Während die Mütterrente und die Rente mit 63 kontrovers diskutiert werden, gilt dies nicht für die im Rentenpaket der Bundesregierung ebenfalls vorgesehenen Änderungen an der Erwerbsminderungsrente. Die geplanten Änderungen verbessern zwar die Situation von zukünftigen Erwerbsminderungsrentnern, tangieren aber nicht das wesentliche Finanzierungsproblem. Der Autor vertritt daher die These, dass in Zeiten des demografischen Wandels durch eine innerhalb der Sozialversicherung institutionell getrennte Versicherung des Langlebigkeits- und des Erwerbsminderungsrisikos ein nachhaltig höheres Erwerbsminderungsrentenniveau erreicht werden könnte.
Erwerbsminderung bezeichnet das finanzielle Risiko eines krankheitsbedingten Verlusts der Arbeitskraft.1 2011 bezogen in Deutschland 1,6 Mio. Menschen unter 65 Jahren eine Erwerbsminderungsrente,2 wobei die Erwerbsminderungsrente eines Versicherten mit Erreichen der Regelaltersgrenze automatisch in eine Altersrente umgewandelt wird. Der durchschnittliche Rentenzahlbetrag eines 2011 wegen Erwerbsminderung in Rente gegangenen Versicherten betrug 596 Euro3 und lag damit unterhalb des Grundsicherungsniveaus. Zudem waren 48% der Personen, deren eigene Einkünfte 2011 nicht zur Deckung des sozio-kulturellen Existenzminimums ausreichten und die deshalb die bedürftigkeitsgeprüfte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung bezogen haben, voll erwerbsgemindert.4 Erwerbsminderung erweist sich somit als ein wesentliches Risiko, auf die Grundsicherung angewiesen zu sein, um absolute Armut, im Sinne nicht hinreichender eigener Einkünfte zur Deckung des sozio-kulturellen Existenzminimums, zu vermeiden.5 Vor diesem Hintergrund ist es das ausdrückliche Ziel der Bundesregierung, die Versorgungssituation erwerbsgeminderter Personen zu verbessern.
Das Drei-Säulen-Modell
Der Gesetzgeber verfolgt in der Rentenpolitik seit der Einführung der dynamischen Rente 1957 das Ziel der Lebensstandardsicherung. Seit Ende der 1990er Jahre soll dieses Ziel allerdings nicht mehr ausschließlich über die Gesetzliche Rentenversicherung (GRV), sondern durch eine Kombination von gesetzlicher, betrieblicher und privater Vorsorge erreicht werden (Drei-Säulen-Modell).6 Im Folgenden wird untersucht, inwiefern das Ziel der Lebensstandardsicherung in Bezug auf das Erwerbsminderungsrisiko durch dieses Drei-Säulen-Modell erreicht werden kann.
Die gesetzliche Erwerbsminderungsrente
In Deutschland sind in der umlagefinanzierten GRV alle Arbeitnehmer mit einem Lohneinkommen über 450 Euro pflichtversichert. Die GRV finanziert sich über lohnabhängige Beiträge und der Leistungsumfang der GRV umfasst neben der Altersrente auch die Erwerbsminderungsrente. Während 1900 13,67% der Rentenzugänge Altersrenten und 86,33% Erwerbsminderungs- bzw. Invalidenrenten waren, waren es 2009 79,1% Altersrenten und 19,9% bzw. 173 028 Erwerbsminderungsrenten.7 Insgesamt bezogen 2011 1,6 Mio. Menschen unter 65 Jahren eine Erwerbsminderungs- oder Erwerbsunfähigkeitsrente.
Anfang der 2000er Jahre wurde neben der Altersrente auch die Leistungsseite der Erwerbsminderungsrente grundlegend reformiert. Durch die 2001 in Kraft getretene Erwerbsminderungsrentenreform wurden die Voraussetzungen für den Leistungsbezug verschärft sowie die Absicherung des Berufsunfähigkeitsrisikos aus der GRV ausgegliedert.8
Die Rentenhöhe bei Erwerbsminderung ergibt sich aus der allgemeinen Rentenformel:
monatliche Rente = EP · ZF · RAF · aRW
Die monatliche Rentenhöhe hängt von der Zahl der Entgeltpunkte EP, vom Rentenzugangsfaktor ZF, vom Rentenartfaktor RAF und vom aktuellen Rentenwert aRW ab. Die Entgeltpunkte bestimmen sich grundsätzlich aus dem Verhältnis des Jahresbruttoentgelts eines Arbeitnehmers zum durchschnittlichen Bruttojahresentgelt aller Arbeitnehmer. Bei der Berechnung der Erwerbsminderungsrente beziehen sich die Entgeltpunkte bei Rentenantragstellung vor dem 60. Lebensjahr nicht nur auf den zurückliegenden Versichertenverlauf, sondern sie werden um die sogenannte Zurechnungszeit, definiert als Differenz zwischen dem 60. Lebensjahr und dem Alter bei Antragstellung, erhöht. Die Entgeltpunkte ergeben sich somit aus der Durchschnittsentgeltpunktezahl des Versicherten vor Rentenantragstellung hochgerechnet auf eine fiktive Erwerbsdauer vom Versicherungsbeginn bis zum 60. Lebensjahr. Der Rentenzugangsfaktor beträgt bei einem mindestens 63-jährigen erwerbsgeminderten Versicherten 1. Ist der Versicherte bei Antragstellung jünger als 63, was bei der Erwerbsminderungsrente in der Regel der Fall ist, so reduziert sich der Rentenzugangsfaktor um 0,003 bzw. 0,3 Prozentpunkte je Monat, den die Rente vor dem 63. Lebensjahr in Anspruch genommen wird. Allerdings ist die Abschlagshöhe auf 10,8% beschränkt.9 Der Rentenartfaktor beträgt bei der vollen Erwerbsminderungsrente ebenso wie bei der Altersrente 1, bei der teilweisen Erwerbsminderungsrente 0,5.
