Dann aber sind jedenfalls die Vorteile, die das Sinken der Währung für die Ausfuhr bringt, mit der auch nur internen Stabilisierung – von einer wahren Stabilisierung der Währung kann ja auf Grund der Rentenmark nicht gesprochen werden – gefallen. Es soll hier nicht weiter geprüft werden, ob der Satz „Sinken der Währung, Steigen der Ausfuhr“ tatsächlich wahr ist oder nicht. Zweifellos – ich habe das auch bereits im vorigen Jahre betont – tritt auch bei Sinken der Währung ein Augenblick ein, der diese früher allgemein als richtig angenommene Wirkung aufhebt. Es trifft zu, daß nur so lange die Ausfuhr gefördert wird, als die Preisgestaltung des von der Inflation getroffenen Landes die des Weltmarktes nicht übersteigt. Jedenfalls ist am Beginn des Währungsverfalls, was auch das Sachverständigengutachten und in letzter Zeit der Herausgeber des „Statist“, Colbert, bekundet, eine Ausfuhrprämie durch den Verfall gewährt. Dies hat sich auch in Frankreich und Belgien deutlich gezeigt; bis zu einem gewissen Zeitpunkt wird immer diese Wirkung zwangsläufig eintreten. Jedenfalls aber ist sie in Deutschland schon während des Verfalls nicht mehr vorhanden gewesen; heute ist die Wirkung der deutschen Währung eine stark gegenteilige.
Dagegen kann nicht bestritten werden, daß durch die Rentenmark ein anderes Moment der Preissteigerung hinweggefallen ist, nämlich die Einrechnung der Risikoprämie bei der Preisgestaltung, soweit diese Risikoprämie sich für Einkauf von Material, für Löhne und für den Verkaufspreis als notwendig mit Rücksicht auf die stets weiter verfallende Währung erwies. Die wiederholte Mahnung des Reichswirtschaftsministers, die Preisgestaltung deshalb auch möglichst scharf gerechnet vorzunehmen, wie er sich ausdrückte, „mit dem Pfennig zu rechnen“, ist deshalb in dieser Richtung zweifellos berechtigt gewesen. Leider aber ist damit nicht jede Notwendigkeit einer Einrechnung von Risikoprämien in die Preisgestaltung in Wegfall gekommen. Ich habe in der letzten Zeit wiederholt Veranlassung nehmen müssen, gerade darauf hinzuweisen, daß die Pfennigberechnung ein großes Maß von Sicherheit in der Berechnung selbst voraussetzt. Dem Verlangen, jeden Zuschlag für Risiken zu unterlassen, kann nur genügt werden, wenn Sicherheit dafür besteht, daß die Ansätze nicht zu gering sind und nicht durch veränderte Verhältnisse Verlustpreise verursachen. Leider muß aber ganz entgegen der Gewohnheit des Friedens auch jetzt noch ein ganz erheblicher Zuschlag erfolgen auf Grund der Unsicherheit auf vielen Gebieten. Ich hebe insbesondere hervor unsere steuerlichen Verhältnisse. Wie sehr die Steuer den Umsatz und damit den Preis belastet, wird später erwähnt werden. Aber die stets wechselnden Verhältnisse auf dem Gebiete der Steuergesetzgebung, die die prozentuale Belastung der Ware hiermit ganz erheblich vorschiebt, die Unsicherheit darüber, ob endlich bei einem bestimmten Steuersystem und bestimmten Steuersätzen verharrt wird, ermöglicht es gar nicht, wie früher die Steuer in die Zuschläge mit einem Satz aufzunehmen, der nicht schon die Wandlung auf dem Gebiete vorsieht. Und nicht nur die Steuergesetzgebung ist es, die hierzu zwingt, sondern die nachhinkenden Auslegungen, Durchführungs- und Ausführungsvorschriften, die sehr häufig ganz das Gegenteil von dem besagen, was in dem Gesetz selbst steht, und das hierdurch veranlaßte Schwanken der Rechtsprechung im Steuerrecht. Wo an Stelle des Rechts, wie in der letzten Zeit doch so vielfach, die reine Willkür von Steuer-, das ist Verwaltungsbehörden, sich geltend macht, muß aber mit Unbekannten gerechnet werden.
Wäre es nun nur noch die Steuer- und nicht auch die gesamte Wirtschaftspolitik, die bis in die allerjüngste Zeit hinein stetem Wechsel unterzogen war, so würde die Risikoprämie noch nicht den hohen Satz betragen, den sie heute erfordert. Wenn aber gerade in der Ausfuhr- und Devisenpolitik, in Bilanzvorschriften stets wechselnde Grundsätze sich geltend machen, kann von dem Wegfall einer Risikoprämie nur dann gesprochen werden, wenn man dem exportierenden Kaufmann zumutet, mit Verlusten zu arbeiten.
