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Die EU hat noch 2022 die Testphase für den Cross Border Adjustment Mechanism (CBAM) beschlossen. Damit sollen Nachteile für Unternehmen in der EU vermieden werden. Diese entstehen im Außenhandel durch die Bepreisung von europäischen Treibhausgas-(THG)-Emissionen im Verhältnis zu ausländischen Wettbewerbern, deren Produktion keiner THG-Bepreisung unterliegt. In die EU aus diesen Ländern importierte Güter sollen daher durch den CBAM, analog zu einer Produktion in der EU, belastet werden. Dies ist aus verschiedenen Perspektiven diskussionswürdig (Schiffer 2021, Söllner 2022). Insbesondere handelt es sich beim CBAM um einen Klimazoll. Die EU-Industrien werden geschützt und bei Importen werden Einnahmen für die EU generiert. Beides liegt im grundsätzlichen Interesse der EU.

Neben der aus ordnungspolitischer Sicht zu kritisierenden Abwendung von Markt- oder zumindest Kooperationslösungen für wettbewerbsbeeinflussende Maßnahmen im Außenhandel ergeben sich weitere, insbesondere klimaschutzpolitische Nachteile. Geht man zunächst davon aus, dass EU-Industrien und die Industrien in Drittländern ähnlich wettbewerbsfähig und groß sind, kein Handelsvolumen vorliegt und die Exportangebotsfunktion vollkommen elastisch ist, dann führt die in der EU vorgenommene THG-Bepreisung zunächst zu einer nachlassenden Wettbewerbsfähigkeit der EU-Unternehmen. Folglich wird die Importnachfrage steigen. Werden jetzt die EU-Importe im Rahmen des CBAM analog zur eigenen THG-Bepreisung belastet, sinkt die potenzielle Rente der EU-Konsumenten wieder. Diese wird auf echte Wohlfahrtsverluste in Form von Marktineffizienzen und die EU-Produzentenrente umverteilt. Tendenziell bleibt das Handelsvolumen unverändert und die EU-Produktionsmenge sinkt. Die inländischen Konsumenten tragen die Kosten der THG-Bepreisung und unterstützen so die europäischen Klimaschutzziele.

Sind die EU-Industrien weniger wettbewerbsfähig als der Weltmarkt und in einer Preisnehmer-Situation, und besteht nach den CBAM-Kosten immer noch eine Importnachfrage, dann ergibt sich durch ein sinkendes Handelsvolumen und einer zunehmenden EU-inländischen Produktion ebenfalls die Umverteilung der gesunkenen Konsumentenrente. Diesmal tritt als weiterer Empfänger die EU hinzu, die mit dem realisierten Handelsvolumen als Bemessungsgrundlage Zolleinnahmen generiert. Die spätere Verwendung dieser Mittel dürfte regelmäßig mit Verteilungswirkungen verbunden sein.

Aus ordnungspolitischer Sicht werden falsche Anreize für die Erreichung der globalen Klimaschutzziele gesetzt, wenn die EU-Industrien einen Einfluss auf die Weltmarktpreise ausüben können, die exportierenden Industrien tendenziell klein sind und deren Produktion im eigenen Land keiner THG-Bepreisung unterliegt. In diesen Fällen führt der Klimazoll ebenfalls zu einer Verringerung des Handelsvolumens mit den bereits beschriebenen Umverteilungen. Kritisch aus Sicht des Klimaschutzes sind die resultierenden Preiseinflüsse. Durch die Erhebung des Klimazolls und die nicht vollkommen elastische Exportangebotsfunktion, wird der sich im ausländischen Markt ergebende Preis unter dem vorherigen Weltmarktpreis liegen.

Bei unelastischem Angebot im Auslandsmarkt bzw. wenn dort die Angebotselastizität geringer ist als die Nachfrageelastizität ergibt sich eine höhere, den Auslandsmarkt räumende Menge, die keiner THG-Bepreisung unterliegt. Zusätzlich trägt das Ausland die Wohlfahrtsverluste aus den entstehenden Marktineffizienzen und dem anteiligen Klimazoll auf das EU-Exportvolumen. Offensichtlich beschreibt dies die Situationen, in der eine große EU-Industrie vor und nach THG-Bepreisung Güter aus kleineren Ländern mit kleineren Industrien importiert, die beispielsweise als Schwellenländer ihre klimaschutzpolitischen Maßnahmen noch nicht ausreichend entwickelt haben. In diesen Fällen exportiert die EU über Klimazölle damit potenziell Treibhausgasemissionen.

Aus globaler Perspektive treiben EU-Klimazölle regelmäßig einen Keil zwischen die in- und ausländischen Preise. Damit sind besondere Herausforderungen verbunden, wenn positive Klimaschutzeffekte über Preislenkungen erreicht werden sollen. Aus lokaler Sicht trägt ein EU-Klimazoll in Form des CBAM zum bestehenden Spagat bei, einerseits Klimaschutz über preislenkende Maßnahmen zu vollziehen, gleichzeitig die entsprechenden Wirkungen aber sozialverträglich begrenzen zu wollen. Es bleibt daher zu hoffen, dass der CBAM nach der Testphase einer kritischen Prüfung, vor einer etwaigen Umsetzung ab 2026, unterzogen wird.

Literatur

Schiffer, H.-W. (2021), Treibhausgasneutralität 2045/2050: Verschärfung der nationalen und europäischen Klimaziele, Wirtschaftsdienst, 101(8), 638-644.

Söllner, F. (2022), EU-Pläne für einen CO2-Grenzausgleich, Wirtschaftsdienst, 102(8), 609-617.

© Der/die Autor:in 2023

Open Access: Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz veröffentlicht (creativecommons.org/licenses/by/4.0/deed.de).

Open Access wird durch die ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft gefördert.


DOI: 10.2478/wd-2023-0069