Parallel zur Anhebung der Regelaltersgrenze wird das Mindestalter zum abschlagsfreien Bezug einer Erwerbsminderungsrente schrittweise bis 2024 von 63 auf 65 erhöht. Die maximale Abschlagshöhe verbleibt bei 10,8%, so dass sich auch die Altersgrenze, bis zu der Versicherte den maximalen Abschlag hinzunehmen haben, schrittweise bis 2024 um zwei Jahre auf 62 erhöht. Langjährige Versicherte können allerdings weiterhin mit 63 Jahren abschlagsfrei eine Erwerbsminderungsrente beziehen, wobei die dafür vorzuweisenden Pflichtbeitragszeiten von 35 schrittweise bis 2024 auf 40 Jahre angehoben werden.10 Unverändert blieb allerdings die Zurechnungszeit, die den Zeitraum zwischen dem Eintritt der Erwerbsminderung und dem vollendeten 60. Lebensjahr bezeichnet. Während für Altersrentner eine teilweise Kompensation des sinkenden Rentenniveaus durch eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit möglich ist,11 ist Erwerbsminderungsrentnern dies aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich. Das Rentenpaket der Bundesregierung sieht deshalb vor, die Zurechnungszeit schrittweise um zwei Jahre zu erhöhen. Nach der schrittweisen Erhöhung des Alters zum Bezug einer abschlagsfreien Altersrente sowie des Alters zum Bezug einer abschlagsfreien Erwerbsminderungsrente ist es als folgerichtig anzusehen, auch die Zurechnungszeit, die als für einen Erwerbsminderungsrentner fiktiv unterstellte Erwerbsdauer bezeichnet werden kann, zu erhöhen.12
Tabelle 1
Beispielrechnungen zur Höhe der Erwerbsminderungsrente
Rentenversicherungspflichtiges Jahreseinkommen | Lebensalter bei Versicherungsbeginn1 | Monatliche Rentenhöhe2 in Euro | Monatlicher Rentenzahlbetrag3 in Euro |
---|---|---|---|
Durchschnittsentgelt (2013 West: 34 071 Euro) | 25 | 878,53 | 788,48 |
87% des Durchschnittsentgelts | 25 | 764,32 | 685,98 |
75% des Durchschnittsentgelts | 25 | 658,90 | 591,36 |
50% des Durchschnittsentgelts | 25 | 439,27 | 394,24 |
72% des Durchschnittsentgelts | 18 | 759,05 | 681,25 |
1 Unterstellt werden eine durchgehende Erwerbsbiographie sowie ein im Verhältnis zum Durchschnittsentgelt konstantes Einkommen.
2 Angenommen wird ein Eintritt der vollen Erwerbsminderung vor dem 60. Lebensjahr, eine Zurechnungszeit bis zum 60. Lebensjahr, eine Abschlagshöhe von 10,8% sowie ein Rentenwert West 2013 von 28,14 Euro.
3 Der Rentenzahlbetrag berechnet sich aus der Rentenhöhe abzüglich Krankenversicherungsbeiträgen in Höhe von 8,2% und Pflegeversicherungsbeiträgen in Höhe von 2,05% (Versicherte mit Kindern).
Quelle: eigene Berechnungen.
Leistungsniveau der gesetzlichen Erwerbsminderungsrente
Das sich aus der Rentenformel ergebende Leistungsniveau lässt sich am besten anhand einiger Beispielrechnungen verdeutlichen (vgl. Tabelle 1). Eine ab dem 25. Lebensjahr beschäftigte Person muss mindestens durchgehend 87% des Durchschnittsentgelts verdienen, um einen das Grundsicherungsniveau von 760 Euro13 übersteigenden Erwerbsminderungsrentenanspruch zu erwerben. Bei einer ab dem 18. Lebensjahr erwerbstätigen Person sind es mindestens 72% des Durchschnittsentgelts. Wer weniger verdient oder trotz zeitweise höherem Einkommen eine unterbrochene Erwerbsbiographie aufweist, erreicht keinen existenzsichernden gesetzlichen Erwerbsminderungsanspruch.
Die GRV bietet im Durchschnitt keinen existenzsichernden, geschweige denn lebensstandardsichernden, Absicherungsgrad gegen Erwerbsminderung mehr. 10,8% der Erwerbsminderungsrentenbezieher konnten dies nicht durch Vermögen oder andere Einkommensarten ausgleichen und bezogen 2011 ergänzend die bedürftigkeitsgeprüfte Grundsicherung, während dies bei den Altersrentenbeziehern lediglich 2,0% waren.14
Köhler-Rama, Lohmann und Viebrok15 gehen davon aus, dass durch die von der Bundesregierung geplante Erhöhung der Zurechnungszeit um zwei Jahre den Versicherten im Durchschnitt 1,6 Entgeltpunkte zusätzlich angerechnet würden. In den in Tabelle 1 dargestellten Beispielrechnungen würde sich die monatliche Rentenhöhe um 5,71% für ab dem 25. Lebensjahr beschäftigte und um 4,76% für ab dem 18. Lebensjahr beschäftige Versicherte erhöhen. Gleichwohl bleibt es trotz dieser Leistungsausweitung dabei, dass auch langjährige Beitragszeiten Personen mit niedrigem Einkommen nicht besser stellen als Personen, die nie gearbeitet haben. Eine derartige Ausgestaltung eines gesetzlichen Zwangssystems gefährdet dessen Akzeptanz.16
Ergänzende private Vorsorge?
