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Die Errichtung von Glasfaserinfrastrukturen erfordert von den ausbauenden Unternehmen hohe Investitionen. In jüngster Zeit ist vermehrt zu beobachten, dass in diesem Geschäftsfeld Akteure auftreten, die sich auf den Aufbau und Betrieb der neuen Netze konzentrieren, ohne selbst Dienste an Endkunden zu vermarkten. Wir stellen unterschiedliche Ausprägungsformen von Wholesale-only vor, diskutieren ihre ökonomischen Implikationen, gehen auf die Anreizsystematik hinter dem Geschäftsmodell und seine wettbewerblichen Potenziale ein und nehmen eine Einordnung der auf dem deutschen Markt aktiven Wholesale-only-Anbieter vor.

Wholesale-only-Anbieter sind Unternehmen, die über eigene Netzinfrastrukturen verfügen, über diese Netze aber nicht selbst Dienste für Endkunden vermarkten. Wholesale-only-Anbieter sind im Telekommunikationssektor sowohl im Festnetz als auch im Mobilfunk zu beobachten. Während die größten Wholesale-only-Anbieter auf dem deutschen Mobilfunkmarkt, die sogenannten TowerCos, durch die Auslagerung bzw. den teilweisen Verkauf der Funkturminfrastrukturen entstanden sind (z. B. Deutsche Funkturm – Deutsche Telekom, Vantage Towers – Vodafone), handelt es sich bei den im Glasfaserausbau tätigen Wholesale-only-Anbietern nicht um Infrastrukturausgliederungen ursprünglich vertikal integrierter Unternehmen, sondern um neu gegründete Gesellschaften.

Betriebswirtschaftliche Aspekte des Wholesale-only-Geschäftsmodells

Wholesale-only und vertikale Integration weisen als Geschäftsmodelle für den Glasfaserausbau eine Reihe von strukturellen Unterschieden auf (Wernick et al., 2017; Godlovitch et al., 2020). Vorteilhaft am Wholesale-only-Modell ist insbesondere die potenziell höhere Netzauslastung durch eine Vielzahl von möglichen Vorleistungsnachfragern, die ihre Vertriebskraft nutzen, um Kunden für das Netz zu akquirieren. Wenn es gelingt, national bekannte Marken als Zugangspetenten zu gewinnen, verringert dies außerdem die Wahrscheinlichkeit, dass der Anbieter als Neuling einen Reputationsmalus bei der Bevölkerung erhält und damit in der Vermarktung Nachteile hat. Ein offenes Glasfasernetz, zu dem alle Anbieter Vorleistungszugang haben, verringert außerdem die Wahrscheinlichkeit, dass konkurrierende Unternehmen parallel eigene Infrastrukturen ausbauen und/oder aufrüsten.

Die operativen Kosten (Marketing, Vertrieb, Kundenadministration etc.) sind deutlich geringer, wenn keine eigenen Endkundendienste angeboten werden. Eine entsprechende Reduzierung operativer Kosten („OPEX“) erhöht die EBITDA-Margen. Aus all den genannten Vorteilen resultiert ein geringeres Risikoprofil, was wiederum die Finanzierungskosten des Glasfaserausbaus reduziert und Wholesale-only als eine Anlageform für langfristig orientierte, risikoaverse Investoren interessant macht.

Ein Unternehmen das sich zutraut, selbst hohe Marktanteile auf dem Endkundenmarkt zu akzeptablen operativen Kosten zu erringen, stellt sich als vertikal integrierter Anbieter jedoch gegebenenfalls besser. Hier besteht das Potenzial, Vorteile aus der Bedienung der gesamten Wertschöpfungskette zu ziehen, insbesondere durch den Endkundenkontakt und die damit verbundenen vertrieblichen Möglichkeiten. Dies gilt insbesondere für Anbieter mit starker Marke und Vertriebskraft, die Potenzial für den Absatz kostenpflichtiger und margenstarker Zusatzdienste sehen (z. B. IPTV-Pakete).

Für Wholesale-only-Anbieter besteht außerdem das grundsätzliche Risiko, wenige oder keine Vorleistungsnachfrager zu finden, vor allem, wenn die Zahl der adressierten Haushalte gering ist und damit einmalige Kosten und operative Aufwände seitens der Nachfrager entstehen, die einem geringen zusätzlichen Geschäftspotenzial gegenüberstehen.

