I. Das Problem und die Tatsachen
Die im Sachverständigengutachten beschriebene Goldnotenbank soll nach allen Behelfsmitteln, die uns aus dem Abgrund der Papiermarkwirrnisse herausführten, die Rückkehr zur Goldwährung gestatten. Nur durch Zustimmung aller, gegen höchstens je ein Mitglied im Errichtungskomitee, im Generalrat und im Verwaltungsrat der zu errichtenden Bank, kann die Einlösungspflicht für die neuen Goldnoten suspendiert werden, wenn „die Lage bei Beginn der Bank für die Anwendung der vorgesehenen Einlösungsbestimmungen ungünstig sein wird“. (92)1 Diese Übergangszeit soll aber denkbar kurz sein. Für den Fall ihrer Einführung wird der Bank – durch einen in Sperrdruck beigefügten Satz des Gutachtens – die Verpflichtung auferlegt, den Markkurs der Goldparität so nahe wie möglich zu halten und die endgültige Einlösbarkeit „sobald wie möglich durch einfachen Mehrheitsbeschluss des Generalrats und des Verwaltungsrats“ (92) zu dekretieren. Dass die neue Bank, wenn sie einmal als alleinige Trägerin unserer künftigen Währung besteht, sogar – vielleicht unnötigerweise – weitergehende Sicherheiten für die Aufrechterhaltung der Währungsstabilität vorsieht als die ehemalige Reichsbank, lässt sich nicht bestreiten.2 Sehr fraglich ist es aber, ob die Mittel, durch die sie zu diesem Endstadium der Alleinherrschaft über die neue deutsche Mark gelangen soll, zweckmäßig gewählt sind.
Ohne grundsätzlich zur Frage der besten Ablösung einer Währung durch eine neue Stellung zu nehmen, haben die Sachverständigen eine Reihe von Vorschlägen gemacht, die teilweise nicht unbedenklich erscheinen. Sie f o r d e r n, daß das neue Geld durch „eine normale Reserve von 33½ % der Gesamtsumme der umlaufenden Noten“ (93) gedeckt sei. Sinkt die Golddeckung unter diese Grenze, so hat die Bank eine mit wachsendem Deckungsdefizit steigende Fehlbetragssteuer „auf die Summe zu zahlen, um welche die Reserve niedriger als 33½ % ist“. Ferner sollen Banknoten außer gegen gemünztes und ungemünztes Gold nur gegen „statutenmäßig diskontierte Wechsel .... gegen Sichtkredite bei ausländischen Banken und gegen ausländische Handelswechsel von höchstens dreimonatiger Laufzeit zu dem jeweiligen zum Tageskurs berechneten Goldwerte“ in Umlauf gesetzt werden (91).
Bleibt die Reichsbank erhalten, so muß für die ausstehenden Noten nachträglich die gleiche Deckung beschafft werden, wie sie für die neuen Goldnoten vorgesehen ist. Wird sie aufgelöst, dann sollen ihre Noten sofort umgetauscht werden und zwar im „Verhältnis 1 Billion Papiermark gleich 1 Goldmark. Die alten Noten sollen sofort aus dem Umlauf gezogen und entwertet werden“ (96).
Anders steht es mit den Rentenbankscheinen. Die einschlägigen Bestimmungen unterscheiden zwischen den Summen, die an die Reichsbank zur Kreditgewährung an Private übergeben wurden, und der Summe von 1100 Mill. Rentenmark, „die dem Reich ohne irgendwelche andere Sicherheit als seine Unterschrift vorgestreckt worden sind“ (97).
Es handelt sich nach dem gegenwärtigen Stande um 1200 Mill. M.
II. Die Ablösung der landwirtschaftlichen Rentenmarkkredite
Den Rentenmarkwechselkrediten an Industrie und Landwirtschaft wird keine weitere Beachtung geschenkt (97). Sie sind in Rentenmark fällig. Nach „geleiteter Durchführung der Währungsreform“ werden die um Kreditrückzahlungen einlaufenden Rentenmarkscheine von der neuen Bank aufgehoben und vernichtet werden. Damit ist theoretisch – Verfügung über genügend Golddeckung vorausgesetzt – wirtschaftlicher Spielraum für die Ausgabe von Wechselkrediten in entsprechender Höhe geschaffen.
