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Die Energieversorgung in Deutschland steht einerseits vor der Aufgabe, die Energiewende mit einem sicher funktionierenden Energie- und Stromversorgungssystem zu meistern. Andererseits sind die Energieversorgungsunternehmen auch selbst dem Klimawandel ausgesetzt. Der im Institut der deutschen Wirtschaft entwickelte Klimarisiko-Indikator gibt Aufschluss über die Risiken der einzelnen Energieträger vor und nach der Energiewende.

Die Reaktorkatastrophe im japanischen Fukushima als Folge des außergewöhnlich starken Seebebens am 11.3.2011 hat sehr deutlich gezeigt: Die Energieerzeugung und -verteilung ist Einflüssen der Natur ausgesetzt, und die Politik reagiert auf das Zusammenspiel von Natur und Energiebereitstellung mit der Einführung oder Änderung von Gesetzen und Verordnungen, die nicht zuletzt die Zusammensetzung der Primärenergieträger steuert.

Wie der Abbau von Energierohstoffen und die Energieumwandlung die Umwelt beeinflusst, ist ein intensiv bearbeitetes Forschungsfeld. Eine große Zahl von Veröffentlichungen der letzten Jahre beschäftigt sich mit den Einflüssen der Emission von Treibhausgasen auf den Klimawandel und mit den Möglichkeiten, das Klima unter anderem im Prozess der Erzeugung von Elektrizität zu schützen bzw. weniger als bisher zu beeinträchtigen. Schließlich liefert die Stromerzeugung den mit Abstand größten Einzelbeitrag zur Freisetzung von CO2 und anderen Klimagasen. In Deutschland waren es 2010 über 40%.1 Doch auch der Energiesektor selbst wird durch den fortschreitenden Klimawandel beeinträchtigt. Diese Einflüsse auf die Energieversorgung in Deutschland werden hier dargestellt, und aus deren Summe wird ein Klimarisiko-Indikator entwickelt, mit dem sich die Auswirkungen der Klimaänderungen in Abhängigkeit von Änderungen im Energiemix analysieren lassen.

Klimawandel und Klimaszenarien – energieversorgungsrelevante Entwicklungen

Grob betrachtet bedeutet der Klimawandel für Deutschland eine ganzjährige Erhöhung der Temperaturen und eine tendenzielle Verlagerung der Niederschläge vom Sommer in den Winter. Hinzu kommen Extremwetterereignisse wie – weniger eindeutig prognostizierbare – Stürme und Starkregen, aber auch Hitze- und Dürreperioden, jeweils mit Auswirkungen auf den Wasserhaushalt. Die Sonnenscheindauer und die Windstärken vergrößern sich in nur geringem Umfang. Das Ausmaß dieser Entwicklungen ist jedoch nicht überall in Deutschland gleich.2 Die mittlere Lufttemperatur wird voraussichtlich im Süden und im Osten stärker steigen als im Nordwesten. Eine Zunahme heißer Tage ist im Süden deutlich wahrscheinlicher als im Norden und in der Mitte Deutschlands. An der Küste, aber auch im Vogtland und im Allgäu ist im Gegensatz zum landesweiten Trend in den Sommermonaten mit einer Zunahme von niederschlagsreichen Tagen zu rechnen, während der Sommerniederschlag insgesamt abnehmen wird, im Westen stärker als im Osten. Dies zeigt, dass zur Planung von Vorkehrungen kleinräumige Untersuchungen sinnvoll sind. Darüber hinaus ist zu bedenken, dass wegen der vielfältigen und intensiven Verflechtungen mit dem Ausland der Klimawandel außerhalb der Landesgrenzen spürbare Rückwirkungen in Preis- und Mengengefügen, auf Innovationen und vielleicht auch in Form von Migration haben wird. Künftig wird es auch in Deutschland einen wachsenden Anpassungsbedarf geben.3

Der so skizzierte Klimawandel und seine Folgen sind für die Energiewirtschaft bedeutsam, und zwar differenziert nach Energieträgern, den Nutzungsformen Wärme und Elektrizität sowie den Stufen vom Abbau von Energierohstoffen bis zur Nutzung.4 Die Infrastruktur ist vor allem durch Stürme gefährdet: Die Windlasten an Stromleitungen nehmen zu, und umknickende Bäume können auf Straßen und Schienen fallen. Hagel kann die Produktion von Biomasse bedrohen. Ein Mangel an Kühlwasser in heißen Sommern verbunden mit Vorschriften, die auf eine Maximaltemperatur von Fließgewässern zur Sicherung der Wasserqualität zielen, stellt ein schwerwiegendes Problem für thermische Kraftwerke dar, sofern sie über keine Kühltürme verfügen.5 Bei hohen Temperaturen verringert sich darüber hinaus die Leitungskapazität von Stromleitungen. Diese Einflüsse und daraus entwickelte Veränderungsmaße werden hier dargestellt. Es wird gefragt, ob ein deutlich stärkeres Gewicht erneuerbarer Energien im deutschen Energiemix die klimabedingten Versorgungsrisiken vergrößern oder verringern wird.