Insgesamt ist festzuhalten, dass Wholesale-only als Geschäftsmodell zu einem geringeren Ertragsrisiko führt. Vertriebsstarke Organisationen könnten jedoch bei vertikaler Integration gegebenenfalls Ertragspotenziale über das Bündeln weiterer Produkte (z. B. IPTV, Mobilfunk, Router) realisieren, die beim Wholesale-only-Modell nicht umsetzbar sind. Daher ist das Wholesale-only-Modell insbesondere für Unternehmen und Investoren interessant, die eher risikoavers und an hoher Ertragsstabilität interessiert sind. Dies können beispielsweise kommunale Unternehmen oder in den Glasfaserausbau investierende Pensionsfonds sein.

Ausprägungsformen von Wholesale-only sowie Auswirkungen auf Nachfrage und Wettbewerb

Im Leitfaden für Investitionen in Hochgeschwindigkeits-Breitbandnetze der Europäischen Kommission werden drei Stufen (engl. Layers, für Schichten) eines Festnetz-Breitbandnetzes unterschieden, auf denen Wertschöpfung stattfindet. Auf Layer 1 ist der Anbieter der passiven Infrastruktur (Passive Infrastructure Provider – PIP) tätig, dem Leerrohre, Kabel und Ähnliches gehören und der für deren Instandhaltung zuständig ist. Auf Layer 2 betreibt der Netzbetreiber (Network Provider – NP) aktive Technik (z. B. Switches), aufgesetzt auf die passive Infrastruktur. Auf Layer 3 erbringen und vermarkten Diensteanbieter (Service Provider – SP) Dienste für Endkunden (EU-Kommission, 2015; und Neumann et al., 2021).

Ein Wholesale-only-Anbieter bildet, im Kontrast zum vertikal integrierten Unternehmen, nur die erste oder die ersten beiden Stufen selbst ab. Endkundendienste (Layer 3) werden nicht erbracht. Abbildung 1 zeigt die verschiedenen Ausprägungen der Eigentümer/Nutzerstrukturen.

Abbildung 1
Wholesale-only-Geschäftsmodelle
Wholesale-only-Geschäftsmodelle

Quelle: eigene Darstellung basierend auf EU-Kommission (2015, 34).

  • Im Active-Layer-Open-Model (ALOM) betreibt der Wholesale-only-Netzanbieter sowohl die erste, als auch die zweite Netzebene, die Erbringung von Endkundendiensten findet über Diensteanbieter statt. Ein Beispiel für einen solchen Anbieter ist der deutsche Glasfasernetzbetreiber Vattenfall Eurofiber.
  • Im Passive-Layer-Open-Model (PLOM) ist der Wholesale-only-Anbieter nur im Besitz der passiven Netzinfrastruktur (Layer 1) und stellt diese sowohl Anbietern, die die zweite und dritte Ebene integriert bedienen, als auch spezialisierten Aktivnetzbetreibern, die nur auf Layer 2 operieren, zur Verfügung. Dieses Modell findet z. B. bei Go Fiber in der deutschsprachigen Gemeinschaft Ostbelgiens Anwendung.
  • Im 3-Layer-Open-Model (3LOM) gibt es eine klare Trennung zwischen den drei Netzebenen. Der aktive Netzbetrieb auf der zweiten Ebene wird durch einen festen Anbieter erbracht (gegebenenfalls auch ein festgelegter Anbieter je geografischem Gebiet). Insbesondere darf dieser Netzbetreiber keine Endkundendienste anbieten, um eine Diskriminierung zwischen den eigenen Diensten und denen Dritter auszuschließen. Die nöGIG in Niederösterreich war vor der Gründung des Schwesterunternehmens öGIG als Aktivnetzbetreiber ein Anbieter mit einem Wholesale-only-Geschäftsmodell nach dem 3LOM-Prinzip (Neumann et al., 2021).

In der Detailbetrachtung kann man deutliche ökonomische Unterschiede zwischen den Implementierungsformen von Wholesale-only-Netzen ausmachen.

