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Die deutsche Wirtschaft hat sich nach der Schwächephase im Winterhalbjahr 2012/2013 wieder erholt und ist zum Wachstum zurückgekehrt. Im zweiten Quartal ist das Bruttoinlandsprodukt gegenüber dem Vorquartal mit 0,7% kräftiger gewachsen. Der außergewöhnlich kalte Winter 2012/2013 hatte zu Produktionseinschränkungen geführt, so dass Nachholeffekte das Wachstum zunächst überzeichneten. Das etwas geringere Wachstum mit einer Vorquartalsrate von 0,3% im dritten Quartal stellt lediglich eine Normalisierung der konjunkturellen Aufwärtsbewegung dar. Dabei kamen die Wachstums­impulse zuletzt ausschließlich von der Binnenkonjunktur. Die inländische Nachfrage lieferte einen Wachstumsbeitrag von 0,7 Prozentpunkten. Dabei haben sich die Unternehmensinvestitionen weiter stabilisiert und konnten im letzten Quartal erneut ein wenig zum Wachstum beitragen. Vor allem aber hat sich die positive Grundtendenz der Bautätigkeit fortgesetzt. Negative Effekte kamen hingegen vom Außenhandel. Zwar steigen auch die Exporte nach einem Rückgang zu Beginn des Jahres wieder, aber die Importe nahmen – dank der guten Binnenkonjunktur – noch stärker zu, so dass der Außenbeitrag insgesamt mit -0,4 Prozentpunkten am Wachstum beteiligt war.

Frühindikatoren weisen darauf hin, dass sich die konjunkturelle Aufwärtsbewegung auch im vierten Quartal fortsetzt. So ist der ifo-Geschäftsklimaindex im November wieder kräftig gestiegen und zeigt nun seit sechs Monaten nach oben. Auch die Auftragseingänge in der Industrie und besonders im Wohnungsbau haben sich zuletzt positiv entwickelt und deuten an, dass die Produktion zum Ende des Jahres weiter zunimmt.

Abbildung 1
Preisbereinigtes BIP in Deutschland
Saison- und arbeitstäglich bereinigt mit Census-Verfahren X-12-Arima
33837.png

1 Veränderung gegenüber dem Vorquartal in %, auf Jahresrate hochgerechnet, rechte Skala.
2 Zahlenangaben: Veränderung gegenüber dem Vorjahr in %.

Quellen: Statistisches Bundesamt; ab 2013 Prognose des HWWI.

Die Lage in diesem Jahr

Der Arbeitsmarkt zeigte sich das ganze Jahr über in guter Verfassung. So waren die Unternehmen trotz der zeitweiligen konjunkturellen Schwäche, da sie diese für nur vorübergehend erachteten, bestrebt, ihre Beschäftigung aufrechtzuerhalten. Die angemessene Lohnpolitik in den vergangenen Jahren hat die Beschäftigungsentwicklung zusätzlich gestützt. Die Zahl der Beschäftigten ist im bisherigen Jahresverlauf um 0,6% gegenüber dem Vorjahr gestiegen und hat im September zum ersten Mal seit der Wiedervereinigung die 42-Millionen-Marke überschritten. Die Zahl der Arbeitslosen erhöhte sich trotz gewisser Sondereffekte nur geringfügig und betrug zuletzt saisonbereinigt knapp 3 Mio. Vor allem die Zunahme des Erwerbspersonenpotenzials hat zu dieser auf den ersten Blick eher gegensätzlichen Entwicklung geführt. Die Zuwanderung aus den krisengeschüttelten Peripherieländern der Eurozone, aber auch die Erhöhung der Erwerbsquoten von Frauen und älteren Erwerbspersonen sind hier als Gründe zu nennen.

Der Anstieg der Verbraucherpreise war in den letzten Monaten vergleichsweise gering, wesentlich ist dies auf die wieder gesunkenen Preise für Mineralölprodukte zurückzuführen. Außerdem hat sich der starke Anstieg der Nahrungsmittelpreise zu Beginn des Jahres weiter abgeschwächt. Die monatlichen Tarifverdienste haben im letzten Quartal wieder etwas stärker zugenommen. Mit einer Vorjahresrate von 2,5% lagen sie deutlich über der Inflationsrate (zuletzt 1,3%) und führten somit zu Kaufkraftgewinnen bei den privaten Haushalten. Insgesamt haben die positive Beschäftigungsentwicklung und die steigenden Löhne, bei gleichzeitig geringem Preisanstieg zu einer kräftigen Erhöhung des privaten Konsums beigetragen.