Methodik und Ergebnisse der Befragung

Datengrundlage für die Untersuchung waren Experteninterviews. Das Leitfadeninterview als Werkzeug der qualitativen Sozialforschung bietet sich für die vorliegende Forschungsfrage an, weil es durch sein exploratives Vorgehen viele Einblicke in das Themenfeld mit seinen ex ante nicht genau vorherzusagenden Problemstellen bietet und weil vielfältigere Erkenntnisse erzielt werden können, als dies bei einer standardisierten Befragung möglich wäre.6 Vorteilhaft ist zudem die Möglichkeit, Rückfragen zu stellen. Mit 14 Experten wurden zu den wichtigsten Rohstoffen sowie zu Kraftwerkstechnologien und Netzen Leitfadeninterviews durchgeführt. Die befragten Personen wurden aufgrund von Empfehlungen renommierter Forschungsinstitute und Lehrstühle ausgewählt. Die Stichprobe wurde auf der Grundlage rein theoretischer Überlegungen gezogen, da die Studie fachliche Zusammenhänge eruieren soll.

In den Leitfadeninterviews wurden die ausgewählten Experten telefonisch zu Energiegewinnungsprozessen und zu den jeweiligen Einflussstärken des klimatischen Wandels befragt. Der Leitfaden für die Interviews umfasste für jede behandelte Energiequelle folgende Stufen der Wertschöpfungskette: 1. Abbau und Verfügbarkeit von Rohstoffen, 2. Transport, 3. Energieumwandlung, 4. Netze/Verteilung.

Die Experten wurden gebeten, für diese Stufen die erwarteten Auswirkungen des Klimawandels bezüglich des jeweiligen Energierohstoffs zu beschreiben. Weiterhin sollten sie anhand einer Skala die Gefährdung unterschiedlicher Ressourcen auf den einzelnen Stufen der Wertschöpfungskette bewerten. Da der Klimawandel nicht nur negative, sondern durchaus auch positive Folgen auf die Energieversorgung haben kann, wurden die verschiedenen Einflüsse des Klimawandels jeweils nach Risiken und Potenzialen unterschieden. Dabei gelten durch die Auswirkungen des Klimawandels potenziell auftretende Probleme, die auf den einzelnen Wertschöpfungsstufen zusätzliche Kosten verursachen, als Risiken, während Potenziale dort entstehen, wo beispielsweise durch das Abtauen von Gletschern der Zugang zu Rohstoffen leichter wird.

Nach dem Vorliegen aller von den Experten genannten Einflussstärken wurde ein Ranking auf einer Skala von -5 (große Risiken durch den Klimawandel) bis +5 (große Potenziale durch den Klimawandel) vorgenommen, wobei auf eine Vergleichbarkeit der Codierung anhand der einzelnen zusätzlich erfragten Beschreibungen geachtet wurde. Auf diese Weise lassen sich die jeweiligen Einflussstärken des Klimawandels auf die Energieversorgung sowohl nach den verwendeten Rohstoffen als auch nach den Stufen im Produktionsprozess getrennt betrachten. Die Ergebnisse wurden Ende 2011 den Teilnehmern eines Workshops zur klimasicheren Energieversorgung mit Wissenschaftlern und Praxisvertretern der Energiewirtschaft vorgelegt und diskutiert. Die Diskussion führte zu dem Ergebnis, dass die Ratings in zwei Punkten leicht modifiziert wurden. Im Folgenden werden die Ergebnisse der Experteninterviews und die Modifikationen aufgrund des Workshops dargestellt.

Abbau und Verfügbarkeit

Für fossile Energiequellen stellen die Folgen des Klimawandels beim Abbau der Rohstoffe laut Expertenaussagen häufiger eine Chance als eine Bedrohung dar. Während die Förderung von Erdöl und Erdgas onshore durch den Klimawandel kaum beeinflusst werde, würden mit dem Abtauen von Packeis im Offshore-Bereich bislang unzugängliche Quellen nutzbar. Ein geringeres Risiko sei der Anstieg des Meeresspiegels. Auf lange Sicht müssen Offshore-Plattformen angehoben werden. Insgesamt werden die Risiken des Klimawandels auf den Abbau von Erdöl und Erdgas von Experten als gering eingestuft.

Ein weiterer Energieträger, dem künftig eine bedeutendere Rolle bei der Energieversorgung zukommen soll, ist am Meeresboden lagerndes Methan in Hydratform. Beim Abbau von Methanhydrat werden durch den Klimawandel keine zusätzlichen Komplikationen erwartet. Stattdessen werden größere Vorkommen durch den Rückgang der Eisflächen – ähnlich wie bei Öl und Gas – noch besser zugänglich. Der gezielte Abbau von Methanhydrat bietet zudem die Chance, der Freisetzung großer Methanhydratvorkommen durch die Erwärmung des Meeresbodens zuvorzukommen und so einer Beschleunigung des Klimawandels entgegenzuwirken. Da die Fördertechnik weitgehend der von Erdöl und Erdgas entspricht, erwarten die Spezialisten auch hier keine größeren klimawandelbedingten Probleme. Grundsätzlich rechnen die Befragten nur mit geringen klimabedingten Ertragsschwankungen von Erdöl, Erdgas und Methanhydrat. Sollten Engpässe auftreten, werde es möglich sein, diese mithilfe der bestehenden Infrastruktur auszugleichen.

Der Abbau von Steinkohle in Deutschland wird durch den Klimawandel weder negativ noch positiv beeinflusst. Angesichts der hohen Bedeutung von Rohstoffimporten wird es jedoch als wichtig eingestuft, die möglichen Einflüsse des Klimawandels auf die Weltproduktion zu beachten. Beispielsweise kam es Anfang 2011 zu einem deutlichen Anstieg der Weltmarktpreise für Kohle, nachdem eine verheerende Flut in Australien große Kohleminen unter Wasser setzte. Der Abbau von Kohle wird zwar langfristig nicht in Deutschland, aber durchaus in anderen Regionen der Welt durch den Klimawandel negativ beeinflusst werden.

