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Nach Angaben der Deutschen Bundesbank sind die Immobilienpreise in den Jahren 2011 und 2012 jeweils um über 5% gestiegen. Nicht zuletzt aufgrund der dramatischen gesamtwirtschaftlichen Folgen der Immobilienpreisblasen in den USA und in Spanien stellt sich die Frage, ob auch in Deutschland eine Immobilienpreisblase droht. Dies untersuchen die Autoren anhand verschiedener Indikatoren für unterschiedliche Segmente des Immobilienmarkts auf regionaler Ebene und kommen zu dem Ergebnis, dass der Preisauftrieb in Deutschland weitgehend auf fundamentale Ursachen und nicht auf eine Blasenbildung zurückzuführen ist.

Seit 2009 sind die Preise für Wohnimmobilien in Deutschland kräftig gestiegen und auch am aktuellen Rand ist die Preisdynamik aufwärtsgerichtet. Hiervon betroffen sind nicht nur die Preise von zu verkaufenden Objekten, auch die Mieten haben in den vergangenen Monaten deutlich angezogen. Die Kaufpreise deutscher Immobilien stiegen nach Angaben der Deutschen Bundesbank, basierend auf den Daten der BulwienGesa AG zu 125 Städten, in den vergangenen beiden Jahren mit jeweils über 5%.1

Die Betrachtung der verschiedenen Segmente des Wohnimmobilienmarktes zeigt, dass im vergangenen Jahr insbesondere die Preise für Wohnungen deutlich gestiegen sind. Der von ImmobilienScout24 berechnete Immobilienindex IMX weist, sowohl im Bestand als auch für neu gebaute Wohnungen, einen erheblichen Anstieg der Wohnungspreise von über 6% aus. Die Hauspreissteigerungen fielen hingegen moderater aus: um 3% im Bestand und 4% für neugebaute Häuser. Auch die Mietpreisentwicklung verlief verhaltener. Deutschlandweit erhöhten sich die Preise bei Neuvermietungen nach Angaben von ImmobilienScout24 bei Bestandswohnungen um etwa 2%, bei neugebauten Wohnungen um lediglich 1%.

Im Folgenden wird analysiert, inwieweit die Preissteigerungen der vergangenen Jahre auf fundamentale Faktoren zurückgeführt werden können oder ob es bereits erste Indizien für das Entstehen einer Immobilienpreisblase in Deutschland gibt. Zu diesem Zweck wird zunächst, basierend auf den Daten des IMX, das Verhältnis von Kauf- zu Mietpreisen sowohl deutschlandweit als auch in den größten deutschen Metropolregionen beim Wohnungsbestand untersucht. Erwarten potenzielle Wohnungskäufer steigende Mieten, steigt die Kaufnachfrage und als Folge der Preis. Inwieweit sich hierin übersteigerte Erwartungen bezüglich zukünftiger Erträge aus der Investition in eine Wohnimmobilie abzeichnen, wird in einem zweiten Schritt untersucht. Hier werden die Preisprozesse mittels Zeitreihenmodellen auf Explosivität untersucht.

Fundamentale Ursachen für den Preisanstieg oder spekulative Übertreibungen?

Bisher war der deutsche Immobilienmarkt von hoher Preisstabilität gekennzeichnet. Im Gegensatz zu anderen fortgeschrittenen Volkswirtschaften kann für Deutschland keine Episode dramatisch steigender Preise beobachtet werden, in realer Betrachtung gingen die Preise seit Abklingen des Wiedervereinigungsbooms sogar leicht zurück (vgl. Abbildung 1). Vor diesem Hintergrund lässt sich fragen, auf welche Ursachen der Anstieg der Immobilienpreise der vergangenen Jahre zurückzuführen ist und ob sich aus der Preisentwicklung makroökonomische Risiken ergeben.

Abbildung 1
Reale Hauspreisindizes1 ausgewählter Länder
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1 Der nominale Hauspreisindex deflationiert mit dem Preisindex der privaten Konsumausgaben.

Quelle: A. Mack, E. Martínez-García: A Cross-Country Quarterly Database of Real House Prices: A Methodological Note, Globalization and Monetary Policy Institute, Working Paper, Nr. 99, Federal Reserve Bank of Dallas, Dezember 2011.