Active-Layer-Open-Model (ALOM)

Im ALOM, in dem der Infrastruktureigentümer auch die aktive Netztechnik selbst bereitstellt, werden fast ausschließlich aktive Vorleistungsprodukte zur Verfügung gestellt. Passiver Zugang wird nur gewährt, wenn öffentliche Fördermittel zum Einsatz kommen und die Bereitstellung passiver Vorleistungen aufgrund der europäischen und nationalen Vorgaben erfolgen muss. Entsprechend sind die nachfragenden Diensteanbieter im ALOM an das vom Wholesale-only-Anbieter vordefinierte aktive Produktportfolio (z. B. bzgl. Bandbreiten, Qualitätsparameter) gebunden und haben auch bei der Preisgestaltung für eigene Endkundenprodukte geringere Freiheitsgrade.

Gerade für kleine Internetanbieter mit einem geringen Umfang an eigener Infrastruktur und niedrigem vertikalen Integrationsgrad können aktive Vorleistungsprodukte jedoch attraktiver als passive sein (SBR-net Consulting, 2022). Diensteanbieter können sich im ALOM auf den Teil der Wertschöpfungskette konzentrieren, in dem sie über die meiste Expertise verfügen. Dies geht damit einher, dass sie deutlich weniger Investitionen in Infrastruktur und Technik tätigen müssen, da keine eigene Aktivtechnik aufgebaut werden muss und aufgrund höherer Netzübergabepunkte auch weniger eigene bzw. für die Zuführung der Verkehre angemietete Infrastruktur Dritter erforderlich ist. Dementsprechend erhöht das ALOM potenziell die Zahl der Diensteanbieter auf dem Netz, insbesondere wenn kein passiver Vorleistungsnachfrager selbst konkurrenzfähige aktive Vorleistungsprodukte zur Verfügung stellt.

Passive-Layer-Open-Model (PLOM)

Das PLOM stellt sich als ein Modell mit großem Gestaltungsspielraum für Vorleistungsnachfrager dar. Durch die Nutzung passiver Vorleistungsprodukte (entbündelte Glasfaser) kann ein hohes Produkt- und Preisdifferenzierungspotenzial gewährleistet werden. So ist der Vorleistungsnachfrager nicht auf die vom Aktivnetzbetreiber vorgegebenen Produktcharakteristika festgelegt, sondern kann sein Portfolio individuell strukturieren. Dies lässt sich gut in der Schweiz beobachten, wo die Mehrzahl der Internetanbieter ohne eigene Anschlussnetzinfrastruktur im 4-Faser-Modell auf entbündelte Glasfaser-basierte Teilnehmeranschlussleitungen zurückgreift und damit Angebote aufsetzt, die sich deutlich vom Produktportfolio des Platzhirschs Swisscom differenzieren. So bieten die Anbieter Salt und Init7 ausschließlich Triple-Play-Produkte mit (soweit technisch möglich) Bandbreiten von 10 bzw. 25 Gbit/s im Download an (Knips et al., 2022).

Der höhere Anteil an der Wertschöpfungskette führt zugleich zu mehr Spielraum, sich auch im Preistableau von konkurrierenden Anbietern auf dem gleichen Netz zu differenzieren. Schließlich können Anbieter, die Vorleistungen nachfragen, auch selbst aktive Wholesale-Produkte auf dem Netz vertreiben, sodass sich im aus Wettbewerbssicht optimalen Fall im PLOM zusätzlich ein Vorleistungsmarkt für aktive Produkte entwickelt, der Internet-Diensteanbieter mit geringerem vertikalen Integrationsgrad adressiert.

Das 3-Layer-Open-Model (3LOM)

Mit Blick auf die Gestaltungsmöglichkeiten für Vorleistungsnachfrager weist das 3LOM ähnliche Einschränkungen wie das ALOM auf. Hier gibt es einen exklusiven Netzbetreiber, der die Aktivnetzebene bedient, d. h. Wettbewerb findet nur vorgelagert bei der Ausschreibung über den exklusiven aktiven Netzbetrieb, nicht jedoch im laufenden Geschäft, statt (Neumann et al., 2021). Mit Blick auf die Produkt- und Preisgestaltung gibt es wie im ALOM nur eingeschränkten Spielraum für Diensteanbieter.