Beim Abbau von Braunkohle ist im Tagebau bei längeren Trockenperioden eine verstärkte Staubentwicklung zu erwarten. Um eine Belästigung der Anwohner zu vermeiden, wird in diesen Fällen eine Befeuchtung der Braunkohle vorgenommen. Insgesamt dürften sich längere Trockenperioden jedoch positiv auf die Energiegewinnung aus Braunkohle auswirken, da sie in einem trockeneren Zustand bessere Verbrennungseigenschaften aufweist. Bei zu erwartenden Starkregen­ereignissen kann jedoch die Gefahr von Rutschungen im Tagebau zunehmen. Im Falle von klimabedingten Ertragsschwankungen werden die bestehenden Lager jedoch ausreichen, um Engpässe zu vermeiden.

Der Abbau von Uran für die Nutzung nuklearer Energie erfolgt ebenfalls größtenteils im Tagebau. Der Auswirkungen des Klimawandels auf die Gewinnung von Uran und daraus resultierende Engpässe werden als minimal eingestuft. Auch in der Vergangenheit gab es noch keine ernsthaften Störungen bei der Rohstoffgewinnung.

Biomasse für die Energiegewinnung wird zurzeit zum Großteil aus Pflanzen wie Mais gewonnen und nur zu einem geringen Anteil aus Abfallstoffen wie Gülle und Stroh. Aufgrund der Nutzungskonkurrenz zum Nahrungsmittelanbau und sonstiger stofflicher Nutzung soll der pflanzliche Anteil jedoch in Zukunft geringer werden. Es kann nach Experteneinschätzungen leicht zu Engpässen in der Produktion von Biomasse kommen, die jedoch in einem größeren Ausmaß auf Preisschwankungen auf den Weltmärkten zurückzuführen sind als auf die Folgen des Klimawandels. In der Vergangenheit mussten deswegen bereits kleinere Kraftwerke für kurze Zeit stillgelegt werden. Durch die sich wandelnde Niederschlagsverteilung und Extremwetterereignisse ist die Nutzung anbaubezogener Rohstoffe zwar vom Klimawandel betroffen. Da diese jedoch gut gelagert werden können, vermindert sich das Risiko.

Transport

Einflüsse des Klimawandels auf den Transport werden vor allem bei den Energieträgern erkennbar, die über den Seeweg transportiert werden. Dazu zählen neben Erdöl, Erdgas und Methanhydrat aufgrund einer hohen Importquote auch Steinkohle und Biomasse. Durch eine wachsende Zahl und eine stärkere Intensität von Stürmen kann es erfahrungsgemäß wegen Betriebsunterbrechungen zu erhöhten Kosten kommen. Ähnliches gilt für den Transport auf Flüssen: Bei niedrigen Pegeln infolge von Dürreperioden ist ihre Schiffbarkeit eingeschränkt. Der Klimawandel wirkt sich hier zwar eindeutig negativ aus, die Stärke der Effekte werden aber als gering bewertet.

Energieumwandlung

Bei der Betrachtung der Stromerzeugung vor dem Hintergrund des Klimawandels sind weniger die verarbeiteten Rohstoffe, sondern vielmehr die Kraftwerkstypen relevant. Die größte erkennbare Beeinträchtigung durch die Folgen des Klimawandels besteht bei Dampfkraftwerken, die für die Erzeugung von Elektrizität aus Erdöl, Erdgas, Methanhydrat, Steinkohle und für die Nutzung von Kernenergie verwendet werden. Sinkende Flusswasser- und Grundwasserpegel sowie steigende Fließgewässertemperaturen schränken die Verfügbarkeit von Kühlwasser in Hitzeperioden deutlich ein. In solchen Phasen müssen die Leistungen der Kraftwerke häufiger aus Naturschutzgründen gedrosselt oder abgeschaltet werden. Daher werden künftig stärkere saisonale Schwankungen der Stromproduktion aus den betroffenen Kraftwerken erwartet. Das Risiko bleibt jedoch in einem mittleren Bereich, da durch diese Extrembedingungen meist nur einzelne Kraftwerke betroffen sind und keine Gefährdung für die gesamte Stromversorgung besteht. Auf dem Workshop wurde diese Relativierung bekräftigt, gerade da immer mehr Kraftwerke über Kühltürme verfügen und es in Deutschland keine ähnlichen Risikocluster gäbe wie beispielsweise in Frankreich, wo am Unterlauf der Rhône mehrere Kernkraftwerke betrieben werden.

Bei Braunkohlekraftwerken spielt diese Kühlwasserproblematik eine geringere Rolle, da meist keine Flusswasserkühlung vorgenommen wird. Stattdessen erfolgt die Kühlung mit dem abgepumpten Wasser aus dem Tagebau. Bei erhöhten Außentemperaturen ist jedoch ein verringerter Wirkungsgrad zu erwarten, der zwar nicht sehr hoch, jedoch wirtschaftlich bemerkbar ist. Diese Wirkungsgradverringerungen spielen dagegen bei der Stromerzeugung aus Erdgas eine nennenswerte Rolle. Die Stromerzeugung durch Gaskraftwerke wird durch die Folgen des Klimawandels also stärker beeinflusst als bei anderen Kraftwerkstypen. Ein großer Vorteil von Gaskraftwerken ist jedoch die Möglichkeit, mit ihnen Engpässe in der Energieversorgung kurzfristig zu überbrücken.