Zu prüfen ist deshalb, inwiefern das Ziel der Lebensstandardsicherung durch ergänzende private Vorsorge erreicht werden kann. Teil des mit dem Wandel zum Drei-Säulen-Modell17 einhergehenden Reformprozesses war eine Modifikation der Rentenanpassungsformel. Der Nachhaltigkeitsfaktor dämpft den Anstieg des Rentenwerts, wenn sich das Verhältnis von Leistungsempfängern zu Beitragszahlern erhöht. Der Altersvorsorgeanteil (Riestertreppe) dämpft ebenfalls den Anstieg des Rentenwerts – dabei wird angenommen, dass Versicherte dies durch eine zunehmende private Vorsorge ausgleichen würden. Angesichts der demografischen Entwicklung werden sich diese Änderungen der Rentenanpassungsformel in erheblichem Maße mindernd auf das Niveau der gesetzlichen Alters- und auch der Erwerbsminderungsrente auswirken.
Zum Ausgleich der durch das sinkende Rentenniveau entstehenden Versorgungslücke wird ergänzende private Altersvorsorge durch Zulagen sowie durch den Sonderausgabenabzug im Steuerrecht staatlich gefördert („Riester-Förderung“). Dieses Angebot wird von 35% bis 40% der förderberechtigten Personen in Anspruch genommen.18 Eine vergleichbare ergänzende betriebliche oder private Vorsorge gegen das Erwerbsminderungsrisiko findet allerdings nicht statt.19 Die 2009 gewählte Koalition hatte sich in ihrem Koalitionsvertrag daher vorgenommen, eine staatliche Förderung analog zur Altersvorsorge zu prüfen („EM-Riester“).20
Auf dem Markt für private Rentenversicherungsverträge wurden zunächst ausschließlich Prämiendifferenzierungen zwischen Männern und Frauen vorgenommen, die nun aufgrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nicht mehr zulässig sind. Bei privaten (Zusatz-)Versicherungen gegen das Erwerbsminderungsrisiko ist allerdings davon auszugehen, dass sich erhebliche Prämiendifferenzierungen ergeben. Dies liegt daran, dass das Erwerbsminderungsrisiko z.B. je nach Art der beruflichen Tätigkeit erheblich variiert. Zwar sind Arbeitsunfälle und anerkannte Berufskrankheiten über die Gesetzliche Unfallversicherung (GUV) separat versichert, allerdings ist damit nicht das gesamte berufsbedingte Invaliditätsrisiko abgesichert. Volkskrankheiten wie Rückenleiden sind nicht über die GUV versichert, obwohl sich die Wahrscheinlichkeit daran zu erkranken z.B. durch regelmäßige schwere körperliche Arbeit massiv erhöht.
Die Ausgestaltung der Riester-Förderung sieht vor, dass Arbeitnehmer zum Zeitpunkt ihres Berufseinstiegs mit der ergänzenden privaten Altersvorsorge beginnen. Eine analoge Vorgehensweise für einen EM-Riester hätte allerdings erhebliche verteilungspolitische Folgen. Bei einem Versicherungsbeginn zum Berufseinstieg sind beruflich bedingte Risikounterschiede bereits bekannt, so dass sich diese unmittelbar auf die Prämienhöhe auswirken. Versicherte, die in Berufen mit erhöhter Erwerbsminderungswahrscheinlichkeit arbeiten, zahlen daher deutlich höhere Prämien als Versicherte, die in Berufen mit geringer Erwerbsminderungswahrscheinlichkeit arbeiten. Für erstere ist daher absehbar, dass in einer erheblichen Zahl der Fälle die risikoäquivalente Versicherungsprämie die Zahlungsfähigkeit der betroffenen Person übersteigt.21 Personen, die in Berufen mit hoher Erwerbsminderungswahrscheinlichkeit arbeiten, werden daher bei Freiwilligkeit tendenziell auf eine Versicherung verzichten und stattdessen im Schadensfall die Grundsicherung in Anspruch nehmen.
Zu fragen ist, ob dieses Problem mit einer staatlichen Förderung zu lösen ist. Eine staatliche Förderung ist grundsätzlich geeignet, Grenznachfrager, die derzeit gerade indifferent sind, ob sie eine Versicherung abschließen oder darauf verzichten, zu einem Vertragsabschluss zu bewegen. Je höher die Förderung, desto mehr Personen werden sich für den Abschluss einer Versicherung entscheiden. Bei Personen mit hoher Schadeneintrittswahrscheinlichkeit hat eine staatliche Förderung in moderater Höhe allerdings dann keinen Effekt, wenn trotz staatlicher Förderung die Prämienbelastung die Zahlungsfähigkeit des Versicherten übersteigt. Durch eine Erhöhung der staatlichen Förderung könnte zwar die Effektivität, also die Zahl der zusätzlichen Versicherungsverträge, gesteigert werden. Allerdings erfolgt dies nur unter Inkaufnahme hoher Kosten durch Mitnahmeeffekte, da neben den zusätzlich Versicherten auch jene Versicherten förderberechtigt wären, die auch ohne staatliche Förderung privat vorgesorgt hätten. Um eine flächendeckende Vorsorge zu erreichen, müsste die staatliche Förderung so hoch sein, dass sich auch die Person mit der höchsten Schadeneintrittswahrscheinlichkeit eine ergänzende Erwerbsminderungsversicherung leisten kann.
