Gasspeicher sind ein zentraler Baustein für eine sichere Energieversorgung und damit für eine funktionierende Wirtschaft und Gesellschaft. Derzeit bietet der Markt jedoch kaum Anreize, die Gasspeicher zu nutzen oder in deren Erhalt zu investieren. Im Gegenteil: Seit November 2024 beobachten wir negative Sommer-Winter-Spreads – das heißt, Gas ist im Sommer teurer als im Winter. Es lohnt sich also für Marktakteure nicht, im Sommer Gas für den Winter einzuspeichern, obwohl der Bedarf in der kalten Jahreszeit deutlich höher ist. Kernursache für dieses umgekehrte Preissignal sind die mit dem Gasspeichergesetz in der Energiekrise 2022 eingeführten Füllstandsvorgaben. Diskutiert werden verschiedene politische und regulatorische Handlungsoptionen wie eine Flexibilisierung der Füllstandsvorgaben, ein Subventionsmechanismus sowie die Vorhaltung einer strategischen Reserve.
Gasspeicher sind ein wichtiges Element in der Energielieferkette und erfüllen insbesondere für den Erhalt der Versorgungssicherheit in Deutschland wichtige Aufgaben. Dies ergibt sich aus der starken Saisonalität der Gasnachfrage: In einem typischen verbrauchsstarken Wintermonat wird etwa dreimal so viel Gas verbraucht wie in einem Sommermonat. Dies ist vor allem auf die Nachfrage zur Erzeugung von Raumwärme zurückzuführen. Diese macht einen erheblichen Anteil der deutschen Gesamtgasnachfrage aus und verteilt sich fast ausschließlich auf die Wintermonate von Oktober bis März. Um die höhere Gasnachfrage im Winter zu bedienen, werden die Gasspeicher jedes Jahr im Sommer befüllt, um dann im Winter durch Ausspeicherung für ein zusätzliches Angebot zu sorgen. Ein Geschäft vieler Speichernutzer besteht also in der Verlagerung von Gasmengen vom Sommer in den Winter, d. h. Gas wird im Sommer am Markt gekauft und im Winter verkauft.
Die Saisonalität des Gasbedarfs spiegelte sich auch in den Gaspreisen wider, da Gas im Sommer typischerweise billiger gehandelt wurde als im Winter. Da der Gaspreis stets auch von anderen Effekten – wie Ölpreisen und konjunkturellen Entwicklungen – beeinflusst wird, lässt sich dieser Preisunterschied am besten am Terminmarkt beobachten: Dort wird Gas mit unterschiedlichen Lieferterminen in der Zukunft gehandelt, und entsprechend lassen sich an einem Handelstag Preisunterschiede für den Kauf von Gas im Sommer und den Verkauf von Gas im Winter ablesen. Diese Preisdifferenz wird als „Sommer-Winter-Spread“ bezeichnet. In den zehn Jahren bis zum Beginn der Energiekrise war dieser stets positiv und lag zwischen etwa 0,5 und 5 Euro/MWh (Abbildung 1).
Abbildung 1
Entwicklung des Sommer-Winter-Spreads 2014 bis 2025


Vor dem 1. Oktober 2021 wurden Daten für NetConnect Germany (NCG) verwendet, ab dem 1. Oktober 2021 werden Daten für Trading Hub Europe (THE) genutzt. Der Sommer-Winter-Spread ergibt sich aus der Differenz zwischen dem täglich berichteten Settlement Price für die entsprechenden Sommer-/Winter-Produkte am Terminmarkt.
Quelle: Frontier Economics basierend auf Energate (Stand: 21. Februar 2025).
Dies ist eine unmittelbare Folge der saisonalen Speichernutzung: Unter der Annahme, dass Speichergas für den Terminmarkt im Winter preissetzend ist, ergeben sich die Kosten für Speichergas im Winter aus den Kosten für den Kauf von Gas im Sommer zuzüglich aller mit der Speicherung verbundener Kosten, wie z. B. dem Speicherentgelt, den variablen Kosten für die Netznutzung und den Zinsen für das gebundene Kapital. Der Sommer-Winter-Spread ist also ein Indikator für die Knappheit von Speicherkapazität, da er – ohne Beachtung etwa flexibler Lieferverträge und den Importmengen von flüssigem Erdgas (Liquid Natural Gas – LNG) – die Kosten für die Verlagerung der letzten Einheit Gas vom Sommer in den Winter widerspiegelt.
Lange Zeit war der Sommer-Winter-Spread daher ein wichtiger Bezugspunkt für kommerzielle Speicherbuchungen und (Re-)Investitionsentscheidungen: Je höher der Aufschlag der Winterlieferung gegenüber der Sommerlieferung, desto höher die Zahlungsbereitschaft der Speichernutzer für kurzfristige Speicherbuchungen. Dies spiegelte auch die volkswirtschaftliche Perspektive wider: Je höher der Sommer-Winter-Spread, desto knapper die Gasspeicher, desto höher die Grenzkosten der Gasspeicher und damit der Systemwert zusätzlicher Speicher.