Formal ist dieser Vorgang gewiß einwandfrei. Es wird aber übersehen, daß vor allem die von der Rentenbank an die Landwirtschaft gewährten Kredite teils nicht die von den Statuten der Goldnotenbank zu verlangende Form haben – und vielleicht nicht annehmen können – und daß ein gewiß sehr hoher Prozentsatz dieser Kredite am Fälligkeitstermin prolongiert werden muß, wenn nicht die kritische Lage der Landwirtschaft zur Katastrophe verschärft werden soll. Man kann sehr wohl darüber streiten, ob die bevorzugte Versorgung der Landwirtschaft mit Rentenmarkkrediten volkswirtschaftlich berechtigt war; es steht aber außer Frage, daß die Einführung der Goldnotenbank nicht einen plötzlichen Umschwung der Kreditpolitik im Sinne einseitiger Industrieförderung mit sich bringen darf. Die hiermit verbundenen wirtschaftlichen Erschütterungen müßten die volkswirtschaftlichen Grundlagen des Währungsneubaus aufs bedenklichste untergraben.
Aus diesen Tatsachen erwächst die zwingende Forderung, im entscheidenden Augenblick für eine Übernahme der Kreditfunktion der Rentenbank durch eine dritte Instanz Sorge zu tragen, soweit die Goldnotenbank nicht in Frage kommen kann, und zwar wird es nach im wesentlichen darum handeln, die bisher der Form nach kurzfristigen Darlehen an die Landwirtschaft ihrem Wesen entsprechend in langfristige Anlagen zu verwandeln. Denn diese Kredite sind in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle nicht als Betriebskredite im engeren Sinne, sondern als Meliorationskredite verwertet worden, die erst aus den mit ihrer Hilfe gesteigerten Erträgnissen des Bodens in einer Reihe von Jahren abgedeckt werden können.
Wie in anderem Zusammenhang auszuführen ist, kann die Vollendung unserer Währungsreformen ohne weitere Beanspruchung der Industrie, Handel und Landwirtschaft auferlegten Rentenmarkbelastung auskommen. Damit wird ein Pfand frei, das nur etwa zu einem Drittel aufrecht erhalten werden müßte, um eine hinreichende Basis für die beschriebene Umwandlung der landwirtschaftlichen Kredite zu bieten. Es läge gewiß am nächsten, einen Teil der in Aussicht gestellten Auslandsanleihen gewissermaßen als „Wegweiser“ diesem Sonderzweck zu widmen, da dann gute Aussicht bestehen dürfte, weitere Kredite aus privaten Mitteln in erster Linie wohl des Auslandes für diesen wirtschaftlichen Dienst heranzuziehen. Aus psychologischen Gründen, auf die später nochmals hinzuweisen ist, dürfte es sich empfehlen, alle Denkmäler der Übergangszeit sobald als möglich verschwinden zu lassen. Es ist daher kaum zweckmäßig, die Rentenbank unter ihrem alten Namen mit neuer Aufgabe fortbestehen zu lassen. Näher liegt es wohl, eine Reihe von Hypothekenbanken mit der Durchführung dieser Maßnahme zu betrauen. Ein bestehender und nur durch die Inflationsereignisse teilweise brachgelegter Apparat wird damit gleichzeitig wieder in Gang gesetzt. Natürlich werden auch dann recht erhebliche technische Hindernisse zur Erfüllung eines solchen Plans zu überwinden sein, aber sie sind gewiß nicht unübersteigbar.
