Bei der Reform des Länderfinanzausgleichs wird auch die horizontale Steuerverteilung in den Blick genommen. Das den Ländern und Gemeinden zustehende Lohnsteueraufkommen wird derzeit ausschließlich nach dem Wohnsitzprinzip zerlegt, allerdings wird aus finanzwissenschaftlicher Sicht wiederholt gefordert, die Lohnsteuer zumindest teilweise nach dem Arbeitsortprinzip zu verteilen. Der Beitrag analysiert die verschiedenen Komponenten der Lohnsteuerzerlegung und die finanziellen Folgen einer Berücksichtigung des Arbeitsortkonzepts für die Länder.
Im Zusammenhang mit der anstehenden Reform der Bund-Länder-Finanzbeziehungen und des Finanzausgleichs wird auch über die zweite Stufe des bundesstaatlichen Finanzausgleichs, die horizontale Steuerverteilung, diskutiert.1 Durch die Zuweisung der den Ländern zustehenden Steuererträge wird maßgeblich bestimmt, welches Land in den nachfolgenden Umverteilungsstufen als „finanzschwach“ oder „finanzstark“ gilt. Eine besondere Bedeutung hat hierbei die Lohnsteuer, die mittlerweile (2013) mit rund 31% zum Steueraufkommen der Ländergesamtheit beiträgt. Sie ist mit einem Anteil von fast 50% die mit weitem Abstand wichtigste Bestimmungsgröße der originären Steuerkraft der Länder, den „Steuern nach dem Aufkommen“. Unter diesem Begriff werden die Steuereinnahmen der Länder verstanden, die im primären Steuerverteilungssystem gemäß Art. 107 Abs. 1 GG nach dem Prinzip des örtlichen Aufkommens den einzelnen Ländern zugewiesen werden.2 Die „Steuern nach dem Aufkommen“ sind zudem nach Art. 107 Abs. 1 GG die Bestimmungsgröße zur Bemessung der Umsatzsteuerergänzungsanteile und damit die entscheidende Ausgangsgröße für alle folgenden Stufen des Finanzausgleichs, d.h. für die horizontale Umsatzsteuerverteilung, den Länderfinanzausgleich im engeren Sinne und die allgemeinen Bundesergänzungszuweisungen.
Derzeit wird die Lohnsteuer nach dem Wohnsitzprinzip verteilt, d.h. der Länderanteil (42,5%) und der Gemeindeanteil (15%) der Lohnsteuer stehen nicht dem Land zu, in dem die Steuer wirtschaftlich erbracht wird oder kassenmäßig anfällt, sondern dem Land, in dem der Arbeitnehmer wohnt. Gegenüber einer Verteilung nach dem Arbeitsort entgeht Ländern mit einem hohen Anteil an Nettoeinpendlern entsprechend viel Lohnsteuer. Dies ist in der Finanzwissenschaft umstritten. Denn tatsächlich erbringen Länder (und ihre Gemeinden) nicht nur Leistungen, die ihrer Wohnbevölkerung zugutekommen, sondern auch den dort ansässigen Betrieben bzw. den dort beschäftigten Arbeitnehmern, z.B. in Form einer Bereitstellung von Wirtschafts- und Verkehrsinfrastrukturleistungen. Ein – zumindest anteiliger – Übergang der Verteilung nach Wohnort hin zu einer Verteilung nach Arbeitsort wird daher in der Literatur intensiv diskutiert.3 Vor allem von Bremen und Hamburg wird häufig angeführt, dass die primäre Steuerverteilung die Stadtstaaten strukturell benachteiligt und ihre Funktion als Wirtschaftsmetropole nicht angemessen honoriert. Eine Lohnsteuerzerlegung mit einem stärkeren Wirtschaftskraftbezug wird deshalb auch als Kompensation für eine Abschaffung bzw. Reduzierung der gesonderten Einwohnerwertungen der Stadtstaaten im Länderfinanzausgleich vorgeschlagen.4
Verfassungsrechtlich wäre eine solche Reform durchaus möglich, die Finanzverfassung (Art. 107 Abs. 1 S. 1 f. GG) gibt kein bestimmtes Prinzip der Lohnsteuerzerlegung vor. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts besitzt der Gesetzgeber einen breiten Handlungsspielraum bei der Bestimmung der wirklichen Steuerkraft, da die Verfassung nicht über das Gewicht der beiden möglichen Ansatzpunkte – Arbeitsort- oder Wohnsitzprinzip – vorentschieden hat.5 Innerhalb dieses Rahmens könnte also ein Zerlegungsprinzip für die Lohnsteuer eingeführt werden, das die zentralörtlichen Funktionen der Stadtstaaten angemessener berücksichtigt. Trotz der intensiven Diskussion von Wohnort- versus Betriebsstättenprinzip bei der Verteilung der Lohnsteuer gibt es praktisch keine systematischen empirischen Studien, die sich mit den möglichen finanziellen Folgen einer geänderten Lohnsteuerzerlegung auseinandersetzen. Deshalb werden hier mit einem eigenen Modell die pendlerbedingten Zerlegungseffekte und damit die Auswirkungen einer Berücksichtigung des Betriebsstättenprinzips bei der horizontalen Verteilung der Lohnsteuer geschätzt.6
Technische Durchführung der Lohnsteuerzerlegung
Tatsächlich ergeben sich praktische Schwierigkeiten, das Arbeitsortkonzept bei der Lohnsteuerzerlegung umzusetzen. Die Lohnsteuer wird im Quellenabzugsverfahren vom Arbeitgeber beim sogenannten Betriebsstättenfinanzamt abgeführt. Der Begriff ist insoweit irreführend, als es sich nicht unbedingt um das Finanzamt handelt, in dessen Bezirk sich die Betriebsstätte (also der Arbeitsort) befindet, in der der Lohnsteuerpflichtige tatsächlich arbeitet, sondern um das Finanzamt, an das die Lohnsteuer abgeführt wird. Der Ort der Lohnsteuerabführung ist insbesondere dann nicht mit der tatsächlichen Betriebsstätte gleichzusetzen, wenn große Konzerne, die mehrere Betriebsstätten in verschiedenen Ländern unterhalten, im Rahmen einer zentralen Lohn- und Gehaltsbuchung die Lohnsteuer aller ihrer Arbeitnehmer zentral abführen. In diesen Fällen stimmt der Ort der Steuerabführung weder mit dem Wohnsitz noch mit der tatsächlichen Betriebsstätte (Arbeitsort) überein, d.h. eine Zerlegung ist unabdingbar, unabhängig vom gewählten Zerlegungsprinzip.