Keine Anreize zur Einspeicherung für den Winter aufgrund von negativen Sommer-Winter-Spreads
Während der europäischen Energiekrise nach 2021, insbesondere deren Verschärfung durch die russische Invasion in die Ukraine im Februar 2022 und der Einstellung russischer Gasexporte nach Europa ab Juni 2022, wurde das ökonomische Gleichgewicht zwischen den Preisen im Sommer und im Winter gestört: In den Turbulenzen der Krise kam es mehrfach zu temporären Phasen, in denen der Spread sich umkehrte: Gas war dann im Winter billiger als im Sommer. Ein ähnliches Phänomen zeigt sich nun seit November 2024 erneut: Der aktuelle Preis für eine Gaslieferung im Winter 2025/2026 ist günstiger als für eine Lieferung im Sommer 2025, d. h. der Sommer-Winter-Spread ist negativ, im Februar 2025 lag er bei etwa minus 2 Euro pro MWh (Abbildung 2). Auch der derzeitige Spread für Lieferungen im Sommer 2026 ist im Vergleich zu Winter 2026/2027 negativ, sodass man nicht von einem isolierten temporären Phänomen in diesem Jahr sprechen kann.
Abbildung 2
Entwicklung des THE Sommer-Winter-Spreads seit April 2024


Der Sommer-Winter-Spread ergibt sich aus der Differenz zwischen dem täglich berichteten Settlement Price für eine durchgängige zukünftige Lieferung über die sechs Monate des Winters 2025/2026 („OTC-Gas-THE-Winter 25“) und dem Settlement Price für eine durchgängige zukünftige Lieferung über die sechs Monate des Sommers 2025 („OTC-Gas-THE-Sommer 25“).
Quelle: Frontier Economics basierend auf Energate (Stand: 21. Februar 2025).
Durch den negativen Sommer-Winter-Spread drohen unmittelbare Folgen für die tatsächliche Einspeicherung: Speichernutzer würden bei den aktuellen Terminmarktpreisen mit dem üblichen Vorgehen, im Sommer Gas einzuspeichern und im Winter zu verkaufen, Verluste machen. Entsprechend werden aktuell kaum kurzfristige Speicherkapazitäten gebucht (Lohmann, 2025). Nach Angaben des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches (DVGW) sind derzeit – anders als 2022 – noch rund 40 % der deutschen Speicherkapazitäten ungebucht (Rapoport, 2025). Zudem wurden bereits geplante Investitionen in die Erweiterung von Gasspeicherkapazitäten verschoben (VNG AG, 2025).
Füllstandsvorgaben für Gasspeicher senden kontraintuitive Preissignale
Wesentliche Gründe für die Erwartung kurzfristig angespannter Gasmärkte sind im Auslaufen des Transitvertrags zwischen Russland und der Ukraine, der Ankündigung Gazproms kein Gas mehr an Österreich zu liefern sowie dem kalten Winter 2024/2025 zu sehen, der absehbar einen höheren Bedarf nach Einspeicherung im Sommer nach sich ziehen wird. Es stellt sich die Frage, warum sich diese erwartete Gasknappheit im Sommer nicht im darauffolgenden Winter manifestiert. Warum signalisiert der Markt durch den negativen Sommer-Winter-Spread eine größere Gasknappheit im Sommer 2025 als im Winter 2025/2026, obwohl sich an der grundlegenden Physik, dass die Gasnachfrage im Winter um ein Vielfaches höher ist als im Sommer, nichts geändert hat?
Dies ist im Wesentlichen auf die Füllstandsvorgaben für Gasspeicher zurückzuführen, die im Zuge der Gasversorgungskrise in Deutschland im Frühjahr 2022 eingeführt wurden, um trotz ausbleibender russischer Gaslieferungen ausreichend Gas für den Winter zur Verfügung zu stellen. Die Vorgaben gelten durch Art. 6a der EU-Verordnung 2022/1032 im Grundsatz für alle Mitgliedstaaten der EU (Europäisches Parlament & Europäischer Rat, 2022). In Deutschland sind die Vorgaben und die Instrumente zur Erfüllung der Vorgaben in § 35b ff. EnWG festgelegt. Durch § 35b Abs. 1 EnWG werden die Betreiber von Gasspeichern verpflichtet sicherzustellen, dass ihre Gasspeicher zu Beginn des Winters hinreichend gefüllt sind, konkret zu mindestens 80 % am 1. Oktober und zu mindestens 90 % am 1. November 2025. Kommen Speichernutzer dieser Verpflichtung absehbar nicht nach oder bleiben Speicher ungebucht, erhält der Marktgebietsverantwortliche Trading Hub Europe (THE) Zugriff auf die nicht genutzten Speicherkapazitäten (§ 35b Abs. 5 EnWG). THE ist in diesem Fall in der Verantwortung, nach Zustimmung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) und im Einvernehmen mit der Bundesnetzagentur (BNetzA), in einem Ausschreibungsverfahren strategische Befüllungsinstrumente zu beschaffen (§ 35c Abs. 1 EnWG) oder – falls auch dies absehbar nicht zur Erreichung der Füllstandsvorgaben ausreicht – selbst Gas zu beschaffen und einzuspeichern (§ 35c Abs. 2 EnWG). Von letzterer Option hat THE in den vergangenen Jahren umfassend Gebrauch gemacht, um die Einhaltung der Füllstandsvorgaben zu gewährleisten: Allein zwischen Juni und November 2022 hat THE im Auftrag des Bundes knapp 50 TWh Gas gekauft (Kox et al., 2023), zu Beschaffungskosten von etwa 8,7 Mrd. Euro.1 Im Ergebnis haben die Gasspeicherstände in jedem der drei Jahre seit Einführung der Speicherpflicht im Jahr 2022 die Mindestzielwerte erreicht oder sogar überschritten (Abbildung 3).
Abbildung 3
Entwicklung der Gasspeicherfüllstände und Füllstandsvorgaben in Deutschland


Quelle: Frontier Economics basierend auf AGSI+ (Stand: 22. Februar 2025) und § 35b EnWG.