Der in der dritten Juniwoche in seinen Grundgedanken bekanntgewordene Gesetzesentwurf über die Umbildung der Deutschen Rentenbank sieht in der Tat vor, daß die Reichsbank ihren Bestand an landwirtschaftlichen Wechseln zur Weiterbehandlung an die Rentenbank überträgt und damit ihrer Verpflichtung gegen sie ledig wird. Diese Maßnahme wurde getroffen, nachdem die Landwirtschaft ausdrücklich erklärt hatte, daß sie zu einer sofortigen Rückzahlung der aufgenommenen Rentenmarkwechselkredite nicht in der Lage sei. Bar zurückgezahlte Kredite werden nicht mehr in Rentenmark ausgegeben werden. Auf diese Weise hofft man, die 800 Mill. Agrarkredite binnen drei Jahren ablösen zu können.
Diese Erwartung wäre vielleicht als optimistisch zu betrachten, wenn nicht eine Umwandlung der prolongierten kurzfristigen in reguläre langfristige Kredite vorgesehen wäre. Den während der letzten Wochen wiederholt aufgetauchten Plänen, landwirtschaftliche Organisationen, die eine Ausgestaltung der Rentenbank zur allgemeinen, umfassenden landwirtschaftlichen Hypothekenbank wünschen, soll in dem Gesetzentwurf offenbar bereits Rechnung getragen werden. Die Differenz zwischen der fortbestehenden Globalhypothek von 2000 Mill. Goldmark, mit welcher die Landwirtschaft belastet bleibt, einerseits der Summe der umlaufenden Rentenbankscheine und ausgegebenen Rentenbriefe andererseits, darf als Grundlage zur Ausgabe neuer Schuldverschreibungen genutzt werden. Deren Deckung ist gesichert: 1. durch den freien Rest der allgemeinen Hypothek und 2. durch den ersten Anspruch auf die mit dem Erlös der Schuldverschreibungen vorzunehmenden Beleihungen. Damit wäre schon jetzt die Basis für die Ausgabe ländlicher Schuldscheine in Höhe von etwa 500 Mill. Goldmark gegeben. Die „Frankfurter Zeitung“ (Bericht vom 20. 6. 2. M. B.) spricht diesem Verfahren „bei sonst günstigen in- oder ausländischen Kapitalmarktverhältnissen“ Aussicht auf Erfolg zu.
Diesem günstigen Urteil gegenüber bleiben die hier entwickelten Bedenken aufrecht erhalten. Der Fortbestand der Rentenbank in Beziehung mit der Kreditgewährung an die Landwirtschaft kann die Bereitschaft des Auslandes zur Kreditgewährung ebensowenig günstig beeinflussen, wie die – wie noch zu zeigen ist – überflüssige Beibehaltung der Zahlungsverpflichtungen unserer Landwirtschaft aus der ursprünglichen Rentenbankbelastung. – Die seinerzeit aus allgemeinen Erwägungen hervorgegangene Ablehnung der Gründung eines neuen Bodenkreditinstituts, das den bestehenden, von der Inflation schwer getroffenen Hypothekenbanken Konkurrenz machen würde, hat inzwischen bereits einen praktischen Hintergrund gewonnen.