Im Unterschied zum ALOM sind in einem 3LOM-Modell durch die Aufteilung der drei Ebenen auf drei statt auf zwei Anbieter aus ökonomischer Sicht jedoch zusätzliche Transaktionskosten zu erwarten, was sich in den Vorleistungs- und mittelbar in Endkundenpreisen niederschlagen kann.

Wettbewerbsökonomische Synthese

In Gebieten, die sich durch eine geringe Bevölkerungsdichte und hohe Ausbaukosten je erschlossenem Haushalt auszeichnen, ist häufig kein eigenwirtschaftlicher paralleler Ausbau mehrerer Netzinfrastrukturen möglich (Braun et al., 2019). Entsprechend besteht das Risiko, dass sich beim Ausbau durch vertikal integrierte Anbieter auf Endkundenebene monopolistische Angebotsstrukturen mit negativen Implikationen für Produktvielfalt, Preis und Qualität entwickeln. Erfolgt der Ausbau hingegen durch Wholesale-only-Anbieter, entsteht zwar ebenfalls nur eine physische Infrastruktur, gleichwohl sind auf Endkundenebene die Voraussetzungen für einen intensiven Wettbewerb gegeben. Wettbewerbsökonomisch ist der große Vorteil von Wholesale-only, dass es seitens des ausbauenden Unternehmens starke Anreize gibt, möglichst vielen Vorleistungsnachfragern diskriminierungsfrei und zu beidseitig akzeptablen Konditionen Netzzugang zu gewähren. Dies kann Wettbewerb auch in Regionen ermöglichen, in denen Infrastrukturwettbewerb über den parallelen Ausbau mehrerer Glasfasernetze nicht betriebswirtschaftlich darstellbar ist (Braun et al., 2019).

Zugleich weisen Modellierungen darauf hin, dass über Wholesale-only auch Gebiete eigenwirtschaftlich mit Glasfaser erschlossen werden können, in denen dies für vertikal-integrierte Anbieter nicht möglich ist (Wernick et al., 2017). Letzteres wird auch durch die Beobachtung bekräftigt, dass einige der großen vertikal integrierten Anbieter im deutschen Markt für die Erschließung ländlicher Gebiete Joint-Ventures in Form von Wholsale-only Modellen gegründet haben.

Vor dem Hintergrund der modellimmanenten Anreizstrukturen sehen der EU-Rechtsrahmen und das TKG für Wholesale-only-Anbieter, die über eine marktbeherrschende Stellung verfügen, auch weniger weitreichende regulatorische Eingriffsmöglichkeiten als für vertikal integrierte Unternehmen mit einer marktbeherrschenden Stellung vor (implementiert in § 33 Telekommunikationsgesetz (TKG) bzw. Artikel 80 European Electronic Communications Code (EECC)).

Unter der Voraussetzung, dass die institutionelle Ausgestaltung, die Zugangsmöglichkeiten, die Vorleistungskonditionen und das Marktumfeld sich so darstellen, dass mehr als ein Diensteanbieter Interesse an passivem Netzzugang im Wholesale-only-Modell zeigt, bietet das PLOM die größten Potenziale für Produkt-, Qualitäts- und Preisdifferenzierung und kann damit ein durch Angebotsvielfalt geprägtes Marktumfeld schaffen. In diesem Fall kommt das PLOM auf Basis des Zugangs zur entbündelten Glasfaser-Teilnehmeranschlussleitung (TAL) dem Marktmodell des Infrastrukturwettbewerbs sehr nahe.

Im ALOM werden die Angebotscharakteristika hingegen durch den integrierten Infrastruktur-/Aktivnetzbetreiber definiert. Aufgrund der geringeren Anforderungen an die Wertschöpfungstiefe der Internetanbieter kann ein solches Modell zwar dazu führen, dass die Zahl der Zugangsnachfrager und damit die Anbieterauswahl auf Endkundenebene größer als im PLOM ist, die angebotenen Produkte und ihre Preise unterscheiden sich jedoch kaum. Dies gilt in gleichem Maße für das 3LOM.

