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Schwarzarbeit schädigt die deutschen Unternehmen in erheblichem Umfang. Sie bewirkt Umsatzeinbußen von fast 5 % oder umgerechnet 300 Mrd. Euro jährlich.1 Grundlage für diese Schätzung ist eine repräsentative Befragung von 853 Unternehmen im Rahmen des IW-Zukunftspanels im November 2018.

Definition von Schwarzarbeit und Schattenwirtschaft

Nach dem deutschen Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz liegt Schwarzarbeit unter anderem in den folgenden Fällen vor:

  • Ein Arbeitgeber beschäftigt Arbeitnehmer unter Missachtung steuerlicher und/oder sozialversicherungsrechtlicher Pflichten,
  • ein Bezieher von Sozialleistungen (z. B. Arbeitslosengeld oder Arbeitslosengeld II) nimmt eine Beschäftigung auf, ohne dies dem zuständigen Leistungsträger mitzuteilen,
  • ein Gewerbe wird ohne Gewerbeanmeldung ausgeübt,
  • ein Handwerk wird ohne Eintrag in die Handwerksrolle ausgeübt.

Zur Schattenwirtschaft gehören zusätzlich noch die verwendeten Materialien und Güter, die neben der Schwarzarbeit zusätzlich erfasst werden müssen.

Schätzungen zur Schattenwirtschaft

Bisherige Versuche, den Umfang von Schwarzarbeit und Schattenwirtschaft zu schätzen, basieren entweder auf makroökonomischen Analyseverfahren oder auf Daten mikroökonomischer Befragungen der Bevölkerung. Diese Unternehmensbefragung ergänzt somit diese Schätzungen um Daten auf der Mesoebene. Schwarzarbeit ist in Deutschland dabei basierend auf Schätzungen mit den komplexen makroökonomischen Ansätzen seltener als in vielen anderen Ländern.2 Bei Schwarzarbeit und Schattenwirtschaft liegt Deutschland im Langzeitdurchschnitt von 2003 bis 2018 mit einem durchschnittlichen Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) von rund 14 % auf Platz zwölf der OECD-Staaten;3 Schwellen- und Entwicklungsländer weisen jeweils institutionell bedingt zum Teil deutlich höhere Aktivitäten in der Schattenwirtschaft auf.

Zu den Ländern mit dem geringsten Umfang der Schattenwirtschaft mit durchschnittlich unter 10 % in Relation zum offiziellen BIP gehören seit Jahren die USA, die Schweiz, Österreich, Japan und Neuseeland. Schlusslichter in Europa sind Bulgarien und Rumänien, wo die Schattenwirtschaft fast ein Drittel des offiziellen BIP umfasst. Besonders von Schwarzarbeit betroffen sind aber auch andere ost- und südeuropäischen Staaten wie Polen, Italien und Griechenland (mit bis zu einem Viertel des BIP).4 Insgesamt zeigt sich aber ein positiver Trend: Aufgrund der erfolgreichen Ursachenbekämpfung und der besseren offiziellen institutionellen Rahmenbedingungen in vielen OECD-Staaten ist der Umfang der Schattenwirtschaft schrittweise zurückgegangen.

Situation in Deutschland

Diese positive Entwicklung zeigt sich auch in Deutschland. Für 2018 schätzen Schneider und Boockmann den Umfang der Schattenwirtschaft auf umgerechnet rund 323 Mrd. Euro, was in Relation zum Bruttoinlandsprodukt von ca. 3,3 Billionen Euro nur noch knapp 10 % entspricht.5 Davon ist allerdings ein Teil bereits im offiziellen BIP erfasst bzw. betrifft illegale Aktivitäten wie z. B. den Drogenhandel. Rechnet man diese heraus, liegt die Wertschöpfung bei schätzungsweise 210 Mrd. Euro.6 Bevölkerungsumfragen kommen je nach Methodik, Jahr und Frageformulierung für Deutschland in den letzten Jahren auf Größenordnungen von 2 % bis 7 % für die Schwarzarbeit.7

Die (meines Wissens) erstmals direkt und repräsentativ bei Unternehmen erfragten Auswirkungen von Schwarzarbeit auf den Umsatz liegen mit knapp 5 % zwischen den Schätzungen mit makroökonomischen Schätzverfahren und nahe bei Ergebnissen von Bevölkerungsumfragen.8