Die Bayerische Handelsbank schreibt in ihrem soeben herausgegebenen Bericht für das Geschäftsjahr 1923, daß die Kreditnot der Landwirtschaft tatsächlich nur mehr durch eine staatliche Hilfsaktion habe abgewendet werden können, und bemerkt dazu: „Wenn zu diesem Zwecke die Mittel der Rentenbank zur Verfügung gestellt werden, so ist dies als vorübergehende Maßnahme im Interesse unserer Ernährungswirtschaft nur zu begrüßen; bedauerlich aber wäre es, wenn durch die anscheinend geplante Umwandlung dieses Institutes in eine große agrarische Reichshypothekenbank diejenigen Grundkreditinstitute, die, wie die alten bayerischen Hypothekenbanken, seit Jahrzehnten auch das landwirtschaftliche langfristige Kreditgeschäft eifrigst gepflegt haben, künftig auf diesem Betätigungsfelde zugunsten einer zentralisierten Kreditregelung ausgeschlossen werden sollten.“
Diese gut begründete Klage dürfte lebhaften Widerhall finden. Es ist in der Tat höchst unzweckmäßig, die Rentenbank, die bisher über einen sehr beschränkten, der neuen Aufgabe vollständig fernstehenden Verwaltungsapparat verfügt, zu einer großen Hypothekenbank ausgestalten zu wollen. Daß, wie die „Frankfurter Zeitung“ meldet, dieses Privileg im Jahre 1931 mit dem Ablaufstermin für die letzten Schuldverschreibungen erlöschen soll, kann kaum zum Trost dienen. Gerade diese Feststellung zeigt recht krass, wie viel unproduktive Arbeit mit einem derartigen Vorgehen geleistet wird. In den ersten Jahren wird die Rentenbank ihre liebe Not haben, mit ihren in allen Teilen des Reiches wohnenden Schuldnern fertig zu werden, während die Hypothekenbanken, die mit der Landwirtschaft ihrer Bezirke in enger Fühlung stehen, teilweise schlecht beschäftigt sein werden. Im Lauf der Jahre, kann man annehmen, wird die Rentenbank sich in ihre Aufgabe hineinfinden, und wenn sie ihr gewachsen ist..., dann wird sie aufgelöst und die „Erfahrungskapitalien“, die sie gesammelt hat, werden brachgelegt.
Man muß schon hoffen, daß der Gesetzentwurf über die Umbildung der Deutschen Rentenbank sich noch in letzter Stunde in einen Gesetzentwurf über die Auflösung dieses Institutes umwandeln wird.
III. Die Ablösung der Reichsschuld an die Rentenbank.
Die von den Sachverständigen vorgesehene Behandlung des Rentenmarkdarlehens an das Reich gibt ebenfalls zu mannigfachen Einwendungen Anlaß. Die Sachverständigen bemerken hierzu:
„Was nun diese ... Summe von 1100 Mill. angeht, so würde die neue Bank (oder, falls sie erhalten bleibt, die Reichsbank) gegenüber den Inhabern dieser Noten die Verpflichtung übernehmen, sie schrittweise innerhalb von zehn Jahren einzulösen. Zu diesem Zwecke würde die Rentenbank sich feierlich verpflichten, der Bank alle Summen, so schnell sie hereinkommen, zu übermitteln, die sie von ihrem Schuldner empfängt, sowohl von den durch die Rentenbank betroffenen Eigentumsinhabern als auch vom Staate, und zwar bis zur Höhe von 1100 Mill.“ (1200 Mill.).
1. Diese Richtlinien sind zunächst insofern anzufechten, als sie Einzahlungen seitens der durch die Rentenmarkhypothek belasteten Eigentumsinhaber fordern. Eigentlicher Schuldner für die Summe von 1200 Mill. Rentenmark ist doch nur das Reich, während - rein wirtschaftlich gesehen - die „Sachwertbesitzer“ nur eine Nebenrolle gewissermaßen als Garanten spielen. Wenn man seinerzeit die gesamte Wirtschaft der Rentenbank gegenüber unmittelbar haftpflichtig machte, geschah das sozusagen aus rein taktischen Rücksichten. Eine Reichsgarantie wäre zwecklos gewesen, da man dem Fiskus als dem an der seitherigen Inflation Meistbeteiligten kein Vertrauen geschenkt hätte. Eine tiefergegründete Bedeutung für unsere Währung kam dieser Maßnahme aber nicht zu. Es ist deshalb durchaus unbedenklich, bei der nunmehrigen Liquidation des Unternehmens die Reichskassen unmittelbar heranzuziehen.