Die Maßnahmen des Gasspeichergesetzes haben den Markt fundamental verändert. Die Sommernachfrage ist hierdurch gestiegen. Zugleich haben Marktteilnehmer die Garantie, dass alle Speicher im Sommer gefüllt werden und im Winter zusätzliches Gas zur Verfügung steht, was die Anreize reduziert, sich durch den vorsorglichen Einkauf von Gas für den Winter individualwirtschaftlich gegen Preisspitzen abzusichern. Zusätzlich haben Optionen zum Import von LNG das Angebot erweitert bei gleichzeitig fallender Gasnachfrage. Die vermehrte Einspeicherung von Gas im Sommer für den Winter, unabhängig von der Höhe und dem Vorzeichen der Sommer-Winter-Spreads und bei gleichzeitig nachlassender Winternachfrage, manifestiert sich in gesunkenen und derzeit sogar negativen Sommer-Winter-Spreads. Die Spreads erfüllen somit immer noch ihre Aufgabe als Knappheitssignale, aber nach Berücksichtigung aller gesetzlichen Vorgaben haben sich die Knappheiten fundamental geändert: Unter Berücksichtigung der verpflichtenden Einspeicherung erwartet der Markt aktuell im Sommer eine größere Knappheit als im Winter.
In der Folge ist derzeit nicht oder kaum mit kommerziell motivierten saisonalen Speicheraktivitäten zu rechnen. Es droht eine Interventionsspirale: Die durch die Regulierung beeinflussten Preissignale verdrängen kommerzielle Einspeicherungen im Sommer, was die Notwendigkeit staatlich induzierter Eingriffe weiter erhöht. Die ursprüngliche Idee der Füllstandsvorgaben und der damit verbundenen Regulatorik, im Wesentlichen auf marktbedingte Einspeicherungen für den Winter zu setzen und nur die für auskömmliche Füllstände zum Winterbeginn notwendigen „zusätzlichen“ Einspeicherungen anzureizen, geht damit nicht (mehr) auf (Gretschko & Ockenfels, 2023).
Die Füllstandsvorgaben gehören auf den Prüfstand
Die Füllstandsvorgaben und die Instrumente der §§ 35b und 35c EnWG zur Einhaltung der Vorgaben wurden im März 2022 eingeführt. Sie leisteten einen Beitrag zur Sicherung der Gasversorgung im Winter 2022/2023, als die russischen Gaslieferungen durch die Nordstream-Pipeline, die mit einer potenziellen jährlichen Importmenge von über 550 TWh (> 50 % des deutschen Gasverbrauchs) die wichtigste Pipeline für die Gasversorgung Deutschlands war, ab Sommer 2022 zunächst gedrosselt und dann vollständig eingestellt wurden und unklar war, ob und wie der kurzfristige Mengenausfall kompensiert werden konnte.
Seitdem hat sich allerdings vieles verändert: Verfügte Deutschland 2022 noch über kein einziges Terminal für den Import von LNG, wurden inzwischen Terminalkapazitäten für den Import von jährlich knapp 250 TWh errichtet. Bisher als schwimmende Terminals (Floating Storage and Regasification Units – FSRU), in den kommenden Jahren sollen diese zum Teil durch feste „Onshore“-Terminals ersetzt werden. Auch in Nachbarländern wie den Niederlanden, Frankreich oder Polen wurden erhebliche LNG-Importkapazitäten aufgebaut, weitere Terminals sind in Planung. Um Liefermöglichkeiten für diese Terminals sicherzustellen, wurden Vereinbarungen mit neuen Lieferländern geschlossen. Des Weiteren wurden Importpipelines in Betrieb genommen (z. B. die Baltic Pipeline, die jährlich über 100 TWh Gas aus Norwegen über Dänemark nach Polen transportieren kann) bzw. technische Umstellungen vorgenommen, um die Möglichkeiten des Imports nach Deutschland zu erhöhen (o. V., 2022). Zusätzlich gibt es Veränderungen auf der Nachfrageseite: Zum einen haben sich Unternehmen und Verbraucher aufgrund hoher Gaspreise mit Möglichkeiten zur Flexibilisierung beschäftigt, zum anderen fällt die Gasnachfrage auch aus klimapolitischen Gründen (Substitution durch erneuerbare Energieerzeugung) und aufgrund der rückläufigen Industrieproduktion in Deutschland.
Die Preissignale am Terminmarkt weisen darauf hin, dass der Markt langfristig eine zusätzliche Ausweitung des Angebots bzw. eine Verringerung der Nachfrage erwartet: Der Gasmarkt ist in ungewöhnlich deutlicher „Backwardation“, d. h. die Kurse für weiter in der Zukunft liegende Lieferungen sind (substanziell) geringer als für näher in der Zukunft liegende. Beispielsweise wurden am 21. Februar 2025 Lieferungen für den Sommer 2025 zu 48,3 Euro/MWh gehandelt, für den Sommer 2026 nur noch zu 37,5 Euro/MWh (minus 22 %), für den Sommer 2027 sogar nur zu 31,2 Euro/MWh (minus 35 %). Ähnlich sieht es für Lieferungen für gesamte Kalenderjahre aus (Abbildung 4).
Abbildung 4
Terminpreise für Gaslieferungen im Marktgebiet von Trading Hub Europe (THE)


Abgetragen sind die Settlement Prices des EEX THE Natural Gas Futures vom 21. Februar 2025.
Quelle: Frontier Economics basierend auf Energate.
