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Dieser Beitrag ist Teil von Wie kann die grüne Transformation gelingen?

Grüne Innovationen spielen für die Transformation zu einer klimaneutralen Wirtschaft eine zentrale Rolle. Dies betrifft die Diffusion und damit die breite Anwendung von Technologien, deren Anwendbarkeit bereits demonstriert wurde, aber auch Technologien, die sich in der Entwicklungsphase befinden. So betont etwa die Internationale Energieagentur (IEA, 2021) in ihrem Fahrplan für globale Klimaneutralität bis 2050 die Schlüsselrolle von Technologien, die sich noch in der Entwicklungsphase befinden und erwartet, dass diese ab 2030 knapp die Hälfte der benötigten Emissionsreduzierungen beitragen werden. Die IEA identifiziert dabei Batterien, Elektrolyseure zur Erzeugung von grünem Wasserstoff und die direkte Extraktion von CO₂ aus der Atmosphäre als die vielversprechendsten Innovationsfelder für Weiterentwicklungen. Der Weg zur Klimaneutralität erfordert dabei enorme Investitionen. So errechnet der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung beispielsweise, dass für den Zeitraum bis 2045 in Deutschland ein Investitionsbedarf von bis zu 607 Mrd. Euro notwendig ist (SVR, 2023). Demary und Neligan (2018) kommen zu dem Ergebnis, dass weltweit Investitionen von bis zu 7 Bio. US-$ jährlich erforderlich sind, um das Pariser Klimaziel zu erreichen.

Klar ist, dass es ohne private Investitionen nicht gehen wird. Dennoch liegt es nahe, dass auch staatliche Innovationsförderung eine wichtige Rolle zur Erreichung von Klimaneutralität spielen kann. Im Folgenden wird diskutiert, mit welcher Begründung staatliche Forschungs- und Entwicklungs-(F&E-)Maßnahmen zur Erreichung der Klimaneutralität ergriffen werden sollten, worauf sich die Förderung konzentrieren sollte und wie sie in der Realität ausgestaltet ist. Zudem stellen wir die F&E-Ausgaben und die F&E-Politik von Deutschland in den internationalen Vergleich, um daraus abzuleiten, wo noch Verbesserungsbedarf besteht.

(Warum) braucht es staatliche F&E-Förderung?

Im Rahmen der Klimapolitik plädieren Ökonom:innen in erster Linie für eine zentrale Rolle der Bepreisung von Treibhausgasemissionen (THG-Emissionen), um direkte Anreize zu setzen, Emissionen zu senken (CPLC, 2019) und in emissionssparende Innovationen zu investieren. Es gibt zahlreiche Belege dafür, dass höhere Energiepreise und damit auch eine Bepreisung von THG-Emissionen energie- bzw. emissionssparende Innovationen auslösen (Popp, 2002; Ren et al., 2022; Teixidó et al., 2019). Eine strengere Klimapolitik ist nachweislich die wichtigste Triebkraft für private Investitionen in relevante F&E (Jaffe et al., 2005). Es gibt jedoch auch stichhaltige Argumente für eine zusätzliche staatliche Unterstützung für klimarelevante F&E-Aktivitäten (Cervantes et al., 2023).

Erstens sprechen diverse positive externe Effekte und andere Marktversagen im Innovationsprozess und auf Kapitalmärkten für solche staatlichen Eingriffe. Relevant sind in diesem Zusammenhang vor allem die unzureichende Berücksichtigung einer geringeren Umweltbelastung, Wissens-Spillover, Kostensenkungen durch Learning-by-doing oder Learning-by-using, Netzwerkeffekte durch den Ausbau der technologischen Infrastruktur, von denen alle Marktteilnehmer:innen profitieren, Pfadabhängigkeiten, unvollständige Informationen, Markteintrittsbarrieren und unvollständige Kapitalmärkte (vgl. Meißner et al. (2023) für eine ausführlichere Diskussion). Diese Gründe führen dazu, dass private Akteur:innen aus gesamtgesellschaftlicher Sicht zu wenig in Klimainnovationen und neue Technologien investieren und der Staat dies durch Innovationsförderung und staatliche Investitionen ausgleichen sollte.