Auch die Stetigkeit der Löhne, der Arbeitsleistung und des Arbeitsnutzeffektes sind und bilden Voraussetzungen für eine „Pfennigkalkulation“. Wenn aber nach dem endlichen Wegfall der Demobilmachungsverordnung eine Arbeitszeitverordnung Platz griff, von der ich sofort voraussagte, daß sie nichts anderes als die erbittertsten Arbeitskämpfe auslösen würde, wenn man die einzig gesunde Arbeitsgemeinschaft des Betriebes zugunsten von kollektiven Tarifverträgen hindert, dann kann auch in der Lohnfrage, dann kann mit bestimmten Nutzeffekten der geleisteten Arbeit nicht gerechnet werden. Die Antwort auf die unglückselige Arbeitszeitverordnung hat der Herr Arbeitsminister in den letzten Tagen und Wochen von den Werften und den Zechen des Ruhrreviers erhalten. Es geht nicht an, bei nur einigermaßen langfristigen Aufträgen – und bei Qualitätsarbeit wird es sich sehr häufig hierum drehen – bestimmte Lohnsätze in die Kalkulation einzustellen, wenn man nicht weiß, welche Arbeitszeit nach ein paar Wochen noch gilt und welche Löhne gezahlt werden müssen. Die genaue Kalkulation, der gewiß auch von mir weitestgehend das Wort geredet wird, zu schaffen, kann nicht zuletzt, sondern ganz in allererster Linie die Stelle ermöglichen, die sie heute leider noch zu Unrecht verlangt.
Im Zusammenhang damit muß gleich erwähnt werden ein weiteres Verlangen des Reichswirtschaftsministers, das ich in seiner Berechtigung nicht anzuerkennen vermag. Sein Wunsch, daß die Industrie das Zurückbleiben der Technik wieder ausgleiche, erscheint mir nicht zutreffend. Gewiß muß immer und immer wieder der Fortschritt verlangt werden. Die Technik ist aber nicht zurückgeblieben; all das aber, was sie wirtschaftlich erzielt hat, insbesondere auf dem Gebiete der billigeren Produktion, vermochte sie unter der Gesetzgebung der letzten Jahre, vermag sie auch heute noch nicht zu verwirklichen. Auf keinem Gebiete muß mehr als hier freie Bahn verlangt werden. Wenn sie gegeben ist, bedarf es dieser Mahnung nicht mehr.
Ich habe vorhin bereits erwähnt, daß die Steuerbelastung ganz außerordentlich groß ist, und daß die Ware, ganz abgesehen davon, daß die Steuerbelastung unsicher ist, einem ungeheuer hohen Prozentsatz an Steuerbelastung unterliegt. Über diese Frage hatte ich kürzlich Gelegenheit in einem stundenlangen Vortrage im Reichsverband der Deutschen Industrie die Einzelheiten zu gehen. Ich muß mich heute auf den Hinweis hierauf beschränken und auf die Feststellung, daß, soweit Berechnungen überhaupt angestellt werden können, die Belastungsgrenze auf dem Umsatz heute mit 4½–10 % des Warenwertes liegt, und daß, wenn für eine Einzelfirma im Jahre 1913 0,37 % auf den Umsatz trafen, heute nach meinen Ermittlungen 4,15 % zu rechnen sind, bei einer Aktiengesellschaft 5 % gegen 0,43 % im Jahre 1913 und bei einer G. m. b. H. 4 % gegen 0,12 % im Jahre 1913. Ich wiederhole, daß auch diese Sätze noch eine ganze Reihe von Belastungen auslassen, die erst im Jahre 1924 in ihrer vollen Bedeutung sich zeigen werden, und daß sie schon deshalb nicht überschätzt sind. Es darf hierbei nicht vergessen werden, daß die jetzige Belastung nicht mehr so leicht zu tragen ist, wie während der Inflationszeit, in der die spätere Bezahlung der Steuer sie niemals in ihrem vollen Ansatz wirksam werden ließ. Unglaublich klingt es aber, wenn wir davon hören, daß gerade die Ausfuhrgeschäfte nach einem Plane des Finanzministers noch mit einer weiteren Belastung betroffen werden sollen, insofern die Vorauszahlung der Einkommensteuer hierauf eine Erhöhung erfahren soll. Wie ist dies Vorhaben mit der verlangten Pfennigrechnung in Einklang zu bringen?
Ich hatte kürzlich Gelegenheit, im Namen der Industrie deren vollste Bereitwilligkeit zur Tragung der notwendigen Lasten zu erklären; aber das Verlangen, daß die Fähigkeit der Industrie, Steuern zu tragen, durch diese selbst nicht gehemmt und aufgehoben werde, liegt in der Natur der Sache.
Wenn bis jetzt für die Bezahlung von Waren in Devisen eine Devisenumsatzsteuer von ½–2 % verlangt wurde, obwohl die Bezahlung in Devisen zulässig ist, und wenn hierdurch Fabrikate, die notwendig (weil die Rohstoffe gegen Devisen aus dem Auslande beschafft werden müssen), auch wieder in Devisen im internen Verkehr bezahlt werden müssen, bei vier- und fünfmaligem Umsatz immer wieder mit dieser Steuer belastet werden, so muß auch hier auf das Widersprechende derartiger Maßnahmen mit der Aufforderung, die Ausfuhr zu fördern, hingewiesen werden.
Ich hebe speziell auch noch die Umsatzsteuer hervor, die in jedem einzelnen Falle des Umsatzes mit 2½ % die Ware trifft und mache darauf aufmerksam, daß diese Steuer zwar seit dem 1. Januar 1924 die Umsätze in das Ausland steuerfrei läßt, daß aber die Verteuerung der Ware im Inland und dadurch auch der Ausfuhrware noch nicht aufgehoben ist. Mit Recht spricht der Finanzminister Luther in seiner Schrift „Feste Mark – solide Wirtschaft“ davon, daß die Umsatzsteuer eine Sache von unerhörtem Ausmaße sei.