Die Lohnsteuerzerlegung muss im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung statistisch ermittelt werden. Hierzu werden von allen 16 Ländern die jeweiligen Ansprüche gegenüber allen anderen Ländern anhand einer 16x16-Matrix festgestellt.7 Die Auswertung der Lohnsteuerzerlegung kann technisch nur mit einer zeitlichen Verzögerung von drei Jahren erfolgen, da erst dann ein genügend hoher Anteil der Einkommensteuerveranlagung eines Jahres abgeschlossen ist. Die aktuelle Zerlegungsmatrix für 2013 beruht daher auf der Auswertung der Lohnsteuerzahlungen des Jahres 2010. Bis 2010 konnte der Time-lag bis zu sechs Jahre betragen, weil die Zerlegungskoeffizienten nur alle drei Jahre ermittelt wurden; erst seit 2010 werden sie jährlich angepasst. Für einen Übergang zum Arbeitsortkonzept müssten die im Lohnsteuerverfahren erhobenen Merkmale entsprechend ergänzt werden, um dann gleichsam eine 16x16-Matrix der steuerabführenden Länder und der Länder des tatsächlichen Betriebsorts zu erhalten.
Schätzung der Pendlerströme
Um die gesamten pendlerbedingten Ströme der Lohnsteuer schätzen zu können, sind im ersten Schritt Zahlen zu den Pendlerverflechtungen zwischen allen 16 Ländern erforderlich. Hierzu kann auf die jährliche Beschäftigungsstatistik zurückgegriffen werden.8 Diese zuverlässige, die Gegebenheiten originär erfassende Statistik bezieht allerdings nur die sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ein. Zur Vervollständigung der Pendlerströme werden deshalb die einzelnen Pendlerzahlen länderspezifisch mit dem Verhältnis der (vom Arbeitskreis „Erwerbstätigenrechnung“ ermittelten) Zahl der Arbeitnehmer am Arbeitsort zur Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten9 hochgerechnet. Damit wird unterstellt, dass in den einzelnen Ländern nicht-sozialversicherungspflichtig Beschäftigte, also insbesondere Beamte, das gleiche Pendlerverhalten aufweisen wie sozialversicherungspflichtig Beschäftigte. Werden die Auslandspendler, die für die Frage der Lohnsteuerzerlegung keine Rolle spielen, außer Betracht gelassen, ergeben sich die innerdeutschen Pendlersalden, die in Abbildung 1 zusammengefasst dargestellt sind. Hier zeigt sich, dass Hamburg den höchsten Einpendlersaldo aller Länder aufweist. Mit Hessen und Baden-Württemberg folgen zwei wirtschaftsstarke süddeutsche Flächenländer mit hohen Einpendlerüberschüssen, dann die beiden anderen Stadtstaaten. Die höchsten Auspendlersalden haben Brandenburg, Rheinland-Pfalz und Niedersachsen zu verzeichnen.
Abbildung 1
Innerdeutsche Pendlersalden der Länder, 2011
Länderabkürzungen hier und im Folgenden: BB = Brandenburg, BE = Berlin, BW = Baden-Württemberg, BY = Bayern, HB = Bremen, HE = Hessen, HH = Hamburg, MV = Mecklenburg-Vorpommern, NI = Niedersachsen,
NW = Nordrhein-Westfalen, RP = Rheinland-Pfalz, SH = Schleswig-Holstein, SL = Saarland, SN = Sachsen, ST = Sachsen-Anhalt, TH = Thüringen.
Quelle: Bundesagentur für Arbeit, Arbeitskreis Erwerbstätigenrechnung; eigene Berechnungen.
Unterschiedliche Lohn- und Gehaltsniveaus
Um den Pendlerströmen aller Länder die entsprechenden Geldströme zuordnen zu können, bedarf es weiterer Annahmen über das Niveau der Löhne und Gehälter sowie der hieraus abzuleitenden Lohnsteuerbelastung in den einzelnen Ländern. Zur Ermittlung einer „Bemessungsgrundlage“ für die Lohnsteuer werden im zweiten Schritt die Arbeitnehmerentgelte herangezogen, die in den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen der Länder sowohl nach dem Arbeitsstättenprinzip10 wie auch nach dem Wohnortprinzip11 ausgewiesen sind.12 Wie aus Abbildung 2 für 2011 hervorgeht, werden in den vier wirtschaftsstarken Ländern Hamburg, Hessen, Baden-Württemberg und Bayern auch signifikant höhere Pro-Kopf-Arbeitnehmerentgelte gezahlt. In Bremen, Nordrhein-Westfalen und Berlin wird der Durchschnitt von 36 213 Euro je Arbeitnehmer nur knapp überschritten, alle anderen Länder liegen unter dem Durchschnitt.