Diesem Vorgehen ist auch schon rein finanztechnisch der Vorzug zu geben, weil hiernach ein kostspieliger Verwaltungsapparat, der andernfalls für die Regulierung der Beziehungen zwischen den hypothekarisch Belasteten und der Rentenbank notwendig ist, erspart werden kann. Ganz abgesehen davon, wird der Fortfall einer ausdrücklichen Vorbelastung des deutschen Sachbesitzes für die Zwecke der Währungsreform der Kreditwürdigkeit unserer Wirtschaft vor allem dem Auslande gegenüber zugute kommen, wenn dieses Pfand nicht etwa in der vorhin angedeuteten Weise nutzbar gemacht werden soll. Das Reich kann die ihm zugemutete Sonderbelastung, die doch in jedem Falle durch die Wirtschaft getragen werden muß, durch Ausbau bestehender Steuern mit relativ geringeren Einziehungskosten auftreiben.
Nach bisher bekanntgewordenen Absichten des erwähnten Gesetzesentwurfes über die Umbildung der Deutschen Rentenbank werden Industrie, Banken und Handel aus ihrer Schuldpflicht der Rentenbank gegenüber entlassen, um für die Übernahme der im Sachverständigengutachten vorgesehenen Industrieobligation frei zu werden (40/41). Damit ist bereits offiziell zugegeben, daß die seinerzeitige Heranziehung des Sachbesitzes, grob gesagt, nicht mehr war als eine geschickte Spekulation auf die währungstheoretische Unkenntnis der breiten Massen. Die Landwirtschaft bleibt denn auch – wie aus den Presseberichten hervorgeht – ausschließlich zu dem Zweck mit 2000 Mill. Goldmark belastet, damit aus der damit verbundenen ursprünglich als Zins gedachten Zahlung von 80 Mill. Goldmark die Amortisation der Reichsschuld an die Rentenbank beschleunigt werden kann. Das Reich selbst hat 1000 Mill. mit 6 % zu verzinsen. Zur Einhaltung der zehnjährigen Amortisationsfrist sind jährlich rund 120 Mill. erforderlich, so daß der Rentenbank ein Überschuss von jeweils 40 Mill. verbleiben wird.
Ganz abgesehen von den schon entwickelten kreditpolitischen Bedenken gegen die Beibehaltung der Belastung der Landwirtschaft, abgesehen auch von den Bemerkungen über die finanztechnische Unzweckmäßigkeit dieses Verfahrens, ist hier darauf hinzuweisen, daß der Gesetzesentwurf mehr von der Landwirtschaft verlangt, als die Sachverständigen selbst ihr zumuten zu können glaubten. Das Gutachten sieht, entgegen dem Vorschlag der deutschen Regierung vom 7. 6. 23, davon ab, der Landwirtschaft irgendwelche Reparationshypotheken aufzuerlegen unter dem Hinweis auf die Bedeutung der Landwirtschaft für eine Nation, die, wie Deutschland, nicht in der Lage ist, ihre Lebensmittelversorgung völlig aus eigener Produktion zu decken. Dabei betonen die Sachverständigen ausdrücklich, daß sie zu diesem Urteil kommen, obwohl sie die Entschuldung der Landwirtschaft durch die Inflation berücksichtigen.3
An der überaus schwierigen Lage, in der sich unsere Landwirtschaft trotz dieser Befreiung von ihren Vorkriegsschulden befindet, kann in der Tat nicht mehr gezweifelt werden. Ihre Not ist auch im „Wirtschaftsdienst“ wiederholt, zuletzt in Heft 22 vom 30. Mai d. J. von Prof. August Skalweit gekennzeichnet worden. Es ist wirklich sinnlos, der Landwirtschaft jährlich eine noch nicht einmal der individuellen Leistungsfähigkeit der Betriebe angepasste Zahlungsverpflichtung in Höhe von 100 Mill. M im Dienste der Währungserneuerung aufzuerlegen, während man gleichzeitig die Notwendigkeit einer gesonderten Hilfsaktion zu ihren Gunsten anerkennt.
