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Aus Gründen der ökonomischen Effizienz sollte eine progressive Besteuerung des Einkommens erst dann zur Anwendung kommen, wenn dieses für den privaten Konsum oder andere private Zwecke (z. B. Schenkungen) verwendet werden soll. Unter Effizienzaspekten, d. h. zur Gewährleistung der steuerlichen Einmalbelastung in lebenszeitlicher Sicht wäre es optimal, dass gesparte Einkommensteile bis zu ihrer Verwendung für Privatausgaben steuerfrei blieben. Fiskalische Notwendigkeiten, verteilungspolitische Restriktionen wie auch Akzeptanzgründe lassen eine solche temporäre Steuerfreiheit in unserer Gesellschaft mit Ausnahme der nachgelagert zu versteuernden Renten allerdings noch nicht zu. Mit der 2008 eingeführten ermäßigten Besteuerung thesaurierter Gewinne von Personenunternehmen verfolgte der Gesetzgeber jedoch in erster Linie eine auf Rechtsformneutralität ausgerichtete Abstimmung der betreffenden Einkommensbesteuerung mit der Körperschaftsteuerpflicht bei Kapitalgesellschaften. Dieses hinsichtlich Ziel und Ausgestaltung missglückte Reformkonzept ist grundlegend neu zu gestalten.

Seit der Steuerreform 2008 haben von natürlichen Personen geführte Unternehmen die Möglichkeit, einen Steuersatz von 28,25 % (inklusive Solidaritätszuschlag von 29,8 %) auf einbehaltene Gewinne zu wählen. Die Nachversteuerung bei ihrer Entnahme erfolgt wie bei Dividenden nach der Abgeltungssteuer mit rund 26,38 %. Daraus ergibt sich eine Gesamtbelastung von rund [29,8 % + (1-0,298)*26,38 % =] 48,32 %. Wenn ein Unternehmer oder Gesellschafter seinen einbehaltenen Gewinnanteil nach dem Spitzensatz des Einkommensteuertarifs versteuern müsste, unterläge dieser Teil seines Einkommens einer Belastung von rund (1,055*45 % =) 47,48 %. Um wenigsten diese oder möglichst eine noch geringere Belastung zu erreichen, müssten die zurückbehaltenen Gewinnteile über einen längeren Zeitraum im Unternehmen verbleiben. Solche Lastkonstellationen verdeutlichen, dass sich die in § 34a EStG geregelte „Begünstigung“ keiner besonderen Beliebtheit erfreut. Zusätzlich besteht der Nachteil, dass ein aus dem Privatvermögen des Unternehmers eingelegtes Kapital erst dann wieder steuerfrei entnehmbar ist, wenn alle bislang ermäßigt besteuerten Gewinne vollständig entnommen wurden. Entnimmt der Unternehmer Gewinnteile zur Finanzierung der zu zahlenden Proportionalsteuer, unterliegen sie dem Progressionstarif.

Die maßgebliche Ursache für die bezüglich ihrer Wirkungen offensichtlich misslungene Steuerreform liegt in dem Ziel, das der Gesetzgeber mit der Einführung des § 34a EStG verfolgte. Er wollte, dass mit einer der Besteuerung der Gewinne von Kapitalgesellschaften angenäherten Regelung für personengebundene Unternehmen dem Kriterium der Rechtsformneutralität entsprochen wird. Es stellt sich dazu sogleich die Frage, was der sein Unternehmen persönlich führende Unternehmer davon hat, wenn der zur Finanzierung weiterer Investitionen thesaurierte Gewinn wie der Gewinn eines börsennotierten Großkonzerns versteuert wird. Völlig kontraproduktiv sind zudem die Einschränkungen bei der Entnahme der Gewinne. Letztlich kann bei der übermäßigen Steuerbelastung kaum von einer Begünstigung gesprochen werden.