Zweitens ist die THG-Bepreisung zwar das wichtigste Innovationsinstrument, aber politisch oft schwierig umsetzbar, während die F&E-Förderung mehr Akzeptanz findet (Dechezleprêtre et al., 2022; Jaffe et al., 2005). Ein Beispiel hierfür ist der Inflation Reduction Act (IRA) der USA. Der IRA zielt auf die Reduzierung von THG-Emissionen ab, nutzt jedoch keine THG-Bepreisung, da diese politisch nicht durchsetzbar ist (Davenport und Glueck, 2019). Der Name des Maßnahmenpakets deutet auch auf das Ziel der Senkung der Energiepreise durch staatliche Förderung, unter anderem F&E-Maßnahmen, hin. Dies war relevant für die Akzeptanz und die politische Durchführbarkeit, aber auch für die internationale Wettbewerbsfähigkeit der US-Firmen, was drittens auf industriepolitische Ziele als Argument für F&E-Förderung hinweist.

Im weiteren Sinne bezieht sich Industriepolitik auf verschiedene Aspekte der Förderung von Wettbewerbsfähigkeit, Entwicklung und Wachstum heimischer Industrien. Während eine Zeit lang große Skepsis gegenüber einer spezifischen Industriepolitik vorherrschte, steht sie jetzt wieder auf der politischen Agenda. Die jüngste Welle industriepolitischer Maßnahmen konzentriert sich auf die Subventionspolitik und wird vor allem von den fortgeschrittenen Volkswirtschaften vorangetrieben. Auf China, die EU und die USA entfallen 48 % aller industriepolitischen Maßnahmen. Neben der strategischen Wettbewerbsfähigkeit als vorherrschendes Motiv, gewinnen andere Ziele, wie Klimawandel, Widerstandsfähigkeit und nationale Sicherheit, an Bedeutung (Evenett et al., 2024).

Industriepolitische Aspekte überlappen teilweise auch mit klimapolitischen Aspekten. Wenn inländische Industrien als Folge der Klimapolitik ins Ausland verlagert werden oder wenn im Inland hergestellte Produkte durch ausländische Produkte mit höherem Emissionsgehalt ersetzt werden, werden Emissionen teilweise ins Ausland verlagert (Copeland und Taylor, 2005). Im Ergebnis können so inländische Emissionseinsparungen von höheren weltweiten Emissionen zu Nichte gemacht werden (Aichele und Felbermayr, 2015). Darüber hinaus hat dieses Carbon Leakage negative wirtschaftliche Folgen für das Land, das eine strenge Klimapolitik betreibt. Eine Möglichkeit zur Verringerung oder Vermeidung von Carbon Leakage kann darin bestehen, die Kosten für inländische Unternehmen zu senken, damit diese auf dem Weltmarkt wettbewerbsfähig bleiben, z. B. durch die Senkung der inländischen Inputpreise, die Bepreisung von Emissionen in global beschaffte Inputs oder eben die Förderung von Innovationsaktivitäten. Dies würde insbesondere in Branchen F&E-Anstrengungen erfordern, die einem starken internationalen Wettbewerb ausgesetzt sind.

Da das erste Argument weitgehend offen lässt, was genau und in welcher Höhe gefördert werden sollte, und das zweite und dritte Argument zwar stichhaltig sind, aber nur zu zweitbesten Politiken führen oder aus guten Gründen kritisiert werden können, ist es ratsam, nicht blind nach staatlicher Förderung zu rufen, wo immer bestimmte technologische Entwicklungen eine Rolle spielen oder Klimaschutzinvestitionen anstehen, sondern kritisch über den übergreifenden Instrumentenmix nachzudenken. Dabei sollten marktwirtschaftliche Instrumente im Mittelpunkt stehen, die allerdings durchaus durch F&E-Förderung ergänzt werden (Fischer und Newell, 2008). Aus der Forschung lassen sich weitere Erkenntnisse darüber ableiten, wann F&E-Politik betrieben und wie sie gestaltet werden sollte.

Wie sollte staatliche F&E-Förderung gestaltet werden?