Über den Achtstundentag und seine Einwirkung habe ich bereits im Vorjahre mich ausgelassen. Auch jetzt rechne ich mich noch nicht zu jenen, die den Achtstundentag als die Ursache allen Übels und als den einzigen Grund für die mangelnde Ausfuhr betrachten. Auch jetzt gebe ich die Möglichkeit desselben für bestimmte Fabrikationen durchaus zu. Wenn aber tatsächlich nur durch Erhöhung der Produktion und Verbilligung derselben, wie doch allgemein hervorgehoben und anerkannt wird, die Konkurrenzfähigkeit wieder herbeigeführt werden kann, so muß der Achtstundentag überall da, wo er in Betrieben als unmöglich erachtet wird, fallen. Die Mehrarbeit – so habe ich mich nach dem Erscheinen der Arbeitszeitverordnung an anderer Stelle geäußert –, wird ja nicht um ihrer selbst willen gefordert, sondern in einer Gestaltung, in der sie die verschwenderische Nichtausnutzung von Einrichtungen und Anlagen und die übermäßige unproduktive Arbeit verhindert. Der Achtstundenarbeitstag erfordert heute – es wird dies aus verschiedenen Betrieben bestätigt – die gleiche unproduktive Arbeitsleistung wie früher der Zehnstundenarbeitstag. Die geringere Ausnutzung der Anlagen, der Einrichtungen im Zusammenhang mit dieser erhöhten unproduktiven Leistung belastet auf das Erheblichste die Kalkulation, erhöht die Preise, vernichtet die Wettbewerbsfähigkeit. Solange aber nur durch Kollektivtarifvertrag die Erhöhung der Arbeitszeit herbeigeführt werden kann, wird ein Wandel auf dem Gebiet nicht Platz greifen, und die Verbilligung der Ware, die die notwendige Folge der Mehrproduktion wäre, nicht herbeigeführt werden. Nichts ist gefährlicher für die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands als das Verlangen nach internationaler Einführung des Achtstundenarbeitstages, zumal dann, wenn er, wie nachgewiesen (ich nehme auf die vorzüglichen Ausführungen im Märzheft Nr. 11 von „Stahl und Eisen“ Bezug), in den Ländern, die ihn von Deutschland verlangen, nicht einmal eingehalten wird. Wohl wußte England, warum es diesen achtstündigen Arbeitstag von seinem Konkurrenten gefordert hat; wußte es, daß schon vor dem Kriege mit demselben belastet, Deutschland ihm kein gefährlicher Gegner auf dem Weltmarkt gewesen wäre.
Die Belastung mit unproduktiven Arbeiten, wie sie durch die Demobilmachungsverordnung seinerzeit gebracht wurde, besteht auch heute noch in starken Überresten fort. Sie konnte nicht so rasch beseitigt werden. Ein Beweis dafür mag sein, in welcher Höhe sich die Prozentsätze der sogenannten Unkostenzuschläge eines Betriebes zur Vorkriegszeit verhalten. Angesichts der Tatsache, daß sich z. B. in einer alten, gutgeleiteten Fabrik die Selbstkosten für ein Fabrikat heute zusammensetzen aus: Material 35 %, Arbeitslohn 14 %, Unkostenzuschläge 51 %, bedeutet dies eine Belastung der Selbstkosten mit 365 % der produktiven Arbeitslöhne. Die folgende Einzelberechnung ergibt besser den Nachweis für die unproduktiven Ausgaben in Prozenten der Arbeitslöhne:
1913/14 | 1922/23 | 1. Viertelj. 1923/24 | |
---|---|---|---|
Betriebsmaterialien | 49 % | 85 % | 60 % |
Betriebslöhne | 88 % | 64 % | 50 % |
Verwaltungsausgaben | 131 % | 169 % | 180 % |
Zusammen | 220 % | 385 % | 290 % |
Es sind somit auch heute noch die Unkostenzuschläge, berechnet auf die Arbeitslöhne, 290 % gegenüber 220 % im Jahre 1913/14. Zu verstehen ist diese Mehrung, wenn folgende Daten betrachtet werden: Ein mir bekanntes Werk mit 4800 Arbeitern Belegschaft, die, mit Rücksicht auf die Material- und Absatzverhältnisse nur die halbe Zeit tätig sein können, damit weniger als 2400 Vollarbeiter leisten, hat heute noch, trotz Reduktion, 1300 Angestellte. Es kann leicht errechnet werden, daß die Belastung mit unproduktiven Arbeiten hier eine ganz enorme ist und die Differenz zwischen deutschen und Auslandspreisen erklärt.
Es liegt nahe, daß von kartellfeindlicher Seite immer und immer wieder der Nachweis versucht wird, der sogenannten Verbandspolitik die Schuld an zu hohen Preisen und an dem mangelnden Absatz zuzuschreiben. Auf die Frage, ob nicht vielleicht eine stärkere Anpassung an die Wünsche des Auslandes nötig wäre, werde ich zurückkommen. Ganz zu Unrecht aber wird die Verbandspolitik beschuldigt. Würde sie heute nicht mehr bestehen, würde die Preisschleuderei, insbesondere dem Auslande gegenüber, durch die mangelnde Beschäftigung der Werke wieder diejenige Förderung erfahren wie früher, so würde nichts rascher kommen, als eine noch stärkere Zunahme der Abwehrmaßregeln des Auslandes. Nichts gefürchteter als das Dumping, nichts förderlicher hierfür als das Fallen des Zusammenschlusses der einzelnen Fachindustrien. Ohne die Kartellpolitik hier weiter behandeln zu wollen, möchte ich nur warnen vor ähnlichen, von der Straße verlangten Maßnahmen, wie sie die erlassene Kartellverordnung darstellt. Wenn in der Durchführung derselben nicht eine weise Mäßigung Platz greift, wird nichts mehr gefördert werden, als die Absperrung des Auslandes auch dem Rest der deutschen Ausfuhr gegenüber. Wie wenig die Verbandspolitik zu übermäßiger Erhöhung der Preise beiträgt, habe ich bereits an anderer Stelle betont, als ich darauf hinwies, daß trotz der Festsetzung der erwachsenen Selbstkosten der Verkauf der Fabrikate nach dem Auslande zuweilen unter den Selbstkosten auch nach den Grundsätzen der Verbände erfolgt.