2. Eine Unklarheit ergibt sich aus der Bemerkung, daß die Rentenbank allmählich insgesamt 1100 Mill. M an die neue Bank abführen soll, damit den Inhabern von Rentenmarkscheinen dafür Goldnoten gegeben werden können. Erwägt man aber, daß die an erster Stelle berücksichtigten, aus Wechselkrediten in Zirkulation gekommenen Rentenmarknoten binnen einer verhältnismäßig kurzen Frist aus dem Verkehr gezogen sein werden, daß sich also überhaupt nur noch insgesamt 1100 Mill. Rentenmark in Umlauf befinden, so ist klar, daß die Rentenbank bis zur Einwechslung der letzten Rentenmarknote insgesamt nicht mehr als 550 Mill. Rentenmark an die Goldnotenbank abzuführen braucht, wonach die noch „in Privathänden verbliebenen“ 550 Mill. Rentenmark eingelöst werden können und - wiederum das Vorhandensein der geforderten Golddeckung vorausgesetzt - ohne Inflationsgefahr Goldnotenkredite in Höhe von 550 Mill. Goldmark ausgegeben werden können. Allerdings geraten durch den Umtausch 550 Mill. Goldnoten ohne die vorgeschriebene Wechseldeckung in den Wirtschaftskreislauf. Wenn aber der Expertenplan eine völlige Zurückzahlung von 1100 Mill. Rentenmark anstrebt, so kann nicht ein Umtausch gegenüber irgendwelchen Inhabern von Rentenmarkscheinen, sondern nur ein allmähliches Ausdemverkehrziehen durch die erwähnten Einzahlungen in Frage kommen. Natürlich müßten in annähernder Höhe dieser Rückzahlungen Goldnotenkredite gegen Wechsel ausgegeben werden, um eine „Kreditdeflation“ zu vermeiden.
3. Man wird jedoch füglich die völlige Rückzahlung der Schuld des Reichs und der Rentenbank für unzweckmäßig halten können.
Während der nächsten zehn Jahre würden wir bei Verwirklichung dieses Vorhabens in, wenn auch abnehmendem Umfang, neben den Goldnoten Rentenmarkscheine in Umlauf haben, die immer wieder an die zurückliegende Katastrophe der deutschen Mark erinnern würden, sicher nicht zum Vorteil unserer weltwirtschaftlichen Kreditfähigkeit. Noch bedenklicher ist die Tatsache, dass wir unter einer Parallelwährung wirtschaften würden, deren ein Teil möglicherweise umso weniger gesichert erscheint, je größere Geltung der andere gewinnt. Die Rentenmarkscheine könnten natürlich offiziell nicht in Goldnotenscheine umgetauscht werden. Es wäre hiernach recht wohl denkbar, dass der Verkehr ihnen nur mehr geringes Vertrauen entgegenbringt, weil sie gewissermaßen zum Geld zweiter Klasse herabsinken. Dass aber psychische Einstellungen des Publikums weittragenden Einfluss auf die Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes und damit auf Warenmarkt und Preisgestaltung gewinnen können, haben die für uns günstigen Ereignisse Ende November vorigen Jahres gezeigt. Unter diesen Umständen sollte immerhin beachtet werden, dass z. B. eine durchaus harmlose, das heißt etwa von der Warenseite her bedingte Preissteigerung zu einer Beruhigung der breiten Konsumentenschichten Anlass geben kann, die, bei vorhandenem Misstrauen gegen die bestehenden Währungsverhältnisse, zu unliebsamen Überraschungen führen vermag. Die Anerkennung der Einlösungspflicht für die Goldnoten dürfte jedenfalls erst dann ausgesprochen werden, wenn nur mehr eine Art von Zahlungsmitteln in der ganzen Wirtschaft zirkuliert.
Diese Vereinheitlichung unseres Währungsbildes sollte nun möglichst bald herbeigeführt werden und wir können sie ohne Verzögerung und ohne dass damit die Stabilisierung der neuen Währung auch nur im geringsten gefährdet würde, erreichen.
Die Reihe der hierzu notwendigen Maßnahmen müsste durch den Umtausch der aus Vorschüssen ans Reich in den Umlauf gekommenen Rentenmarkscheine eingeleitet werden. Damit kann sofort nach der geschilderten Umwandlung der Landwirtschaft und der Rückzahlung der entsprechenden Rentenmarkwechsel- und Lombardkredite, Kredite von Handel und Industrie begonnen werden.
