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Der Anteil der über 67-Jährigen wird von aktuell 20 % bis 2036 auf 24 % der Bevölkerung steigen. Sollen die Alten nicht verarmen, muss ein wachsender Teil des Volkseinkommens für Rentenzahlungen und Pflegeleistungen aufgewandt werden. Mit den gezielten Maßnahmen kann die demografische Herausforderung gemeistert werden:

  • statt zukunftsfeindlicher Schuldenbremse eine vorausschauende staatliche Investitionspolitik in Bildung, Infrastruktur und die ökologische Transformation, um ausreichende Produktivitätszuwächse zu gewährleisten,
  • eine den individuellen Erwerbsbiografien Rechnung tragende und die Entwicklung der Lebenserwartung berücksichtigende Festsetzung der Lebensarbeitszeit,
  • die Berücksichtigung der überdurchschnittlichen Lebenserwartung der Besserverdienenden bei den Rentenversicherungsbeiträgen,
  • eine substantielle progressive Erbschaftsteuer, bei der die Vermögen der sterbenden Rentner zur Finanzierung der Neurentner beitragen,
  • eine hohe Erwerbstätigenquote,
  • eine moderate Anhebung der Rentenversicherungsbeiträge,
  • eine schrittweise Einbindung aller Einkommensbezieher in die gesetzliche Rentenversicherung.

Risikobehaftet und nicht zielführend ist dagegen das von der gescheiterten Koalition geplante kreditfinanzierte Generationenkapital. Durch den Koalitionsbruch liegt es auf Eis. Aber es steht zu befürchten, dass die Idee einer kapitalgedeckten Altersvorsorge auch in der neuen Regierung aufgegriffen wird. Dabei trägt das Generationenkapital weder zur Generationengerechtigkeit noch zur nachhaltigen Finanzierung der Renten bei. Im Rahmen des Generationenkapitals sollten bis 2045 ca. 430 Mrd. Euro an Staatsschulden aufgenommen werden. Ab 2036 sollten dann jährlich 10 Mrd. Euro an die Rentenkasse abgeführt werden. Dies entspräche etwa 0,3 bis 0,4 Prozentpunkten des Rentenversicherungsbeitrags, der nach Berechnungen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales von 22,7 % auf 22,3 % gesenkt werden könnte. Dafür wäre bei Schuldzinsen von ca. 2,5 % eine Brutto-Rendite von 7,5 % erforderlich. Im Vergleich: die deutschen Lebensversicherer versprechen zurzeit einen Garantiezins von 1 %. Der norwegische Staatsfonds konnte zwischen 1998 und 2023 eine inflationsbereinigte Netto-Rendite von 3,8 % pro Jahr erzielen. Bei einer vergleichbaren Rendite blieben im Fall des Generationenkapitals abzüglich der Schuldzinsen eine Netto-Rendite von 1,3 % oder magere 2,6 Mrd. Euro im Jahr 2036.

Bei Bündnis 90/Die Grünen heißt das Generationenkapital Bürger:innenfonds. Auch dort will man Kredite aufnehmen und am Kapitalmarkt Überschüsse erzielen. Allerdings soll der Fonds zusätzliche Nachhaltigkeitskriterien berücksichtigen und besonders in Starts-ups und Wachstumsunternehmen investieren. Diese Festlegung auf Nachhaltigkeit macht es auf keinen Fall leichter ambitionierte Renditeziele zu erreichen. Die Erlöse sollen nicht zur allgemeinen Finanzierung, sondern zur Erhöhung von niedrigen und mittleren Renten genutzt werden. Wie das konkret geschehen soll, findet sich im Wahlprogramm nicht. Die Union schlägt eine kapitalgedeckte Frühstart-Rente vor. Der Staat soll monatlich für jedes Kind zwischen 6 und 18 Jahren 10 Euro in ein Kapitalmarktdepot einzahlen, dass dann bei Eintritt ins Rentenalter verrentet werden kann. Auf einem Bierdeckel kalkuliert, soll der Staat jährlich ca. 1 Mrd. Euro an den Kapitalmarkt transferieren, damit bei einer Rendite von 6 % im Jahr 2085 ein Rentenbetrag von 170 Euro (50 Euro zu heutigen Preisen) gezahlt werden kann. Auch dies ist kein wesentlicher Beitrag zur Finanzierung der Alterssicherung.

Statt Kredite für Realinvestitionen aufzunehmen, hofft man auf eine immerwährende Aktienhausse. Zwar sind die Aktienkurse in den vergangenen Jahren rasant gestiegen. Wer jetzt einsteigt, dürfte in den nächsten Jahren aber kaum mit vergleichbaren Wachstumsraten rechnen können. Es besteht vielmehr ein erhebliches Verlustrisiko. Insbesondere weil weltweit bei zahlreichen Pensionsfonds die Ansparphase abgeschlossen ist und jetzt die Auszahlungen gleich oder größer als die Zuflüsse sind. Damit werden Pensionsfonds tendenziell von institutionellen Aktienkäufern zu -verkäufern und fallen als systemische Kurstreiber aus. Sollten die Aktienkurse einbrechen, könnten die Schulden den Kapitalwert eines Fonds schnell übersteigen. Es würden zusätzliche Schuld­zinsen­zahlungen anfallen. In dem Maße, in dem die gesteigerte Nachfrage die Kurse tatsächlich nach oben treibt, erhöht sich die Vermögensungleichheit, weil Aktienbesitzer, die überwiegend zum betuchteren Teil der älteren Generation gehören, noch reicher werden. Statt sich nach dem Münchhausenprinzip an den eigenen Schulden aus dem Sumpf ziehen zu wollen, kann die Rentenversicherung durch die genannten Maßnahmen zukunftsfest gemacht und sozial und generationengerecht ausgestaltet werden.

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© Der/die Autor:in 2024

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DOI: 10.2478/wd-2025-0023