Nicht weniger als die Kartellpolitik wird der „ungeheuerliche Unternehmergewinn“ für den mangelnden Absatz nach dem Auslande hervorgehoben. In einem Aufsatz, der der Eröffnung der Leipziger Messe galt, las ich kürzlich, daß unsere besten ausländischen Freunde uns den wohlgemeinten Rat geben: „Verdient zunächst einmal weniger und verkauft recht billig, damit ihr überhaupt erst festen Boden auf dem Weltmarkte unter den Füßen gewinnt!“ Ich will an den guten Absichten dieser ausländischen Freunde nicht zweifeln, aber mit vielem Recht an ihrem Verständnis für die Sachlage. Wüßten sie, wie gering der Unternehmergewinn heute geworden ist, wüßten sie, daß gerade die Aufträge nach dem Auslande in einer großen Anzahl von Fällen ohne jeden Gewinn und unter Verlust hereingenommen werden, um das Absatzgebiet im Auslande nicht zu verlieren, Auslandsvaluten, die allein die Ernährung sichern, zu erhalten und den Arbeiterstamm nicht aufgeben zu müssen, so würden sie diesen weisen Rat zum mindesten für den größten Teil der deutschen Industrie sich haben ersparen können.
Die wohlmeinenden Freunde hätten vielleicht besser Umschau im Auslande, wahrscheinlich auch in den Staaten, denen sie entstammten, gehalten und dann gefunden, daß es die Maßnahmen ihrer Länder nicht zuletzt sind, die die Ausfuhr deutscher Produkte hindern. Auch auf dem Gebiete habe ich mir durch eine Reihe von Berichten aus dem Auslande eine Blütenlese zusammengestellt. Unser Bruderstaat Österreich, allerdings bei seinen sechs Millionen Einwohnern und der derzeitigen geringen Kaufkraft nicht von weitgehender Bedeutung, hat zum Schutze seiner Industrieprodukte die Einfuhrerlaubnis auf all den Gebieten versagt, auf denen Österreich selbst herstellt. Die österreichische Industrie hat die Möglichkeit, jede Einfuhr zu verhindern, die ihr nicht paßt. Offerten, die dorthin gemacht werden, werden schon kaum mehr ernst genommen, man weiß, daß sie mehr der Preisvergleichung als dem Verkaufe dienen. Es ist vielleicht charakteristisch, daß kürzlich die Einfuhr einer gebrauchten Maschine gestattet wurde mit der Begründung, daß gebrauchte Maschinen dort nicht hergestellt würden.
Das gleiche gilt für Ungarn.
In Jugoslawien wirkt dem freien Absatz entgegen das weitgehende Bestreben, alle Lieferungen auf Reparationskonto zu erhalten.
Die Schweizer Regierung bestrebt sich, alles zu tun, um die Einfuhr zu hindern, auch sie hält an der Einfuhrerlaubnis fest. Die Bundesbahn unterstützt in jeder Beziehung die Schweizer Industrie. (Also tut dies nicht nur die deutsche Bahn, wie von den Sachverständigen uns vorgeworfen wird!)
Spanien hat den Valutazuschlag trotz des Hinwegfallens jeder Begründung aufrechterhalten, und der Goldzuschlag ist erst in den letzten Tagen auf 43,62 % herabgesetzt worden.
Holland unterstützt die eigene Industrie in weitestgehender Weise. Die Regierung übernimmt im Zusammengehen mit den Gemeinden bis zu 30 % der Löhne für Ausfuhrgüter.
Rußlands Außenhandelsgrundsätze, wenn auch gegen alle gerichtet, wirken in ihrem Einfuhrmonopol hauptsächlich in der Richtung nach Deutschland, dessen Absatz nach Rußland bekanntlich den aller anderen Staaten früher weit übertraf.
Schweden gewährt auf Auslandslieferungen Kredite von 3–5 Jahren, unter Übernahme staatlicher Gewähr für die Bezahlung der zu tätigenden Lieferungen.
Eine amerikanische Zeitschrift lehnt die Aufnahme von Inseraten deutscher elektrischer Firmen ab, um nicht bei ihren amerikanischen Kunden zu große Verstimmung zu erregen.
Dänemark vergibt aus nationalen Gründen Aufträge auch bei geringeren Preisen Deutschlands an Inländer.
Zu diesen Maßnahmen tritt die Zollbelastung, die gegen 1913 ganz enorm geworden ist. Fast alle Länder haben ihre Zolltarife erhöht. Die Aufführung der einzelnen Erhöhungen würde zu weit führen, es mag nur erwähnt werden, daß sich darunter solche für einzelne Fabrikate von 16 auf 88, von 5 auf 128 und von 51 auf 174 % befinden. Diese allerdings allgemein wirkenden Maßnahmen sind von vielen Staaten durch Handelsverträge überwunden; die deutsche Einfuhr aber ist mangels solcher in den meisten Ländern durch schwerwiegende Diskrimination, die z. B. für deutsche Maschinen bis zu 35 % Mehrbelastung anderen Ländern gegenüber führt, geschädigt. Nicht vergessen darf werden, daß von 1925 an auch das Saargebiet in das mit schweren Zöllen abgeschlossene französische Zollgebiet Aufnahme findet.