Neuorientierung bei der Besteuerung thesaurierter Gewinne

Für die Entscheidung zur Rechtsform eines persönlich geführten Unternehmens ist die Alternative einer börsennotierten Kapitalgesellschaft gerade keine Option. Die eventuell gewünschte Haftungsbeschränkung des Unternehmens wird bei Aufrechterhaltung seiner persönlichen Führung am besten durch die Wahl der GbmH als Rechtsform erreicht. Somit ist der bessere Weg zur Sicherung der Rechtsformneutralität mittelständischer Unternehmen, die finale Besteuerung des Gewinns der GmbH an die Besteuerung des Gewinns eines Einzelunternehmens anzupassen. Es wären dann nicht nur die Gewinne von Einzelunternehmen und Personengesellschaften, sondern auch die der persönlich geführten und somit nicht börsennotierten Kapitalgesellschaften transparent zu besteuern. Dabei sollten zurückbehaltene und damit vom Unternehmer gesparte Gewinne mit einem gegenüber den Spitzensätzen des Progressionstarifs deutlich ermäßigten Proportionalsatz versteuert werden. Aus Gründen der Gleichbehandlung gesparter und in Finanzanlagen investierter Einkommensteile wäre es erforderlich, diese dem gleichen Steuerregime zu unterwerfen. Unter Effizienzaspekten ist es dabei geboten, die betreffenden Gewinne/Einkommensteile unter Abzug einer standardisierten marktüblichen Rendite des eingesetzten Eigenkapitals zu ermitteln. Damit wären Entscheidungen der Unternehmer bezüglich der Höhe sowie der Finanzierung von Investitionen weitgehend von der Steuerbelastung entkoppelt.1

Neues Optionsrecht eines Einzelunternehmers

Unternehmer (Gewerbetreibende, Freiberufler sowie Land- und Forstwirte) haben bei Erfüllung der besonderen Aufzeichnungspflichten die Option, ihre um standardisierte Eigenkapitalzinsen bereinigten Gewinne nach dem Progressionstarif oder – bezüglich des im Betrieb zurückbehaltenen Teils – nach einem Proportionalsatz von 25 % zu versteuern. Eigenkapitalzins sei – gesetzlich festgesetzt – die um 2 Prozentpunkte erhöhte nicht negative Jahresdurchschnittsrendite 10-jähriger Bundesanleihen gemäß Bekanntgabe der Deutschen Bundesbank im Dezember des dem relevanten Steuerjahr vorausgehenden Jahres. Er betrage jedoch mindestens 3 %.2 Der Betrag abgezogener Eigenkapitalzinsen gilt grundsätzlich als ein im Betrieb zunächst zurückbehaltener Teil des Gewinns. Grundsätzlich lässt sich ein zu versteuerender Unternehmensgewinn in die folgenden fünf Teile zerlegen: (1) ein nach Abzug der Eigenkapitalzinsen vom Unternehmer progressiv versteuerter Teil, der entnommen wurde; (2) ein nach Abzug der Eigenkapitalzinsen vom Unternehmer progressiv versteuerter Teil, der thesauriert wurde; (3) ein nach Abzug der Eigenkapitalzinsen proportional mit 25 % versteuerter Teil, der thesauriert wurde; (4) ein den abgezogenen Eigenkapitalzinsen entsprechender Teil, der thesauriert wurde; (5) ein grundsätzlich von der Steuerpflicht befreiter Teil, der thesauriert oder entnommen wurde.

Für Entnahmen thesaurierter Gewinnteile gilt das folgende Steuerregime: (1) erfolgen sie vom Betriebsvermögen, das aus proportional versteuerten Gewinnteilen oder abgezogenen Eigenkapitalzinsen gebildet wurde, sind sie nach dem Progressionstarif als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu versteuern; (2) erfolgen sie vom Betriebsvermögen aus

  • Einlagen,
  • dem progressiv versteuerten Teil des im Betrieb zurückbehaltenen Gewinns,
  • dem proportional versteuerten Teil des im Betrieb zurückbehaltenen Gewinns bis zur Höhe des Betrags der Proportionalsteuer,
  • dem steuerfreien Teil von Dividenden oder
  • den Beträgen abgezogener Eigenkapitalzinsen, soweit sie den jährlich wahrgenommenen Sparerfreibeträgen entsprechen,

sind sie steuerfrei. (3) der Unternehmer ist bei seiner Entnahmeentscheidung nicht auf eine bestimmte Reihenfolge bezüglich der Art des vorhandenen Betriebsvermögens beschränkt. (4) auf die Einkommensteuerschuld anrechenbar sind der gezahlte Gewerbesteuerbetrag sowie der auf Entnahmen entfallende Proportionalsteuerbetrag, wenn sie aus jenem Teil des Betriebsvermögens erfolgen, der aus proportional versteuerten Gewinnteilen gebildet wurde.