Preisschwankungen am Immobilienmarkt können verschiedene Ursachen haben. Wenn Immobilienpreise aufgrund von fundamental gerechtfertigten Faktoren, z.B. einem Anstieg der Nachfrage, steigen, besteht kein akuter Interventionsbedarf für die Wirtschaftspolitik, um nicht nachhaltigen Entwicklungen entgegenzuwirken. Preiserhöhungen können aber auch (spekulative) Übertreibungen bezüglich der zukünftigen Wertentwicklung widerspiegeln. Dann droht das Entstehen einer Immobilienpreisblase. Zwar mag diese rational begründet sein, beispielsweise durch kurzfristig falsch gesetzte Anreize, sie kann aber auch auf irrationale Erwartungen über die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung zurückzuführen sein. Hierdurch können erhebliche makroökonomische Risiken entstehen. So ergibt sich durch hohe Bestände von Wertpapieren mit Immobilienbezug2 in den Bilanzen des Finanzsektors das Risiko erheblicher Abschreibungen, sollte es zu einem Verfall der Immobilienpreise kommen. Die Abschreibungen belasten das Eigenkapital und können zu einer Straffung der Kreditvergabekonditionen führen, im Extremfall sogar eine Kreditklemme auslösen, mit negativen Folgen für die gesamtwirtschaftliche Aktivität.3

In Deutschland ist der Anstieg der Immobilienpreise der vergangenen Jahre zwar im historischen Vergleich bemerkenswert, eine Betrachtung im internationalen Kontext offenbart jedoch, dass die Preissteigerungen bisher kein besorgniserregendes Ausmaß angenommen haben. Vielmehr scheint es eine Reihe von fundamentalen Ursachen für die Preisentwicklung zu geben. Die positive gesamtwirtschaftliche Entwicklung, die sich in der niedrigen Arbeitslosenquote und damit positiven Einkommensaussichten der Bevölkerung manifestiert, ist ein nachfragestimulierender Faktor. Auch deuten Indikatoren darauf hin, dass die Erfahrungen der Finanz- und Wirtschaftskrise zu einem veränderten Risikobewusstsein bei der Zusammenstellung des Vermögensportfolios geführt und die Nachfrage nach Immobilien gesteigert haben.4 In Deutschland ist die Bereitschaft der Haushalte zu großen Anschaffungen seit 2008 deutlich gestiegen, die Sparneigung hat hingegen deutlich abgenommen.5 Hinzu kommen finanzierungsseitig historisch günstige Bedingungen, die der Nachfrage nach Wohneigentum zuträglich sind. Die Zinsen für Wohnungsbaukredite befinden sich aufgrund der Orientierung der Geldpolitik am Euroraum-Aggregat auf historisch niedrigem Niveau.

Ein Indiz für einen Nachfrageanstieg ist auch die Bautätigkeit im Wohnungsbau, die in den vergangenen beiden Jahren bereits um 5% bzw. 6% stieg. Die Baugenehmigungen deuten darauf hin, dass dieser Trend auch in den kommenden Jahren anhalten wird. Nachdem das Volumen der Baugenehmigungen im Wohnungsbau nach Abschaffung der Eigenheimzulage 2007 und 2008 in etwa stagnierte, stieg das Volumen genehmigter Bauanträge seit 2009 in der Tendenz deutlich.

Ein weiterer fundamentaler Faktor für die Preissteigerungen ist die Veränderung der Bevölkerungsentwicklung in Deutschland. Zwar bleibt die erwartete Bevölkerungsentwicklung in Deutschland rückläufig, das Statistische Bundesamt erwartet in der mittleren Projektion W1 von 2009 einen Rückgang der Bevölkerung bis 2030 auf 78 Mio., bis 2060 sogar auf 67 Mio. Personen. Die Möglichkeiten und Anreize innerhalb der EU nach Deutschland einzuwandern, haben sich jedoch verbessert, so dass anzunehmen ist, dass der Rückgang milder ausfallen wird.

Für die Nachfrage nach Wohnraum ist zudem nicht nur die Bevölkerungsentwicklung entscheidend. Viel wichtiger dürfte die Entwicklung der Zahl der Haushalte sein, bei der in Deutschland ein zunehmender Trend zu erkennen ist. Die Ursache hierfür ist eine durchschnittliche Verkleinerung der Haushalte. Im Zeitraum von 1991 bis 2011 ging die durchschnittliche Personenzahl je Haushalt um 0,25 Personen auf 2,02 zurück und die durchschnittliche Wohnfläche pro Person erhöhte sich.6 Die Haushaltsvorausberechnung des Statistischen Bundesamtes geht davon aus, dass sich der Trend einer abnehmenden Haushaltsgröße fortsetzen wird. Im Jahr 2030 wird die Zahl der Haushalte, trotz deutlich sinkender Personenzahl, demnach leicht um 1 Mio. auf 41 Mio. Haushalte zunehmen.