Zudem muß hervorgehoben werden, daß die deutsche Industrie heute nicht mehr mit einer verhältnismäßig schwachen Industrie in ihren früheren Absatzgebieten zu konkurrieren hat. Eine ganze Reihe von Staaten haben ihre Industrie während des Krieges stark entwickelt, und zwar sowohl solche, die im Kriege mit Deutschland sich befanden, wie auch andere, die lediglich von Deutschland abgeschlossen waren. Es darf nur an die zunehmende Entwicklung der Industrie in der Schweiz, Frankreich, Südafrika und in Brasilien erinnert werden, auch an die in Indien und selbst China.
Ganz außerordentlich hindernd für die Ausfuhr wirkt die Unmöglichkeit der deutschen Industrie, langfristige Kredite zu gewähren. Schon vor dem Kriege hatte sich der Wettbewerb zwischen Deutschland und den hauptsächlichsten anderen Industriestaaten vielfach auf das Überbieten mit langen Krediten erstreckt. Es war die wirtschaftlich als Unfug zu bezeichnende Übung entstanden, daß der Fabrikant im Auslande auch Bankier seines Abnehmers wurde. Der Mißbrauch der Kreditgewährung hat aber heute alle früheren Grenzen überstiegen, und an Stelle der ehemaligen Kreditgewährung auf vielleicht höchstens 1 oder 1½ Jahr, sind heute solche von 5 und 7 Jahren getreten. Die dringend nötige Anzahlung wird verweigert oder ist minimal. All die Berichte des Auslandes, die mir vorliegen, und zwar aus Kuba nicht minder als aus Südamerika, wie aus Chile und Ägypten, vor allem aber auch aus Rußland, lauten übereinstimmend dahin, daß, wenn nicht eine viel weitergehende Kreditgewährung als früher heute von deutschen Firmen zugesagt werden könnte, der Absatz nicht mehr möglich sei. Ausländische Industrien, die früher außerordentlich zurückhaltend auf dem Gebiete waren, wenden heute dieses Mittel an, um die deutsche Industrie, die ganz und gar nicht in der Lage ist, auf dem Gebiete irgendwie mitzukonkurrieren, aus dem Felde zu schlagen. Die deutsche Wirtschaft kann solche Kredite nicht gewähren, weil sie selbst – es wird dies auch vom Finanzminister Luther in der vorerwähnten Schrift anerkannt – sich in der größten Kapital- und Kreditnot befindet. Finanzminister Luther hat recht, wenn er darauf hinweist, daß die deutsche Wirtschaft, um Werte erzeugen zu können, sich von neuem verschulden müsse. Auch das Gutachten der Sachverständigen betont als einen Hinderungsgrund für das wirtschaftliche Emporkommen Deutschlands die Kapital- und Kreditnot. Darüber kann kein Zweifel sein, daß in dem mangelnden Kapital und dem mangelnden Kredit für die Industrie eine Hauptursache für die mangelnde Wettbewerbsfähigkeit liegt.
Denn nicht nur der Absatz wird hierdurch erschwert, sondern auch im höchsten Maße die Produktion selbst wird durch den teuren Kredit verteuert. Erwägt man, daß die deutsche Industrie den ihr gewährten Kredit heute noch – vielleicht wird die Golddiskontbank hier etwas Abhilfe schaffen – fünf- und sechsmal so teuer bezahlen muß wie die ausländische Industrie, daß teilweise Kredite mit jährlich bis zu 60 %, ja sogar mehr, noch heute durchaus nicht zu den Seltenheiten gehören, so bedarf es keines weiteren Nachweises mehr dafür, daß hierdurch eine den Absatz hindernde Preisbildung geschaffen wird.
Eines in letzten Tagen aufgetauchten Widerspruches muß ich aber hier Erwähnung tun. Auf der einen Seite drängt die Regierung nach Produktionseinschränkung, indem sie die Kreditmöglichkeiten noch verringern will. Ich lasse dahingestellt, ob diese Wirkung tatsächlich eintreten wird und ob die auf diese Weise angestrebte billigere Abgabe der vorhandenen Läger, dann natürlich unter Verlusten, eintritt. Jedenfalls kann aber der vom Reichswirtschaftsminister beabsichtigte Preisabbau dann nicht erreicht werden, wenn das Arbeitsministerium zu gleicher Zeit auf Erhöhung der Löhne drängt und die oben erwähnten Lohnerhöhungen weiter Platz greifen. Es geht m. E. nicht an, daß in der gleichen Regierung ein Teil nach Produktionsvermehrung ruft und der andere die Maßnahmen für Produktionseinschränkung durch Kreditbeschränkung propagiert. Durch solche Widersprüche wird jedenfalls die unbedingt notwendige einheitliche Linie nicht verstärkt.
Das Verlangen nach Kreditgewährung des Auslandes wird ergänzt durch das Verlangen nach großen Konsignationslagern, die die konkurrierende ausländische Industrie billig errichtet, zu deren Errichtung aber, weil auch hier wieder große Kapitalien erforderlich sind, die deutsche Industrie nur in sehr beschränktem Umfange fähig ist.