In der ergänzenden privaten Altersvorsorge ist zu beobachten, dass Personen mit niedrigem Einkommen unterdurchschnittlich häufig einen Riester-Vertrag abschließen,22 obwohl für diesen Personenkreis die staatliche Förderung im Verhältnis zu den Beitragseinzahlungen eine überdurchschnittlich hohe Förderquote ergibt. Dies kann einerseits mit dem Gesetz des abnehmenden Grenznutzens des Geldes erklärt werden, nach dem ein zu Vorsorgezwecken erforderlicher Konsumverzicht für Personen mit niedrigem Einkommen einen höheren Nutzenverlust bedeutet und diese somit häufiger auf freiwillige Vorsorge verzichten. Darüber hinaus kann dies auch mit einer Trittbrettfahrerstrategie erklärt werden. Ein Individuum kann seine langfristig erwarteten Konsummöglichkeiten maximieren, indem es auf eigene Vorsorge verzichtet und im Schadensfall gesellschaftliche Transferleistungen (hier: Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung) in Anspruch nimmt. Ein durch eigene Vorsorge erlangter Versicherungsleistungsanspruch mindert den Anspruch auf bedürftigkeitsgeprüfte Transferleistungen, so dass von der aus Solidaritätsgründen gewährten und von der Gesellschaft finanzierten Grundsicherung ein Anreiz zum Verzicht auf eigene Vorsorge ausgeht.23 Beide Argumente, das Gesetz des abnehmenden Grenznutzens des Geldes sowie das Trittbrettfahrerargument, gelten in gleichem Maße für eine ergänzende private Altersvorsorge wie für eine ergänzende private Erwerbsminderungsvorsorge. Insofern erscheint eine steuerfinanzierte Förderung kaum geeignet, die Versorgungssituation von Personen mit berufsbedingt überdurchschnittlichem Erwerbsminderungsrisiko sowie mit niedrigem Einkommen zu verbessern.
Weiterhin denkbar sind staatliche Eingriffe in den Versicherungsmarkt, etwa ein Verbot von Gesundheitsprüfungen oder Prämiendifferenzierungen. Derartige Eingriffe können allerdings auf einem privaten Versicherungsmarkt zu adverser Selektion führen.24 Versicherungen können aufgrund derartiger staatlicher Eingriffe ausschließlich Durchschnittsprämien erheben, was dazu führen kann, dass Niedrigrisikofälle auf eine Versicherung verzichten. Infolgedessen verschlechtert sich der Risikopool und die Versicherung wird für eine zunehmende Zahl von Personen unrentabel. Da auf dem Markt für ergänzende Erwerbsminderungsversicherungen von erheblichen Risikounterschieden in der Bevölkerung bei Vertragsabschluss auszugehen ist, kann ein Zusammenbruch des Versicherungsmarktes infolge eines staatlichen Eingriffs in die Prämienerhebung nicht ausgeschlossen werden.
Eine Pflicht, mit Beginn des Berufslebens eine Zusatzversicherung gegen das Erwerbsminderungsrisiko abzuschließen, wäre geeignet, das Trittbrettfahrerproblem zu beseitigen. Für Arbeitnehmer in Branchen mit hoher Schadeneintrittswahrscheinlichkeit würden sich allerdings erhebliche negative Verteilungswirkungen ergeben. Sofern Arbeitnehmer die Kosten nicht vollständig auf die Arbeitgeber überwälzen können, wirkt eine solche Pflicht wie eine Lohnkürzung und geht mit negativen Arbeitsanreizen einher. Insbesondere, wenn aufgrund der Versicherungspflicht Personen in derartigen Berufen nunmehr lediglich über ein Einkommen unterhalb des Arbeitslosengeld-II-Niveaus verfügen, besteht die Gefahr, dass diese die Beschäftigung mangels monetärer Arbeitsanreize aufgeben oder aus institutionellen Gründen aufgeben müssen.25
Konzeptionell ließen sich derartige Verteilungswirkungen vermeiden, indem die Versicherungspflicht bereits ab der Geburt gelten würde. Solange ein Versicherungsverhältnis vor Bekanntwerden von Risikounterschieden beginnt, ergeben sich für alle Beitragszahler einer Versicherung gleiche Prämien.26 Eine Versicherungspflicht ab der Geburt erscheint insofern als First-Best-Lösung, da diese das gesellschaftlich gewünschte Absicherungsniveau ohne negative Verteilungswirkungen erreicht. Selbst wenn diese Maßnahme implementiert würde, ist damit den heutigen Arbeitnehmern allerdings nicht geholfen, da deren Risikounterschiede bereits bekannt sind. Aus sozialpolitischer Sicht stellt sich insofern die Frage, ob ein höheres Absicherungsniveau gegen das Erwerbsminderungsrisiko auch für heutige Arbeitnehmer ohne die genannten negativen Verteilungswirkungen erreicht werden kann.
Abbildung 1
Lebendgeborene und Überschuss der Geborenen bzw. Gestorbenen im Zeitverlauf
Quelle: Statistisches Bundesamt: Bevölkerung und Erwerbstätigkeit – Zusammenfassende Übersichten: Eheschließungen, Geborene, Gestorbene, 2013.
Auswirkungen des demografischen Wandels
Das Langlebigkeits- und das Erwerbsminderungsrisiko werden innerhalb der GRV gemeinsam versichert. Infolgedessen wirken sich die im Hinblick auf den demografischen Wandel vollzogenen Reformmaßnahmen sowohl auf das Alters- als auch auf das Erwerbsminderungsrentenniveau senkend aus. Zu fragen ist allerdings, ob der demografische Wandel eine, von der Altersrente getrennte, umlagefinanzierte Erwerbsminderungsversicherung, in einem mit der Altersrente vergleichbaren Maße vor ein Finanzierungsproblem stellen würde. Um die Auswirkungen des demografischen Wandels zu isolieren, wird im Folgenden der Ceteris-Paribus-Klausel gefolgt. Weitere Einflussfaktoren wie das Ausmaß der Zuwanderung oder die Beschäftigungsquote werden daher als konstant unterstellt.
In einem umlagefinanzierten System müssen die Leistungsausgaben stets mit den Beitragseinnahmen in derselben Zeitperiode übereinstimmen. Die Einnahmen der GRV hängen von der Zahl der Beitragszahler A, der durchschnittlichen Lohnhöhe w und dem Beitragssatz α ab. Die eingezahlten Beiträge werden in einem Umlageverfahren nicht angespart, sondern unmittelbar an die Rentner derselben Zeitperiode ausgeschüttet. Die Ausgaben der GRV hängen von der Zahl der Rentner R sowie dem Rentenniveau r ab, das einen prozentualen Anteil der durchschnittlichen Lohnhöhe w bezeichnet. Die Budgetgleichung der GRV lässt sich demnach stilisiert wie folgt formulieren:
(R/A) bezeichnet das Verhältnis von Rentnern zu Erwerbstätigen. Solange dieses, auch als Rentnerquotient bezeichnete, Verhältnis konstant bleibt, kann auch das Verhältnis aus Beitragssatz und Rentenniveau konstant bleiben. Erhöht sich allerdings der Rentnerquotient, ist dies in einem Umlageverfahren ausschließlich über einen höheren Beitragssatz und/oder ein niedrigeres Rentenniveau zu finanzieren.