Die Füllstandsvorgaben für Gasspeicher verzerren also einerseits die Preissignale und ziehen so eine Interventionsspirale nach sich. Andererseits hat sich die Angebots- und Nachfragesituation durch die Entwicklungen der letzten drei Jahre seit Beginn der Energiekrise deutlich verändert. Daher stellt sich die grundsätzliche Frage, ob die starren Vorgaben konkreter Prozentwerte bei den Füllständen zu vorgegebenen Stichtagen noch angebracht sind, oder ob diese nicht aufgehoben, reduziert oder zumindest flexibilisiert werden sollten.
Eine Flexibilisierung der Füllstandsvorgaben bedarf einer Anpassung der EU-Regeln
Die Füllstandsvorgabe von 90 % am 1. November ist allerdings noch bis Ende des Jahres 2025 auf EU-Ebene durch Artikel 6a Verordnung (EU) 2022/1032 gesetzt. Auch eine neue Bundesregierung wäre daher nicht eigenmächtig befugt, die Vorgaben des § 35b EnWG anzupassen. Eine einseitige Anpassung der Regeln wäre zudem nicht ratsam: Deutschland verfügt zwar mit etwa 250 TWh über die größten Speicherkapazitäten in Europa, in den anderen Ländern Europas bestehen jedoch weitere knapp 900 TWh Speicherkapazitäten. Entsprechend ist für eine deutliche Marktauswirkung eine europaweite Koordinierung der Politik zur Speicherbefüllung notwendig.
Ursprünglich plante die EU-Kommission sogar, die Vorgaben auch über 2025 hinaus zu verlängern (Rapoport, 2025). Dies wird allerdings aufgrund der Entwicklungen im Gasmarkt zunehmend von Mitgliedstaaten in Frage gestellt, zuletzt auch von der Bundesregierung (Abnett & Payne, 2025; o. V., 2025). Beispielsweise könnten die Vorgaben für den 1. November auf 80 % reduziert werden. In der Folge wären in Deutschland die Mengen, die für die Füllstandsvorgaben über den Sommer eingespeichert werden müssten, um etwa 25 TWh (mit einem Gaswert zu heutigen Sommergaspreisen von ca. 1,2 Mrd. Euro) und in der EU insgesamt um knapp 100 TWh (mit einem Gaswert von ca. 4,8 Mrd. Euro) reduziert. Dies hätte zum einen eine unmittelbare Senkung der Kosten der Maßnahmen nach § 35c EnWG zur Folge, und zum anderen einen Effekt auf den Sommer-Winter-Spread und damit zusätzlich einen mittelbaren senkenden Effekt auf die Kosten der Maßnahmen nach § 35c EnWG.
Zugleich würde dies aufgrund von Angebotserweiterungen und -flexibilisierungen voraussichtlich nur eine geringfügig erhöhte Gefährdung der Versorgungssicherheit in Europa nach sich ziehen. Eine endgültige Einschätzung dazu erfordert jedoch eine umfassendere (quantitative) Analyse. Inwieweit die EU-Kommission bereit ist, eine Streichung, Verringerung oder Flexibilisierung der Füllstandsvorgaben für 2025 zu erwägen, ist jedoch nicht klar. Öffentlich hat sich die EU-Kommission hierzu bisher nicht geäußert.
Befüllungsinstrumente ausschreiben oder eine hohe Einspeicherung durch THE akzeptieren
Angesichts der bevorstehenden Einspeicherperiode (ab April 2025) besteht dringender Handlungsbedarf. Bleibt es auf EU-Ebene bei der Vorgabe eines Füllstands von 90 % für den 1. November 2025, müssen BMWK, BNetzA und THE die Erfüllung der Vorgaben durch entsprechende Maßnahmen sicherstellen. Hierzu bestehen aufgrund des knappen Vorlaufs im Wesentlichen zwei Möglichkeiten: der Einkauf und die Einspeicherung im großen Stil durch THE oder die Einführung von strategischen Instrumenten zur Speicherbefüllung.
Ohne weitere Maßnahmen ist davon auszugehen, dass zur Erreichung der Speicherziele eine signifikante Einspeicherung durch THE erforderlich ist. Dies wäre ein vergleichsweise einfacher Ansatz, würde allerdings THE wieder zu einem großen und wichtigen Handelsakteur am Markt machen. Zudem ist eine Befüllung durch THE in der Kaskade des EnWG als letzte Maßnahme vorgesehen („Stufe 3“). Diese soll grundsätzlich erst dann erfolgen, wenn die Einspeicherung durch die Marktakteure auch nach Beschaffung zusätzlicher Befüllungsinstrumente nach § 35c Abs. 1 („Stufe 1“) bzw. Abs. 2 („Stufe 2“) nicht ausreicht. Insofern kann THE erst spät in der eigentlichen Einspeicherperiode mit der Speicherfüllung beginnen, wenn es aufgrund der begrenzten Einspeichergeschwindigkeit der Speicher notwendig wird. Zu diesem Zeitpunkt bestehen kaum noch Möglichkeiten für eine optimierte Beschaffungsstrategie, d. h. THE müsste zu jedem Preis Gas beschaffen, um die Erreichung der Ziele sicherzustellen. Das wäre voraussichtlich mit hohen Kosten verbunden, wodurch sich wiederum Effekte auf die Umlagehöhe in den Folgejahren ergäben.