Nicht ganz richtig ist, wenn vom Zurückbleiben deutscher Einrichtungen und einer Verteuerung der Produktion mit Rücksicht hierauf gesprochen wird. Hier wird zwischen dem zu günstigen Urteile der Sachverständigen bezüglich der Einrichtungen der deutschen Industrie und der Behauptung, daß sie allgemein zurückgeblieben sei, wohl die Mitte gehalten werden müssen. Daß aber die mangelnde Kapitalkraft in der letzten Zeit diese Gefährdung mit sich bringt, vielleicht teilweise schon verwirklicht hat und daß dies insbesondere gegenüber dem steten Fortschreiten anderer, namentlich der amerikanischen Industrie, einen weiteren Erschwerungsgrund bilden wird, kann allerdings nicht bestritten werden.
Nicht mehr, dies kann wenigstens für eine Reihe von Industrien mit Befriedigung festgestellt werden, besteht im gleichen Maße wie im Vorjahre der verteuernde Einfluß des geringen Nutzeffektes der Arbeit. Wenn ich damals von einem Durchschnitt von 60 % und einem Maximum von 85 % sprach, so bin ich heute in der angenehmen Lage, zu sagen, daß dort, wo die Friedensarbeitszeit wieder eingeführt ist, aber auch nur dort, der Nutzeffekt der Arbeitsleistung wie in der Vorkriegszeit erreicht ist. Es wäre zu wünschen, daß diese erfreuliche Konstatierung ohne Einschränkung sehr bald erfolgen könnte.
Nicht ganz frei von dem Vorwurfe der mangelnden Anpassungsfähigkeit sind Teile der deutschen Industrie; noch heute entschließen sich trotz des starken Wettbewerbs der ausländischen Industrie wohl deshalb, weil sie eben die Risiken zu tragen sich nicht stark genug fühlen, einzelne deutsche Industrielle nur schwer zum Abgehen von alten Bedingungen. Heute noch liefern sie viel lieber fob Hamburg statt cif Buenos Aires oder Alexandrien.
Vielleicht wirkt auch gerade in dem letzten Punkte und in der erschwerten Erzielung von Aufträgen aus dem Auslande mit die Auflösung vieler deutscher Vertretungen im Auslande. Erst wenn das Netz der Auslandsvertretungen, das ja vor dem Kriege so vorzüglich gearbeitet hat, durch Deutsche selbst oder durch Anstellung Deutscher in ausländischen Firmen wiederhergestellt ist, wird wohl der Erfolg der Absatzfähigkeit wieder gehoben werden.
Ganz außerordentlich nachteilig wirken auf die Absatzmöglichkeit auch heute noch die erhöhten Frachten. Auch nach der Frachtenherabsetzung vom 1. März 1924 sind sie noch im Verhältnis zu den Warenpreisen teilweise um 50 % höher. Die nachstehende Zusammenstellung ergibt das Verhältnis der heutigen Frachten zu 1914, teilweise auch das Verhältnis der Ausnahmetarife von damals zu heute, und zwar sowohl für 100- wie für 500-km-Strecken.
Ware | 1914 auf 100 km |
1914 auf 500 km |
1.1.23 auf 100 km |
1.1.23 auf 500 km |
1.3.24 auf 100 km |
1.3.24 auf 500 km |
---|---|---|---|---|---|---|
Kohle | 2,9 M | 8,5 M | 0,67 M | 2,126 M | 4,5 M | 14,13 M |
Eisen, Gießerei-Roheisen, Hämatit, Spiegeleisen, Rohblöcke |
3,4 M | 12,2 M | 0,838 M | 2,725 M | 5,6 M | 18,2 M |
Formeisen, Grobbleche, Stabeisen, Bandeisen, Feinbleche, Walzdraht |
4,4 M | 18,7 M | 1,289 M | 4,369 M | 8,4 M | 29,0 M |
Blei | 4,4 M | 18,7 M | 1,683 M | 5,836 M | 10,8 M | 37,0 M |
Kupfer, roh | 7,2 M | 31,2 M | 2,266 M | 8,030 M | 15,1 M | 53,8 M |
Zink | 5,4 M | 23,7 M | 1,683 M | 5,836 M | 10,8 M | 37,0 M |
Baumwolle | 5,4 M | 23,7 M | 2,266 M | 8,03 M | 15,1 M | 53,3 M |
Wolle | 5,4 M | 23,7 M | 2,266 M | 8,03 M | 15,1 M | 53,80 M |
An dieser Stelle kann ich selbstverständlich nur mit einzelnen Beispielen dienen und benenne als solche folgende:
Frachtsätze für Schnellpressen auf 500 km Entfernung für 1 t | |
---|---|
1914 nach Spezialtarif 1 | 22,50 M |
Im Dezember 1923 | 68,80 M |
Gegenwärtig | 57,10 M |
Frachtsätze für Maschinen | ||
---|---|---|
1914 nach Exportausnahmetarif f. den Versand nach außerdeutschen Länd. in Europa | Im Jahre 1914 nach d. Ausnahmetarif für Export nach außereuropäischen Ländern | Gegenwärtige Frachtsätze nach Ausnahmetarif 35 für Exportgüter |
a) 256 km = 1,19 M | a) 256 km = 0,69 M | a) 256 km = 1,56 M |
b) 356 km = 1,38 M | b) 356 km = 0,91 M | b) 356 km = 2,03 M |
c) 422 km = 1,63 M | c) 422 km = 1,04 M | c) 422 km = 2,30 M |
d) 649 km = 2,40 M | d) 649 km = 1,52 M | d) 649 km = 3,02 M |
Tarifsätze für Wollwaren (Fertigfabrikate) für 1 t auf 393 km: |
||
---|---|---|
Im Jahre 1914: 38 M | Im Dez. 1923: 81,60 M | Gegenwärtig 54,00 M |
Erwähnt muß werden, daß gerade z. B. die Frachten für Maschinen und für Holz um 100 % höher sind als 1913. Hochwertige Güter sind durch den Zuschlag für bedeckte Wagen noch erhöht belastet. Es darf nicht vergessen werden, daß auch jetzt noch gegenüber 1914 Steigerungen der Frachten bis zu 473 % vorliegen – 1914 mit 100 in Ansatz gebracht – und Belastungen des Preises z. B. auf Maschinen bis zu 8 % schon beim Transport von Süddeutschland nach Berlin vorliegen. Wie sehr gerade bei Transporten nach europäischen wie außereuropäischen Ländern die Frachterhöhung gegenüber 1914 wirkt, mag daraus zu ersehen sein, daß selbst nach dem Ausnahmetarif die Verteuerung teilweise im ersteren Falle bis zu 271 %, im zweiten bis zu 364 % beträgt.