Ein durch öffentliche F&E-Förderung ausgelöster Technologieschub ist für saubere Technologien, die sich noch in einem frühen Entwicklungsstadium befinden, von besonderer Bedeutung. Dieser trägt dazu bei, den Startvorteil der älteren und schmutzigeren installierten Technologien zu neutralisieren und den sauberen Technologien zu helfen, Kosteneinsparungen zu realisieren. Cervantes et al. (2023) stellen allerdings fest, dass der Schwerpunkt in der Realität stärker auf der Diffusion bereits weit entwickelter Technologien, als auf der Unterstützung unausgereifter Technologien liegt. Sie zeigen, dass in den USA, Japan und der EU die öffentliche Unterstützung für F&E-Maßnahmen im Zusammenhang mit erneuerbaren Energien (Solar- und Windenergie) nur einen winzigen Bruchteil der Unterstützung für die Diffusion dieser Technologien ausmacht. So standen 2018 in der EU 458 Mio. US-$ für öffentliche F&E-Unterstützung stattlichen 78,4 Mrd. US-$ für die Diffusion von marktreifen Technologien gegenüber. Vergleichbare Argumente implizieren, dass es sinnvoll sein kann, verschiedene Technologien in unterschiedlichem Maße zu fördern (Lancker und Quaas, 2019). Dies gilt auch, wenn auf den ersten Blick eine stärkere Förderung, beispielsweise der ursprünglich teureren Solarenergie gegenüber der Windenergie, zumindest kurzfristig zu einer teureren Lösung geführt hat.

Entsprechend können Szenarien, die zeigen, welche Technologien eingesetzt werden müssen, um Netto-Null-Ziele zu erreichen, verbunden mit Informationen zum Entwicklungsstadium dieser Technologien Aufschluss darüber geben, wo staatliche Unterstützung am nötigsten ist. Wie eingangs erwähnt, schätzt die IEA (2021), dass zur Erreichung der Netto-Null-Ziele insbesondere ab dem Jahr 2030 Technologien benötigt werden, die sich erst in der Entwicklungsphase befinden und für die bislang nur Demonstrationsprojekte und Prototypen existieren. Der jüngste IPCC-Bericht (2022) vergleicht die Höhe der Kosten für die Eindämmung des Klimawandels bei verschiedenen Technologien und zeigt auf, wo Kostensenkungen am wichtigsten sind. Dazu gehören insbesondere viele Technologien im Energie- und Industriesektor, wie beispielsweise Biostrom, geothermische Energie, die Abscheidung und Speicherung von CO₂ (CCS), die Umstellung der Industrie auf Erdgas, Strom, Bioenergie oder Wasserstoff, sowie Material- und Energieeffizienz.

Grüne F&E-Förderung von Deutschland im internationalen Vergleich

Die staatliche F&E-Förderung für grüne Technologien – insbesondere in frühen Entwicklungsstadien – stellt folglich ein wichtiges Element in einem Politikmix zur globalen Erfüllung der Klimaziele. Dennoch zeigen Kruse et al. (2022), dass die staatliche F&E-Förderung im vergangenen Jahrzehnt innerhalb der OECD zurückgegangen ist, ebenso wie der Anteil an grünen Patenten im Vergleich zu allgemeinen Patentaktivitäten. Eine Quantifizierung der staatlichen F&E-Förderung, die länderübergreifend vergleichbar ist, ist aufgrund verschiedener Herausforderung, beispielsweise der Transparenz von F&E-Förderungen, Annahmen in der Gruppierung in grün und nicht-grün, der Definition von F&E-Förderung sowie verschiedener Akteure:innen in der Förderung, eine anspruchsvolle Aufgabe. Um die deutschen Aktivitäten in einen internationalen Vergleich zu setzen, werden im Folgenden zwei besonders detaillierte Datenbanken herangezogen: Den STIP-Compass (EC-OECD, 2024) und die IEA-Datenbank zu Forschung, Entwicklung und Demonstration (FE&D) (OECD/IEA, 2024).