Einführung „strategischer Befüllungsinstrumente“: Strategic Storage-Based Options (SSBO)
Um das Ausmaß der Einspeicherung durch THE selbst in Grenzen zu halten, ermöglichen § 35c Abs. 1 („Stufe 1“) und Abs. 2 EnWG („Stufe 2“) der THE, in Abstimmung mit dem BMWK und der BNetzA in marktbasierten, transparenten und nichtdiskriminierenden öffentlichen Ausschreibungsverfahren, strategische Instrumente zur Förderung der Erreichung der Füllstandsvorgaben zu beschaffen.
Bereits bei der Einführung des Gasspeichergesetzes im Sommer 2022 war in § 35c EnwG die Möglichkeit der Beschaffung von strategischen Instrumenten vorgesehen, damals noch spezifiziert als „strategische Option“. Entsprechend hatte THE Gas-Optionen in Form von „Strategic Storage-Based Options“ (SSBO) beschafft, als absehbar war, dass die neu eingeführten Speicherziele ohne weitere Maßnahmen nicht erreicht werden können. Eine Möglichkeit bestünde darin, dieses Instrument jetzt kurzfristig wiederzubeleben, und die Ausgestaltung in Kenntnis der damaligen Erfahrungen sowie an die derzeitigen Gegebenheiten anzupassen.
Im Rahmen der SSBO-Ausschreibungen verpflichten sich Anbieter einerseits, bestimmte Gasmengen in ihren Speichern vorzuhalten und ermöglichen THE andererseits die Option im Fall einer Gefährdung der Versorgungssicherheit darauf zuzugreifen. Das SSBO-Produkt wird daher auch als „Hybridprodukt“ bezeichnet (Einspeicherzusage einerseits und Abrufoption mit Vorhaltepflicht andererseits). Die Besonderheit der SSBO in Abgrenzung beispielsweise zu einer strategischen Reserve besteht jedoch darin, dass nur 20 % der ausgeschriebenen Mengen THE zum Abruf zur Verfügung stehen (gegen einen mindestens marktgerechten Arbeitspreis), und die Menge ansonsten nach der Vorhaltung bis zu bestimmten Zeitpunkten frei durch die Anbieter am Markt eingesetzt werden können. Ein Anbieter von SSBOs wird somit zwar durch die verpflichtende Füllung in der Speichernutzung eingeschränkt, kann aber dennoch innerhalb der Füllstandsvorgaben weiterhin zusätzliche Arbitrageerlöse generieren.
Dies hat den Vorteil, dass auch langfristige Speicherbucher von dem Instrument profitieren können und nicht etwa pönalisiert werden, und war unter anderem durch den Versuch motiviert, die Kosten des Mechanismus in Grenzen zu halten. Ein großer Nachteil besteht in der mangelnden „Zusätzlichkeit“ des Instruments, wodurch der Effekt auf die Versorgungssicherheit unklar ist: Es dürfen auch Marktteilnehmer, die schon ohne zusätzliche Anreize die Speicher befüllen würden, an den Ausschreibungen teilnehmen. Da diese Anbieter keine oder nur geringe Opportunitätskosten haben, können sie die attraktivsten Gebote abgeben und sich daher wahrscheinlich in der Ausschreibung durchsetzen. Die Beschaffungsauktion führt also nicht immer zu einer Verhaltensänderung, sondern womöglich lediglich zu einer Selektion von Gasanbietern, die ohnehin einspeichern würden.
Darüber hinaus gab es bei den bisherigen SSBOs Anzeichen dafür, dass es teilweise strategisches Verhalten bzw. Mitnahmeeffekte der Anbieter gegeben haben könnte. Ein Indiz für strategisches Verhalten ist die sehr hohe Bandbreite der Gebote in den SSBO-Ausschreibungen. Die Gebote derjenigen Bieter, die ohnehin eingespeichert hätten, sind insofern „arbiträr“, als sie wenig mit den eigenen Kosten der Speicherung zu tun haben dürften. Die bezuschlagten Gebote variierten über die verschiedenen Zonen hinweg zwischen ca. 2 Euro pro MWh und ca. 300 Euro pro MWh (Bothe, 2022). Gretschko und Ockenfels (2023) weisen auf diese strategischen Effekte im Zusammenhang mit SSBOs und auf die wahrscheinliche Verdrängung bei den Speichermengen hin und argumentieren, dass der Verdrängungseffekt bei der Direktbeschaffung zwar auch auftritt, aber tendenziell etwas geringer ausfallen dürfte und zudem strategisches Verhalten der Marktteilnehmer bei der Direktbeschaffung besser eingedämmt werden dürfte. Darüber hinaus geben sie eine Reihe von Empfehlungen zur Optimierung des Designs der Beschaffungsauktion. Diese sind teilweise in das im folgenden Abschnitt beschriebene neue Befüllungsinstrument eingeflossen.
Neuer Vorschlag der Trading European Hub (THE)
Im Zuge der Novellierung des EnWG mit Wirkung zum 1. April 2024 wurde § 35c EnWG dahingehend verallgemeinert, dass es THE jetzt ermöglicht wird, „strategische Befüllungsinstrumente“ zu beschaffen. Eine Abrufoption für THE ist daher nicht mehr zwingender Bestandteil des Instruments. Auf dieser veränderten Rechtsgrundlage hat THE, zusammen mit BMWK und BNetzA in den vergangenen Monaten begonnen, ein neues Produkt zu entwickeln, das die bisherigen SSBOs vollständig ablösen soll.
