Die Fußball-Bundesliga hat als erste bedeutende Sportliga der Welt am 17. Mai 2020 den Re-Start aus dem Corona-Shutdown vollzogen. Damit ist eine Reihe von ökonomisch relevanten Effekten verbunden. In der Öffentlichkeit wurde dabei vor allem die Frage diskutiert, ob man dem Fußball eine Sonderbehandlung einräumen dürfe, denn Fußball-Millionäre gingen wieder ihrem Beruf nach, während andere Bereiche der Gesellschaft, die relevanter für das System sind, wie Schulen und Kitas, geschlossen blieben. Auch die Frage, ob der Fußball zur Umsetzung seines Hygienekonzepts knappe Testkapazitäten in Anspruch nehmen dürfe, wurde selbst unter Fußballfans heftig diskutiert. Umgekehrt ist der Fußball für viele Menschen eine wichtige Quelle der Unterhaltung, gerade im monotonen Corona-Alltag. Letztlich ist das große Interesse vieler Menschen ja der Grund dafür, dass die Spielergehälter im Fußball so hoch sind.
Einige Bundesligisten befanden sich durch die Unterbrechung schnell in akuten Insolvenznöten, denn die hohen Spielergehälter liefen weiter, während wichtige Erlösquellen wie TV-Gelder ausblieben. So stieg schnell der Druck auf die Deutsche Fußball Liga (DFL), Wege und Konzepte zu finden, den Spielbetrieb wieder aufzunehmen, zunächst natürlich in sogenannten „Geisterspielen“, also ohne Zuschauer. Gleichwohl blieb die Entscheidung eine schwierige Abwägung verschiedener Interessen und Risiken. Das größte Risiko des vorzeitigen Re-Starts besteht weiterhin darin, dass es zu Corona-Infektionen unter Spielern kommt, sodass einzelne Mannschaften in Quarantäne müssen, es zu Wettbewerbsverzerrungen kommt oder der Spielbetrieb erneut komplett unter- oder gar abgebrochen werden muss. Dem finanziellen Verlust eines fortgesetzten Shutdowns steht daher ein hohes Reputationsrisiko gegenüber, indem man sich dem späteren Vorwurf aussetzt, unverantwortlich und unsolidarisch gehandelt zu haben. Bislang haben die Geisterspiele trotz reduzierter emotionaler Erlebnisqualität (Fußball ohne Fans ist einfach nicht dasselbe) zunächst aber offenbar nicht zu Reputationsverlusten geführt, das öffentliche und allgemeine Interesse an der Bundesliga scheint ungebrochen.
Durch den exklusiven Re-Start zieht die Bundesliga nicht nur die Aufmerksamkeit auf sich, sondern übt zudem eine temporäre globale Monopolstellung aus. Dies gilt nicht nur unter den konkurrierenden europäischen Fußballligen, sondern auch für die US-amerikanischen Sportligen. Das kann dazu führen, dass die Bundesliga, die gerade auf Auslandsmärkten immer noch ein Schattendasein gegenüber anderen Ligen führt – insbesondere der englischen Premier League – in den Fokus von Zuschauern, Sponsoren und Medien gerät. Sogar der Ökonom William Easterly twitterte am 27. Mai 2020: „I am so desperate for sports that I am going to invoke a 300-year old ancestral link to southwest Germany to care about the Bundesliga. Any recommendations on which German soccer team I should root for?“ Gut möglich also, dass die Bundesliga nicht nur für den Moment, sondern dauerhaft von der zurzeit noch exklusiven Aufmerksamkeit profitieren kann, was ohne den schnellen Re-Start kaum möglich gewesen wäre.
Weitere strukturelle und institutionelle Effekte der Corona-Krise auf den Fußball sind möglich. Viele Vereine befinden sich aufgrund der kurzfristigen Wettbewerbsanreize (rat-race bzw. tournament incentives) und einem daraus resultierenden Überinvestitions- und Verschuldungswettlauf finanziell am Anschlag. Diese Vereine könnten in ihrer Not dem Drängen von Mäzenen und Investoren nachgeben. Die sogenannte 50+1-Regel, wonach alle Vereine mindestens die Stimmenmehrheit halten müssen, könnte fallen. Mittelfristig würde sich durch größeren Einfluss der Mäzene und Investoren das Gesicht der Bundesliga verändern, und das nicht unbedingt zum Gefallen der meisten Fans. Die Corona-Krise könnte zudem deutlich asymmetrische Effekte auf die Vereine haben, je nach Ausgangslage, Finanzreserven und Wettbewerbsposition. Durch entsprechende Reallokation auf den Transfermärkten hätte dies möglicherweise Auswirkungen auf die sportliche Ausgeglichenheit (competitive balance) der Liga. Da ein Ligawettbewerb qua Definition immer ein positionaler Wettbewerb ist, sind hier womöglich persistente Verschiebungen und Hysterese-Effekte zu erwarten. Ein insgesamt schrumpfender Markt wäre für den Fußball angebotsseitig indes kein Problem: Die meisten Spieler würden zwar geringere ökonomische Renten abschöpfen, aber weiterhin Fußball in denselben Stadien spielen. Die Angebotsbedingungen dürften daher stabil sein. Anders sieht es bei der Nachfrage aus. Haushalte, Medien und Sponsoren dürften je nach weiterem Verlauf der Krise tendenziell weniger für Fußball ausgeben, sodass es bei verlangsamter allgemeiner Einkommensentwicklung auch zu einem schwächeren Wachstum im Fußball kommen wird. Eine von vielen Beobachtern vermutete Fußball-Blase wird aber nicht platzen.