Änderungen des Betriebsvermögens

Der die Option zur Proportionalbesteuerung wahrnehmende Unternehmer ist verpflichtet, den Bestand seines Betriebsvermögens zum Anfang und zum Ende eines jeden Ermittlungszeitraums lückenlos zu dokumentieren. In diesem Sinne sind alle während dieses Zeitraums erfolgende Änderungen zu erfassen. Tabelle 1 enthält die mit der Proportionalbesteuerung zinsbereinigter Unternehmensgewinne möglichen Änderungen des Betriebsvermögens bezüglich ihrer wesentlichen Kategorien. Im Teil NaKo sind alle einer Entnahmebesteuerung unterliegenden Teile des Betriebsvermögens gemäß (1) erfasst. Zu versteuern ist bei Entnahmen aus NaKo I der um den Faktor 1/0,75 erhöhte Entnahmebetrag. Entsprechend sind 25 % dieser Bemessungsgrundlage gemäß (4) als Vorsteuer anrechenbar. Bei Entnahmen aus NaKo II ist keine Vorsteuer anrechenbar. Die gemäß (2) steuerfrei entnehmbaren Teile des Betriebsvermögens sind alle im EnKo zu verzeichnen.3

Tabelle 1
Änderungen des Betriebsvermögens eines Einzelunternehmers
Nachversteuerungspflichtige Teile des Betriebsvermögens Steuerfrei entnehmbare Teile des Betriebsvermögens
  NaKo I   EnKo
  Jahresanfangsbestand   Jahresanfangsbestand
+ proportional versteuerter Teil des zurückbehaltenen Gewinns nach Abzug der Eigenkapitalzinsen + Einlagen
+ progressiv versteuerter Teil des zurückbehaltenen Gewinns nach Abzug der Eigenkapitalzinsen
- Proportionalsteuerbetrag
- Entnahmen
= Jahresendbestand + Proportionalsteuerbetrag
+ wahrgenommener Sparerfreibetrag
  NaKo II
  Jahresanfangsbestand
+ abgezogene Eigenkapitalzinsen - Entnahmen
- wahrgenommener Sparerfreibetrag = Jahresendbestand
- Entnahmen
= Jahresendbestand

Quelle: Struktur und den Komponenten des Kontos gemäß Vorschlag einer gesetzlichen Regelung in Rose (2022, 171-172).

Verrechnung von Verlusten

In Tabelle 1 sind aus Vereinfachungsgründen noch nicht alle Arten von Bestandsänderungen eingetragen. Dies betrifft unter anderem Verluste, die im Falle ihres Vortrags zu einer Minderung des NaKos führen. Ihre Verrechnung in einem zukünftigen Ermittlungszeitraum führt zu einer Erhöhung des NaKos. Werden Unternehmensverluste mit anderen Einkünften des Unternehmers verrechnet, sind sie im EnKo als Bestandsminderung zu verzeichnen. Die Wahl des Unternehmers für eine proportionale oder progressive Versteuerung zurückbehaltener Gewinne gilt auch für die Verrechnung von Verlusten. Bei späteren Gewinnen hat er die Möglichkeit, gegenüber der Minderung der proportionalen Steuerlast aus dem Abzug eines Verlustvortrags eine für ihn günstigere Entlastung aus seinem Abzug bei der Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer nach dem Progressionstarif zu erreichen. Der Unternehmer sollte auch die Option haben, seinen Jahresverlust mit einem Jahresanfangsbestand im NaKo I zu verrechnen. Er erhält in diesem Fall eine Erstattung in Höhe von 25 % des Verlustes. Dies entspricht einer Entlastung wie bei dem auf einen vorhandenen Jahresanfangsbestand von NaKo I begrenzten Verlustrücktrag.