Indikatoren zur Diagnose spekulativer Übertreibungen: eine regionale Analyse

Die Erfahrung hat gezeigt, dass Immobilienmärkte in der Regel stark segmentiert sind und Immobilienpreisblasen auch ausschließlich regional beschränkt auftreten können.7 Deshalb ist eine Betrachtung regionaler Entwicklungen hilfreich. Auch die Immobilienpreisblase in den USA beschränkte sich zunächst auf verschiedene regionale Immobilienmärkte, bevor sich diese im Aggregat erkennen ließ.

Im Folgenden wird eine separate Analyse für die fünf großen Metropolregionen in Deutschland (Berlin, Hamburg, München, Köln und Frankfurt) durchgeführt. Die Auswahl von Großstädten ist dadurch motiviert, dass sich Preisblasen typischerweise erst in den sogenannten Hotspots bilden und sich von dort ausbreiten.8 Zudem sind diese Metropolregionen in den vergangenen Monaten zunehmend in den Fokus der öffentlichen Diskussion über exorbitante Preissteigerungen für Wohnraum geraten.9 Für die Analyse werden zwei Indikatoren herangezogen.

Ein beliebter Indikator ist das Verhältnis von Kauf- zu Mietpreisen. Erwarten die Marktteilnehmer ein steigendes Mietniveau, wird ein Immobilienkauf ceteris paribus lukrativer. Dies steigert die Nachfrage und im Zuge dessen steigt der Immobilienpreis bereits, bevor Mietpreissteigerungen zu beobachten sind. Allerdings kann eine Entkopplung von Kauf- zu Mietpreisen auf übersteigerte Erwartungen des zukünftigen Mietpreisniveaus und somit auf das Entstehen einer Immobilienpreisblase hindeuten.

Für den Wohnungsbestand zeigt sich, dass, basierend auf dem IMX10, sowohl in Deutschland insgesamt als auch in den fünf Großstädten das Verhältnis von Kauf- zu Mietpreisen im Vorfeld der großen Rezession leicht zurückgegangen ist (vgl. Abbildung 2). Seit 2009 ist die Entwicklung hingegen uneinheitlich. Während das Verhältnis in Deutschland insgesamt zwischen Herbst 2009 und Herbst 2011 konstant verlief und erst danach kräftig anstieg, zeichnete sich diese Entwicklung in einigen Metropolregionen bereits deutlich früher ab, vor allem in München und Hamburg.

Alles in allem ist in Deutschland insgesamt das Verhältnis von Kauf- und Mietpreisen für den Wohnungsbestand seit 2008 um 6 Indexpunkte angestiegen. Von ähnlichem Ausmaß war die Veränderung in Berlin, leicht stärker in Frankfurt und Köln. In München und Hamburg hingegen zeigt sich bereits seit 2009 ein deutlicher Anstieg, der weiter anhält und aktuell reichlich 20 Indexpunkte beträgt.

Abbildung 2
Verhältnis von Kauf- zu Mietpreisen
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Quelle: Immobilienscout24.

Tests auf explosives Verhalten der Preisprozesse

Ein Vorgehen zur Diagnose nicht nachhaltiger Entwicklungen bilden statistische Tests. Hierbei wird untersucht, ob dem preisgenerierenden Prozess eine Einheitswurzel zugrunde liegt oder ob der Prozess durch explosives Verhalten charakterisiert ist. Dieses Vorgehen, das rein empirisch bei den Zeitreiheneigenschaften der Preiszeitreihe ansetzt, basiert auf der theoretischen Grundlage, dass im Falle spekulativer Übertreibungen der tatsächliche Preis einer Anlage systematisch von seinem Fundamentalpreis nach oben abweicht.11 Unter der Annahme, dass die Entwicklung des Fundamentalpreises einem Random Walk – also einer Zufallsbewegung – folgt, findet eine solche systematische Abweichung genau dann statt, wenn der Prozess des tatsächlichen Preises von einem Random Walk in einen explosiven Prozess übergeht (vgl. Kasten 1).