Die konjunkturelle Belebung spiegelt sich nunmehr in den Unternehmensinvestitionen wider. Diese sind im zweiten und im dritten Quartal wieder gestiegen, nachdem sie sechs Quartale in Folge zurückgegangen waren. Die Unsicherheit hinsichtlich der Schuldenkrise in der Eurozone hatte zu Investitionszurückhaltungen bei den Unternehmen geführt, mit einem Rückgang dieser Verunsicherungen haben auch die Investitionen wieder zugenommen. Positive Beiträge kamen auch weiterhin aus dem Bereich des Wohnungsbaus. Hier haben die derzeit extrem niedrigen Zinsen und die Unsicherheit auf den Finanzmärkten Immobilien als sicherere Geldanlage attraktiv gemacht und die Wohnungsbauinvestitionen angetrieben.

Gebremst wurde das Wachstum in diesem Jahr von der Entwicklung des Außenhandels. Die relativ schwache Zunahme der Exporte ist auf die geringere Nachfrage aus den Schwellenländern, die Krise bei wichtigen Handelspartnern im Euroraum und die Verschlechterung der preislichen Wettbewerbsfähigkeit zurückzuführen. Der Euro hat seit Mitte letzten Jahres deutlich aufgewertet und der im Vergleich zu den meisten anderen Euroländern höhere Anstieg der Löhne hat zu einer Verschlechterung der Wettbewerbsfähigkeit geführt.

Die Ankündigung der EZB, im Notfall unbegrenzt Staatsanleihen aufzukaufen, hatte zu Beginn des Jahres zu einer Beruhigung an den Finanzmärkten geführt. Auch wenn infolgedessen zunächst keine positiven Signale in der Realwirtschaft zu erkennen waren, haben sich die Stimmungsindikatoren seitdem deutlich verbessert. Inzwischen sind auch in der Realwirtschaft Anzeichen einer allmählichen Belebung zu beobachten. Nach nun fast zwei Jahren hat der Euroraum seinen Weg aus der Rezession gefunden. Insgesamt hat sich die Weltwirtschaft dieses Jahr festigen können.1

Tabelle 1
Eckdaten für Deutschland
Veränderung gegenüber dem Vorjahr in %
  2011 2012 2013 2014
Bruttoinlandsprodukt1 3,3 0,7 0,5 1,7
  Private Konsumausgaben 2,3 0,8 0,9 1,4
  Staatliche Konsumausgaben 1,0 1,0 0,6 1,3
  Anlageinvestitionen 6,9 -2,1 -0,9 4,5
    Ausrüstungen 5,8 -4,0 -1,8 5,4
    Bauten 7,8 -1,4 -0,4 3,7
    Sonstige Anlagen 5,1 3,4 1,0 6,0
Inlandsnachfrage 2,8 -0,3 0,8 1,7
  Ausfuhr 8,0 3,2 0,3 5,4
  Einfuhr 7,4 1,4 1,0 5,9
Arbeitsmarkt        
  Erwerbstätige 1,4 1,1 0,6 0,5
  Arbeitslose (in Mio.) 2,98 2,90 2,95 2,87
  Arbeitslosenquote2 (in %) 6,8 6,5 6,6 6,4
Verbraucherpreise 2,0 2,0 1,5 1,8
Finanzierungssaldo des Staates (in % des BIP) -0,8 0,1 0,1 0,2
Leistungsbilanzsaldo3 (in % des BIP) 6,2 7,0 7,0 6,8

1 Preisbereinigt.

2 Arbeitslose in % der inländischen Erwerbspersonen (Wohnortkonzept).

3 In der Abgrenzung der Zahlungsbilanzstatistik.

Quellen: Statistisches Bundesamt; Deutsche Bundesbank; Bundesagentur für Arbeit; ab 2013: Prognose des HWWI.