Qualifiziertes Bankkonto für das Sparen mit Einkünften aus Finanzanlagen

Ein mit der Besteuerung thesaurierter Unternehmensgewinne vergleichbares Steuerregime sollte als Option auch für Einkünfte aus mit Eigenkapital erworbenen verzinslichen Kapitalforderungen sowie Anteilen an börsennotierten Kapitalgesellschaften und Investmentfonds möglich sein. Hierzu übertragen natürliche Personen als Sparer Kapital zum Erwerb solcher Finanzanlagen auf das bei einem deutschen Kreditinstitut geführte spezielle Bankkonto. Die Voraussetzungen zur Verwaltung eines solchen qualifizierten Bankkontos (QBK) wären derzeit in einem neuen § 144a der Abgabenordnung zu regeln.4 Da eine Kreditfinanzierung des Erwerbs von Finanzanlagen über das QBK nicht zulässig ist, entspricht das für die Zinsberechnung relevante Eigenkapital den gesamten Beständen der – mindestens ein volles Kalenderjahr – gehaltenen Finanzanlagen. Insofern ist auch ein gegenüber seinem Ansatz bei der Ermittlung von Unternehmensgewinnen um 1 bis 1,5 Prozentpunkte niedriger Eigenkapitalzins anzuwenden. Dies gilt im Übrigen auch für den aus Finanzanlagen resultierenden Teil der Unternehmensgewinne. Das ein QBK verwaltende Institut hat unter Berücksichtigung der Entscheidungen des Kontoinhabers bezüglich seiner Wahl zu Art der Besteuerung und Entnahmen eine in Tabelle 2 veranschaulichtes Vermögensverzeichnis zu führen. Dabei wurden auch die bei Verlusten und der Verrechnung von Verlustvorträgen vorzunehmenden Aufzeichnungen – anders als in Tabelle 1 – vermerkt. Zu beachten ist hierbei, dass Verluste nicht mit anderen Einkünften des Kontoinhabers verrechenbar sind und Verlustvorträge nicht mit dem Eigenkapitalzins verrechnet werden.5 Weiterhin ist auch berücksichtigt worden, dass Dividenden aus nicht transparent versteuerten Gewinnen von Kapitalgesellschafen wegen ihrer Vorbelastung durch Körperschaft- und Gewerbesteuer nur zur Hälfe steuerpflichtig sind (Wiedereinführung des vormaligen Halbeinkünfteverfahrens).

Tabelle 2
Änderungen des auf einem qualifizierten Bankkonto (QBK) geführten Kapitalvermögens
Nachversteuerungspflichtige Teile des Kapitalvermögens Steuerfrei entnehmbare Teile des Kapitalvermögens
  NaKo I   EnKo
  Jahresanfangsbestand   Jahresanfangsbestand
+ Übertragungen aus dem NaKo I eines Betriebs des Kontoinhabers + Einlagen
+ proportional versteuerter Teil der zurückbehaltenen Kapitaleinkünfte (einschl. erstatteter Kapitalertragsteuer) nach Abzug eines Verlustvortrags, des steuerfreien Teils von Dividenden sowie der Eigenkapitalzinsen + progressiv versteuerter Teil der zurückbehaltenen Kapitaleinkünfte (einschl. erstatteter Kapitalertragsteuer) nach Abzug eines Verlustvortrags, des steuerfreien Teils von Dividenden sowie der Eigenkapitalzinsen
- Proportionalsteuerbetrag + Proportionalsteuerbetrag
- Jahresverlust, soweit er nicht durch den Abzug von Eigen- kapitalzinsen entstanden ist + verwendeter Teil eines nicht durch den Abzug von Eigenkapitalzinsen entstandenen Verlustvortrags
+ verwendeter Teil des nicht durch den Abzug von Eigenkapitalzinsen entstandenen Verlustvortrags + wahrgenommener Sparerfreibetrag
- Übertragungen auf das NaKo I eines Betriebs des Kontoinhabers + steuerfreier Teil von Dividenden
- Entnahmen - dem Kontoinhaber direkt zugeflossener Betrag der erstatteten Kapitalertragsteuer
= Jahresendbestand
  NaKo II - Entnahmen
  Jahresanfangsbestand = Jahresendbestand
+ Übertragungen aus dem NaKo II eines Betriebs des Kontoinhabers    
+ abgezogene Eigenkapitalzinsen    
- Jahresverlust, soweit er durch den Abzug von Eigenkapitalzinsen entstanden ist    
+ verwendeter Teil des durch den Abzug von Eigenkapitalzinsen entstandenen Verlustvortrags    
- Übertragungen auf das NaKo II eines Betriebs des Kontoinhabers    
- wahrgenommener Sparerfreibetrag    
- Entnahmen    
= Jahresendbestand    

Quelle: Struktur und Komponenten des Kontos gemäß Vorschlag einer gesetzlichen Regelung des QBK in Rose (2022, 180-181).