Kasten 1
Beschreibung des Tests

Aus theoretischer Sicht lässt sich der Zusammenhang zwischen explosivem Verhalten einer Immobilienpreiszeitreihe und der Existenz einer Immobilienpreisblase wie folgt darstellen:1 Folgt man der „present value theory“, ergibt sich in Zeitpunkt t der Fundamentalpreis Ptƒ einer Anlage als der erwartete Barwert der Summe zukünftiger Dividenden, im Falle einer Immobilienanlage der Mieteinnahmen Mt+i, ∀ i = 1 ...∞.

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wobei R den risikolosen Marktzinssatz angibt. Nach der „No-Arbitrage-Bedingung“ entspricht zudem in Zeitpunkt t der tatsächliche Preis Pt dem abdiskontierten Erwartungswert der Summe aus dem Preis Pt+1 in Zeitpunkt t+1 und den Mieteinnahmen zwischen Periode t und t+1, Mt+1:2

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Mittels Vorwärtsinduktion der „No-Arbitrage-Bedingung“ ergibt sich

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Trennt man den tatsächlichen Preis Pt+k in eine Komponente Pt+k , die keinem explosiven Prozess folgt und eine Blasenkomponente Bt+k, die die Bedingung Et [Bt+k] = (1 + R)kBt erfüllt,3 so ergibt sich für die vorwärtsinduzierte Form der „No-Arbitrage-Bedingung“

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Wenn eine solche Blasenkomponente im Preis existiert, so weicht der tatsächliche Preis systematisch nach oben vom Fundamentalpreis ab. Dies ist das Resultat selbsterfüllender Erwartungen. Erwarten die Investoren, dass eine sich explosiv entwickelnde Blasenkomponente existiert, sind sie bereit, Ptƒ + Bt zu zahlen, d.h. einen Preis, der oberhalb des Fundamentalpreises liegt. Dieses „spekulative“ Verhalten führt dazu, dass sich tatsächlich dieser Preis einstellt. Setzt sich dieses Verhalten fort, bläht sich der Preis weiter auf.

Mittels eines rechtsseitigen Einheitswurzeltest kann überprüft werden, ob der tatsächliche Preis eine solche explosive Blasenkomponente enthält, d.h. ob Pt = Ptƒ + Bt mit Et [Bt+1] = (1 + R) Bt und B > 0 gilt. Unter der Annahme, dass der Fundamentalpreis einem Random Walk mit Drift folgt,4 lässt sich Pt = Ptƒ + Bt umschreiben als

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wobei ut einen Fehlerterm mit Erwartungswert 0 beschreibt. Der Preis enthält eine (keine) explosive Blasenkomponente, wenn B > 0 (B = 0) gilt. Abstrahiert man der Einfachheit halber von der Konstanten c, lässt sich dies vereinfachen zu

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wobei die Preisentwicklung einem Random Walk folgt, wenn ρ = 1 gilt und einen explosiven Prozess darstellt, d.h. eine explosive Blasenkomponente enthält, wenn ρ > 1. Entsprechend ist die Nullhypothese des Tests die Existenz eines Random Walk (H0: ρ = 1), die Alternativhypothese das Vorhandensein eines explosiven Prozesses (H1: ρ > 1). Um explosives Verhalten einer Zeitreihe möglichst frühzeitig zu erkennen, schlagen Homm und Breitung5 ein sogenanntes Real-Time-Monitoring vor, bei dem das Verhalten der Preiszeitreihe in Echtzeit, d.h. für einen nicht abgeschlossenen, variablen Gesamtzeitraum überprüft werden kann. Zunächst wird eine Initialisierungsperiode der Länge n gewählt – beginnend bei einem festen Zeitpunkt T0 und terminiert durch den Zeitpunkt T0 + n. Mit jeder neuen Beobachtung, die in Echtzeit hinzukommt, wird die Stichprobe um eine Periode erweitert und ein rechtsseitiger Einheitswurzeltest (Dickey-Fuller-Test – DF-Test) durchgeführt.