Abbildung 2
Arbeitnehmerentgelt pro Kopf am Arbeitsort nach Ländern, 2011
Quelle: Arbeitskreis Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen der Länder; eigene Berechnungen.
Abbildung 3
Arbeitnehmerentgelt pro Kopf am Wohnort nach Ländern, 2011
Quelle: Arbeitskreis Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen der Länder; eigene Berechnungen.
Die Pro-Kopf-Arbeitnehmerentgelte am Wohnort sind für 2011 in Abbildung 3 dargestellt. Dabei zeigt sich, dass im Bundesdurchschnitt der wohnortbezogene Pro-Kopf-Verdienst mit 36 330 Euro je Arbeitnehmer leicht über dem nach dem Arbeitsortprinzip mit 36 213 Euro je Arbeitnehmer liegt. Die in Deutschland wohnenden und im Ausland arbeitenden Pendler verdienen also im Durchschnitt mehr als die im Ausland wohnenden und nach Deutschland einpendelnden Arbeitnehmer. Dabei dürften vor allem die Pendlerbewegungen zur Schweiz sowie nach Dänemark und Luxemburg eine große Rolle spielen. Für die 16 Länder Deutschlands sind die Abweichungen erheblich höher, zum Teil sind damit auch merkliche Rangverschiebungen verbunden. Insbesondere rücken die norddeutschen Stadtstaaten beim Übergang vom Arbeitsort- zum Wohnortprinzip deutlich nach hinten, so Hamburg von Platz 1 auf Platz 4 und Bremen von Platz 5 auf Platz 11; Berlin kann dagegen seinen 7. Rang halten. Wie ein Vergleich der Daten in den Abbildungen 2 und 3 zeigt, entspricht der Verlust 2011 in Hamburg 4362 Euro, in Bremen 2970 Euro und in Berlin 912 Euro je Arbeitnehmer.
Höhere Arbeitnehmerentgelte nach Wohnort verzeichnen dagegen die drei den Stadtstaaten benachbarten Flächenländer. So verbessert sich Schleswig-Holstein um 2848 Euro, Brandenburg um 2335 Euro und Niedersachsen um 1329 Euro je Arbeitnehmer. Noch größer als in Brandenburg und Niedersachsen ist der Gewinn von Rheinland-Pfalz in Höhe von 2781 Euro je Arbeitnehmer, vor allem aufgrund der Pendlerbewegungen nach Hessen und Baden-Württemberg sowie dem Saarland und Nordrhein-Westfalen. Insgesamt wird aus den Vergleichszahlen deutlich, dass die Pendler aus den an die Stadtstaaten angrenzenden Flächenländern signifikant höhere Löhne und Gehälter beziehen als ihre Kollegen, die Arbeit „im eigenen Land“ haben. Gleiches trifft für Rheinland-Pfalz zu, das an die deutlich wirtschaftsstärkeren Länder Hessen und Baden-Württemberg sowie auch an Nordrhein-Westfalen und das Saarland angrenzt.
Arbeitnehmerentgelte und Lohnsteueraufkommen
Im dritten Schritt sollen nun die auf die Arbeitnehmereinkommen der Pendler zu zahlenden Lohnsteuern geschätzt werden.13 Einen Überblick über die Zusammenhänge beider Größen gibt Abbildung 4, in der für die einzelnen Länder die Pro-Kopf-Arbeitnehmerentgelte der Lohnsteuer nach Zerlegung je Arbeitnehmer gegenübergestellt sind, und zwar jeweils nach dem Wohnort und bezogen auf den Bundesdurchschnitt. In den meisten Ländern ist ein überdurchschnittliches oder unterdurchschnittliches Gehaltsniveau mit einem noch deutlich stärker über- bzw. unterdurchschnittlichen Lohnsteuerniveau verbunden, d.h. der Abstand zwischen relativem Lohn- und Gehaltsniveau und relativem Lohnsteuerniveau ist bei den meisten Ländern umso größer, je stärker das Pro-Kopf-Arbeitnehmerentgelt des Landes vom Bundesdurchschnitt abweicht.
Abbildung 4
Arbeitnehmerentgelt und Lohnsteuer pro Kopf sowie Regressionsergebnisse zur Lohnsteuerkraft, 2011
Quelle: Arbeitskreis Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen der Länder; eigene Berechnungen.