Die Führung eines QBK bietet insbesondere Unternehmern besondere Vorteile. Sie können mit den gemäß Progressionstarif nachversteuerungspflichtigen Teilen des NaKos wechselseitige Übertragungen steuerfrei durchführen. Wenn ein Unternehmer aus Altersgründen seine Betriebe veräußert, müsste er eigentlich die Bestände seines NaKos sofort der progressiven Entnahmebesteuerung unterwerfen. Dies kann er – wie in Abbildung 1 veranschaulicht – durch deren Übertragung auf das NaKo seines QBK vermeiden und hätte so nur sukzessiv die jährlich zur Finanzierung seines Alterskonsums daraus entnommenen Bestände gemäß Progressionstarif nachzuversteuern.

Abbildung 1
Das neue System der Besteuerung
Das neue System der Besteuerung

Quelle: Dem Schaubild in Rose (2020, 183) entsprechend.

Steuerrechtliche Regelung transparent versteuerter Anteile an Gewinnen von Gesellschaften

(1) Jeder Gesellschafter einer persönlich geführten Kapitalgesellschaft mit Sitz im Inland6 hat das Recht, für eine transparente Besteuerung seines Gewinnanteils zu votieren. Er ist somit dem Gesellschafter einer Personengesellschaft steuerlich gleichgestellt. Jede dieser Kapitalgesellschaften ist bei Wahrnehmung der Option wie jede Personengesellschaft verpflichtet, dem Gesellschafter alle Informationen zur Durchführung der transparenten Besteuerung des Gewinnanteils zu übermitteln und die damit verbundenen Ermittlungsvorschriften zu befolgen.

2) Mit der Zurechnung der Gewinne transparenter Kapitalgesellschaften auf ihre Anteilseigner als zu versteuernde Einkommen werden auch die von diesen Gesellschaften gezahlten Unternehmenssteuern (Körperschaft- und Gewerbesteuer) zugerechnet. Sie sind als Vorsteuern von der Einkommensteuerschuld der Gesellschafter vollständig abziehbar und somit im EnKo des Betriebsvermögenverzeichnisses als Bestandsabgänge zu erfassen.

(3) Zum zugerechneten Gewinnanteil gehören auch alle Vergütungen, die der Gesellschafter von der Gesellschaft für Dienstleistungen und Nutzungen von Sachanlagen sowie Rechten erhalten hat. Darauf von der Gesellschaft zu entrichtende Quellensteuern sind vom Gesellschafter als Vorsteuern anrechenbar.

(4) Die Gesellschafter haben die Entscheidung, den zugerechneten Gewinn vor Abzug der Unternehmenssteuern nach dem Progressionstarif oder nach einem Proportionalsteuersatz von 25 % zu versteuern. Proportional können nur jene Gewinnteile versteuert werden, die die Kapitalgesellschaft noch nicht ausgeschüttet hat. Wie dem Einzelunternehmer ist es auch den Anteilseignern von Transparenzgesellschaften möglich, thesaurierte Gewinnteile in die Bemessungsgrundlage der progressiven Einkommensteuer aufzunehmen.

(5) Der Gesellschaft entnommene oder von ihr als Dividenden ausgeschüttete Gewinne unterliegen beim Gesellschafter als Entnahme nicht der progressiven Einkommensteuer, wenn sie aus dem NaKo des von der Gesellschaft geführten Steuerkontos erfolgen, aber auf das NaKo eines seiner Betriebe oder seines QBK übertragen wurden.

(6) Einen Verlustvortrag kann die Kapitalgesellschaft zur Minderung von Gewerbe- und Körperschaftsteuer mit zukünftigen Gewinnen verrechnen. Bei der Ermittlung der Gewinnanteile der Gesellschafter ist die Verrechnung eines Verlustvortrags jedoch nicht zulässig. Die den Vortrag begründenden Verluste wurden nämlich in den Steuerkonten der Gesellschafter als Bestandsminderungen verbucht und begründeten damit zugleich deren Rechte auf ihre zukünftige Verrechnung als Verlustvorträge einschließlich der darauf entfallenden Zinsen.