Doch nicht nur die Gewinnung von Energie aus fossilen Energieträgern wird vom Klimawandel beeinflusst. Auch die erneuerbaren Energien unterliegen den Einflüssen des Klimawandels. Dabei weist die Sonnenenergie die größten Ertragsschwankungen auf. Während Photovoltaikanlagen auch bei bewölktem Himmel Energie liefern können, sind solarthermische Anlagen stärker von der Zahl der Sonnenstunden abhängig. Durch den Klimawandel erwarten die Experten für Deutschland geringere Leistungen dieser Anlagen in den Wintermonaten und höhere Leistungen in den Sommermonaten. Die Nutzung der Sonnenenergie kann mithin auf eine klimabedingte Nachfrageänderung reagieren: auf weniger Wärmebedarf im Winter und auf mehr Kühlbedarf im Sommer. Darüber hinaus werde es aufgrund der Variabilität des Wetters bei der Nutzung von Sonnenenergie im Laufe des Jahres zu Ertragsschwankungen von etwa 15% bei einzelnen Anlagen kommen. Von größerer Bedeutung sollen jedoch langjährige Ertragsschwankungen in der gleichen Größenordnung sein, die durch astronomische Effekte wie z.B. Änderungen der Sonnenaktivität verursacht werden, da diese nicht durch andere Anlagen ausgeglichen werden können. Die relevante Größe für die Erträge aus Sonnenenergie ist die Globalstrahlung. Diese umfasst neben der direkten Sonneneinstrahlung auch jene Strahlungselemente, die beispielsweise durch die von Wolken verursachte Streuung auf der Erde auftreffen. Es sind regionale Unterschiede zu erwarten, doch wird sich aufgrund des Klimawandels die Globalstrahlung insgesamt nicht ändern. Auch von Temperaturschwankungen werden keine weitreichenden Einflüsse auf die Anlagen erwartet. Insgesamt seien weder Photovoltaik- noch Solarthermieanlagen nach heutigem Kenntnisstand einer starken Beeinflussung durch den Klimawandel ausgesetzt. Technisch gesehen sind die Potenziale der Sonnenenergie weitgehend bekannt, und eine nennenswerte Veränderung durch den Klimawandel ist im globalen Maßstab nicht zu erwarten. Es bleibt jedoch eine leichtere Vulnerabilität der Anlagen durch Extremwetterereignisse wie Stürme und Hagel.

Windkraftanlagen sind wohl am direktesten vom Klimawandel betroffen. Bislang müssen bei starken Stürmen einige Anlagen abgeschaltet werden, um ihre Funktionalität nicht zu gefährden. Dabei handelt es sich jedoch für jede Anlage um höchstens zwei bis drei Stunden pro Jahr, was nicht als wirtschaftlich relevant einzustufen sei. Inzwischen werde an Techniken gearbeitet, die dabei helfen sollen, die Anlagen auch bei Stürmen mit geminderten Kapazitäten laufen zu lassen. Die Auswirkungen des Klimawandels auf die Energiegewinnung durch Windkraftanlagen wird von den befragten Experten insgesamt als gering eingestuft.

Der Betrieb von Biokraftanlagen wird durch erhöhte Außentemperaturen ebenfalls nur geringfügig beeinflusst. Biokraftwerke desselben Typs werden in unterschiedlichen Klimazonen betrieben. Biogasanlagen sind zwar etwas empfindlicher, aber auch diese Anfälligkeit sei als gering einzuschätzen und zu vernachlässigen. Die Kühlwasserproblematik sei nur in sehr komplexen Anlagen mit mehreren unterschiedlichen Produktionszweigen relevant. Doch selbst hier bleibe der Kühlwasseranteil gering und sei mit dem Kühlwasserbedarf der übrigen Dampfkraftwerke nicht zu vergleichen.

Bei der geplanten Umstrukturierung der Energieversorgung in Deutschland soll auch die Wasserkraft an Bedeutung gewinnen. Zu unterscheiden sind dabei Laufwasser- und Speicherkraftwerke. Bei niedrigen Pegelständen können Laufwasserkraftwerke nur ungefähr die Hälfte der üblichen Leistung erbringen. Da jedoch Schwankungen im Jahresverlauf üblich sind, werden von den Betreibern wechselnde Pegelstände bereits einkalkuliert und können über das Jahr hinweg ausgeglichen werden. Zudem bleibt eine Grundmenge alleine durch die Zuführung gereinigten Wassers aus Kläranlagen erhalten. Darüber hinaus sollen sich Potenziale zur Überbrückung von Engpässen durch Speicherkraftwerke ergeben, insbesondere durch Pumpspeicherkraftwerke. Letztere sind jedoch mit sehr hohen Anfangsinvestitionen verbunden und liefern in Hitzeperioden nur vermindert Energie. Insgesamt wird der Einfluss des Klimawandels auf die Energiegewinnung aus Wasserkraft als gering eingeschätzt. Auch die Nutzung von Erdwärme als Energieträger ist recht klimarobust. Auf die Anlagen zur Energieerzeugung werden keine spürbaren Einflüsse des Klimawandels erwartet. Ertragsschwankungen bei der Energiegewinnung aus Erdwärme werden in internationalen Regionen für möglich gehalten, für die eine starke Abnahme der Niederschläge vorhergesagt wird.