Hier kommt die Progressivität des deutschen Einkommensteuersystems zum Ausdruck. Auffallend sind allerdings vier Länder: So weist Rheinland-Pfalz ein leicht überdurchschnittliches Pro-Kopf-Arbeitnehmerentgelt, aber eine unterdurchschnittliche Lohnsteuer je Arbeitnehmer auf; in Hamburg wird die mit Abstand höchste Lohnsteuerkraft erzielt, obwohl die Hansestadt beim Pro-Kopf-Arbeitnehmerentgelt hinter Hessen, Bayern und Baden-Württemberg liegt; und schließlich weicht die Lohnsteuerkraft in Bremen und auch in Berlin weniger stark vom ebenfalls unterdurchschnittlich hohen Pro-Kopf-Arbeitnehmerentgelt ab als in Flächenländern mit vergleichbarem Lohn- und Gehaltsniveau. Die Besonderheiten dieser vier Länder werden noch deutlicher, wenn man die tatsächliche Lohnsteuer je Arbeitnehmer der Lohnsteuerkraft gegenüberstellt, die regressionsanalytisch aus Gleichung (1) abgeleitet wird, in der ein exponentieller Zusammenhang zwischen Lohnsteuerkraft einerseits sowie Lohn- und Gehaltsniveau andererseits angenommen wird, um den Progressionseffekt auszudrücken:
(1) ti = b · Gim
Dabei sind: ti = relative Lohnsteuerkraft des Landes i, d.h. Lohnsteuer (nach Zerlegung) je Arbeitnehmer am Wohnort in % des Bundesdurchschnitts, und Gi = relatives Lohn- und Gehaltsniveau des Landes i, d.h. empfangenes Arbeitnehmerentgelt je Arbeitnehmer am Wohnort in % des Bundesdurchschnitts. In dieser Schätzgleichung und in den nachfolgenden Berechnungen werden bewusst nicht die absoluten Länderwerte (Lohnsteuer je Arbeitnehmer und empfangenes Pro-Kopf-Arbeitnehmerentgelt) verwendet, sondern die auf den jeweiligen Bundesdurchschnitt bezogenen relativen Daten. Dadurch schlagen bei der Lohnsteuer je Arbeitnehmer Brüche in der Zeitreihe aufgrund von Steuerrechtsänderungen weniger stark zu Buche, die länderspezifischen Entwicklungen können besser zum Ausdruck kommen. Denn solange die Steuerrechtsänderungen alle Länder im Prinzip im gleichen Maße betreffen, werden durch den Bezug der Länderzahlen auf den Bundeswert diese für alle Länder gleichermaßen geltenden Verzerrungen aufgrund von Steuerrechtsänderungen quasi herausgefiltert.14 Wird die exponentielle Schätzgleichung (1) durch Logarithmierung in ein lineares Schätzmodell überführt, erhält man folgende lineare Regressionsgleichung:
(2) ln(ti) = a + ln(Gi) · m, mit a = ln(b)
Diese Gleichung kann für die Jahre 1996 bis 201115 geschätzt werden, so dass für die 16 Länder insgesamt 256 Beobachtungen vorliegen. Dann erhält man folgende lineare Regressionsgleichung (2):
ln(ti) = -0,01069 + ln(Gi) · 2,92238
mit r = 0,95058;16 SD = 0,0848235; F-Wert = 4885,2.
Die sich ergebenden Schätzwerte sind in Abbildung 4 mit Bezug auf 2011 für die Lohnsteuerkraft als grau gestrichelte Linie eingetragen. Aus der Gegenüberstellung mit der tatsächlichen Lohnsteuer je Arbeitnehmer (hellblaue Säulen) wird deutlich, dass vor allem in den Stadtstaaten und in den ostdeutschen Flächenländern die tatsächliche Lohnsteuerkraft höher liegt als diejenige, die regressionsanalytisch aus dem Lohn- und Gehaltsniveau der Länder abgeleitet wird; umgekehrt ist die Situation in den süddeutschen Ländern Hessen, Bayern, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und dem Saarland.
Eine Erklärung hierfür dürfte zum einen in den unterschiedlichen Familienstrukturen der einzelnen Länder liegen. In den Ballungszentren ist die Zahl der Einpersonenhaushalte deutlich höher als in ländlichen Gebieten, d.h. es gibt dort überproportional viele gut verdienende Einzelpersonen, die den Splittingvorteil nicht wahrnehmen (können) mit einer vergleichsweise hohen Progressionsstufe, demgegenüber relativ wenige Familien mit Kindern. In stärker ländlich geprägten Gebieten ist dagegen die Zahl der Mehrpersonenhaushalte höher, hier gibt es erheblich mehr Familien mit Kindern und Alleinverdienern bzw. geringfügig mitverdienenden Ehepartnern, was zu einem relativ hohen Splittingvorteil führt. So zeigen die Ergebnisse des Mikrozensus 2011, dass der Anteil der Alleinlebenden mit über 30% in Berlin und fast 30% in den beiden anderen Stadtstaaten weit überproportional hoch ist.17 Den niedrigsten Anteil Alleinlebender weist dagegen Rheinland-Pfalz mit 16,4% auf. Auch Baden-Württemberg (17,3%) und das Saarland (18,4%) liegen unter dem Bundesdurchschnitt von 19,6%. Die ostdeutschen Länder wiesen unmittelbar nach der Wiedervereinigung noch einen signifikant geringeren Anteil an Einpersonenhaushalten auf als das frühere Bundesgebiet, mittlerweile liegen sie aber auch über dem Bundesdurchschnitt. Zum anderen dürfte noch eine wichtige Rolle spielen, dass in Flächenländern die Wege zum Arbeitsort in der Regel länger sind als in den Stadtstaaten und in diesen Ländern deshalb deutlich höhere Pendlerfreibeträge auf den Lohnsteuerkarten eingetragen sind, wodurch dort das Lohnsteuerniveau ebenfalls gedämpft wird.