Tabelle 3 enthält beispielshaft die zu verzeichnenden Bestandsänderungen im ersten Jahr nach Erwerb eines Anteils an einer Transparenzgesellschaft. Aus dem Gesellschaftsvermögen ist dem neuen Anteilseigner der Eigenkapitalbestand EKa zurechnen. Da die Anschaffungskosten AK diesen Bestand übertrafen, ist das EnKo um den Unterschiedsbetrag EKb = AK - EKa zu ergänzen Damit kann der neue Anteilseigner nach der Anschaffung bei einer von der Gesellschaft mit dem Eigenkapital EKa erzielten Rendite g und einem Eigenkapitalzins r von dem auf ihn entfallenden und zinsbereinigt zu versteuernden Gewinnanteil g*EKa als Zinsen r*AK abziehen. Er hat die Option, einen thesaurierten Teil t1*(g*EKa – r*AK) proportional sowie einen thesaurierten Teil t2*(g*EKa – r*AK) und einen entnommenen Teil t3*(g*EKa – r*AK) progressiv zu versteuern. Dem NaKo I wird bei dem Proportionalsteuersatz von 25 % der Bestand (1-0,25)*t1*(g*EKa – r*AK) zugewiesen. Im NaKo II ist der Zugang r*AK zu verbuchen. Das EnKo am Jahresende ergibt sich aus einem Anfangsbestand in Höhe von AK und den Zugängen aus t2*(g*EKa – r*AK) und dem Betrag der Proportionalsteuer in Höhe von 0,25*t1*(g*EKa – r*AK). Dem Anteilseigner ist somit am Ende des Jahres ein im Vermögen der Gesellschaft befindliches Eigenkapital in Höhe von EKa + (t1 + t2)*(g*EKa – r*AK) + r*AK zuzurechnen. Das auf den Anteil an der Transparenzgesellschaft insgesamt entfallende Eigenkapital ist noch um den Bestand EKb höher.

Tabelle 3
Änderungen des Steuerkontos im ersten Jahr nach Erwerb eines Transparenzgesellschaft -Anteils
Nachversteuerungspflichtige Teile des Anteils am thesaurierten Gewinn der Gesellschaft Steuerfrei entnehmbare Teile des Anteils am thesaurierten Gewinn der Gesellschaft und andere entnehmbare Eigenkapitalbestände
  NaKo I   EnKo
+ proportional versteuerter Anteil am thesaurierten Gewinn einschl. Anteil an den von der Gesellschaft gezahlten Unternehmenssteuern und abzügl. der vom Gesellschafter ansetzbaren Eigenkapitalzinsen: t1*(g*EKa – r*AK) + Anteil am EK der Gesellschaft: EKa
+ Einlagen: EKb = AK - EKa
+ progressiv versteuerten Anteil am thesaurierten Gewinn einschließlich Anteil an den von der Gesellschaft gezahlten Unternehmenssteuern und abzüglich der vom Gesellschafter ansetzbaren Eigenkapitalzinsen: t2*(g*EKa – r*AK)
- Proportionalsteuerbetrag: 0,25*t1*(g*EKa – r*AK)
= Jahresendbestand + Proportionalsteuerbetrag: 0,25*t1*(g*EKa – r*AK)
  NaKo II - Anteil an den von der Gesellschaft gezahlten Unternehmenssteuern
+ abgezogene Eigenkapitalzinsen: r*AK
= Jahresendbestand = Jahresendbestand

Quelle: Struktur und Komponenten des Kontos der Tabelle 1 entsprechend mit den vorstehend erläuterten Hauptkomponenten.

Weitere Bestandsänderungen, z. B. aus dem Ansatz eines Sparerfreibetrags, mögen in dem Beispiel aus Vereinfachungsgründen unberücksichtigt bleiben. Wird der Anteil nach einer solchen Gewinnzurechnung unmittelbar wieder verkauft, so sind die folgenden Versteuerungspflichten zu beachten. Zu versteuern ist bei einem Verkaufserlös E ein Veräußerungsgewinn VG, der sich nach Abzug des Anteilvermögens (NaKo und EnKo) zum Zeitpunkt der Veräußerung vom Erlös E ergibt. Als Einkünfte aus Kapitalvermögen ist somit VG = E – [(1-0,25)*t1*(g*EKa – r*AK) + r*AK + AK + t2*(g*EKa – r*AK) + 0,25*t1*(g*EKa – r*AK)] nach dem Progressionstarif zu versteuern. Der Anteilseigner hat aber die Wahl, den Veräußerungsgewinn proportional zu versteuern und auf das NaKo I eines seiner Betriebe oder seines QBK zu übertragen. Erst wenn er von diesen Konten entnommen wird, erfolgt die progressive Nachversteuerung unter voller Anrechnung der gezahlten Proportionalsteuer. Zu beachten ist weiterhin, dass die dem NaKo des Anteilbetriebs quasi entnommenen Teile (1-0,25)*t1*(g*EKa – r*AK) mit Anrechnung der Vorsteuer und r*AK ohne Anrechnung einer Vorsteuer der progressiven Entnahmebesteuerung unterliegen. Vermeidbar ist auch diese Last durch Übertragung der betreffenden Bestände auf das NaKo eines Betriebs oder des betreffenden QBK.