Netze und Verteilung

Die Verteilung der Elektrizität von der Energieumwandlung bis zum Endverbraucher ist eine witterungs- und damit potenziell klimawandelanfällige Prozessstufe. Eis, Hagel, Schnee und Stürme können entweder die Leitungsfähigkeit beeinträchtigen oder Leitungen und Masten direkt beschädigen. Deutlich höhere Kosten für Erdkabel machen einen flächendeckenden Umbau der Stromnetze für die Energieversorger zu einer wenig realistischen Option.

Die Klimaexponiertheit der Elektrizitätsverteilung wird in Zukunft steigen, denn der wachsende Anteil erneuerbarer Energien, vor allem der Windenergie, und die Integration des europäischen Strommarktes dürften dazu führen, dass Strom über weitere Strecken transportiert werden muss. Hier sind besonders der Stromtransport von Offshore-Windanlagen in der Nordsee zu Industrieanlagen beispielsweise in Süddeutschland und der europaweite Ausgleich von Angebot und Nachfrage nach Strom aus erneuerbaren Energien zu nennen. Grundsätzlich werden diese Risiken als gering bis mittelstark eingestuft, da die Leitungsinfrastruktur auch für Wind und Schnee ausgelegt ist und bei Erneuerungen Schwachstellen beseitigt werden. Völlige Sicherheit gegenüber Extremwetterereignissen ist damit jedoch nicht gegeben. Die Risikoeinschätzung wurde als Ergebnis der Workshopdiskussion um eine Stufe abgeschwächt (für alle Energiequellen, vgl. Tabelle 1).

Tabelle 1
Risiken und Potenziale der Energiequellen nach Wertschöpfungsstufen
Skala von -5 (hohes Risiko) bis +5 (großes Potenzial)
Energiequellen Rohstoffabbau/Verfüg- barkeit der Energiequelle Transport zur Umwandlung Umwandlung/ Erzeugung Transport/ Netze/ Verteilung
  Risiko Potenzial Saldo Risiko Potenzial Saldo Risiko Potenzial Saldo Risiko Potenzial Saldo
Fossile Energiequellen
Erdöl -1 2 1 -2 0 -2 -2 0 -2 -2 0 -2
Erdgas -1 2 1 -1 0 -1 -3 0 -3 -2 0 -2
Steinkohle -1 0 -1 -2 0 -2 -2 0 -2 -2 0 -2
Braunkohle -1 0 -1 0 0 0 -1 0 -1 -2 0 -2
Nukleare Energiequellen
Kernenergie 0 0 0 0 0 0 -2 0 -2 -2 0 -2
Regenerative Energiequellen
Sonnenenergie 0 0 0 0 0 0 -1 0 -1 -2 0 -2
Biomasse -3 0 -3 -1 0 -1 0 0 0 -2 0 -2
Wasserkraft 0 0 0 0 0 0 -2 0 -2 -2 0 -2
Windenergie 0 0 0 0 0 0 -2 1 -1 -2 0 -2
Geothermie 0 0 0 0 0 0 0 0 0 -2 0 -2
Durchschnitt -0,7 0,4 -0,3 -0,6 0 -0,6 -1,5 0,1 -1,4 -2 0 -2

Quelle: Institut der deutschen Wirtschaft Köln auf Basis von Experteninterviews.

Klimarisiken im Energiemix

Die Einflüsse des Klimawandels auf die Energieversorgung können nur nach einer doppelten Aggregation summarisch beurteilt werden. Zum einen muss für jeden Energieträger in seiner spezifischen Verwendung eine Summierung der einzelnen Chancen und Risiken der relevanten Wertschöpfungsstufen erfolgen. Daraus resultiert ein Risikoprofil für die einzelnen Energieträger. Zum anderen müssen die Risiken der unterschiedlichen Energieträger entsprechend ihrer Gewichte im jeweiligen Energiemix summiert werden, um die Wirkung des Klimawandels auf das Energiesystem insgesamt schätzen zu können. Aus den voraussichtlichen Veränderungen des Energiemix in den nächsten Jahrzehnten ist abzuleiten, ob diese Entwicklungen zu einer Energieversorgung mit größeren oder kleineren Risiken des Klimawandels verbunden ist, ob die angestrebte Energiewende also gleichzeitig wie eine Anpassungsmaßnahme gegen physische Klimarisiken wirkt oder die Risiken eher noch verstärkt.

Abbildung 1
Veränderungen im Strommix in Deutschland
Anteile an der Stromerzeugung in %
32230.png

Ohne Müllverbrennung, Solarthermie, Umweltwärme, Importe etc.

Quellen: ewi, gws, prognos, Energieszenarien 2011, Basel u.a.O. 2011.