Das Instrument sieht im Wesentlichen die Ausschreibung für die Subvention einer Einspeicherung durch Speichernutzer in Form eines Differenzvertrags (Contract for Difference – CfD) vor (Sammut et al., 2025). Die in der Ausschreibung erfolgreichen Anbieter verpflichten sich, eine bestimmte Gasmenge am 1. November zu 100 % zu befüllen, weitere vertragliche Vorgaben wie etwa Befüllungspfade bestehen nicht. Der Anbieter definiert über einen fest in der Ausschreibung anzugebenden Angebotspreis in Euro/MWh seinen persönlichen Mindest-Spread („Strike“ oder „Garantie-Spread“). Für jede Einspeicherung an einem Tag, an dem der tatsächliche Sommer-Winter-Spread am Markt („Referenz-Spread“) geringer ist als der Garantie-Spread, erhält der Anbieter die Differenz aus Garantie- und Referenz-Spread. Hat ein Anbieter beispielsweise in der Ausschreibung einen Zuschlag mit einem Garantie-Spread von 3 Euro/MWh erhalten, steht ihm im Fall einer Einspeicherung an einem Tag mit marktlichem Sommer-Winter-Spread von minus 2 Euro/MWh eine Zahlung von 5 Euro für jede eingespeicherte MWh zu. Der Fokus des Produktkonzepts liegt darauf, neue Einspeicherungen trotz unzureichender kommerzieller Marktanreize zu fördern, indem der Preisnachteil der Speicherung ausgeglichen wird.
Ein Vorteil des Konzepts besteht darin, dass – einen funktionierenden Wettbewerb vorausgesetzt – nur so viel Zuschuss gezahlt wird, wie gerade notwendig ist, um eine Einspeicherung im aktuell schwierigen Marktumfeld zu garantieren. Steigt der Spread im Markt, sinken die durch THE zu leistenden Zuschüsse. Die im Zuge des Mechanismus kontrahierten Marktteilnehmer haben zudem andere Möglichkeiten der Beschaffungsoptimierung als etwas THE im Rahmen der Selbstbeschaffung nach § 35c EnWG.
Der Mechanismus ist allerdings komplex. Beispielsweise sieht der THE-Vorschlag eine Untergrenze für den Referenz-Spread vor, unterhalb dessen die Kompensation abgeschnitten wird. Hierdurch verbleibt ein erhebliches Risiko bei den Anbietern. Außerdem besteht auch hier – wie schon bei den früheren Vorschlägen – die Herausforderung „Zusätzlichkeit“ zu gewährleisten: THE schlägt vor, das vertragliche Befüllungsziel zwar auch mit Bestandsmengen erfüllen zu können, allerdings sollte die Vergütung der Bestandsmengen nur mit dem Durchschnittspreis aller Neueinspeicherungen vergütet werden. Das könnte den kontraproduktiven Anreiz setzen, dass Speicher nun schneller entleert würden, um sie später mit Neueinspeicherungen wieder zu füllen.
Diese kurze Gegenüberstellung zeigt, dass es auch angesichts der kurzen Vorlaufzeit und der bisherigen Erfahrungen eine große Herausforderung – wenn nicht unmöglich – sein dürfte, auch mit einem optimierten Auktionsdesign eine hinreichend zusätzliche Einspeicherung effektiv und kostengünstig anzureizen. Alle Vorschläge leiden unter Selektionseffekten (mangelnde „Zusätzlichkeit“) und keiner der Vorschläge beschreibt einen Ausweg aus dem selbstinduzierten kostspieligen negativen Spread, der den Mangel an einzelwirtschaftlichen Anreizen zur Einspeicherung noch verstärkt.
Spätestens für 2026 sollten alternative Maßnahmen geprüft werden
Die EU-Kommission hat jüngst vorgeschlagen, die Füllstandsvorgaben auf EU-Ebene, die planmäßig Ende 2025 auslaufen sollten, um zwei Jahre zu verlängern. Und auch Deutschland hat die zeitliche Gültigkeit seiner Füllstandsvorgaben bereits bis zum 31. März 2027 verlängert. Primäre Motivation der Verlängerung war die damit verbundene Möglichkeit, die hohen Kosten der Maßnahmen von § 35b und § 35c EnWG aus dem Jahr 2022 in der entsprechenden Gasspeicherumlage auf einen längeren Zeitraum zu strecken und damit die Höhe der Umlage für Gaskunden begrenzen zu können. Durch die nun eintretenden Marktpreiseffekte mit den diskutierten negativen Folgen für kommerzielle Einspeicherungen im Sommer droht nun jedoch im Gegenteil eine Perpetuierung: Die absehbar hohen Kosten, wenn THE Mengen gegen den Spread ein- und verkaufen muss, lassen die umzulegenden Kosten weiter steigen, was gegebenenfalls erneut zu einer Verlängerung der Maßnahme führen wird, um die Umlage auf weitere Jahre zu strecken. Dies ist aber keine Lösung für die mangelnde Effektivität und eine sehr hohe Kostenbelastung durch die diskutierten Instrumente.
Die Füllstandsvorgaben haben als kurzfristige und schnelle Reaktion in der Krise ihren Beitrag geleistet, werden aber den veränderten Rahmenbedingungen möglicherweise nicht mehr gerecht. Vor allem aber besteht die Gefahr, dass sich die Ad-hoc-Maßnahmen als dauerhaftes Instrument etablieren und die langfristig etablierten Marktmechanismen zur Gasspeicherbewirtschaftung kannibalisieren. Denn wie erläutert, führt die Speicherverpflichtung – sofern sie ihr Ziel überhaupt erreicht und zu einer Einspeicherung oberhalb der Marktlösung führt – zu einer erhöhten, preisunelastischen Gasnachfrage im Sommer und damit auch hier zu höheren Gaspreisen. Gleichzeitig reduziert sie das Risiko extremer Preisspitzen im Winter und damit die Notwendigkeit der Gasversorger, sich durch Terminmarktgeschäfte für den Winter gegen Preisrisiken abzusichern. Dadurch sinkt der abzusichernde Gasbedarf im Winter. In der Folge sinkt der Sommer-Winter-Spread, sodass die Umsetzung der Speicherverpflichtung kommerzielle Aktivitäten, die dem Risikomanagement und der Versorgungssicherheit dienen, verdrängen oder sogar gänzlich zum Erliegen bringen kann. Dieser Marktzusammenbruch wiederum erhöht die Kosten der regulierten Speicherung massiv.
