 Vgl. A. B. Bernard, S. J. Redding, P. K. Schott: Multiproduct firms and trade liberalization, in: Quarterly Journal of Economics, 126. Jg. (2011), S. 1271-1318.
  • 10 Vgl. J. Wagner: German multiple-product, multiple-destination exporters: Bernard-Redding-Schott under test, in: Economics Bulletin, 32. Jg. (2012), S. 1708-1714.
  • 11 Vgl. J. Wagner: Trading many goods with many countries: Exporters and importers from German manufacturing industries, University of Lüneburg Working Paper Series in Economics, Nr. 243, Juni 2012.

Beitrag als PDF


DOI: 10.1007/s10273-012-1409-9