Klimarisiken des Strommix

Die Energiewende, also der Umbau der Stromerzeugungsstrukturen hin zu weitgehend erneuerbaren und kohlendioxidarmen Stromquellen bis zur Mitte des Jahrhunderts, stellt große Herausforderungen an die gesamte Energie-Infrastruktur, das Nachfrageverhalten und insbesondere das Stromangebot. Schon in den nächsten 20 Jahren wird sich der Strommix erheblich verändern (vgl. Abbildung 1). So wird mit der Kernenergie eine der zuletzt stärksten Säulen der Stromversorgung komplett verschwinden. Der Anteil der fossilen Energieträger Erdgas, Steinkohle und Braunkohle bleibt entsprechend den Szenarien der Bundesregierung7 bei rund 60% verhältnismäßig konstant. Weiter deutlich zunehmen werden unter den erneuerbaren Energien insbesondere Biomasse und Wind. Auf niedrigerem Niveau wachsen Sonnenenergie und Geothermie.

Für die Stromversorgung muss bei allen Energieträgern die volle Wertschöpfungskette berücksichtigt werden.8 Diese umfasst die Rohstoffverfügbarkeit beziehungsweise die Verfügbarkeit der Energiequelle, Transporte, die eigentliche Stromproduktion in der Energieumwandlung sowie den Transport des Stroms über die Netze. Das Risiko durch die Klimaveränderungen ist hier leicht erhöht. Die Klimarisiken und Potenziale werden mit den Gewichten des Energiemix aggregiert. Dadurch wird ein Klimarisiko-Indikator erzeugt, der genau 0 beträgt, wenn sich Klimachancen und Klimarisiken die Waage halten und es aufgrund des Klimawandels weder zu einer Verschlechterung noch einer Verbesserung kommt. Maximal kann der Indikator den Wert 100 erreichen, was einer maximalen Verbesserung in allen Bereichen entspricht. Der entsprechende Minimalwert von -100 wird dann erreicht, wenn bei allen relevanten Energieträgern auf jeder Wertschöpfungsstufe höchste Risiken durch den Klimawandel entstehen.

Abbildung 2
Klimarisiko-Indikator der deutschen Stromerzeugung
2008 und 2030
31813.png

Skalenwert: -100 höchstes Risiko, +100 größtes Potenzial des Klimawandels

Quelle: Institut der deutschen Wirtschaft Köln.

Abbildung 2 zeigt die Ergebnisse des Klimarisiko-Indikators des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln für die Stromerzeugung in Deutschland bei heutigem Energiemix und bei einem entsprechend der Energiewende möglichen Energiemix für 2030. Insgesamt summieren sich die Risiken durch den Klimawandel auf einen Gesamtwert von -24,1 Punkten, wenn sich an der Zusammensetzung der Stromproduktion nichts verändert. Die Bedeutung des Ergebnisses wird noch klarer, wenn man es auf die Ratingskala von -5 bis +5 zurückführt. Es entspricht einem Saldo von -1,25 Punkten für jeden Energieträger und deutet damit auf ein insgesamt niedriges Risikoniveau der Stromerzeugung im Klimawandel hin. Innerhalb dieses niedrigen Risikoniveaus liegen die Schwerpunkte der Risiken bei der Stromerzeugung aus Steinkohle, Kernenergie und Braunkohle. Erdgas trägt einen kleineren Beitrag zum Gesamtrisiko bei, ebenso die Biomasse. Alle anderen Energieträger spielen hinsichtlich des gesamten Klimarisikos praktisch keine Rolle.

Durch einen neuen Energiemix verändert sich das gesamte Klimarisiko kaum. Der Wert des Klimarisiko-Indikators verringert sich nur sehr geringfügig auf -22,4 Punkte. Bis 2030 wird die Energiewende also weder die Klimarisiken der Stromerzeugung verstärken, noch für eine Risikoreduktion sorgen. Es wird sich jedoch die Struktur der Risiken ändern. Während die Klimarisiken, die sich aus der Kernenergienutzung ergeben heben, wegfallen, werden sich neue Risiken insbesondere bei Windenergie, Biomasse und Erdgas ergeben. Unter den erneuerbaren Energien ist die Biomasse am stärksten betroffen. Die Veränderung der Risikostruktur lässt insgesamt keine Bedrohung der Stromversorgung durch physische Klimarisiken erwarten.

Klimarisiken des gesamten Energiemix

Der gesamte Energiemix in Deutschland unterscheidet sich deutlich von dem Strommix, und auch die Veränderungen bis 2030 sehen in ihrem Umfang anders aus. Die verschiedenen Energieträger werden nicht nur zur Stromerzeugung eingesetzt, sondern auch als Wärmequelle oder als Antriebsenergie für den Transport von Menschen und Gütern verwendet. Gerade hier hat Erdöl heute und in den nächsten Jahren eine dominierende Position.9 Insgesamt decken Öl, Gas und Kohle heute rund 80% des Energieverbrauchs. Daran wird sich in den nächsten 20 Jahren nur wenig ändern. Die Veränderungen liegen vielmehr im Auslaufen der Kernenergienutzung auf der einen und der Nutzungszunahme erneuerbarer Energien auf der anderen Seite. Ein nennenswerter Zuwachs ist bei der Windenergie und insbesondere der Biomasse zu erwarten, die bis 2030 auf einen Anteil von gut 20% am Energiemix kommen kann (vgl. Abbildung 3).

Abbildung 3
Veränderungen im Energiemix in Deutschland
Anteile am Primärenergieverbrauch in %
32246.png

Ohne Müllverbrennung, Solarthermie, Umweltwärme, Importe etc.

Quellen: ewi, gws, prognos, Energieszenarien 2011, Basel u.a.O. 2011.