Für jede Stichprobe der Länge n + i = t wird die Teststatistik DFt wie folgt berechnet:

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Für jede Stichprobe der Länge t = n + 1, ... , N des im Vorfeld festgelegten Gesamtzeitraums der Länge k · n = N wird ein variabler kritischer Wert kt ermittelt und die Nullhypothese abgelehnt, wenn für mindestens einen Zeitpunkt t gilt:

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Die Berechnung der kritischen Werte ergibt sich nach Homm und Breitung aus

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mit k als Vielfaches der Initialisierungsperiode n, so dass k = N/n gilt. α ist das gewählte Signifikanzniveau, im vorliegenden Fall 5%. bk,α wird mit Hilfe von Monte-Carlo-Simulationen bestimmt. Dabk,α monoton in k steigt, muss k und dementsprechend die Länge k · n = N des Gesamtzeitraums im Vorfeld festgelegt werden.

1 Vgl. P. C. B. Phillips, Y. Wu, J. Yu: Explosive behavior in the 1990s NASDAQ: When did exuberance escalate asset values?, in: International Economic Review, 52. Jg. (2011), H. 1, S. 201-226; U. Homm, J. Breitung: Testing for Speculative Bubbles in Stock Markets: A Comparison of Alternative Methods, in: Journal of Financial Economics, 10. Jg. (2012), Nr. 1, S. 198-231.

2 O. J. Blanchard, M. W. Watson: Bubbles, Rational Expectations and Financial Markets, in: P. Wachtel (Hrsg.): Crisis in the Economic and Financial Structure, Lexington, MA 1982, S. 295-315; J. Y. Campbell, A. W. Lo, A. C. MacKinlay: The Econometrics of Financial Markets, Princeton, New Jersey 1997.

3 Es ist eine Vielzahl von Prozessen {Bt}∞t=1 denkbar, die diese Bedingung erfüllt. Einige Beispiele finden sich auch in U. Homm, J. Breitung, a.a.O.

4 Da der Fundamentalpreis einer Anlage unbeobachtbar ist, ist eine Annahme darüber, welchem Prozess die Zeitreihe des Fundamentalpreises folgt, unumgänglich. Homm und Breitung zu Folge ist dabei die bequeme „Random-Walk-Annahme“ empirisch nicht unplausibel, vgl. U. Homm, J. Breitung, a.a.O.

5 Ebenda.

Eine Möglichkeit, um explosives Verhalten eines autoregressiven Prozesses festzustellen, ist die sequenzielle Anwendung rechtsseitiger Einheitswurzeltests.12 Das sequenzielle Vorgehen ermöglicht es, zu jedem Zeitpunkt t die Zeitreihe der Immobilienpreise zwischen einem festgelegten Anfangszeitpunkt und diesem Zeitpunkt t darauf zu untersuchen, ob der Prozess einem Random Walk folgt oder ein explosives Verhalten aufweist.13 Dies hat den Vorteil, dass vorübergehende Übertreibungen am Immobilienmarkt, die sich aus der Untersuchung der Zeitreihe über den gesamten Zeitraum nicht ergeben, sichtbar werden.14

Abbildung 3 zeigt die Ergebnisse des Real-Time-Monitoring-Tests, angewendet auf verschiedene Segmente der Immobilienmärkte in Deutschland und in den großen Metropolregionen Berlin, Hamburg, München, Köln und Frankfurt. Als Segmente werden der Wohnungs- und Häuserbestand betrachtet, wobei beim Wohnungsbestand neben den Kaufpreisen auch die Mieten auf explosives Verhalten untersucht werden. Datengrundlage ist der IMX. Die Initialisierungsperiode umfasst die 24 Monate zwischen T0 = Januar 2007 und Dezember 2008, so dass n den Wert 24 annimmt. Der Gesamtzeitraum N umfasst acht Jahre zwischen Januar 2007 und Dezember 2014, so dass k = 4 ist. Innerhalb des Zeitraums Januar 2009 bis Dezember 2014 kann in jedem neuem Monat in Echtzeit ein rechtsseitiger Einheitswurzeltest durchgeführt werden. Dieser Logik entsprechend werden die Tests bis zum aktuellen Rand, d.h. bis zu dem ­t = 77 Monate umfassenden Zeitraum Januar 2007 bis Mai 2013 berechnet.

Abbildung 3
Ergebnisse des Real-Time-Monitoring für verschiedene Immobilienmarktsegmente in deutschen Metropolregionen
Werte der DF-Teststatistik
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Anmerkung: Die Werte sind vom Januar des jeweiligen Jahres.