Das STIP-Portal zur Erreichung von Klimaneutralität (STI Policies for net zero portal) stellt Informationen über staatliche F&E-Maßnahmen zusammen, die zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen (Sustainable Development Goals – SDGs) beitragen. Dies umfasst F&E-Ausgaben in sieben sozio-ökonomischen Kategorien: Erforschung und Nutzung der Erde; Weltraumforschung und -nutzung; Verkehr, Telekommunikation und andere Infrastrukturen; Umwelt; Energie; Landwirtschaft; Allgemeine Erweiterung des Wissens: F&E in Agrar- und Veterinärwissenschaften. Auch wenn das STIP-Portal einen guten Überblick über den Fokus von Regierungen auf eine nachhaltige Entwicklung gibt, muss berücksichtigt werden, dass die abgebildeten F&E-Ausgaben vielschichtige sozio-ökonomische Dimensionen abbilden, die nicht alle zur Klimaneutralität beitragen. Auch innerhalb einzelner Kategorien lässt sich kein direkter Bezug zu Klimaneutralität herstellen, da beispielsweise die Kategorie Umwelt auch allgemeinen Schutz der Biosphäre beinhaltet oder die Kategorie Energie Aktivitäten zur Verbesserung von Erzeugung, Speicherung, Transport, Verteilung und rationeller Nutzung alle Formen von Energie beinhaltet. Abbildung 1 stellt die entsprechenden staatlichen F&E-Ausgaben von Deutschland, Japan, Dänemark, Frankreich, den USA, dem Vereinigten Königreich sowie im OECD-Durchschnitt dar.

Im Jahr 2021 hatte Deutschland hinter Japan, Südkorea und Frankreich mit 0,23 % von 39 Ländern die vierthöchsten grünen F&E-Ausgaben relativ zum BIP. Der Anteil des Spitzenreiters Japan ist dabei insbesondere seit 2015 stark angestiegen und erreichte zuletzt 0,4 %. Der OECD-Durchschnitt lag im Jahr 2021 bei 0,15 %. Die relativen F&E-Ausgaben des Vereinigten Königreichs, von Dänemark und den USA lagen mit 0,13 %, 0,12 % und 0,10 % jeweils unter dem OECD-Durchschnitt.

Abbildung 1
F&E-Budget für Planet und Infrastruktur (SDG)

in % des BIP

F&E-Budget für Planet und Infrastruktur (SDG)

Quelle: EC-OECD (2024).

Die IEA-Datenbank zu FE&D bietet eine zielgenauere Möglichkeit für einen länderübergreifenden Einblick in staatliche F&E-Maßnahmen zur Erreichung von Klimaneutralität. Die enthaltenen grünen F&E-Ausgaben sind allerdings weiter gefasst als im STIP-Compass. Insbesondere, da umfassender energiebezogene Programme sowie Demonstrationsprojekte und F&E-Ausgaben von staatseigenen Unternehmen berücksichtigt werden (OECD, 2015). Jedoch werden FE&D-Ausgaben in kohlenstoffarme Technologien separat dargestellt. Tabelle 1 stellt die FE&D-Ausgaben in kohlenstoffarme Technologien sowie die Ausgaben in den drei Kategorien Energieeffizienz, erneuerbare Energien, Wasserstoff und Brennstoffzellen sowie deren Summe für die bereits diskutierten Länder dar. Diese Kategorien sind zur Erreichung der Klimaneutralität von großer Bedeutung, befinden sich jedoch auf unterschiedlichen Ebenen im Innovationsprozess. Zusätzlich werden FE&D-Ausgaben in Kernspaltung und -fusion dargestellt, ein Technologiefeld, das im Fokus einiger der betrachteten Länder liegt. Für die USA sind leider keine Informationen verfügbar. Zusätzlich sind die Ausgaben der EU aufgeführt, die beispielsweise institutionelle Ausgaben im Rahmen von Horizon 2020, Horizon Europe oder des Innovationsfonds beinhalten. Japan verzeichnet mit 2.255 Mio. Euro die höchsten Ausgaben, gefolgt von Frankreich mit 1.862 Mio. Euro und Deutschland mit 1.428 Mio. Euro. Diese Werte beinhalten auch Ausgaben zur Förderung von Kernspaltung und -fusion, die insbesondere in Frankreich (991 Mio. Euro), Japan (778 Mio. Euro) und im Vereinigten Königreich (528 Mio. Euro) einen großen Anteil an den Gesamtausgaben haben. Innerhalb der drei ausgewählten Schlüsseltechnologien zeigt sich, dass Deutschland mit 678 Mio. Euro höhere FE&D-Ausgaben als Frankreich mit 547 Mio. Euro im Jahr 2021 hat. Im Bereich Wasserstoff und Brennstoffzellen, ein Technologiefeld, das sich im Vergleich zu erneuerbaren Energien in einer frühen Entwicklungsphase befindet, hat Japan die höchsten Ausgaben mit 186 Mio. Euro, gefolgt von Deutschland mit 164 Mio. Euro. Relativ zu den Gesamtausgaben in kohlenstoffarme Technologien, zeigt Dänemark mit 19,1 % den höchsten Anteil in dieser Kategorie, gefolgt von Deutschland mit 11,5 %. Der relative Anteil in Frankreich und dem Vereinigten Königreich liegt bei lediglich 4,3 % und 3,0 %.