Für die Summierung der Risiken müssen zwei Bereiche des Energieverbrauchs unterschiedlich behandelt werden. Primärenergieträger, die zur Stromerzeugung eingesetzt werden, müssen inklusive der Umwandlungs- und Netzrisiken in die Gesamtbetrachtung eingehen. Ist dies nicht der Fall, sind nur Verfügbarkeit und Transport zu berücksichtigen. Damit werden die Risiken im Einsatz dieser Energieträger beispielsweise im Verbrennungsmotor eines Autos ausgeklammert. Bei Energiequellen, die sowohl für die Stromerzeugung als auch an anderer Stelle eingesetzt werden, findet eine anteilsmäßige Berücksichtigung statt.

Im Ergebnis sind die Nettorisiken des physischen Klimawandels auf die Energieversorgung insgesamt noch niedriger als im Bereich der Stromversorgung. Der Klimarisiko-Indikator des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln liegt bei lediglich -16,6 Punkten (vgl. Abbildung 4), was einer durchschnittlichen niedrigen Risikoeinschätzung auf jeder Wertschöpfungsstufe von 0,75 entspricht. Insgesamt sind die Risiken des Klimawandels auf die Energieversorgung also als sehr gering einzuschätzen. Auch die Energiewende ändert hieran nichts. Der Indikator geht durch die veränderte Struktur nur geringfügig auf -17,3 Punkte zurück.

Betrachtet man die Veränderungen durch die Energiewende im Detail, ergibt sich insbesondere eine Verschiebung der Risiken in zwei Punkten. Zum einen fallen die mit der Kernenergie verbundenen Klimarisiken weg. Zum anderen nimmt der Risikobeitrag der Biomasse, der schon bei bestehendem Energiemix auf dem Niveau von Erdgas, Braunkohle und Kernenergie liegt, deutlich zu. Hier ist mehr als eine Verdoppelung zu erwarten, so dass die Biomasse im Zuge der Energiewende der größte klimabezogene Risikofaktor der Energieversorgung sein wird. Leicht verringern sich die Risiken der Kohleverstromung. Insgesamt bleibt das Gesamtrisiko aber auf einem sehr niedrigen Niveau.

Abbildung 4
Klimarisiko-Indikator der deutschen Energieversorgung
2008 und 2030
31943.png

Skalenwert: -100 höchstes Risiko, +100 größtes Potenzial des Klimawandels

Quelle: Institut der deutschen Wirtschaft Köln.

Klimawandel und weitere Einflussfaktoren auf die Energieversorgung

Der Klimawandel ist nur einer von vielen Einflüssen auf die Energieversorgung. Eine große Frage ist, ob das Angebot an Energie auf den Weltmärkten mit der wachsenden Nachfrage nach Energie schritthalten kann. Dafür spricht, dass steigende Preise zu einer Ausweitung des Energieangebots führen – durch die Erschließung neuer Rohstofflager und durch die Anwendung teurerer Abbau- und Erzeugungstechnologien. Klima-, Struktur- und demografischer Wandel in Deutschland allein weisen dagegen in die Richtung einer weiter sinkenden Energienachfrage. Dieser Trend gilt in erster Linie für Wärmeenergie und weniger für Elektrizität.

Die Energieversorgung ist darüber hinaus stark regulatorisch beeinflusst – auch aus Klimaschutzgründen.10 Anpassungen an den Klimawandel im Energiebereich sollten diesen nicht noch zusätzlich antreiben, aber auch Klimaschutzbestimmungen sollten nicht zu einer erhöhten Klimasensitivität der Energieversorgung führen. Das Ziel der Energieversorgung, den Energiebedarf der Verwender zu decken, und zwar in der benötigten Form und in der passenden Zeit-Mengen-Kombination, ist bei elektrischer Energie eine besondere Herausforderung. Bereits bei einer Stromwirtschaft mit fossilen Energieträgern und ohne Einflüsse des Klimawandels müssen Grundlast bereitstellende Kraftwerke durch flexibler regelbare Kraftwerke ergänzt werden, um Angebotsspitzen abdecken zu können. Der vermehrte Einsatz erneuerbarer Energien macht es erforderlich, die Beiträge zur Angebotsdeckung und die Eignung, entstehende Lücken zu füllen, zu betrachten.

Der vor allem klimaschutzbedingt erhöhte Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromproduktion vergrößert den Bedarf an Mechanismen zum Auslgleich von Angebot und Nachfrage, beispielsweise Nachfragesteuerung, Einsatz von Backup-Kraftwerken, Netzausbau oder Energiespeicherung. Der Ausgleich im europäischen Stromverbund ist dabei derzeit wichtiger als der Ausgleich über nachfrageseitige Reaktionen oder die Nutzung von Speichern. Bemühungen um den Funktionserhalt der Energieversorgung müssen insgesamt verstärkt werden. Dies bringt Kostenbelastungen mit sich. Forschung und Entwicklung in diesem Bereich und eine wirtschaftlich begründbare Auswahl von Optionen sollten Kernelemente zukünftiger Strategien sein.

Ausblick

Der Klimawandel bringt eine Reihe von physischen Auswirkungen mit sich. Er kann zu Wetterereignissen, die die Versorgungssituation negativ beeinflussen, führen. Dabei handelt es sich in der Regel nicht um neue Phänomene, sondern um ein häufigeres Auftreten bereits bekannter Risiken. Dies gilt beispielsweise für die möglichen Engpässe der Kühlwasserbereitstellung für thermische Kraftwerke oder die Gefahr eines Windbruchs für Stromleitungen. Vor allem durch Extremwetterereignisse können sich die Anbaubedingungen der Biomasse in der Land- und Forstwirtschaft verschlechtern, so dass sie nicht durchgehend verfügbar ist und damit ein zusätzliches Risiko bildet. Gleichzeitig können durch die globale Verringerung von Eisschichten neue Lagerstätten fossiler Rohstoffe zugänglich werden.