Das Dilemma ist perfekt: Sowohl die Kosten einer unzureichenden Versorgungssicherheit ohne Eingriffe als auch die Kosten der Erhöhung der Versorgungssicherheit können übermäßig hoch sein. Angesichts dieser grundsätzlichen Herausforderungen stellt sich die Frage, ob nicht schnellstmöglich auf alternative Ansätze zurückgegriffen werden sollte, um ein höheres Vorsorgeniveau der Gasspeicher für den Winter zu erreichen, ohne die Anreize der kommerziellen Anbieter zur Vorsorge gleichermaßen zu schwächen.
Eine denkbare Möglichkeit wäre die Rückkehr zu einer rein kommerziellen Vorsorge auf Basis von Preissignalen, wie sie bis 2021 der Standard war, d.h. eine vollständige Abschaffung der Füllstandsvorgaben: Dies setzt jedoch voraus, dass in Mangellagen auch extreme (Spot-)Preise akzeptiert werden, um den Marktteilnehmern einen Anreiz zur Vorsorge zu geben.
Derartige Verpflichtungen existieren analog in einigen Strommärkten. Im Gasmarkt könnte die Preisvolatilität z. B. durch eine Internalisierung der externen Effekte von Versorgungsunterbrechungen in Form einer zusätzlichen Pönale für den Fall, dass die Nachfrage im Winter nicht gedeckt werden kann, weiter erhöht werden. Dieser Ansatz würde die Vorsorge wieder rein auf marktwirtschaftliche Anreize stützen (Cramton et al., 2025). Es ist jedoch fraglich, ob dies in der aktuellen politischen und ökonomischen Situation ein glaubwürdiger und robuster Weg zur Versorgungssicherheit sein kann.
Eine kurzfristig vielversprechendere Option könnte eine staatlich organisierte „strategische Reserve“ sein: Analog zu den Reservekraftwerken im Strommarkt würde zentral finanziert eine strategische Gasreserve vorgehalten, die nur im Krisenfall (z. B. definiert über sehr hohe Spotpreise, z.B. > 300 Euro/MWh) freigegeben würde. Österreich hat beispielsweise als Reaktion auf die Krise 2021/2022 eine Gasreserve von 20 TWh beschafft und dauerhaft eingespeichert. Eine solche Reserve würde einerseits eine Krisenvorsorge ermöglichen, andererseits das Angebot an Gasspeichern für den kommerziellen Betrieb verknappen und könnte so zu einer Stabilisierung der positiven Spreads beitragen.
Auch die strategische Gasreserve würde während der Erstbeschaffung die Gasnachfrage im Sommer erhöhen, aber sie würde den marktgetriebenen Anreiz zur Absicherung von Gasgeschäften im Winter kaum dämpfen, da die Gasreserve erst bei sehr hohen Gaspreisen in den Markt gelassen würde. So würde auch der zuvor beschriebene Kannibalisierungseffekt vermieden und die Intervention zu einer zusätzlichen Bereitstellung von eingespeichertem Gas führen. Gleichzeitig würden damit Speicherkapazitäten knapper, was den Ausbau von Speicherkapazitäten anreizen könnte (aber zugleich auch Anreize zur Einspeicherung wieder eindämmen könnte). Ein zu adressierender Nachteil wäre, dass Marktteilnehmer bewusst auf die Freigabe der strategischen Reserve spekulieren und daher eigene Absicherungsgeschäfte verringern könnten.
Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass Instrumente stets auch miteinander interagieren. Insofern ist sicherzustellen, dass auch andere Instrumente im Speichermarkt mögliche Rückwirkungen auf das Thema Versorgungssicherheit haben: Es wäre beispielsweise zu prüfen, inwiefern aktuell diskutierte Förderinstrumente für den Erhalt von Speicherkapazitäten auch für die Vorhaltung von Gasmengen einen Beitrag leisten. Gerade in der Phase eines Übergangs von Erdgas zu einer Wasserstoffwirtschaft kann es zu einem Förderbedarf bei Speicherkapazitäten kommen, da die Kapazitäten den jeweiligen Marktentwicklungen vorlaufen (bei Wasserstoff) bzw. nachlaufen (bei Erdgas) müssen (Bothe et al., 2024). Falls es hier zukünftig zur Schaffung von Instrumenten kommt, die ein hohes Maß an Speicherkapazitäten im Markt erhalten, könnte dies je nach Ausgestaltung ebenfalls einen zusätzlichen Beitrag leisten.