Am schädlichsten wirkt das Gefühl der Unsicherheit, das der Abnehmer im Auslande auch heute noch beim Ankauf aus Deutschland empfinden zu müssen glaubt. Die Berichte aus der Schweiz, aus Südafrika, von Bilbao, aus Ägypten und viele andere mehr erklären unumwunden, daß die Abnehmer noch nicht das Vertrauen wiedergewonnen hätten, das sie einst dem deutschen Kaufmann entgegenbrachten. Sie alle lassen nicht verkennen, daß sie nur zum Teil dem deutschen Exporteur selbst Schuld an diesem mangelnden Vertrauen beimessen. Sie heben fast durchweg hervor, wie sehr bekannt ist, daß der Exporteur selbst unter dem Drucke der nicht weichenden Unsicherheit zu arbeiten gezwungen ist, und daß er wenig hiergegen zu tun vermag. Wohl werden auch zur Begründung dieses mangelnden Vertrauens angeführt die in letzten Jahren dem deutschen Export oft aufgezwungenen, oft auch von ihm selbst übertriebenen geschäftlichen Sicherheitsmaßnahmen. Die schwankenden Abmachungen über Preise und Lieferzeit, die Anwendung des unglückseligen sogenannten „Ausfüllungsverfahrens“, die ewige Störung des ruhigen Arbeitsganges durch Lohn- und politische Bewegungen, dies alles wird fast bei jeder Verhandlung entgegengehalten, und nicht selten werden, um sich dagegen zu schützen, von der Käuferseite uns Bedingungen gestellt, die eben einfach nicht angenommen werden können. Nicht selten scheitert an ihnen das Geschäft.
Alle diese Gründe wirken – einer den andern verstärkend – gegenüber dem unter gleichen Erschwernissen nicht leidenden Auslande, das zur Eindämmung der Arbeitslosigkeit mehr als je zum Export gezwungen ist, hemmend auf den deutschen Wettbewerb. Wie im Vorjahre, nur vielleicht noch lauter und stärker, wird Abhilfe hiergegen verlangt. Um so stärker, weil die Überzeugung wachgerufen ist, daß deutsche Ausfuhr allein Deutschland Brot zu verschaffen vermag, es vor neuen Sanktionen schützen kann.
Aber fast ebenso klar, ebenso eindeutig wie im Vorjahre, hoffentlich mit mehr Erfolg der Beherzigung als damals, lautet der Hinweis auf die Mittel der Abhilfe. Nicht zu viel erhoffe ich mir von der Einwirkung auf die Abwehrmaßnahmen des Auslands. Gleichwie vielfach Zweifel berechtigt sind an dem guten Willen zu helfen – es sei denn, daß die eigene Existenz durch den Niederbruch Deutschlands gefährdet ist –, muß anerkannt werden, daß auch das Ausland in seinen Maßnahmen einen gewissen Akt der Selbstverteidigung, der Notwehr begeht. Man wird nicht gut ihm dahin zumuten dürfen, daß es sich selbst schädige, einen Selbstmord begehe, um uns zu retten. Wenn dies auch nicht in allen Fällen zutrifft, so doch zweifellos in vielen, in all jenen, in denen Arbeitslosigkeit im eigenen Lande droht. Den Schutz der eigenen Industrie wird sich bei der vorgeschrittenen Industrialisierung der meisten Länder keines derselben rauben lassen. Die Ansicht aber, daß durch das Entgegenkommen des einen Landes gegenüber dem anderen der Verkehr beider, der Warenaustausch, wieder gefördert, somit der Welthandel wieder aufgerichtet werde, und daß deshalb vielleicht auch die nächstliegenden Wirkungen nicht allein in Betracht gezogen werden dürfen – diese Ansicht ist leider in den meisten der Länder nur Wenigen, und weil Wenigen, nicht den Einflußreichen vergönnt.
Vor Maßnahmen, die gesetzlich die Einfuhr beschränken, möchte gewarnt sein. Nicht selten ergeben sie das Gegenteil der gewollten Wirkungen. So sehr auf Selbstzucht gegen Luxuseinfuhr gerechnet werden sollte, so wenig sollte die Gesetzgebung hier eingreifen. Die Repressalien des Auslandes würden nicht so lange auf sich warten lassen.
In gleichem Maße sei vor einem Dumping irgendwelcher Art gewarnt. Das Dumping, der schwerste Vorwurf, der Deutschland gemacht wurde, und jetzt wieder gemacht wird, muß unterbleiben in der Preisbildung und dem Absatz von Ware unter den Gestehungskosten. Ganz abgesehen von den hierdurch hervorgerufenen Maßnahmen des Auslandes, erliegt diesem System die Wirtschaft des eigenen Landes über kurz oder lang. Auch das neu entdeckte „soziale Dumping“, die Schädigung der Lebenshaltung der schaffenden Kreise, bildet kein Mittel der Abhilfe. Wohl muß Mehrarbeit und Meidung jedweder Verschwendung die Kosten der Produktion vermindern, die soziale Fürsorge aber und die Lebenshaltung im Rahmen der Entwicklung gesunden Volkstums muß erhalten bleiben.