Vorteile der vorgeschlagenen neuen Besteuerung

Nach dem traditionellen System der Einkommensbesteuerung sind Erträge aus der Anlage von Sparkapital jeglicher Form unabhängig von eventuellen Vorbelastungen zu versteuern. Ein Kapitalertrag wird jedoch schon dadurch gemindert, dass ihn die Steuer auf den für die betreffende Sparanlage gedachten Einkommensteil kleiner macht als er sonst wäre. Eine Versteuerung dieses so vorbelasteten Einkommens führt dann zu einer weiteren Last. Im übertragenen Sinne – wenn man das Saatgut versteuert, fällt die Ernte automatisch geringer aus. Ist sie zu versteuern, wird sie nochmals verringert.7

Solche Wirkungszusammenhänge erschließen nur, wenn man Steuerwirkungen in zeitlicher, d. h. letztlich lebenszeitlicher Sicht würdigt. Leider dominiert noch immer die Auffassung, dass Steuerlasten nur dann einmalig entstehen, wenn man das betreffende Einkommen einmalig besteuert. Insofern gibt es Akzeptanzprobleme bei der Regelung des Schutzes marktüblicher Kapitalerträge vor einer durch ihre Besteuerung ausgelöste Doppelbelastung. Als eine Art Kompromisskonzept erlaubt das vorgeschlagene System der Einkommensbesteuerung die steuerliche Freistellung einer marktüblichen Rendite des Sparkapitals nur, solange diese Erträge vom Sparer noch nicht für die Finanzierung seines Konsums oder seiner anderen Privatausgaben verwendet werden. Um hier wenigstens eine teilweise lebensgerechte Einmalbelastung zu erreichen, könnten die steuerfreien Eigenkapitalzinsen durch Abzug eines Sparerfreibetrags vor einer Versteuerung bei ihrer Entnahme geschützt werden. Unter dem Vorbehalt der Finanzierbarkeit sollte dieser Freibetrag für eine Einzelperson nicht weniger betragen als sich durch Anwendung des Eigenkapitalzinses für Finanzanlagen auf das betreffende Sparkapital ergibt, wobei letzteres nur bis zu einem Betrag von höchstens 100.000 Euro berücksichtigt werden kann.

Eine besonders vorteilhafte steuerliche Rahmenbedingung für unternehmerische Investitionsentscheidungen in persönlich geführten Unternehmen bietet das vorgeschlagene System durch die steuerliche Neutralität bezüglich der Wahl der Finanzierungsformen (Eigen-, Fremd- und Selbstfinanzierung) und der Investitionshöhe. Weiterhin wird im Bereich der persönlich geführten Unternehmen die steuerliche Neutralität bezüglich der Wahl der für das Unternehmen besten Rechtsform gewährleistet. Zur Erreichung der Entscheidungsneutralität bezüglich der Finanzierungsformen in börsennotierten Kapitalgesellschaften könnte auch dort später das Recht zum Abzug von Eigenkapitalzinsen implementiert werden. Dabei wäre zu erwägen, dem Vorschlag der EU-Kommission (2016) zu folgen, bei der Besteuerung des Gewinns körperschaftsteuerpflichtiger Gesellschaften den Abzug von Eigenkapitalzinsen für neu eingebrachtes Eigenkapital zu regeln. Zu einer kritischen Würdigung dieses Vorschlags siehe Rose (2017, 2018).

Der Vorschlag einer Entlastung thesaurierter Unternehmensgewinne bietet auch bessere Ausgangsbedingungen für die Wahl neuer Spitzensätze beim Einkommensteuertarif. Die anlässlich der Bundestagswahl im September 2021 von SPD und Die Grünen/Bündnis 90 vorgeschlagene Erhöhung der Spitzensätze wurde von CDU und FDP auch deshalb abgelehnt, weil hiermit die Investitionsfinanzierung mit Unternehmensgewinnen zukünftig höher belastet worden wäre. Mit einer neuen Besteuerung thesaurierter Gewinne unter Abzug von Eigenkapitalzinsen und mit einem Satz von 25 % entfällt dieser Einwand. Daraus lässt sich aber keineswegs eine Begründung für eine maßgebliche Erhöhung der Spitzensätze nach vollständiger Abschaffung des Solidaritätszuschlags ableiten.