Das wesentliche Finanzierungsproblem der GRV stellt der sogenannte demografische Wandel dar, der sich aus zwei Komponenten zusammensetzt.
- Die erste Komponente besteht in einer nicht bestandserhaltenden Geburtenrate. Seit 1972 werden in Deutschland weniger Kinder geboren als Personen versterben. Betrachtet man die Geburtenzahlen im Zeitverlauf (vgl. Abbildung 1), weisen diese in Deutschland Ende der 1960er Jahre einen Knick auf und verlaufen seitdem auf konstant niedrigem Niveau. Unter sonst konstanten Bedingungen führt dies dazu, dass die Zahl der Beitragszahler im Verhältnis zur zunächst gleichbleibenden Zahl an Leistungsempfängern zurückgeht. Dies gilt gleichermaßen für eine hypothetische umlagefinanzierte Erwerbsminderungsversicherung wie für eine reine Altersrentenversicherung. Bei einem einmaligen Knick der Geburtenzahlen erreicht der Rentnerquotient unter sonst konstanten Bedingungen erst wieder sein ursprüngliches Niveau, wenn die bis zum Knick der Geburtenzahlen geborene Generation verstorben ist.
- Die zweite Komponente besteht in einer steigenden Lebenserwartung. Bei der Altersrente bezeichnet die Leistungsphase den Zeitraum zwischen Renteneintritt und Tod und die Beitragsphase den Zeitraum zwischen Berufseinstieg und Renteneintritt. Erhöht sich unter sonst gleichen Bedingungen die durchschnittliche Lebenserwartung der Versicherten, bedeutet dies für die Altersrente eine Erhöhung der Zahl der Leistungsempfänger im Verhältnis zur Zahl der Beitragszahler. Eine steigende Lebenserwartung führt nur dann nicht zu einer Erhöhung des Rentnerquotienten, wenn die Regelaltersgrenze im gleichen Verhältnis wie die Lebenserwartung steigt. Ohne eine dynamische Anpassung der Regelaltersgrenze in Abhängigkeit von der Entwicklung der Lebenserwartung, wirkt sich diese somit in Bezug auf die Altersrente ausgabensteigernd aus.
Betrachtet man das Erwerbsminderungsrisiko separat und stellt sich eine hypothetische umlagefinanzierte Erwerbsminderungsversicherung vor, so bezeichnet die Leistungsphase den Zeitraum zwischen Schadenseintritt und Eintritt der Altersrente und die Beitragsphase den Zeitraum zwischen Berufseinstieg und Schadenseintritt bzw. Eintritt der Altersrente. Dies liegt daran, dass die Erwerbsminderungsrente mit Erreichen der Regelaltersgrenze endet und bisher in eine Altersrente umgewandelt wird. Eine Erhöhung der Lebenserwartung ohne eine Erhöhung der Regelaltersgrenze verlängert somit unter sonst konstanten Bedingungen im Fall der Erwerbsminderungsrente nicht die Leistungsbezugsdauer, wie dies bei der Altersrente der Fall ist.
Tabelle 2
Entwicklung des Rentenbestands
Zahl der Personen
Versichertenrenten | davon Erwerbsminderungsrenten | |
---|---|---|
1960 | 4 437 415 | 1 617 020 |
1970 | 6 017 311 | 1 627 385 |
1980 | 8 038 353 | 1 975 789 |
1990 | 10 368 875 | 1 846 347 |
1995 | 15 149 742 | 1 862 947 |
2000 | 17 232 013 | 1 862 947 |
2005 | 18 580 485 | 1 649 767 |
2010 | 19 208 117 | 1 589 329 |
2012 | 19 394 162 | 1 677 538 |
Anmerkung: bis 1990 alte Bundeländer, ab 1995 Gesamtdeutschland.
Quelle: Deutsche Rentenversicherung: Rentenversicherung in Zahlen, 2013, S. 48.
Trennung von Renten- und Erwerbsminderungsversicherung
Eine alternative Sichtweise auf die Renten- und Erwerbsminderungsversicherung ist die getrennte Betrachtung der versicherten Risiken. Eine Rentenversicherung versichert das Risiko, länger zu leben, als bei der Ersparnisbildung für das Alter kalkuliert (Langlebigkeitsrisiko). Die fortwährende Erhöhung der durchschnittlichen Lebenserwartung bedeutet somit eine fortwährende Erhöhung des versicherten Risikos. Eine Erwerbsminderungsversicherung versichert hingegen das Erwerbsminderungsrisiko, das im Gegensatz zum Langlebigkeitsrisiko in der Vergangenheit erheblich abgenommen hat. Die Zahl der Bestandsrentner (vgl. Tabelle 2) und auch der Neurentner (vgl. Tabelle 3) sind im Zeitverlauf sowohl absolut als auch im Verhältnis zu den Altersrentnern deutlich zurückgegangen. Ursächlich dafür ist eine erhebliche Veränderung der Arbeitswelt, die zu einem Rückgang wegen physischer Krankheiten (wie Herz-Kreislauferkrankungen oder Erkrankungen an Skelett, Muskulatur oder Bindegewebe) erwerbsgeminderter Personen geführt hat.27 Darüber hinaus gibt es auch rentenrechtliche Gründe für die rückläufige Zahl der Erwerbsminderungsrentner. So boten Frühverrentungsmöglichkeiten erwerbsgeminderten Personen alternative Rentenbezugsmöglichkeiten.28 Ferner sah die 2001 in Kraft getretene Erwerbsminderungsrentenreform eine Verschärfung der Zugangsbedingungen vor, die sowohl einen Rückgang der Antragszahl als auch der Zahl der gewährten Erwerbsminderungsrenten bewirkte.29
Tabelle 3
Entwicklung der Rentenneuzugänge
Zahl der Personen
Versichertenrenten | davon Erwerbsminderungsrenten | |
---|---|---|
1960 | 225 124 | 136 864 |
1970 | 316 231 | 152 389 |
1980 | 304 315 | 150 421 |
1990 | 373 969 | 134 755 |
1995 | 722 286 | 184 293 |
2000 | 546 545 | 131 781 |
2005 | 474 758 | 91 356 |
2010 | 406 062 | 96 689 |
2012 | 418 881 | 92 166 |
Anmerkung: bis 1990 alte Bundeländer, ab 1995 Gesamtdeutschland.