Wholesale-only-Glasfasernetze in Deutschland

Die Relevanz von Wholesale-only-Anbietern für den Glasfaserausbau steigt in Deutschland. In einer Reihe von Fällen handelt es sich jedoch nicht um eigenständige unabhängige Akteure, stattdessen bestehen eigentumsrechtliche Verflechtungen zu vertikal integrierten Anbietern. Aktuell lassen sich die auf dem deutschen Markt tätigen Wholesale-only-Anbieter vier Kategorien zuordnen:

1. Wholesale-only-Modelle auf Basis von Joint Ventures (JVs) zwischen Telekommunikationsunternehmen

In dieser Variante wird ein Wholesale-only-Unternehmen als JV mehrerer (in der Regel zwei) Telekommunikationsanbieter gegründet, das den Aufbau und Betrieb der Infrastruktur übernimmt und seinen Anteilseignern und gegebenenfalls weiteren Partnern Netzzugang gewährt. Durch den Aufbau eines gemeinsamen Netzes lassen sich für die Teilhaber im Vergleich zu einem alleinigen Ausbau die Investitionen je Haushalt bzw. Unternehmen deutlich reduzieren, weswegen dieser Ansatz insbesondere in ländlichen Gebieten mit relativ hohen Erschließungskosten zum Einsatz kommt.

Das bekannteste Beispiel hierfür ist die Glasfaser Nordwest als Joint Venture zwischen Deutscher Telekom und EWE Tel. Dieses baut Glasfaserfaserinfrastruktur in Norddeutschland aus, bietet Zugangspetenten aktive Layer-2- und Layer-3-Bitstream-Access-Produkte an und agiert im Markt als ALOM (Deutsche Telekom AG, 2019). Geplant ist es, 1,5 Mio. Haushalte und Unternehmen mit fiber to the building/home (FTTB/H) zu erschließen, eine Auswertung der zum 30.06.23 im Jahresbericht veröffentlichten Ausbauprojekte der Gesellschaft ergibt etwa 700.000 ausgebaute bzw. im Ausbau befindliche Haushalte und Unternehmensstandorte (Glasfaser Nordwest, 2023). Aktuell nutzen neben der EWE, ihren Tochtergesellschaften (osnatel, swb) und der Telekom noch einige weitere, überwiegend regionale Anbieter, wie etwa Stadtwerke, das Netz, um darüber eigene Endkundendienste anzubieten.

2. Wholesale-only-Modelle auf Basis von JVs zwischen Telekommunikationsunternehmen und Finanzinvestoren

Einige Telekommunikationsunternehmen bauen Glasfaser über Joint-Venture-Firmen aus, (teil-)finanziert durch Finanzinvestoren. Durch die Kooperation mit Finanzinvestoren sinken die durch die Telekommunikationsanbieter aufzubringenden eigenen Investitionsmittel, im Vergleich zu JVs mit anderen Telekommunikationsanbietern bestehen auf den neu entstehenden Netzen zugleich geringere wettbewerbliche Risiken.

Beispiele hierfür sind die GlasfaserPlus als Gesellschaft von Deutscher Telekom und dem australischen Kapitalinvestor IFM Global Infrastructure Fund, die OXG Glasfaser als Zusammenschluss von Vodafone und Altice und Unsere Grüne Glasfaser (UGG) als Joint Venture von Telefónica und Allianz. Die benannten Anbieter agieren ebenfalls im ALOM. Die GlasfaserPlus plant 4 Mio. FTTB/H-Anschlüsse auszubauen (GlasfaserPlus, 2023), während die OXG Glasfaser 7 Mio. (OXG Glasfaser, 2023) und die UGG 2 Mio. Anschlüsse anstreben (VATM, o. D.).

Die GlasfaserPlus hat Stand Juli 2023 noch keine Endkundenanbieter außer dem Gesellschafter Deutsche Telekom auf dem Netz (GlasfaserPlus, 2023). Bei UGG sind es neben der O2 (Telefónica Deutschland) aktuell noch vier kleinere, regionale Anbieter, die in einigen Regionen Dienste über das Netz anbieten (Unsere Grüne Glasfaser, 2023). Die OXG Glasfaser hat bisher keine Anschlüsse fertiggestellt und noch keine Auskunft zu Diensteanbietern gegeben.