Ausblick

Nachdem sich die konjunkturelle Entwicklung 2013 stabilisieren konnte, sind die Voraussetzungen für einen moderaten Aufschwung im nächsten Jahr gegeben. Insgesamt rechnen wir für 2013 nach wie vor mit einem moderaten Wirtschaftswachstum von 0,5%. Die geringe jahresdurchschnittliche Wachstumsrate ergibt sich insbesondere aufgrund des negativen Überhangs, mit dem Deutschland in dieses Jahr gestartet ist. So lag das preis- und saisonbereinigte Bruttoinlandsprodukt Ende 2012 leicht unter dem Jahresdurchschnitt von 2012. Im nächsten Jahr sollte sich das Expansionstempo etwas beschleunigen, so dass das Bruttoinlandsprodukt im Vorjahresvergleich mit 1,7% deutlich zunehmen wird. Dabei wird davon ausgegangen, dass sich die Konjunktur im Euroraum weiter festigt und die Schuldenkrise nicht wieder aufflammt. Die Reformbemühungen in den Krisenländern werden trotz der verringerten Unsicherheit auf den Finanzmärkten nicht nachlassen. Außerdem wird angenommen, dass sich der Kongress in den USA Anfang nächsten Jahres auf eine erneute Anhebung der Schuldenobergrenze einigt. Die zurzeit sehr expansive Geldpolitik der wichtigsten Zentralbanken der Industrieländer wird unverändert fortgeführt. Die Europäische Zentralbank hält an ihrer „Forward Guidance“ fest und betont, dass sie die Zinsen über „einen längeren Zeitraum“ auf dem aktuellen oder gegebenenfalls sogar auf einem niedrigeren Niveau sieht. Folglich sollte der expansive Kurs noch weit ins nächste Jahr Bestand haben. Unter diesen Bedingungen wird sich die Weltwirtschaft weiter stabilisieren und im nächsten Jahr an Fahrt aufnehmen. Impulse aus dem Ausland werden zukünftig wieder eine größere Rolle für Deutschland spielen. Insgesamt sollte die deutsche Wirtschaft im nächsten Jahr sowohl von der Binnenkonjunktur als auch von der Außenwirtschaft positive Impulse erhalten. Dieser Prozess könnte sich auch 2015 fortsetzen und zu Wachstumsraten auf ähnlichem Niveau wie 2014 führen.

Nach dem leichten Anstieg der Arbeitslosenzahlen im bisherigen Jahresverlauf sollte sich im nächsten Jahr mit anziehender Konjunktur die Lage auf dem Arbeitsmarkt verbessern. 2014 werden mit durchschnittlich 2,87 Mio. Personen etwas weniger Personen arbeitslos sein. Das Beschäftigungswachstum sollte sich mit zunehmender Auslastung der Produktionskapazitäten fortsetzen, so dass die Zahl der Erwerbstätigen mit einer Vorjahresrate von 0,5% ähnlich wie dieses Jahr zunehmen wird. Die Lohn- und Gehaltsrunde 2013 deutet darauf hin, dass sich der Lohnanstieg nächstes Jahr in ähnlichem Tempo fortsetzen wird. Gleichzeitig sollte der Preisdruck mit Beschleunigung der Konjunktur und steigenden Löhnen leicht zunehmen. Mit 1,8% wird der Anstieg der Verbraucherpreise aber weiterhin unter der 2%-Stabilitätsmarke bleiben. Die sich fortsetzende Zunahme der Realeinkommen spricht dafür, dass der private Konsum auch 2014 eine wichtige Stütze des Wirtschaftswachstums bleibt. Mit einer Vorjahresrate von 1,4% wird er sogar stärker steigen als dieses Jahr.

Die Investitionstätigkeit der Unternehmen wird unter diesen konjunkturellen Bedingungen nächstes Jahr wieder an Fahrt aufnehmen. Dafür sprechen die weiterhin günstigen Finanzierungsbedingungen, die verringerte Unsicherheit im Euroraum und die anziehende Weltkonjunktur. Infolgedessen sollten sich die Absatzperspektiven der Unternehmen verbessern und deren Investitionszurückhaltung abnehmen. Neben Ersatzinvestitionen werden Erweiterungsinvestitionen mehr und mehr eine Rolle spielen. Nach einem Rückgang in diesem Jahr (-0,9%) sollten sich die Ausrüstungsinvestitionen 2014 mit einer Vorjahresrate von 4,5% deutlich erhöhen. Die niedrigen Zinsen, die gute Arbeitsmarktsituation und steigende verfügbare Einkommen sollten 2014 auch den Wohnungsbau weiter stützen. Hohe Auftragsbestände und zunehmende Baugenehmigungen sprechen für eine Ausweitung sowohl der privaten als auch wieder der öffentlichen Bauinvestitionen.