Tabelle 1
Staatliche grüne FE&D-Ausgaben im Jahr 2021
in Mio. Euro (Preise und Wechselkurse von 2022)
Land Kohlenstoffarme Technologien (a) Energieeffizienz (b) Erneuerbare Energien (c) Wasserstoff Summe (a) bis (c) d) Kernspaltung und -fusion
EU

2.282

559

356

84

999

168

Japan

2.255

578

333

186

1.096

778

Frankreich

1.862

254

213

79

547

991

Deutschland

1.428

221

293

164

678

146

Vereinigtes Königreich

1.273

333

201

39

573

528

Dänemark

183

24

47

35

106

0

Kohlenstoffarme Technologien umfassen relevante FE&D-Ausgaben in a) Energieeffizienz; b) erneuerbare Energien; c) Wasserstoff und Brennstoffzellen; d) Kernspaltung und -fusion; e) fossile Brennstoffe (Öl, Gas und Kohle), inkl. CCS; f) sonstige Energie- und Speichertechniken sowie g) sonstige sektor-
übergreifende Technologien/Forschung als kohlenstoffarme Technologien.

Quelle: OECD/IEA (2024).

Der Umweltregulierungs-Index der OECD (OECD Environmental Policy Stringency Index) nutzt die unter kohlenstoffarme Technologien aufgeführten Gesamtausgaben, um grüne F&E-Förderung für den Zeitraum 1990 bis 2020 international vergleichbar zu machen (Botta und Koźluk, 2014; Kruse et al., 2022). Dabei wird das Level staatlicher F&E-Förderung relativ zum BIP aufsteigend bewertet. Im Jahr 2020 wird die resultierende Rangliste von Frankreich, Finnland und Norwegen angeführt. Unter den 33 verfügbaren Ländern (OECD-Länder und Schwellenländer, inklusive China) liegt Deutschland auf einem geteilten zehnten Platz mit Tschechien, dem Vereinigten Königreich, Dänemark, Südkorea, den Niederlanden und den USA. In der Interpretation der Rangfolge ist es wichtig zu betonen, dass die berücksichtigten Technologien und Förderungen weit gefasst sind, z. B. ist die Spitzenposition von Frankreich und Japan (vierter Platz) signifikant von den hohen Ausgaben im Bereich Kernspaltung und -fusion getrieben. Aus diesem Grund sehen wir von einer genaueren Diskussion ab. Da zur Effektivität von F&E-Maßnahmen ein Politikmix, mit marktwirtschaftlichen Instrumenten im Zentrum, entscheidend ist, nutzen wir eine weitere Kategorie des Indexes: die Bewertung von marktwirtschaftlichen Umweltinstrumenten, welche die Strenge einer Bepreisung von Emissionen abbildet, z. B. über eine Besteuerung von Stickstoffoxiden (NOX), Schwefeloxiden (SOX), Diesel und CO₂ oder über einen Emissionshandel. Bis auf die Besteuerung von SOX tragen diese Maßnahmen alle zur Klimaneutralität bei und der Index gibt damit einen wichtigen Überblick, inwiefern Länder die als zentral identifizierten marktwirtschaftlichen Instrumente nutzen, um Klimaneutralität zu erreichen. Von 33 Ländern zeigt Frankreich im Jahr 2020 das strikteste Level an marktwirtschaftlicher Regulierung, gefolgt von Schweden, Norwegen und Dänemark. Deutschland liegt lediglich auf dem 26. Platz. Der Spitzenreiter in grüner F&E-Förderung, Japan, liegt auf Platz 15 (Botta und Koźluk, 2014; Kruse et al., 2022).