3. Betreiberunabhängige Wholesale-only-Anbieter

Neben den JVs agieren in Deutschland auch einige betreiberunabhängige kommerzielle Wholesale-only-Anbieter. Auch wenn keine gesellschaftsrechtlichen Verflechtungen bestehen, operiert die überwiegende Mehrzahl dieser Anbieter mit TK-Diensteanbietern als Ankermieter, bei denen Kunden in der Erstvermarktungsphase Dienste auf den auszubauenden Anschlüssen buchen können. Entsprechende Vereinbarungen zwischen Wholesale-only- und Diensteanbieter sind in der Regel (zeit-)exklusiv. Beispiele hierfür sind die Glasfaser Montabaur des Investors Meridiam, der beim Ausbau von 17.000 Haushalten in Montabaur mit Vodafone als Ankermieter operiert und die ruhrfibre (Tochter der metrofibre), die in Essen, ebenfalls mit Vodafone als Ankermieter, 150.000 Haushalte mit Glasfaser erschließen will. In beiden Fällen wird der aktive Netzbetrieb von Vodafone übernommen, das ausbauende Unternehmen agiert entsprechend im PLOM (Presseportal, 2021; sowie ruhrfibre, 2022).

Unklar ist, ob die Exklusivität des Zugangs auf der passiven Ebene von Dauer sein wird oder ob in Zukunft auch andere Vorleistungsnachfrager Zugang zu passiven Vorleistungsprodukten erhalten werden.

Vereinzelt gibt es auch Stadtwerke, die selbst (passive) Telekommunikationsinfrastruktur ausbauen und diese dann verpachten. In der Praxis ist auch hier sowohl eine Vermarktung über Exklusivpartner als auch eine Zusammenarbeit mit mehreren Partnern denkbar. Beispiele für exklusive Partnerschaften sind die Pachtverträge der Stadtwerke Sindelfingen und Bietigheim-Bissingen mit der Deutschen Telekom AG (2022a; 2022b). Hier wird im PLOM agiert, die Deutsche Telekom übernimmt exklusiv den Netzbetrieb, Diensteanbieter können aktive Vorleistungsprodukte im Netz der Telekom beziehen.

Unabhängige Anbieter im ALOM wie beispielsweise Open Fiber in Italien, sind in Deutschland hingegen eher die Ausnahme. Der bekannteste Vertreter dieser Kategorie ist die Vattenfall Eurofiber, die in Berlin im Glasfaserausbau engagiert ist.

4. Kommunale Betreibermodelle

Eine Besonderheit der deutschen Breitband-Förderlandschaft ist das Betreibermodell. Hier bauen die Kommunen (bzw. meist ein Zweckverband als Zusammenschluss mehrerer Kommunen) selbst mit Fördermitteln passive Glasfasernetze aus. Der Netzbetrieb wird dann per Ausschreibung an einen festen Anbieter vergeben. In der eingangs beschriebenen Terminologie wird also ein PLOM mit einem festen Partner gebildet, der die zweite und dritte Ebene bedient und nach den Förderrichtlinien Dritten passive und aktive Vorleistungsprodukte anbieten muss.

In der Praxis zeigt sich, dass in einer Reihe von im Betreibermodell gefördert ausgebauten Projekten jedoch lediglich die Aktivnetzbetreiber selbst Internetdienste anbieten und im Vergleich zu national tätigen Anbietern zum Teil auch deutliche Preisaufschläge realisieren können (Braun et al., 2022). Dies deutet darauf hin, dass von den in Form eines Betreibermodells gefördert ausgebauten Wholesale-only-Netzen, trotz der förderbedingten Zugangsverpflichtungen, nicht automatisch Wettbewerbsimpulse ausgehen.

Fazit

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass Wholesale-only als Infrastruktur-Geschäftsmodell vor allem für Anbieter interessant ist, die „neu am Markt“ sind, also keine bestehende operative Struktur für Marketing und Vertrieb haben, nicht über eine auf dem Endkundenmarkt etablierte Marke verfügen und sich entsprechend nicht in der Lage sehen, Cross-Selling-Potenziale für Mobilfunkprodukte, Streamingdienste oder Ähnliches zu heben. Insbesondere ist Wholesale-only für solche Unternehmen und Investoren von Interesse, die an beständigen Erträgen mit geringerem Risiko interessiert sind. Die Schaffung von Wholesale-only-Anbietern als Spin-Offs zur Auslagerung von Bestandsinfrastrukturen wie im Mobilfunk ist im deutschen Festnetz hingegen nicht zu beobachten.