Mit anziehender Weltkonjunktur und dabei nicht zuletzt Erholung im Euroraum sollten die Exporte nächstes Jahr kräftiger expandieren. Etwas gebremst wird dieser Effekt durch die Verschlechterung der preislichen Wettbewerbsfähigkeit. Diese sollte sich auch im nächsten Jahr fortsetzen, wenn auch weniger ausgeprägt. Die Exporte werden mit einer Vorjahresrate von 5,4% im Vergleich zu diesem Jahr (0,3%) sehr viel kräftiger steigen. Die Importe werden ähnlich stark wie in diesem Jahr expandieren. Insgesamt wird sich dann ein positiver Effekt des Außenbeitrages ergeben. Der Leistungsbilanzüberschuss sollte sich bei dieser Entwicklung im nächsten Jahr leicht erhöhen. In Relation zum Bruttoinlandsprodukt, das 2014 im Vergleich hierzu kräftiger wachsen wird, wird der Überschuss mit 6,8% aber etwas geringer ausfallen als noch in diesem Jahr (7%).

Der Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD ist ausgehandelt. Sollte die Regierungsbildung erfolgreich sein, ist damit zu rechnen, dass der Staatskonsum im nächsten Jahr anziehen wird. Auf der Ausgabenseite ergeben sich im Vergleich zum letzten Jahr deutlich kräftigere Zuwächse. Mit einer Vorjahresrate von 2,5% sollte der Anstieg in den nächsten beiden Jahren auf gleichem Niveau liegen. Vor allem die Ausgaben für monetäre Sozialleistungen sollten kräftig wachsen. So wurden z.B. die Leistungen für demenzkranke Pflegebedürftige und die Honorare für niedergelassene Ärzte erhöht. Einmaleffekte wie die Abschaffung der Praxisgebühr, die Ausweitung der Leistungen in der Pflegeversicherung und dem Betreuungsgeld spielen im nächsten Jahr nur noch eine untergeordnete Rolle. Die Staatseinnahmen sollten nach 2,7% in diesem Jahr im nächsten Jahr stärker, nämlich um 2,9%, zunehmen. Hierbei profitiert der Staat unter anderem von der kalten Progression. Bei steigender Beschäftigung und wachsender Bruttolohn- und Gehaltssumme ergibt sich so automatisch ein erhöhtes Steueraufkommen. Gedämpft wird dieser Effekt für die Steuerzahler lediglich von der erneuten Erhöhung des Grundfreibetrages bei der Einkommensteuer. Insgesamt wird der gesamtwirtschaftliche Finanzierungssaldo sowohl dieses als auch nächstes Jahr leicht positiv sein. Die Schuldenstandsquote wird sich deshalb auch wegen des stärkeren Wirtschaftswachstums in Relation zum Bruttoinlandsprodukt von 78,9% in diesem auf 76% im kommenden Jahr verringern.

Risiken bei den Annahmen

Einige Annahmen, die hier zugrunde gelegt wurden, sind mit Risiken behaftet. Sofern sich hier andere Entwicklungen ergeben, müsste entsprechend auch die Prognose angepasst werden. Insbesondere die wirtschaftliche Entwicklung in einigen Mitgliedsländern des Euroraumes steht noch immer auf „wackeligen Beinen“. Zudem könnte die bisherige Beruhigung auf den Finanzmärkten und die Verbesserung der Stimmungsindikatoren dazu führen, dass einige Regierungen in ihren Bemühungen bezüglich dringend notwendiger Reformen und ihrer Haushaltskonsolidierung nachlassen. Auch in den USA gibt es Risiken. Sollte sich der Kongress im Januar nicht auf eine neuerliche Anhebung der Schuldenobergrenze einigen, wären erhebliche Ausgabenkürzungen notwendig. Dies hätte nicht nur negative Folgen für die USA, sondern auch für die Weltwirtschaft. Außerdem verunsichert die Frage, wann die Federal Reserve mit dem sogenannten „Tapering“ beginnt und ihre Anleihekäufe verringert. In den USA wie auch in Europa besteht ein gewisses Risiko, dass ein schlecht kommunizierter Ausstieg aus der unkonventionellen Geldpolitik zu einer erneuten Verunsicherung auf den Finanzmärkten führen könnte. Inzwischen wäre es aber auch möglich, dass die Strukturanpassungen im Euroraum zu einer deutlich schnelleren Erholung führen, als hier unterstellt. Dann würden sich über den Außenhandel stärkere positive Effekte für die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland ergeben. Binnenwirtschaftlich stellt die noch nicht abgeschlossene Regierungsbildung ein Risiko dar. Sofern der Koalitionsvertrag in der vorliegenden Form umgesetzt wird, ergeben sich Unsicherheiten für die öffentlichen Finanzen und die preisliche Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands.

  • 1 Vgl. M. Bräuninger: Die Entwicklung der Weltwirtschaft 2014, in: Wirtschaftsdienst, 93. Jg. (2013), H. 12, S. 871 ff.


DOI: 10.1007/s10273-013-1615-0