Quelle: Immobilienscout24; eigene Berechnungen auf Basis der Methode des Real-Time-Monitoring nach U. Homm, J. Breitung: Testing for Speculative Bubbles in Stock Markets: A Comparison of Alternative Methods, in: Journal of Financial Economics, 10. Jg. (2012), H. 1, S. 198-231.

Die Ergebnisse zeigen, dass die Random-Walk-Nullhypothese ausschließlich im Kaufsegment des Wohnungsbestandes in einzelnen Regionen abgelehnt werden muss. Im Kaufsegment der Bestandshäuser sowie für die Bestandswohnungsmieten kann hingegen für alle Regionen und über alle Perioden hinweg keine Preisentwicklung, die signifikant explosives Verhalten aufweist, diagnostiziert werden. Mit Blick auf die Wohnungsmieten, deren Entwicklung zuletzt verstärkt in den Fokus der Öffentlichkeit geriet, sind im Bundesdurchschnitt, in Frankfurt und Hamburg keinerlei Tendenzen für Übertreibungen bei den Wohnungsmieten sichtbar, während die Werte der Teststatistiken in Berlin, München und Köln in den letzten eineinhalb Jahren immerhin merklich gestiegen sind. Bis zuletzt war jedoch in keiner Metropolregion ein signifikant explosives Verhalten der Mietentwicklung erkennbar.

Fazit

Bis zum Ende der großen Rezession war der deutsche Immobilienmarkt von hoher Preisstabilität gekennzeichnet. Seitdem ist die Preisdynamik hingegen deutlich aufwärts gerichtet. Ziel des Aufsatzes war es zu untersuchen, ob sich in dieser Preisentwicklung erste Anzeichen einer Immobilienpreisblase zeigen, oder ob die Preissteigerungen auf fundamentale Ursachen zurückzuführen sind.

Mit Blick auf verschiedene Indikatoren zeigt sich, dass der Preisanstieg am deutschen Immobilienmarkt durchaus auf einen Nachfrageanstieg zurückgeführt werden kann und nicht primär das Resultat spekulativer Übertreibungen sein muss. Zu diesen Indikatoren zählen eine günstige wirtschaftliche Entwicklung, eine zu erwartende expansive Geldpolitik für Deutschland, ein verändertes Risikobewusstsein der Investoren bei der Zusammenstellung ihrer Vermögensportfolios und die steigende Zahl deutscher Haushalte.

Eine Analyse auf disaggregierter Ebene vermag diese Einschätzung nicht zu widerlegen. Zwar ist im Bereich der Bestandswohnungen das Verhältnis von Kauf- zu Mietpreisen in den vergangenen eineinhalb Jahren in den fünf größten Metropolregionen Deutschlands angestiegen. Die Tests auf explosives Verhalten der Preisprozesse ergeben aber, dass es lediglich im Segment zum Verkauf stehender Wohnungen in einzelnen Regionen Anzeichen für nicht-nachhaltige Preisentwicklungen gibt. Alles in allem scheint der Preisauftrieb am deutschen Immobilienmarkt bisher auf fundamentale Ursachen zurückzuführen zu sein. Trotz dieser fundamentalen Gründe scheint ein genaues Monitoring, insbesondere der Preise für Wohnungen, durchaus sinnvoll, da statistische Tests zur Untersuchung der Zeitreiheneigenschaften einen Hinweis auf explosives Verhalten, und somit auf die Gefahr von Blasenbildung, in diesem Marktsegment hindeuten.

Die Autoren bedanken sich bei Tobias Kitlinski und Torsten Schmidt für wertvolle Kommentare und bei Immobilienscout24 für die zur Verfügung gestellten Daten.