 

  • 1 Zu einer umfassenden Darstellung und effizienztheoretischen Überprüfung einer Besteuerung um Eigenkapitalzinsen bereinigter Unternehmensgewinne, die im Falle ihrer Thesaurierung mit einem flachen Satz versteuert werden können und bei Entnahmen progressiv nachversteuerungspflichtig sind, siehe Zöller (2011).
  • 2 Zur Ermittlung des um Eigenkapitalzinsen bereinigten Gewinns von Unternehmen bei Anwendung der Kassenrechnung (Einnahmen-Überschussrechnung) sowie der Vermögensrechnung (Ertrags-Überschussrechnung bei Bewertung der Wirtschaftsgüter und Schulden nach Steuerbilanz) siehe die beispielhaften Praxisfälle in Rose (2022, 27-44).
  • 3 Zur Führung von Besteuerungskonten wie in Tabelle 1 siehe Zöller (2011, 44-49), sowie § 20 der Allgemeinen Rechtsverordnung zum Entwurf eines neuen Einkommensteuergesetzes bei Rose (2022, 170-172).
  • 4 Siehe zur Fassung und Erläuterung einer solchen Regelung Rose et al. (2009, 232-245), Zöller (2011, 71-76) sowie Rose (2022, 178-182).
  • 5 Gegenüber der Verrechnung von Verlustvorträgen bei Unternehmensgewinnen zur Gewährleistung der Entscheidungsneutralität bezüglich alternativer Investitionsprojekte ist deren Verzinsung hier hauptsächlich deshalb nicht anzusetzen, weil die steuerliche Begünstigung von Spekulationsverlusten aus hoch riskante Finanzanlagen nicht zu rechtfertigen ist.
  • 6 Eine ansässige und unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtige Kapitalgesellschaft kann steuerlich als Transparenzgesellschaft behandelt werden, wenn ihre Anteile nicht börsennotiert sind und auch nicht anderweitig anonym erworben und veräußert werden. Somit sind Aktien sowie auch mittelbare Anteile als zulässige Anteile ausgeschlossen. Siehe hierzu wie auch zur Versteuerung der Veräußerung von Anteilen an Transparenzgesellschaften Rose (2022, 55-61).
  • 7 Siehe hierzu die Lastrechnungen bei Rose (2020, 36-45 und 58-63).

Literatur

EU-Kommission (2016), Directive on a Common Consolidated Corporate Tax Base, COM (2016), 25. Oktober.

Rose, M., T. Scholz und D. Zöller (2009), Das „Qualifizierte Bankkonto“ (QBK) zur steuerlichen Gleichbelastung von Kapitaleinkünften, Steuer und Wirtschaft, 3, 232-245.

Rose, M. (2017), Zinsbereinigte EU-Körperschaftsteuer – Kritische Würdigung eines innovativen Vorschlags der EU-Kommission zur Gemeinsamen Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage, Steuer und Wirtschaft, 3, 209-233.

Rose, M. (2018), Deducting of notional interest on equity according to the draft auf die European Commission for a Council Directive on a Common Corporate Tax Base, Zeitschrift für Wirtschaftspolitik, 67(3), 308-331.

Rose, M. (2020), Von der Steuervielfalt zum Steuersystem, Tredition.

Rose, M. (2022), Rechtsgrundlagen für ein neues Steuersystem, Rechtlicher Wegweiser zu einer grundlegenden Reform der Besteuerung des Einkommens der Bürger, Dr. Kovač.

Zöller, D. (2011), Die Zinsbereinigte Gewinnsteuer (ZGS), Steuersystematische Entwicklung und ökonomische Analyse eines Reformvorschlags für Deutschland, Mohr Siebeck.

Title:Taxation of Retained Profits of Enterprises and Income from Capital Assets

Abstract:The reduced taxation of retained profits under German income tax law is only rarely used. It is in fact extremely complicated and, taking into account the tax on its later withdrawal, even leads to a higher burden than normal taxation. To reform this tax law, a taxation of profits adjusted for notional interest on equity is proposed. Re-tained portions can be taxed at a proportional rate of 25 %. If they are withdrawn later, they are subject to progressive income taxation with full offsetting of the proportional tax paid. In order to ensure equal tax treatment with parts of income from capital assets accumulated in a qualified bank account, these are to be taxed according to the same concept.

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© Der/die Autor:in 2021

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DOI: 10.1007/s10273-022-3227-z