Fazit

Auf dem Weg zur Klimaneutralität sind Fortschritte in grünen Technologien auf allen Entwicklungsstufen entscheidend. Politische Initiativen, wie der Europäische Green Deal, der IRA in den USA oder die viel beachtete im Umfang jedoch intransparente staatliche Förderung von grünen Schlüsseltechnologien in China1, zeigen, dass mit dem Hochlauf von Technologien auch große Marktchancen erkannt werden. In diesem Umfeld erscheint es verwunderlich, dass staatliche F&E-Förderung im vergangenen Jahrzehnt zurückgegangen ist. Positive externe Effekte und weitere Marktversagen im Innovationsprozess zeigen jedoch die Bedeutung von staatlicher F&E-Förderung in einem effizienten Politikmix. Insbesondere in frühen Stadien von Innovationen, kann F&E-Förderung negative Externalitäten aufbrechen. Entsprechend ist es sinnvoll, relativ gesehen mehr in die Entwicklung neuer Technologien, wie Wasserstoff, Batterien oder CCS, zu investieren als in die Diffusion bereits weiter entwickelter Technologien, wie erneuerbare Energien, die bislang nicht nur in Deutschland große Anteile staatlicher Förderung erhalten hat. Dies ist auch sinnvoll, wenn industriepolitische Überlegungen angesichts der Realitäten nicht völlig außer Acht gelassen werden können.

Obgleich auf einem global betrachteten niedrigen Niveau von F&E-Förderung in kohlenstoffarme Technologien befindet sich Deutschland im Spitzenfeld. Dabei zeigt sich jedoch, dass Deutschland im Bereich marktwirtschaftlicher Umweltregulierungen gegenüber Vorbildern, wie den skandinavischen Ländern und Frankreich, noch deutlichen Nachholbedarf hat. Auch wenn grüne staatliche F&E-Politik auf größere Akzeptanz stößt, sollten marktwirtschaftliche Instrumente im Zentrum einer effizienten Klimapolitik stehen, da diese auch den größten Einfluss auf Innovationen haben. Klimapolitisch interagiert F&E-Politik mit marktwirtschaftlichen Instrumenten. Beispielsweise ist die direkte Emissionswirkung einer F&E-Politik gleich null, wenn die Emissionen, z. B. durch ein Emissionshandelssystem, begrenzt werden. In diesem Fall jedoch verringert die F&E-Förderung die Kosten für die Erfüllung des vorgegebenen Ziels und kann eine solche Politik akzeptabler machen (Dechezleprêtre et al., 2022; Fischer et al., 2021), politisch strengere Ziele in der Zukunft ermöglichen und auch die Verlagerung von CO₂-Emissionen verringern und somit indirekt zu weniger globalen Emissionen führen. Entsprechend des ausbaufähigen Levels der deutschen marktwirtschaftlichen Umweltregulierung sollte die Weiterentwicklung entsprechender Politikmaßnahmen und insbesondere der CO₂-Bepreisung im europäischen Kontext im Zentrum stehen.

Wir bedanken uns insbesondere bei Babette Dörr für ihre Unterstützung in der Recherche und dem Schreiben des Artikels. Außerdem bedanken wir uns beim Bundesministerium für Bildung und Forschung für die Forschungsförderung mit dem Förderkennzeichen „01LA2101A“.

  • 1 Siehe Liu et al. (2024) für eine Analyse und Diskussion zur chinesischen Förderung von grünen Technologien.

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Title:Innovation Policy for the Transformation to Climate Neutrality

Abstract:Rapid deployment and developments in green innovations are crucial for achieving climate neutrality. While market-based policy instruments are the backbone of climate policy, governmental support for research and development (R&D) complements an efficient policy mix that supports green innovations at all stages of the innovation process. Nonetheless, international R&D support has declined over the last decade. In an international comparison, Japan is at the forefront of green R&D support. Germany is also a leader in R&D support, but its market-based environmental policy stringency remains low, which undermines the importance of an adequate climate policy mix.

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© Der/die Autor:in 2024

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DOI: 10.2478/wd-2024-0083