Quelle: Deutsche Rentenversicherung: Rentenversicherung in Zahlen, 2013, S. 58.
Das in einer Renten- und Erwerbsminderungsversicherung versicherte Risiko hat sich somit in der Vergangenheit in entgegengesetzte Richtungen entwickelt. Inwiefern sich diese Entwicklung fortsetzen wird, ist nicht eindeutig. In Bezug auf die durchschnittliche Lebenserwartung ist von einem weiteren Anstieg auszugehen.30 Wie sich die Zahl der Erwerbsminderungsrentner zukünftig entwickeln wird, hängt sowohl von Veränderungen in der Arbeitswelt als auch vom Rentenrecht (d.h. insbesondere von der Regelaltersgrenze sowie von Frühverrentungsmöglichkeiten) ab. Inwiefern sich der Veränderungsprozess der Arbeitswelt, der in der Vergangenheit zum Rückgang der Zahl der Erwerbsminderungsneurentner beigetragen hat, fortsetzen wird, ist abhängig davon, in welchem Maße in Betrieben Anstrengungen ergriffen werden, altersgerechte Arbeitsplätze einzurichten, z.B. durch Investitionen in ein betriebliches Gesundheitsmanagement.31 Im Hinblick auf den sogenannten Fachkräftemangel erscheint es plausibel anzunehmen, dass dieses Thema in der betrieblichen Praxis an Bedeutung gewinnen wird.
Bereits in jüngster Zeit geht die Zahl der Erwerbsminderungsneurentner nicht mehr zurück. Dies liegt einerseits am Abbau von Frühverrentungsmöglichkeiten, die zuvor erwerbsgeminderten Personen einen alternativen Rentenzugang ohne medizinische Voraussetzungen boten.32 Zudem könnten sich auch durch die Erhöhung der Regelaltersgrenze („Rente mit 67“) Auswirkungen auf die Zahl der Erwerbsminderungsrentner ergeben. Eine Erhöhung der Regelaltersgrenze verlängert sowohl die Rentenbezugsdauer erwerbsgeminderter Personen als auch die Beitragszahlungsdauer der Versicherten ohne Schadensfall. Darüber hinaus verlängert sich das Zeitfenster, in dem bei einem Versicherten potenziell ein Schadensfalls auftreten kann. Sofern ein signifikanter Teil der Arbeitnehmer gesundheitlich nicht in der Lage ist, infolge der Erhöhung der Regelaltersgrenze ihre Lebensarbeitszeit zu verlängern, kann sich dies erhöhend auf die Zahl der Erwerbsminderungsneurentner auswirken.
Demgegenüber sieht die jüngst von der Bundesregierung beschlossene Rentenreform neue Möglichkeiten zu einem vorgezogenen Renteneintritt für Arbeitnehmer mit 40 Versicherungsjahren vor („Rente mit 63“). Wird der mit dieser Reform eingeschlagene Weg fortgesetzt, könnten älteren Arbeiternehmern zukünftig wieder mehr alternative Verrentungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen, was die Zahl der Erwerbsminderungsneurentner dämpfen dürfte.
Der demografische Wandel würde eine umlagefinanzierte Erwerbsminderungsversicherung insofern nicht in einem mit der Altersrente vergleichbaren Maße vor ein Finanzierungsproblem stellen. Sowohl die einmalige schrittweise Erhöhung der Regelaltersgrenze als auch die Änderungen der Rentenanpassungsformel sind Lösungsansätze zur Kompensation der Auswirkungen des demografischen Wandels auf die Altersrente. Aufgrund der gemeinsamen Versicherung des Langlebigkeits- und des Erwerbsminderungsrisikos verschlechtert sich durch diese allerdings ebenso das Erwerbsminderungsrentenniveau. Das Ziel einer Erhöhung des Absicherungsgrades gegen das Erwerbsminderungsrisiko ließe sich demzufolge auf nachhaltige Art und Weise erreichen, indem man die Versicherung gegen das Langlebigkeits- und das Erwerbsminderungsrisiko institutionell trennt und damit die Erwerbsminderungsrente von den Finanzierungsproblemen der Altersrente entkoppelt.
Lösungsansätze
Eine institutionelle Trennung des Langlebigkeits- und des Erwerbsminderungsrisikos ist grundsätzlich auf unterschiedliche Art und Weise erreichbar. Köhler-Rama, Lohmann und Viebrok33 diskutieren, das Erwerbsminderungsrisiko in der GRV zu belassen, allerdings unterschiedliche Rentenanpassungsformeln für die Alters- und die Erwerbsminderungsrente zu verwenden. Alternativ könnte die Erwerbsminderungsrente aus der GRV ausgegliedert und in die GUV integriert34 oder als eigener Zweig der Sozialversicherung etabliert werden.35 In den drei genannten Umsetzungswegen müsste die Beitragserhebung weiterhin über lohneinkommensabhängige Beiträge erfolgen, sofern weiterhin lohneinkommensabhängige Leistungen gewährt werden sollen.
