Ein Service der

Artikel als PDF herunterladen

Durch die Folgen des Ukrainekriegs ist das Gasangebot in Deutschland rückläufig. Dies folgt einerseits aus den verhängten Sanktionen gegenüber russischen Unternehmen und andererseits durch die nicht mehr erfolgende Bereitstellung vereinbarter Liefermengen. Dadurch sind die Gaspreise auf den internationalen Spot- und Future-Märkten in der jüngsten Zeit deutlich gestiegen. Damit wird nicht nur die gasbasierte Wärmeversorgung für die Konsumierenden teurer. Die Kosten der Stromerzeugung in Gaskraftwerken werden ebenfalls steigen. Dies beschreibt eine wesentliche Kopplung zwischen Gas- und Strommarkt.

Die kurzfristige Angebotsfunktion auf dem Strommarkt ergibt sich aus den anteiligen Beiträgen der Erzeugungsarten. In Abhängigkeit von der Höhe der Differenz zwischen (erwartetem) Strompreis und den jeweiligen Grenzkosten einer Erzeugungsart definieren die bei einem jeweiligen Reservationspreis angebotenen Strommengen der verschiedenen Erzeugungsarten die Angebotsfunktion. Diese Definition der Angebotsfunktion ist dabei keine Besonderheit des Strommarkts, sondern ergibt sich analog zu anderen Gütermärkten.

Aktuell bedeutet dies, dass erzeugte Strommengen zunächst aus den erneuerbaren Energien, anschließend aus den konventionellen Erzeugungsarten (Atomenergie, Braun- und Steinkohle) und schlussendlich aus Gaskraftwerken bereitgestellt werden. Die Angebotsfunktion wird dabei für höhere Angebotsmengen zunehmend unelastischer. Im Bereich des aktuellen kurzfristigen Gleichgewichts auf dem Strommarkt ist ein sehr unelastisches Angebot zu beobachten. Die Strompreise werden steigen, da im kurzfristigen Gleichgewicht ein unelastisches Stromangebot auf eine unelastische Nachfrage trifft und die zugehörige Gleichgewichtsmenge eine substanzielle Stromerzeugung aus Gaskraftwerken aufweist. Das aktuell zu hörende Argument, dass die Gaskraftwerke den Strompreis bestimmen, muss dabei vollumfänglich betrachtet werden. Die Gaskraftwerke haben eine anteilige Wirkung an dem sich ergebenden Strompreis im Gleichgewicht, da ihre Erzeugungsleistung, bei den höchsten Grenzkosten aller Erzeugungsarten, für die Gleichgewichtsmenge erforderlich ist.

Eine Strompreisbremse, im Sinn eines Höchstpreises auf dem Strommarkt, soll in der gegenwärtigen, öffentlichen Diskussion die insbesondere von den privaten Haushalten und Kleinunternehmen zu zahlenden Strompreise begrenzen. Dies soll dadurch erreicht werden, dass der Einsatz von Gaskraftwerken zur Stromerzeugung vermieden wird.

Ein Stromhöchstpreis würde die finanzielle Belastung für die Konsumierenden senken. Dabei erscheint eine Höchstpreisdefinition möglich, die den angebotsinduzierten Einsatz von Gaskraftwerken vermeidet. Wie in der Diskussion beabsichtigt, würde den Gas-Energieversorgern damit die Produzentenrente entgehen, dies allerdings dadurch, dass das zugehörige Angebot entfällt. Bei zu vermutenden Kostenremanenzen würden diese Unternehmen weiter unter Druck geraten.

Den Unternehmen, die im Höchstpreisregime noch rentabel produzieren, wie beispielsweise die Anbietenden von Strommengen aus erneuerbaren Energien, bliebe die Produzentenrente erhalten. Je nach eingesetzten Erzeugungsarten werden die Unternehmen damit strukturell unterschiedlich getroffen. Das könnte klimaschutzpolitisch von den politischen Entscheidungstragenden gewünscht sein. Im Vergleich zur Gleichgewichts-Allokation stünde jetzt ein niedrigeres Angebot einer höheren Nachfrage auf dem Strommarkt gegenüber. Damit wird beim Höchstpreis eine höhere Strommenge nachgefragt als die, die produziert werden kann. Dies gefährdet die Versorgungssicherheit. Hinzu kommt, dass in den Wintermonaten die Erzeugungsleistung der erneuerbaren Energien zeitweise deutlich niedriger und damit weniger verlässlich erfolgt als eine vorhandene Maximalkapazität impliziert.

In solchen Szenarien kommt das Stromangebot an beiden Enden der Angebotsfunktion unter Druck. Der Höchstpreis nimmt die Erzeugungskapazitäten mit hohen Grenzkosten aus dem Markt, und die in den Wintermonaten möglicherweise nicht immer stabile Erzeugung aus erneuerbaren Energien beschneidet die Angebotsfunktion für die Erzeugungsmengen bei geringeren Reservationspreisen.

Die Umsetzung einer Strompreisbremse ist daher auch mit hohen angebotsseitigen Risiken verbunden. Die gewünschte, nicht mehr von Gaskraftwerken abhängige Stromproduktion sollte stärker die Nachfrageseite berücksichtigen. Hier können die beobachtbaren Angebots- und Nachfrageelastizitäten einen relativen Vorteil bieten, wenn realisierbare Nachfrageeinschränkungen das Marktgleichgewicht in Richtung elastischere Teile der Angebotskurve verschieben. Ob dies allerdings mit den Konsumentenpräferenzen vereinbar ist und lediglich mit Appellen der politischen Entscheidungstragenden gelingt, darf sicherlich bezweifelt werden.

© Der/die Autor:in 2022

Open Access: Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz veröffentlicht (creativecommons.org/licenses/by/4.0/deed.de).

Open Access wird durch die ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft gefördert.


DOI: 10.1007/s10273-022-3297-y