Die Wahl der Ausprägungsform und Ausgestaltung des Wholesale-only-Modells ist von großer Relevanz für den Wettbewerb. Vor dem Hintergrund, dass ein flächendeckender FTTH-Ausbau mehrerer Anbieter in Deutschland nicht zu erwarten ist, bietet das PLOM die Möglichkeit, dass private und gewerbliche Nachfrager von Produkt-, Qualitäts- und Preiswettbewerb profitieren können. Damit das PLOM seine wettbewerbsfördernde Wirkung vollständig entfalten kann, ist es jedoch wichtig, dass es in institutioneller und kommerzieller Hinsicht ebenso wie mit Blick auf die Übergabepunkte wettbewerbsoffen gestaltet ist, sodass für mehrere Anbieter die Möglichkeit zum passiven Netzzugang besteht. Sobald im PLOM Exklusivität auf den anderen beiden Netzebenen besteht, unterscheidet sich das PLOM in der wettbewerblichen Wirkung nicht von einem ALOM bzw. einem vertikal integrierten Anbieter.

Im ALOM werden die Produkte und Preise hingegen durch den integrierten Infrastruktur/Aktivnetzbetreiber definiert, sodass weniger Gestaltungsspielräume bestehen. Für klassische Diensteanbieter mit geringem vertikalen Integrationsgrad, die nur aktive Produkte nachfragen, kann ein ALOM dennoch attraktiver sein, da im PLOM die Gefahr besteht, dass keine aktiven Vorleistungsprodukte angeboten werden und sie daher von der Vermarktung ausgeschlossen werden.

In Deutschland werden Wholesale-only-Netze im eigenwirtschaftlichen Ausbau bisher fast immer als Joint Ventures bzw. mit starken Ankermietern mit Vorleistungszugang auf der Aktivebene realisiert. Hierdurch versuchen die ausbauenden Unternehmen das Auslastungsrisiko zu minimieren. Während bei vielen Anbietern Zugangsmöglichkeiten zu aktiven Vorleistungsprodukten bestehen, sind die bestehenden PLOM Modelle durch exklusive Partnerschaften mit vertikal integrierten Netzbetreibern gekennzeichnet. Entsprechend sind die Zugangsmöglichkeiten zur Glasfaser-TAL als passivem Zugangsprodukt stark eingeschränkt.

Der fehlende Wettbewerb auf der passiven Ebene führt dazu, dass das Potenzial von Wholesale-only für den Wettbewerb nicht vollumfänglich ausgeschöpft wird. Die enge Bindung an einzelne Partner, oft sogar durch entsprechende Eigentümerstrukturen im Rahmen von Joint Ventures, kann das Wettbewerbspotenzial zusätzlich beeinträchtigen (z. B. First-Mover-Vorteil) und den Zugang für Diensteanbieter insbesondere bei kleineren Ausbaugebieten womöglich gänzlich unattraktiv machen.

All dies führt dazu, dass das Geschäftsmodell in Deutschland bisher nur in wenigen Fällen seine modellinhärenten Vorteile für den Wettbewerb und die Endkunden in vollem Maße ausschöpft. Letzteres ist insbesondere vor dem Hintergrund von Relevanz, dass sich die Mehrzahl der bisher ausgerollten Wholesale-only-Infrastrukturen in dünn besiedelten, ländlichen Gebieten befindet, in denen nicht davon auszugehen ist, dass weitere parallele Glasfasernetze entstehen werden.

Literatur

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Title:Wholesale-only as a Business and Competitive Model in Fibre Optic Expansion

Abstract:The construction of fibre infrastructures requires high investments from expanding companies. Recently, there has been an increasing number of players in this business area that are focussing on the construction and operation of the new networks without marketing services to customers. We present different forms of wholesale-only, discuss their economic implications, look at the incentive system behind the business model and its competitive potential and categorise the wholesale-only providers active in the German market.

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© Der/die Autor:in 2024

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DOI: 10.2478/wd-2024-0055