Der Vorteil einer derartigen Reform bestünde darin, dass die Erwerbsminderungsrente im Hinblick auf den demografischen Wandel nicht zu einer mit dem derzeitigen System vergleichbaren Absenkung des Rentenniveaus gezwungen wäre. Stattdessen ließe sich ein nachhaltig höheres Erwerbsminderungsrentenniveau realisieren. Da die Sozialversicherung die stärkste Säule der Sicherung gegen das Erwerbsminderungsrisiko darstellt36 und angesichts der dargelegten Probleme mit ergänzender privater Vorsorge auch bleiben wird, erscheint dies ein wirksamer Weg, das Absicherungsniveau gegen das Erwerbsminderungsrisiko zu verbessern.
Fazit
Das Erwerbsminderungsrentenniveau ist in Deutschland für eine zunehmende Zahl an Personen nicht mehr existenzsichernd. Dies liegt zum einen an den Leistungseinschränkungen durch die 2001 in Kraft getretene Erwerbsminderungsrentenreform. Zum anderen liegt dies aber an den in der GRV in Hinblick auf den demografischen Wandel implementierten Änderungen der Rentenanpassungsformel, die sowohl das Alters- als auch das Erwerbsminderungsrentenniveau zukünftig weiter senken werden. Betrachtet man die Alters- und die Erwerbsminderungsrente getrennt, so sind beide Rentenarten in einem Umlageverfahren allerdings unterschiedlich stark vom demografischen Wandel betroffen. Die für die implementierten Änderungen angeführten Argumente treffen dabei für die Altersrente zu, gelten allerdings nicht in vergleichbarem Maße für die Erwerbsminderungsrente. Dies liegt insbesondere daran, dass die Erwerbsminderungsrente mit Erreichen der Regelaltersgrenze endet und sich eine Erhöhung der durchschnittlichen Lebenserwartung unter sonst gleichen Bedingungen somit nicht ausgabensteigernd auswirkt.
Vor diesem Hintergrund spricht sich dieser Beitrag für eine getrennte Versicherung des Langlebigkeits- und des Erwerbsminderungsrisikos innerhalb der Sozialversicherung aus. Eine solche institutionelle Trennung wäre geeignet, die auf den demografischen Wandel zurückzuführenden Finanzierungsprobleme auf die Altersrente zu beschränken. Eine institutionell getrennte Erwerbsminderungsrente wäre dann nicht im gleichen Ausmaß wie die Altersrente zu Rentenniveausenkungen gezwungen, so dass ein höheres Erwerbsminderungsrentenniveau nachhaltig erreichbar wäre.
- 1 Zu unterscheiden ist zwischen der allgemeinen und der berufsbedingten Invalidität. Im Folgenden wird ausschließlich das allgemeine Invaliditätsrisiko (Erwerbsminderung) betrachtet.
- 2 Vgl. Deutsche Rentenversicherung: Rentenversicherung in Zeitreihen 2012, DRV-Schriften, Bd. 22, S. 191.
- 3 Vgl. P. Krause, U. Ehrlich, K. Möhring: Erwerbsminderungsrentner: Sinkende Leistungen und wachsende Einkommensunterschiede im Alter, in: DIW Wochenbericht, Nr. 24/2013, S. 6.
- 4 Vgl. Statistisches Bundesamt: Soziale Mindestsicherung in Deutschland 2010, S. 26.
- 5 Vgl. G. Bäcker, E. Kistler, H. Stapf-Finé: Erwerbsminderungsrente – Reformnotwendigkeit und Reformoptionen, Bonn 2011, S. 23-26. Die Funktion der Grundsicherung besteht darin, das sozio-kulturelle Existenzminimum aller Bürger zu gewährleisten. Von absoluter Armut betroffene Personen, die nicht über ein zur Deckung des Existenzminimums erforderliches Einkommen verfügen, kann es demzufolge nur dann geben, wenn Personen den Rechtsanspruch auf Grundsicherung nicht wahrnehmen. Dennoch wird die Zahl der Grundsicherungsempfänger als Hinweis für die Armutsbetroffenheit herangezogen, vgl. ebenda, S. 24.
- 6 Vgl. H. Rische: Die Absicherung des Erwerbsminderungsrisikos – Handlungsbedarf und Reformoptionen, in: RVaktuell, Nr. 1/2010, S. 4.
- 7 Vgl. A. Reimann: Die Erwerbsminderungsrente der gesetzlichen Rentenversicherung nach den Reformen dieses Jahrzehnts. Vortrag auf der Kooperationsveranstaltung der Deutschen Rentenversicherung Bund und der Gesellschaft für Sozialen Fortschritt am 25.11.2008 in Berlin; A. Dannenberg, J. Hofmann, K. Kaldybajewa, E. Kruse: Rentenzugang 2009: Weiterer Anstieg der Zugänge in Erwerbsminderungsrenten wegen psychischer Erkrankungen, in: RVaktuell, Nr. 09/2010, S. 283.
- 8 Berufsunfähigkeit bezeichnet das finanzielle Risiko, aus gesundheitlichen Gründen den erlernten Beruf bzw. einen Beruf mit einem vergleichbaren Verdienst nicht mehr ausüben zu können. Erwerbsminderung bezeichnet das finanzielle Risiko eines krankheitsbedingten Verlusts der Arbeitskraft.
- 9 Für eine Diskussion der Abschläge siehe T. Köhler-Rama, A. Lohmann, H. Viebrok: Vorschläge zu einer Leistungsverbesserung bei Erwerbsminderungsrenten aus der gesetzlichen Rentenversicherung, in: Zeitschrift für Sozialreform 56. Jg. (2010), H. 1, S. 73-74.
- 10 Vgl. Bundesministerium für Arbeit und Soziales: Übersicht über das Sozialrecht, Nürnberg 2010, S. 342-343.