Die offensichtlich strukturbedingten, in den Ländern unterschiedlich ausgeprägten Abweichungen zwischen den tatsächlichen und den regressionsanalytisch ermittelten Werten der Lohnsteuer je Arbeitnehmer werden im Rahmen der Modellrechnung „länderspezifische Strukturkomponente“ genannt. Eine nähere Analyse zeigt, dass ihre Werte in einigen Ländern im Zeitablauf stark schwanken. Um für die einzelnen Länder zu einer angemessenen Durchschnittsbildung zu gelangen und gleichzeitig herauszuarbeiten, ob sich in der Entwicklung ein Trend feststellen lässt, wurden die Strukturkomponenten der einzelnen Länder einer länderspezifischen Trendanalyse unterzogen. Diese erlaubt es, das Regressionsmodell zur Schätzung der pendlerbedingten Lohnsteuerzerlegung durch Berücksichtigung einer länderspezifischen Strukturkomponente si weiter zu verfeinern. Die so verbesserte Schätzgleichung für die relative Lohnsteuerkraft des Landes i lautet demnach:
(3) ti = b ·Gim· (1 + si )
Unter Berücksichtigung der trendmäßigen länderspezifischen Strukturkomponenten kann damit die relative Lohnsteuerkraft der einzelnen Länder in Abhängigkeit von der relativen Höhe ihrer Arbeitnehmerentgelte für die Jahre 1995 bis 2013 bestimmt werden.18
In Abbildung 4 sind die Werte der regressionsanalytisch abgeleiteten (relativen) Lohnsteuerkraft einschließlich Strukturkomponente als durchgezogene graue Linie eingezeichnet; sie wird dort „Lohnsteuerkraft gemäß Regression bereinigt“ genannt. Aus der Gegenüberstellung zur „Lohnsteuerkraft gemäß Regression unbereinigt“ (gestrichelte Linie) wird deutlich, dass es sehr gut gelingt, mit Hilfe der Strukturkomponente die „Ausreißer“ bei der unbereinigten Regressionsgerade „einzufangen“ und den tatsächlichen Zusammenhang zwischen relativen Arbeitnehmerentgelten und relativer Lohnsteuerkraft noch besser wiederzugeben. In der erwähnten umfassenden Darlegung ist die Situation auch für Länder mit besonders markanten Abweichungen im Zeitablauf dargestellt.19 Dabei wird deutlich, dass sich unter Berücksichtigung der länderspezifischen Strukturkomponente auch in zeitlicher Hinsicht bei diesen Ländern eine sehr viel bessere Annäherung der Regressionswerte an die tatsächliche Lohnsteuerkraft ergibt als bei der Regression ohne Berücksichtigung der Strukturkomponente.
Pendlerbedingte Lohnsteuerzerlegung
Die Ergebnisse der Regressionsanalyse können nun dazu verwendet werden, die Lohnsteuer in Abhängigkeit vom Arbeitnehmerentgelt nach Arbeitsort zu bestimmen und so auf der Basis der genannten Pendlerverflechtungen die pendlerbedingten Lohnsteuerströme für alle 16 Länder zu ermitteln. In der Auswertung einer entsprechenden 16x16-Ländermatrix kann dargelegt werden, in welchem Umfang Lohnsteueraufkommen in den einzelnen Ländern erwirtschaftet wurde und über die Einpendler an die anderen 15 Länder abgeflossen ist, und umgekehrt, welches Lohnsteueraufkommen den einzelnen Ländern über die jeweiligen Auspendler zugeflossen ist. Aus der Differenz beider Größen errechnet sich für die einzelnen Länder der Saldo zwischen abfließender und zufließender Lohnsteuer aufgrund von Pendlern, also die pendlerbedingte Lohnsteuerzerlegung. Stellt man diesem Saldo das tatsächliche Volumen der derzeitigen Zerlegung nach dem Wohnortkonzept gegenüber, so ergibt sich als (rechnerische) Differenz ein Wert, der theoretisch für die Zerlegung wegen zentraler Lohnsteuerabführung steht. Damit liegen im Prinzip alle Informationen vor, mit denen das Lohnsteuerzerlegungsvolumen für die einzelnen Länder in die beiden Komponenten (pendlerbedingte Lohnsteuerzerlegung; Lohnsteuerzerlegung wegen zentraler Lohnsteuerabführung) aufgespalten werden kann.
Abbildung 5
Zerlegungsvolumina der Teilkomponenten der Lohnsteuer
Quelle: eigene Berechnungen.
Das Zerlegungsvolumen hat sich von 1996 bis 2013 von 5,1 Mrd. Euro auf über 11,7 Mrd. Euro mehr als verdoppelt. Das pendlerbedingte Zerlegungsvolumen ist dabei um die Hälfte von 4,0 auf 6,0 Mrd. Euro angestiegen und damit im Vergleich zum Zerlegungsvolumen aufgrund der zentralen Lohnsteuerabführung, das sich von 1,5 Mrd. Euro auf 6,4 Mrd. Euro mehr als vervierfacht hat, relativ moderat angewachsen (vgl. Abbildung 5).20 Insgesamt haben sich damit die Gewichte von der pendlerbedingten Lohnsteuerzerlegung in Richtung Zerlegung wegen zentraler Lohnsteuerabführung verschoben. Bemerkenswert sind einige Jahre, in denen das Zerlegungsvolumen wegen zentraler Lohnsteuerabführung sprunghaft angestiegen ist, insbesondere die Jahre 1998 bis 2001, dann vor allem 2007 und 2008, und am aktuellen Rand 2011 bis 2013. Offenkundig hat in diesen Jahren die Zerlegung auf massive Verlagerungen von zentralen Lohnsteuerzahlstellen reagiert.
Bei einer Betrachtung der Entwicklung in den einzelnen Ländern werden diese Brüche noch deutlicher.21 Die zeitliche Verzögerung bei der Ermittlung der Zerlegungskoeffizienten hinterlässt erkennbare Spuren in der Aufkommensentwicklung der Lohnsteuer in den einzelnen Ländern. Dies wird deutlich, wenn man die Abweichung der tatsächlichen von der modellmäßig ermittelten trendmäßigen Steuerkraft einerseits und die Veränderungen wegen zentraler Lohnsteuerabführungen andererseits vergleicht. Eine Zentralisierung der Lohnsteuerabführung führt dazu, dass im betreffenden Land die tatsächliche relative Lohnsteuerkraft zum Teil deutlich über die trendmäßige, also durch die Entwicklung der Beschäftigung und der Arbeitsentgelte zu erklärende Lohnsteuerkraft ansteigt und erst mit einer erheblichen zeitlichen Verzögerung von bis zu sechs (bis 2009) bzw. von drei Jahren (ab 2010) durch eine entsprechende Änderung der Zerlegung wegen zentraler Lohnsteuerabführung kompensiert wird.22
Abbildung 6
Absolute Gewinne bzw. Verluste bei hälftiger Berücksichtigung des Arbeitsortprinzips, 2013
Quelle: eigene Berechnungen.