Umsatzeinbußen durch Schwarzarbeit

Allerdings beziehen sich diese Schätzungen auf den Umsatz und nicht nur auf die Wertschöpfung, sie enthalten also Vorleistungen und Steuern. Der Umsatz ist deshalb deutlich höher als das Bruttoinlandsprodukt bzw. die Bruttowertschöpfung. Alle 3,3 Mio. Unternehmen in Deutschland erzielten 2016 zusammen einen Umsatz von 6,4 Billionen Euro.9 In der Unternehmensbefragung sind nicht alle Branchen enthalten; unter anderem fehlen die Finanz- und Versicherungsdienstleistungen. Die erfassten Branchen erwirtschafteten 2016 einen Umsatz von 5,2 Billionen Euro. Die Unternehmen in diesen Branchen schätzen ihren Umsatzverlust durch Schwarzarbeit auf 4,7 % pro Jahr. Für die in der Unternehmensbefragung erfassten Branchen bedeutet dies einen Umsatzverlust von 244 Mrd. Euro jährlich. Geht man davon aus, dass die nicht erfassten Branchen (darunter auch das Gaststättengewerbe) mindestens in ähnlicher Weise von Schwarzarbeit betroffen sind, ergibt sich sogar eine Umsatzeinbuße von über 300 Mrd. Euro jedes Jahr.

Wertschöpfungseffekte durch Schwarzarbeit

Um diese Schätzungen, die den Umsatz betreffen, mit denen zur Wertschöpfung vergleichbar zu machen, müssen insbesondere die Vorleistungen vom Umsatz abgezogen werden. Sofern von einem durchschnittlichen Anteil an Vorleistungen von rund 50 % ausgegangen wird,10 ergibt sich demnach ein Wertschöpfungsverlust durch Schwarzarbeit gemäß der Unternehmensangaben in Höhe von rund 150 Mrd. Euro jährlich. Dieser Wert liegt damit knapp ein Drittel unter den Schätzungen mit makroökonomischen Verfahren für die Schwarzarbeit mit einem Volumen von 210 Mrd. Euro.

Bei allen bekannten und vielfach diskutierten Schwierigkeiten mit der Abgrenzung und Messung von Aktivitäten, die naturgemäß im Verborgenen stattfinden, hilft dieser Blick auf Unternehmensbasis in das Dunkelfeld, mehr Licht ins Dunkel der Schattenwirtschaft zu bringen.

Unternehmensgrößenabhängige Unterschiede

Aus Sicht der Unternehmen verteilen sich die Umsatzeinbußen in Abhängigkeit von der Branche und auch von der Größe sehr unterschiedlich auf die Unternehmen (vgl. Abbildung 1). Eine Hälfte der Unternehmen leidet gar nicht unter Schwarzarbeit. 20 % gehen von Umsatzeinbußen bis zu 5 % aus; weitere 13,5 % von bis zu 10 %. 9 % schätzen die Verluste auf bis zu 20 % und weitere 4,4 % sogar auf bis zu 30 %. Dabei leidet ein Teil der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) nach eigenen Angaben mehr unter der illegalen Konkurrenz als Großunternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern. 27,5 % der KMU beklagen Erlöseinbußen zwischen 5 % und 30 %, während das nur für 16,5 % der Großunternehmen gilt.

Abbildung 1
Umsatzeinbußen durch Schwarzarbeit der Konkurrenten
Umsatzeinbußen durch Schwarzarbeit der Konkurrenten

Anmerkungen: Anteil aller Unternehmen (in %), n = 853, die Umsatzeinbußen betragen im gewichteten Durchschnitt 4,7 %; darunter Baubranche (in %), n = 52, die Umsatzeinbußen betragen im gewichteten Durchschnitt 9,3 %. 3,4 % aller Unternehmen machten keine Angaben.

Frage: Was schätzen Sie: Wie viel Umsatz geht Ihrem Unternehmen durch Schwarzarbeit (unter anderem verbunden mit der Ersparnis von Steuer- und Sozialabgaben) Ihrer Konkurrenten verloren?

Quelle: D. Enste: Schwarzarbeit und Schattenwirtschaft – Argumente und Fakten zur nicht angemeldeten Erwerbstätigkeit in Deutschland und Europa, IW-Report, Nr. 9, Köln 2017, https://www.iwkoeln.de/studien/iw-reports/beitrag/dominik-h-enste-schwarzarbeit-und-schattenwirtschaft-324737.html (11.2.2019).