Wohl aber kann empfohlen werden eine starke Anpassung an das Verlangen des Auslandes. Der stolze Standpunkt, daß die Nachfrage sich zu richten habe nach dem Angebot, darf heute nicht mehr eingenommen werden. Soweit es irgendwie die Aufrechterhaltung der Betriebe, ihre finanzielle Sicherheit zulassen, muß weitestgehendes Entgegenkommen walten. Aber auch hier bildet die Grenze die Rücksicht auf die eigene Wirtschaft. Kreditgewährung über den Rahmen der Mittel würde kein Anpassen bedeuten, sondern ein Verlassen gesunder Geschäftsprinzipien. Aber ein Abgehen von anstrengenden Bedingungen, ein Entgegenkommen bezüglich des Erfüllungsortes, auch in der Gestaltung der Ware, dem Bedürfnis des Kaufenden entsprechend, wird am Platze sein. Auch hier freilich mahnt die Rücksicht auf die Gestehungskosten, nicht zu sehr die gesunden Grundsätze der Typisierung und Normalisierung zu verlassen. Striktes Festhalten an Verträgen, peinlichste Erfüllung aller übernommenen Verpflichtungen, klare, unzweideutige, sichere Abmachungen sind dringendst geboten. Möglich freilich sind sie nur, wenn alle jene Momente der Unsicherheit im Innern Deutschlands, die von mir hervorgehoben wurden, fallen.
Hoher Wert wird zu legen sein auf die Herbeiführung langfristiger Handelsverträge, die Erringung der Meistbegünstigung, die Beseitigung jeder Diskrimination. Harte Kämpfe wird diese Aufgabe zeitigen, denn nur dem wird entgegengekommen werden, der auch zu bieten vermag. Das arme, in seiner Kaufkraft geschwächte Deutsche Reich wird aber nur dann zu bieten vermögen, wenn es seine Kaufkraft steigert durch eigene Produktionsvermehrung. Jeder Schritt auf diesem Wege wird auch das Entgegenkommen der Vertragsgegner erhöhen.
Vor allem aber muß jede Maßnahme Unterstützung und Förderung erfahren, die den Exportkredit erhöht. Das Eingreifen der Golddiskontbank auf diesem Gebiete kann zweifellos Vorteile bringen, wenn sie ein Ziel nur sich vor Augen hält: die Förderung der Ausfuhr. Jedes Abweichen von diesem Wege, jede Verteuerung des Kredites wird die ohnedies in den Mitteln arg beschränkte Hilfe in ihrem Werte stark vermindern.
Schön klingen die Worte des Herrn Finanzministers, mit denen auch er die Steigerung der Produktionsfähigkeit durch technischen Fortschritt und größere Arbeitsleistung verlangt. Ganz einverstanden! Wie aber zu diesen Worten die Taten passen, die wir in letzter Zeit zu beobachten Gelegenheit hatten, wie die Erhöhung der Arbeitsleistung und die Senkung der Preise durch die Aufrechterhaltung der Achtstundenarbeitszeit und durch Förderung erbitterter Arbeitskämpfe erzielt werden soll, bleibt zunächst ein Rätsel. Ohne energische Inangriffnahme aller Maßnahmen, die die Arbeitsleistung wirklich erhöhen, wird keine Produktionssteigerung eintreten können. Daß aber erhöhte Arbeitsleistung mehr schafft, und daß sie durch verstärkte Ausnutzung aller Anlagen und Einrichtungen und durch Minderung der unproduktiven Lasten, verteilt auf das Produkt, eine Verbilligung des Produktes selbst erzielt, im Inlande durch die Verbilligung des Produktes auch eine weitere Abnahme der Löhne trotz gleicher Lebenshaltung – das allerdings sind Wahrheiten, die nur Gemeinplätze bleiben, wenn man die Hand zu ihrer Verwirklichung nicht bietet; sie zeigen aber allein den Weg zur Rettung vor dem Untergang, wenn man sie festen Muts in Taten umsetzt.
Die Taten aber bedeuten die restlose Beseitigung aller der aufgezählten Hemmnisse der Ausfuhr. Einseitiges Vorgehen wird Stückwerk bleiben.
Und so bedeutet auch heute wie im Vorjahre die Schlußfolgerung aus all dem Gesagten nichts anderes und nicht mehr und nicht weniger als die Aufforderung an alle, mit Kopf und Hand das Äußerste an Arbeitsleistung zu erbringen, was Menschenkraft gestattet.
Im wirtschaftlichen Kampf muß die deutsche Faust von Tag zu Tag immer mehr die alte Kraft wieder erringen; wenn sie sich ertüchtigt hat im machtvollen Schwingen des Hammers, wenn dann noch feindseliges Wirken der Gegner deutsche Arbeitsprodukte abhält von dem ihnen mit Recht zukommenden freien Wettbewerb, dann allerdings, aber erst dann, wird ernster Prüfung die Frage zu unterwerfen sein, ob diese Faust nicht auch wieder die Kraft und die Macht errungen, die Waffe zu führen. Diese Frage aber zu prüfen, muß kluge Erwägung heute der Zukunft überlassen, sie zu lösen unseren Kindern, unseren Enkeln.