Auswirkungen einer Berücksichtigung des Arbeitsortprinzips
Mit der Modellrechnung kann geschätzt werden, wie sich eine Berücksichtigung des tatsächlichen Betriebsstättenprinzips (Arbeitsortkonzept) auf die Einnahmen der Länder auswirken würde; dabei wird im Folgenden auf das aktuelle Jahr 2013 abgestellt. Bei einer Abkehr vom derzeitigen Wohnortkonzept und damit einer vollständigen Verwirklichung des Arbeitsortkonzeptes würde das gesamte pendlerbedingte Zerlegungsvolumen in den Ländern verbleiben, in denen sich die tatsächlichen Betriebsstätten befinden. Legt man hingegen die häufig vorgeschlagene gleichmäßige Berücksichtigung von Wohnsitz- und Arbeitsortprinzip zugrunde, halbieren sich die entsprechenden Gewinne bzw. Verluste der einzelnen Länder. Unter Berücksichtigung des Länderanteils (42,5%) und des Gemeindeanteils (15%) ergeben sich konkret die in Abbildung 6 dargestellten finanziellen Auswirkungen vor Finanzausgleich.
Neben dem Stadtstaat Hamburg würden insbesondere auch die wirtschaftsstarken Flächenländer Hessen und Baden-Württemberg vom Übergang auf das Arbeitsortkonzept profitieren. Aber auch die beiden anderen Stadtstaaten (Berlin und Bremen) sowie Nordrhein-Westfalen und Bayern könnten mit erheblichen Gewinnen vor Finanzausgleich rechnen. Diese Länder werden also durch die derzeitige Verteilung der Lohnsteuer ausschließlich nach dem Wohnort entsprechend benachteiligt. Absolut größter Profiteur des derzeitigen Systems ist dagegen Niedersachsen, das bei einer Umstellung größter Verlierer wäre, aber auch alle ostdeutschen Flächenländer sowie Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein würden durch die geänderte Zerlegung ein geringeres Steueraufkommen erhalten.23 Die Besserstellung der drei Stadtstaaten kommt noch klarer zum Ausdruck, wenn die Auswirkungen je Einwohner betrachtet werden (vgl. Abbildung 7). Die meisten ostdeutschen Flächenländer, insbesondere Brandenburg und die anderen neuen Länder mit langen Grenzen zu Westdeutschland sowie die beiden klassischen Auspendlerländer Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz, würden überproportional verlieren. Demgegenüber wird die hohe absolute Belastung Niedersachsens bei einer Pro-Kopf-Betrachtung aufgrund der Größe dieses Landes stark relativiert.
Abbildung 7
Pro-Kopf-Gewinne bzw. -Verluste bei hälftiger Berücksichtigung des Arbeitsortprinzips, 2013
Quelle: eigene Berechnungen.
Folgen für den Finanzausgleich
2013 betrug der finanzielle Vorteil der drei Stadtstaaten durch die Einwohnerwertungen bei der Länderfinanzkraft 4,3 Mrd. Euro, bei vollständiger Betrachtung24 sogar rund 5,4 Mrd. Euro, während sie bei einer hälftigen Verwirklichung des Betriebsstättenprinzips nur um knapp 0,9 Mrd. Euro vor Finanzausgleich bessergestellt werden. Wie Abbildung 8 zeigt, würde schon die Kompensation vor Finanzausgleich bei den drei Stadtstaaten ganz unterschiedlich ausfallen. Während bei Hamburg die hälftige Verwirklichung des Arbeitsortprinzips den Wegfall der Einwohnerwertungen zu gut 60% kompensieren könnte, würden bei Berlin und Bremen erhebliche Lücken verbleiben. Noch dramatischer würde die Situation für Berlin und Bremen nach Finanzausgleich ausfallen, da im jetzigen Finanzausgleichssystem nur deutlich weniger als 20% der originären Mehreinnahmen auch nach Finanzausgleich in den beiden Stadtstaaten verbleiben würden. Nur bei Hamburg könnte eine geänderte Lohnsteuerzerlegung einen nennenswerten Beitrag zur Kompensation einer Verminderung der Einwohnerwertung leisten.
Abbildung 8
Gewinne bei hälftiger Berücksichtigung des Arbeitsortprinzips und Einwohnerwertung, 2013
Quelle: eigene Berechnungen.
Die unterschiedlichen Ergebnisse der drei Stadtstaaten geben schlüssige Argumente dafür, dass sich eine für alle Stadtstaaten einheitliche Einwohnerwertung zumindest wegen der Pendler nicht rechtfertigen lässt und ein Wert in Höhe von 135% vor allem für Berlin deutlich zu hoch angesetzt ist. Insgesamt gesehen kann eine Veränderung der primären Steuerverteilung zugunsten der Stadtstaaten nur ein Teilelement eines neuen Systems der Bund-Länder-Finanzbeziehungen sein. Dies betrifft nicht zuletzt die neuen Länder, in denen sich aufgrund der dort noch merklich geringeren Wirtschaftskraft und der dadurch ausgelösten hohen Auspendlerzahl deutliche Verluste gegenüber dem Status quo einstellen.