Insgesamt hat der Klimawandel einen negativen Einfluss auf die Energieversorgung: Die Risiken überwiegen deutlich die Potenziale. Dennoch ist das Gesamtrisiko als sehr gering einzuschätzen. Dies gilt insbesondere für den Energiemix insgesamt, aber auch in der Stromversorgung liegt das Risiko entsprechend dem Klimarisiko-Indikator des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln im moderaten Bereich. Durch den Klimawandel ist für Deutschland nicht mit Gefahren für die Energieversorgung oder für die Stromversorgung, denen nicht begegnet werden könnte, zu rechnen.

Die Veränderungen des Klimas werden erst in einigen Jahrzehnten wirklich spürbar werden. Im gleichen Zeitraum soll die Energieversorgung in Deutschland weitgehend auf eine regenerative Basis umgestellt werden. Der Einfluss der Energiewende auf die Sicherheit der Energieversorgung und insbesondere auf die der Stromversorgung ist aufgrund des weitgehenden Umbaus der Angebotsstruktur ungleich größer als der insgesamt recht moderate Einfluss der klimabedingten Veränderungen. Dennoch entsteht aus der Verschiebung veränderte Situation: Insbesondere mit der Verfügbarkeit von Biomasse gewinnen bestimmte Risiken an Bedeutung. Insgesamt ist die Energiewende hinsichtlich der Klimarisiken als neutral anzusehen. Sie erhöht die Klimaexposition des Energiesystems nicht, ist aber auch nicht als eigenständige Anpassungsmaßnahme an den Klimawandel zu interpretieren. Vor allem entbindet die Energiewende trotz eines möglicherweise sinkenden Energieverbrauchs nicht von der Notwendigkeit, ein sicher funktionierendes Energie- und Stromversorgungssystem aufrechtzuerhalten und damit die Gefahren der Energiewende ebenso abzuwenden wie sich den vergleichsweise geringeren Herausforderungen des sich verändernden Klimas in Deutschland zu stellen.

  • 1 Umweltbundesamt: Kohlendioxid-Emissionen nach Brennstoffen: Zeitnahprognose für das Jahr 2010, Dessau 2011.
  • 2 Bundesregierung: Anhang H1 des Aktionsplans Anpassung der Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel, Berlin 2011.
  • 3 M. Mahammadzadeh, E. Chrischilles, H. Biebeler: Klimaanpassung in Unternehmen und Kommunen: Betroffenheiten, Verletzlichkeiten und Anpassungsbedarf, Köln 2013.
  • 4 D. Schulz: Anpassung an Klimaänderung in Deutschland, Berlin 2011.
  • 5 B. Rothstein, U. Müller, S. Greis, A. Scholten, J. Schulz, E. Nilson: Auswirkungen des Klimawandels auf die Elektrizitätsproduktion unter besonderer Berücksichtigung des Aspekts Wasser, in: H. B. Kleeberg (Hrsg.): Klimawandel – Was kann die Wasserwirtschaft tun?, Nürnberg, Hennef 2008, S. 193-214.
  • 6 A. Bogner (Hrsg.): Experteninterviews: Theorie, Methoden, Anwendungsfelder, Wiesbaden 2009; J. Friedrichs: Methoden empirischer Sozialforschung, Opladen 1990.
  • 7 Vgl. ewi, gws, prognos: Energieszenarien 2011, Basel u.a.O. 2011.
  • 8 J. Wachsmuth, A. von Gleich, S. Gößling-Reisemann, B. Lutz-Kunisch, S. Stührmann: Sektorale Vulnerabilität: Energiewirtschaft, in: B. Schuchardt, S. Wittig (Hrsg.): Vulnerabilität der Metropolregion Bremen-Oldenburg gegenüber dem Klimawandel, Bremen, Oldenburg 2012, S. 95-112.
  • 9 E. Heymann, O. Koppel, T. Puls: Elektromobilität: Sinkende Kosten sind conditio sine qua non, in: Deutsche Bank Research, Aktuelle Themen, Nr. 526, Frankfurt a.M. 2011.
  • 10 R. Stecker, A. Pechan, M. Rotter, M. Steinhäuser, K. Eisenack: Why are Utilities Reluctant to Adapt to Climate Change? A Study in the German Energy and Transportation Sectors, Oldenburg, Berlin 2011.

Title:Impacts of Climate Change on Power Supply in Germany – a Study Based on the Climate Risk Indicator

Abstract:German energy supply faces a fundamental and long-term change. By the middle of the century, greenhouse gas emissions will have been greatly reduced and the global climate will start to change in a visible manner. In order to determine and to quantify the physical impacts of climate change on energy supply, a climate risk indicator for the energy industry based on a series of expert interviews has been developed. Climate change-induced risks will slightly outweigh the opportunities. The restructuring of the energy system has only minor effects, because the risks inherent to non-renewable energies, in particular those related to cooling water, are replaced by new risks, especially deriving from the use of biomass.


DOI: 10.1007/s10273-013-1526-0