  • 1 Deutsche Bundesbank: Monatsbericht Februar 2013, S. 55-57.
  • 2 Ein prominentes Beispiel sind durch Hypotheken gesicherte Wertpapiere (Mortgage Backed Securities).
  • 3 So ist der dramatische Einbruch des Welthandels zum Jahresende 2008 zu einem erheblichen Maße auf die erschwerten Bedingungen der Exportfinanzierung zurückzuführen, vgl. D. Chor, K. Manova: Off the cliff and back? Credit conditions and international trade during the global financial crisis, in: Journal of International Economics, 87. Jg. (2012), H. 1, S. 17-133.
  • 4 P. an de Meulen, M. Micheli, T. Schmidt: Forecasting House Prices in Germany, in: Ruhr Economic Papers, Nr. 294, Essen 2011.
  • 5 Vgl. Haushaltsbefragung der EU-Kommission.
  • 6 Vgl. Mikrozensus.
  • 7 S. P. Clark, T. D. Coggin: Was There a U.S. House Price Bubble? An Econometric Analysis using National and Regional Panel Data, in: Quarterly Review of Economics and Finance, 51. Jg., Mai 2011.
  • 8 G. Meen: Regional House Prices and the Ripple Effect: A New Interpretation, in: Housing Studies, 14. Jg. (1999), Nr. 6, S. 733-753; S. Holly, M. H. Pesaran, T. Yamagata: Spatial Temporal Diffusion of House Prices in the UK, in: Journal of Urban Economics, 69. Jg. (2011), H. 1, S. 2-23.
  • 9 Vgl. beispielsweise H. Ankenbrand, I. Kloepfer: Der neue Häuserkampf, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 20.1.2013.
  • 10 Dem Verhältnis aus Kauf- und Mietpreisen liegen die Kauf- und Mietpreisindizes IMX zugrunde. Die Indizes wurden mittels hedonischer Regressionen berechnet. Zur Berechnung der Kaufpreisindizes vgl. T. K. Bauer, S. Feuerschütte, M. Kiefer, P. an de Meulen, M. Micheli, T. Schmidt, L. Wilke: Ein hedonischer Immobilienpreisindex auf Basis von Internetdaten 2007-2011, in: AStA – Wirtschafts- und Sozialstatistisches Archiv, Januar 2013. Zwar basiert der IMX auf Angebotspreisen, d.h. den Preisen, zu denen Verkäufer oder Vermieter ein Objekt auf der Internetplattform von Immobilienscout24 anbieten, und es scheint eine signifikante Differenz zwischen den verlangten Preisen und den Transaktionspreisen zu geben, allerdings sind Veränderungen dieser Preisunterschiede nicht systematisch und somit zufällig verteilt. Dies zeigen Dinkel und Kurzrock in einer Studie zum Vergleich von Angebots- und Transaktionspreisen für die ländlichen Regionen von Rheinland-Pfalz (vgl. M. Dinkel, B.-M. Kurzrock: Angebots- und Transaktionspreise von selbstgenutzten Wohneigentum im Ländlichen Raum, in: Zeitschrift für Immobilienökonomie, 1/2012, S. 5-25). Insoweit sollte der Index auch die Entwicklung der Transaktionspreise wiedergeben. Er hat zudem den Vorteil hoher Datendichte, was eine regionale Analyse auf Monatsebene erst ermöglicht.
  • 11 U. Homm, J. Breitung: Testing for Speculative Bubbles in Stock Markets: A Comparison of Alternative Methods, in: Journal of Financial Economics, 10. Jg. (2012), H. 1, S. 198-231.
  • 12 P. C. B. Phillips, Y. Wu, J. Yu: Explosive behavior in the 1990s NASDAQ: When did exuberance escalate asset values?, in: International Economic Review, 52. Jg. (2011), H. 1, S. 201-226.
  • 13 Folgt die Zeitreihe einem Random Walk, ist der beste Schätzer für den zukünftigen Preis der aktuelle Wert zuzüglich einer etwaigen Konstanten oder eines Zeittrends. Unter explosivem Verhalten ist hingegen zu verstehen, dass der Erwartungswert zukünftiger Preisrealisationen betragsmäßig ansteigt.
  • 14 P. C. B. Phillips, Y. Wu, J. Yu, a.a.O.; U. Homm, J. Breitung, a.a.O.

Title:Is There a Real Estate Bubble in Germany?

Abstract:Since 2009, real estate prices in Germany have been rising rapidly after a period of stagnation during the Great Recession. This raises the question of whether the recent price increases are fundamentally driven or rather an indication of a real estate bubble in Germany. To tackle this question, we take a look at several real estate demand-side indicators. As real estate bubbles sometimes form in certain sub-segments of the real estate market only, the authors also conduct a disaggregate analysis by looking at different real estate types in Germany’s most important metropolitan areas. In what follows, we investigate the relation of real estate prices and rents and test for explosive behaviour of the price-generating processes. Our findings suggest that the recent upswing in the German real estate market seems to be based on fundamental factors. Except for the sub-segment of flats in some of the metropolitan areas, there is no evidence for price increases being unsustainable.

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DOI: 10.1007/s10273-013-1562-9