Die Verluste einzelner Länder reduzieren sich erheblich, wenn man in Abbildung 9 die Situation nach Finanzausgleich betrachtet. Die Kompensationsquoten liegen zwischen 86% in Rheinland-Pfalz und 77% in Sachsen. Umgekehrt verzeichnen die meisten Länder, die von einer Umstellung der Lohnsteuerzerlegung auf das Arbeitsortkonzept profitieren, nach Finanzausgleich geringere Gewinne, wobei Hamburg wie schon erwähnt immer noch recht gut abschneidet. Geradezu kurios erscheint die Situation im Falle von Bayern und Nordrhein-Westfalen, wo es zu Verlusten nach Finanzausgleich kommt, obwohl beide Länder durch die geänderte Lohnsteuerzerlegung originär ein höheres Steueraufkommen erzielen. Dieses scheinbar paradoxe und ökonomisch offenkundig widersinnige Ergebnis erklärt sich durch das Zusammenwirken der drei steuer- bzw. finanzkraftabhängigen Ausgleichsstufen Umsatzsteuerausgleich, Länderfinanzausgleich und allgemeine Bundesergänzungszuweisungen25 und beleuchtet beispielhaft die Problematik des bestehenden Ausgleichssystems. Dies unterstreicht mit Nachdruck die Feststellung, dass eine geänderte Lohnsteuerzerlegung nur im Zusammenhang mit einer umfassenden und in sich schlüssigen Reform des bundesstaatlichen Finanzausgleichs sinnvoll ist.
Abbildung 9
Gewinne/Verluste bei hälftiger Berücksichtigung des Arbeitsortprinzips vor und nach Finanzausgleich, 2013
Quelle: eigene Berechnungen.
Zusammenfassung
Der den Ländern zustehende Teil des Lohnsteueraufkommens wird derzeit im Rahmen der Lohnsteuerzerlegung nach dem Wohnsitz der Steuerpflichtigen auf die Länder verteilt. Aus der Finanzwissenschaft wird seit Jahren gefordert, wenigstens einen Teil des Lohnsteueraufkommens auch nach dem Arbeitsort der Lohnsteuerpflichtigen zu verteilen, um so dem Äquivalenzprinzip mehr Genüge zu leisten und eine gewisse Internalisierung von Spillover-Effekten speziell der Stadtstaaten zu erreichen. Aus den zur Verfügung stehenden Statistiken und Informationen der Steuerverwaltung kann jedoch nicht ohne Weiteres ermittelt werden, welcher Teil der Lohnsteuerzerlegung auf das Auseinanderfallen von Betriebs- und Wohnort zurückzuführen ist. Auch kann deshalb das Betriebsstättenprinzip im Sinne eines Arbeitsortskonzepts nicht in reiner Form umgesetzt werden. Hieraus ergeben sich zwei Erfordernisse: Zum einen muss über Modellrechnungen geschätzt werden, wie sich eine Verwirklichung des Arbeitsortskonzepts konkret auswirken könnte. Zum anderen würden, bei einer entsprechenden Veränderung der Lohnsteuerzerlegung, zusätzliche Informationen der Steuerverwaltung notwendig. In den Modellrechnungen wurden die Auswirkungen eines Arbeitsortskonzepts und hierbei vor allem die Einkommen berufspendelnder Arbeitnehmer und die von ihnen erwirtschaftete Lohnsteuer geschätzt. Trotz Unzulänglichkeiten in der Datenbasis und unumgänglicher Vereinfachungen bei den Modellannahmen dürften die Berechnungen die zu erwartenden Effekte bei einer Umstellung der Lohnsteuerzerlegung quantitativ gut erfassen. Danach zählen neben den Stadtstaaten vor allem die finanzstarken Flächenländer zu den Verlierern des derzeitigen Zerlegungssystems nach Wohnort. Deutlich wird in diesem Zusammenhang auch die zunehmende Bedeutung der sogenannten zentralen Lohnsteuerabführung.
Die Autoren vertreten ihre persönliche Meinung.
- 1 Vgl. z.B. G. Färber, C. Kühl, D. Alt: Neuordnung der Besteuerungskompetenzen bei der Einkommensteuer, in: Wirtschaftsdienst, 94. Jg. (2014), H. 4, S. 267 ff.; und A. Boss, R. Weiß, W. Münzenmaier, C. Weber: Was bringt eine geänderte Ertragskompetenz bei der Einkommensteuer? – eine Replik, in: Wirtschaftsdienst, 94. Jg. (2014), H. 8, S. 575 ff.
- 2 Dies sind die Anteile der Länder an den Gemeinschaftsteuern außer der Umsatzsteuer, die Gewerbesteuerumlage sowie die Ländersteuern (die auch die Kompensationsleistungen des Bundes für den Wegfall der Kfz-Steuer enthalten).
- 3 Vgl. zuletzt M. Broer: Reformoptionen des Länderfinanzausgleichs unter politökonomischer Betrachtung, in: Wirtschaftsdienst, 94. Jg. (2014), H. 4, S. 259 ff.
- 4 Vgl. z.B. W. Scherf: Der Länderfinanzausgleich in Deutschland: ungelöste Probleme und Ansatzpunkte einer Reform, in: Finanzwissenschaftliche Schriften, Bd. 101, Frankfurt a.M. 2000, S. 131 ff.
- 5 Vgl. BVerfGE 72, S. 330, 390 ff.
- 6 Eine ausführliche Darstellung der Berechnungen bei W. Münzenmaier, R. Weiß: Auswirkungen einer geänderten Lohnsteuerzerlegung: Quantifizierung pendlerbedingter Zerlegungseffekte und Bedeutung der zentralen Lohnsteuerabführung, Statistische Analysen, Nr. 2/2014, Statistisches Landesamt Baden-Württemberg, Stuttgart, im Erscheinen.
- 7 Anhand der Eintragung auf der Lohnsteuerkarte kann z.B. das für die Einkommensteuererklärung zuständige Finanzamt in Land A feststellen, dass die Lohnsteuer eines Steuerpflichtigen in Land B abgeführt worden ist.