Baubranche von Schwarzarbeit stark betroffen

Die Unternehmen der Baubranche selbst schätzen die Verluste durch die Schwarzarbeit der Konkurrenz mit 9,3 % im Durchschnitt als doppelt so hoch ein wie der Durchschnitt aller Branchen (vgl. Abbildung 1). Nur knapp 19 % der befragten Bau- und Handwerksunternehmen geben an, keine Einbußen durch Schwarzarbeit zu erleiden. Rund ein Viertel schätzt die Einbußen auf 1 % bis 5 %, ein Fünftel auf 6 % bis 10 % und ein weiteres Viertel auf 11 % bis 20 %. Jedes zehnte Unternehmen geht von Umsatzverlusten um bis zu 30 % aus; unter anderem durch die Umgehung von Meldepflichten oder durch die Hinterziehung von Sozialversicherungsabgaben (vgl. Abbildung 1). Allerdings sind die Schätzungen von Schneider,11 der die schattenwirtschaftlichen Aktivitäten auf bis zu 30 % der offiziellen Tätigkeiten in der Baubranche schätzt, angesichts der Angaben der Unternehmen zu hoch. Die grundsätzlichen Erkenntnisse, dass die Baubranche am stärksten betroffen ist, werden allerdings durch die Unternehmensumfrage bestätigt.

Schwarzarbeit auch im Privathaushalt

Nicht nur in der Baubranche, sondern auch im Privathaushalt ist die Schwarzarbeit weitverbreitet (vgl. Abbildung 2). Fast 90 % der Haushalte in Deutschland melden ihre Haushaltshilfe nicht an und lassen schwarz putzen. Nur etwa 9 % der Haushalte nutzen die Minijobregelungen, um die Hilfe anzumelden und diese so abzusichern.12

Abbildung 2
Beschäftigtenverhältnis von Haushaltshilfen in Deutschland, 2017
auf Basis von 3 742 142 Haushalten in %
Beschäftigtenverhältnis von Haushaltshilfen in Deutschland, 2017

Annahme: offiziell selbständig Tätige (auf Rechnung) sind im Durchschnitt in drei Haushalten tätig; 10 % der Minijobber sind in zwei Haushalten tätig.  1 2017 Prognose.

Quelle: Ursprungsdaten: Bundesagentur für Arbeit; Minijiobzentrale; Sozio-oekonomisches Panel (SOEP); Statistisches Bundesamt; eigene Berechnungen.

Diese beiden Befunde erklären, warum der deutsche Fiskus – über die Minijobregelungen hinaus – bei haushaltsnahen Dienstleistungen und handwerklichen Leistungen rund um Haus und Garten in den letzten Jahren zahlreiche steuerliche Abzugsmöglichkeiten geschaffen hat. Dadurch steigt auf Seiten der Nachfrager der Anreiz, Leistungen nur gegen Rechnung zu beauftragen und per Überweisung zu bezahlen, da bis zu 4000 Euro jährlich direkt von der Steuerschuld abgezogen werden können. Hinzu kommen unter Umständen noch maximal 1200 Euro als Steuererstattung bei Handwerkerkosten.

Maßnahmen gegen Wirtschaftsdelikte aus Unternehmenssicht

Die organisierte Kriminalität am Bau bekämpfen die steuerlichen Abzugsmöglichkeiten allerdings nicht. Beim Kampf gegen die Schwarzarbeit halten zwei Drittel der Unternehmen die bestehenden Gesetze und staatlichen Vorschriften für völlig ausreichend. Dreiviertel der Unternehmen sehen jedoch Nachholbedarf bei der Intensität der Kontrollen unter anderem durch die Finanzkontrolle Schwarzarbeit beim Zoll, gerade auf Großbaustellen. Und zwei Drittel halten auch härtere Strafen für sehr oder eher geeignet, um Schwarzarbeit erfolgreicher zu bekämpfen. Darüber hinaus zeigen frühere Studien, dass auch die Verringerung der Abgabenlast, der Bürokratieabbau und die Reduktion der Arbeitsmarktregulierung in der offiziellen Wirtschaft wichtige Ansatzpunkte zur Bekämpfung der Schwarzarbeit sind. Außerdem kann der Staat durch eine transparente und faire Ausgestaltung der Steuer- und Ausgabenpolitik zu einer guten Steuermoral beitragen, die ebenfalls die Anreize für Schwarzarbeit verringert.

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DOI: 10.1007/s10273-019-2411-2