Grundsätzlich sollten Alternativen zur Durchsetzung oder Flexibilisierung der Speicherverpflichtung darauf ausgerichtet sein, die vorhandenen Marktkräfte und die Verantwortung der Marktakteure für die Versorgungssicherheit zu erhalten und möglichst sogar zu stärken. Die Optionen schließen sich nicht gegenseitig aus. Vielmehr dürfte eine Kombination der genannten Maßnahmen die beste Chance haben, ein hohes Maß an Versorgungssicherheit zu vergleichsweise geringen Kosten zu erreichen. Dazu gehören eine strategische Reserve, die Vergütung spezieller Nachfrageflexibilitäten, eine preiselastischere Nachfrage nach Versorgungssicherheit und Pönalen für mangelnde private Absicherung. Welche Optionen aber in welcher Größenordnung in dem Mix enthalten sein sollen, hängt von einer genauen Diagnose der Marktkonditionen und -effekte ab.
Fazit
Die Energiekrise 2022/2023 hat die zentrale Rolle von Gasspeichern für die Versorgungssicherheit und damit für Wirtschaft und Gesellschaft verdeutlicht. Die während der Krise eingeführten Füllstandsvorgaben haben zwar kurzfristig zur Speicherfüllung beigetragen, setzen aber wesentliche Marktmechanismen außer Kraft. Die Folge ist ein negativer Sommer-Winter-Spread, der kommerzielle Anreize zur Einspeicherung konterkariert und somit die Notwendigkeit weiterer regulatorischer Eingriffe sowie deren Kosten massiv erhöht.
Um langfristig eine effiziente und marktkonforme Nutzung der Gasspeicher zu gewährleisten, bedarf es kurzfristiger Anpassungen der bestehenden Instrumente. Eine einfache Lösung gibt es bei Maßnahmen zur Stärkung der Versorgungssicherheit nicht. Das ist im Gasmarkt nicht anders als im Strommarkt oder bei der Versorgung mit Impfstoffen und Medikamenten oder in anderen sicherheitsrelevanten Märkten. Daher ist es dringend notwendig, eine fundierte Debatte über ein mittel- und langfristig funktionsfähiges, effektives und kosteneffizientes Marktdesign zu führen. Dabei müssen Alternativen wie eine Flexibilisierung der Füllstandsvorgaben, ein subventionierter Befüllungsmechanismus, Flexibilisierungsstrategien für die Nachfrage, Absicherungspflichten für die Gasversorger und die Einführung einer strategischen Reserve gegeneinander abgewogen werden.
Axel Ockenfels bedankt sich bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) für die Förderung im Rahmen der Exzellenzstrategie – EXC 2126/1-390838866. Das Papier reflektiert die Meinung des Autors.
- 1 Denen allerdings noch die Erlöse aus dem Gasverkauf im Winter 2022/2023 sowie gegebenenfalls den eingesparten Einkaufskosten in folgenden Sommern gegenüberzustellen wären (Kurmayer, 2023).
Literatur
Abnett, K. & Payne, J. (2025, 23. Januar). EU plans to extend gas storage targets, sources say. Reuters.com.
AGSI+ — Aggregated Gas Storage Inventory. (2025, 22. Februar). Gasspeicherfüllstände [Dataset].
Bothe, D. (2022, 3. Juni). Speicherfüllstande und SSBO-Auktionen – ein Zwischenfazit (Gastkommentar). energate-messenger.de.
Bothe, D., Janssen, M., Biller, J. & Lane, A. (2024, 30. August). Finanzierungsmechanismus für den Aufbau von Wasserstoffspeichern (Studie im Auftrag des BDEW). Frontier Economics.
Cramton, P., Brandkamp, S., Dark, J., Hoy, D., Malec, D., Ockenfels, A. & Wilkens, C. (2025, 3. November). A Forward Energy Market to Improve Reliability and Resiliency.
Energate. (2025, 21. Februar). Börsenpreise EEX THE [Dataset].
Europäisches Parlament & Europäischer Rat. (2022). Verordnung 2022/1032 vom 29. Juni 2022 zur Änderung der Verordnungen (EU) 2017/1938 und (EG) Nr. 715/2009 im Hinblick auf die Gasspeicherung.
Gretschko, V. & Ockenfels, A. (2023). Empfehlungen für das Marktdesign zur Befüllung der Gasspeicher. Wirtschaftsdienst, 103(2), 105–111.
Kox, A., Ritzau, M., Heimann, T., Edel, P. & Haucap, J. (2023, 2. Juni). Strategien für die Bewirtschaftung von Gasspeichern durch Trading Hub Europe (Gutachten im Auftrag der Bundesnetzagentur). BET Büro für Energiewirtschaft und technische Planung GmbH und Düsseldorf Competition Economics (DICE) GmbH.
Kurmayer, N. J. (2023, 30. Juni). Volle Gasspeicher: Die 7-Milliarden-Euro-Rechnung die bleibt. Euroactiv.
Lohmann, H. (2025, 31. Januar). NG kann nur kleinen Teil der Speicherkapazität verkaufen. energate-messenger.de.
O. V. (2022, 6. September). In umgekehrter Richtung Frankreich nimmt stillgelegte Gaspipeline nach Deutschland wieder in Betrieb. Spiegel.de.
O. V. (2025, 13. Februar). Germany wants EU to relax gas storage targets. Reuters.com.
Rapoport, A. (2025, 19. Februar). So könnte eine Reform der EU-Füllstandsvorgaben für Gasspeicher aussehen. Tagesspiegel Background.
Sammut, M., Ketschau, S., Scheyda, C.-M. & Kreutzer, T. (2025, 21. Januar). Künftige Ausgestaltung Befüllprodukt nach § 35c Abs. 1 EnWG (Präsentation). Trading Hub Europe GmbH.
VNG AG. (2025, 13. Februar). EPG verschiebt Kavernenfertigstellung am UGS Katharina [Presseinformation].