- 8 Vgl. Bundesagentur für Arbeit: Arbeitsmarkt in Zahlen – Beschäftigungsstatistik, Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte – Pendler nach Ländern, http://bit.ly/1vRcus1 (9.10.2014).
- 9 2012 betrug dieses Verhältnis bundesdurchschnittlich 128,1% und schwankte zwischen 120,2% in Sachsen und 135,0% in Rheinland-Pfalz.
- 10 Vgl. Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen der Länder, Reihe 1, Länderergebnisse, Bd. 5, Entstehung, Verteilung und Verwendung des Bruttoinlandsprodukts in den Ländern der Bundesrepublik Deutschland 1992 bis 2012, Tabelle 3.1, Arbeitnehmerentgelt im Inland.
- 11 Vgl. ebenda, Tabelle 5.1.1, Empfangenes Arbeitnehmerentgelt (Inländer).
- 12 Streng genommen eignet sich die Größe „Bruttolöhne und -gehälter“ konzeptionell besser als Bemessungsgrundlage der Lohnsteuer; diese enthält die von den im Inland ansässigen Wirtschaftseinheiten (Betrieben) geleisteten Löhne und Gehälter der beschäftigten Arbeitnehmer vor Abzug der Lohnsteuer und der Sozialbeiträge der Arbeitnehmer, sowie Sachleistungen, die den Arbeitnehmern unentgeltlich oder verbilligt zur Verfügung gestellt werden. Für die Länder wird diese Größe vom Arbeitskreis „Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen der Länder“ allerdings nur nach dem Arbeitsort, nicht nach dem Wohnort berechnet und veröffentlicht. Das Arbeitnehmerentgelt enthält zusätzlich die tatsächlichen und unterstellten Sozialbeiträge der Arbeitgeber.
- 13 Vgl. W. Münzenmaier, R. Weiß, a.a.O., Ziff. 4.3 bis 4.5, mit einer ausführlichen Beschreibung der Vorgehensweise, einer Bewertung des Ansatzes und einer Gegenüberstellung möglicher alternativer Vorgehensweisen.
- 14 Eine markante Ausnahme stellt die Neuordnung des Familienleistungsausgleichs dar. Vgl. W. Münzenmaier, R. Weiß, a.a.O., Ziff. 4.6.
- 15 Für die Jahre 2012 und 2013 liegen die Zahlen für die Arbeitnehmerentgelte und die Arbeitnehmer am Wohnort noch nicht vor.
- 16 Der Korrelationskoeffizient liegt bei einer Berechnung auf Basis der absoluten Werte (Lohnsteuer je Arbeitnehmer abgeleitet aus dem Arbeitnehmerentgelt je Arbeitnehmer) mit 0,768 erheblich niedriger, weshalb die Zusammenhänge durch den Bezug auf den Bundesdurchschnitt wie erwartet deutlicher zum Ausdruck kommen.
- 17 Vgl. Statistisches Bundesamt: Alleinlebende in Deutschland. Ergebnisse des Mikrozensus 2011, S. 9, http://bit.ly/1w2c81D (9.10.2014).
- 18 Eine umfassende Beschreibung der Vorgehensweise findet sich bei W. Münzenmaier, R. Weiß, a.a.O., Ziff. 4.8.
- 19 Vgl. ebenda.
- 20 Zu beachten ist, dass das gesamte Zerlegungsvolumen in der Regel geringer ist als die Summe der beiden Teilkomponenten, da es bei einzelnen Ländern unterschiedliche Vorzeichen bei den Teilkomponenten geben kann (insbesondere bei Berlin).
- 21 Hierauf wird in der umfassenden Untersuchung eingegangen, außerdem werden die Hintergründe, soweit möglich, näher analysiert, vgl. ebenda, Ziff. 5.3.
- 22 Vgl. ebenda.
- 23 So auch L. P. Feld, H. Kube, J. Schnellenbach: Optionen für eine Reform des bundesdeutschen Finanzausgleichs, Freiburg 2013, S. 47.
- 24 Also unter Einbeziehung auch der Einwohnerwertungen für die kommunale Finanzkraft nach § 9 Abs. 3 FAG.
- 25 Dieses Ergebnis ist insbesondere auf die konkrete Ausgestaltung des Umsatzsteuerausgleichs und die mangelnde Abstimmung mit den folgenden Ausgleichsstufen zurückzuführen. Sowohl Nordrhein-Westfalen als auch Bayern profitieren zwar von einer Änderung der Lohnsteuerzerlegung vor Finanzausgleich. Ihre Pro-Kopf-Gewinne fallen aber verglichen mit den Ländern Hamburg, Bremen, Hessen, Berlin und Baden-Württemberg mit 6 Euro je Einwohner vergleichsweise niedrig aus. Insgesamt führt die geänderte Lohnsteuerzerlegung zu einer Vergrößerung der originären Steuerkraftunterschiede, und das Volumen des Umsatzsteuerausgleichs steigt um rund 470 Mio. Euro. Dadurch werden alle „Zahlerländer“ des Umsatzsteuerausgleichs – also auch Nordrhein-Westfalen – annähernd gleichmäßig (zusätzlich) belastet (Bayern um 12 Euro je Einwohner, Nordrhein-Westfalen sogar um 14 Euro je Einwohner). Bei beiden Ländern wird dieser Verlust zwar auf den folgenden Stufen des Finanzausgleichs (Länderfinanzausgleich und allgemeine Bundesergänzungszuweisungen) teilweise ausgeglichen, aber dennoch verbleiben in beiden Ländern nach Finanzausgleich Mindereinnahmen, selbst unter Berücksichtigung der gestiegenen kommunalen Steuerkraft. Dieses Phänomen tritt nicht nur 2013, sondern auch in weiteren Jahren auf.