- 11 Vgl. Wissenschaftlicher Beirat beim BMWi: Altersarmut, Gutachten 03/2012 des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, Berlin 2012, S. 10.
- 12 Vgl. A. Börsch-Supan, M. Gasche, M. Haupt, S. Kluth, J. Rausch: Ökonomische Analyse des Rentenreformpaktes der Bundesregierung, Munich Center for the Economics of Aging (MEA) Discussion Paper, Nr. 256-2012, S. 35-40.
- 13 Vgl. J. Niehues, J. Pimpertz: Alterssicherung der Selbstständigen in Deutschland, in: IW-Trends, Nr. 3/2012, S. 9.
- 14 Vgl. Deutsche Rentenversicherung: Rentenversicherung in Zahlen 2013, S. 74.
- 15 T. Köhler-Rama, A. Lohmann, H. Viebrok, a.a.O., S. 59-82.
- 16 Vgl. Wissenschaftlicher Beirat beim BMWi, a.a.O., S. 16.
- 17 Vgl. H. Rische, a.a.O., S. 4.
- 18 Vgl. J. Greyer: Riester-Rente: Rezept gegen Altersarmut?, in: DIW Wochenbericht, Nr. 47/2011, S. 16-21.
- 19 Vgl. H. Rische, a.a.O., S. 5-7.
- 20 Vgl. CDU, CSU, FDP: Wachstum. Bildung. Zusammenhalt, Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und FDP, 17. Legislaturperiode, 2009, S. 83.
- 21 Vgl. G. Bäcker, E. Kistler, H. Stapf-Finé, a.a.O., S. 31.
- 22 Vgl. J. Greyer, a.a.O., S. 16-21.
- 23 Vgl. J. Buchanan: The Samaritan’s Dilemma, in: E. Phelps (Hrsg.): Altruism, Morality and Economic Theory, New York 1975, S. 71-85.
- 24 Vgl. G. Akerlof: The Market for „Lemons“: Quality Uncertainty and the Market Mechanism, in: The Quarterly Journal of Economics, 84. Jg. (1970), H. 3, S. 488-500.
- 25 Innerhalb des ALG II bestehen derartige institutionelle Gründe etwa für Selbstständige. Eine Kombination von Erwerbseinkommen und Transfereinkommen ist für diese nur möglich, wenn diese nachweisen können, dass durch die Fortführung der selbstständigen Tätigkeit die Hilfebedürftigkeit beendet werden kann. Ein dauerhaftes Aufstocken ist im Gegensatz zu Arbeitnehmern somit nicht vorgesehen. Vgl. L. Münstermann: Zu den Wechselwirkungen zwischen Mittelstandspolitik und Sozialpolitik, in: T. Eekhoff, S. Roth (Hrsg.): Grenzgänge zwischen Wirtschaftswissenschaft und Wirtschaftspolitik, 2014, S. 275-296. Auch in Bezug auf Arbeitnehmer wird die Reduktion der Zahl der Aufstocker von allen im Bundestag vertretenen Parteien ausdrücklich angestrebt.
- 26 Vgl. J. Eekhoff, V. Bünnagel, S. Kochskämper, K. Menzel: Bürgerprivatversicherung. Ein neuer Weg im Gesundheitswesen, Tübingen 2008, S. 81.
- 27 Vgl. P. Krause, U. Ehrlich, K. Möhring, a.a.O., S. 5-6. Während die Zahl wegen physischer Krankheiten erwerbsgeminderter Personen erheblich abgenommen hat, steigt die Zahl der aufgrund von psychischen Krankheiten erwerbsgeminderten Personen.
- 28 Vgl. K. Kaldybajewa, E. Kruse: Erwerbsminderungsrenten im Spiegel der Statistik der gesetzlichen Rentenversicherung, in: RVaktuell, Nr. 07/2012, S. 207.
- 29 Vgl. H.-M. Schian, A. Gagel, K. Landau, U. Laschet: PRVE – Prävention und Rehabilitation zur Verhinderung von Erwerbsminderung, Institut für Qualitätssicherung in Prävention und Rehabilitation an der Deutschen Sporthochschule Köln, 2004, S. 23-24.
- 30 Für eine Übersicht unterschiedlicher Prognosen zur Entwicklung der Lebenserwartung siehe G. Dohlhammer, E. Muth, A. Kruse: Lebenserwartung in Deutschland: Trends, Prognose, Risikofaktoren und der Einfluss ausgewählter Medizininnovationen, Rostocker Zentrum zur Erforschung des Demografischen Wandels, 2008, S. 27-28.
- 31 Vgl. F. Welti, H. Groskreutz: Vorschlag für eine grundlegende Reform im Erwerbsminderungsrecht, in: Soziale Sicherheit, Nr. 8-9/2013, S. 310.
- 32 Vgl. G. Bäcker, E. Kistler, H. Stapf-Finé, a.a.O., S. 14.
- 33 T. Köhler-Rama, A. Lohmann, H. Viebrok, a.a.O.
- 34 Vgl. T. Köhler-Rama: Invaliditätssicherung in der gesetzlichen Sozialversicherung in Deutschland: Strukturprinzipien, Defizite und Reformansätze aus sozialrechtlicher und versicherungsökonomischer Sicht, Darmstadt 2003.
- 35 Derzeit beziehen 1,6 Mio. Personen Erwerbsminderungsrente. Darin nicht eingeschlossen sind erwerbsgeminderte Personen ohne Rentenanspruch. Als Vergleichsgröße sei darauf hingewiesen, dass in der Gesetzlichen Pflegeversicherung derzeit 2,3 Mio. Personen Leistungen empfangen, vgl. Bundesministerium für Gesundheit: Zahlen und Fakten zur Pflegeversicherung, Nr. 10/12, S. 1-3.
- 36 Vgl. H. Rische, a.a.O., S. 5.