Wir wollen wieder voraussetzen, dass die erforderliche Dritteldeckung in Gold vorhanden wäre. Unter solchen Umständen müsste nunmehr eine Reichsschuld von 800 Goldmill. (2/3 des Gesamtbetrages von 1200 Mill.) für die Dauer einer Übergangszeit den Forderungen der Statuten formal angenähert werden. Das könnte geschehen durch Ausgabe kurzfristiger Goldnotenscheine seitens des Reichs, die fortlaufend prolongiert und nur nach den jeweils dem Fiskus gebotenen Möglichkeiten an die Goldnotenbank zurückgezahlt werden. Im Ausmaß der Rückzahlungen könnte die neue Währungsbank Goldnotenwechselkredite ausgeben, und nach einer Reihe von Jahren würden die Goldnotenscheine, wenn man diesen Schönheitsfehler nicht überhaupt beheben will, aus den Ausweisen des Zentralnoteninstituts verschwunden sein.
Die Vorteile dieser Regelungen dürften klar zutage liegen: das gleiche wirtschaftliche Ergebnis, das im Sachverständigengutachten angestrebt wird, lässt sich ohne größeres Risiko unter sofortiger Ausschaltung der Rentenmarktscheine und damit der Parallelwährung durchsetzen und obendrein wird dem Reichshaushalt die Rückzahlung von 400 Mill. M erspart. Diese Entlastung stellt sich, volkswirtschaftlich gesehen, gewissermaßen als Anerkennung eines letzten Geschenks der Notenpresse dar, das durch die Wirtschaft selbst sanktioniert wurde, da sie es ertrug, ohne durch Preissteigerungen darauf zu reagieren. Würde man auf voller Rückzahlung bestehen, so führt dieses Verlangen doch nur zu völlig zwecklosen wirtschaftlichen Verschiebungen. Das Reich müsste entsprechend mehr Steuern erheben, die zu einem guten Teil aus denselben Geldbeuteln fließen, die hiernach auf Grund dieser Rückzahlungen des Reichs mit Goldnotenwechselkrediten durch die neue Bank bedacht werden. Es ist daher kein wirtschaftlicher Sinn darin zu finden, diese Rückzahlungen über das Maß hinaus auszudehnen, das zur Wiederherstellung einer realen Goldnotenbankbilanz geboten erscheint. Unsere Wirtschaft würde ohnedies zu langwierigen „Umbauten“ gezwungen sein, wenn sie zu normalen Proportionen zurückkehren will. Man muss umso mehr darauf bedacht sein, ihr vermeidbare Wandlungen zu ersparen.
Unter diesem Gesichtspunkt ist, gleichgültig, wie man sich zu den angeführten Überlegungen dieses Artikels stellen mag, die Anrechnung eines Überschusses von 40 Mill. M bei der Rentenbank in jedem Falle abzulehnen. Man wird zum mindesten fordern müssen, dass entweder mit Hilfe dieses Überschusses die Abtragung der Reichsschuld beschleunigt oder aber dass die Zahlungsverpflichtungen der Landwirtschaft herabgesetzt werden. Die Sicherheit der neu auszugebenden Schuldverschreibungen könnte nur erhöht werden, je mehr die Landwirtschaft von jeder Sonderbelastung verschont bleibt.
Das nächstliegende Bedenken gegen den vorgetragenen Plan mag in dem Hinweis auf den nicht gerade guten Ruf gesehen werden, den sich der Fiskus als Schuldner und Währungsgarant im letzten Jahrzehnt in Deutschland zugezogen hat. Man kann aber geradezu sagen, dass hier ein Grund mehr dafür gegeben sei, dieses Schuldverhältnis, das doch auch bei den Maßnahmen der Sachverständigen in Verbindung mit der Währungssanierung bleibt, wenigstens „hinter die Kulissen“ zu rücken, wie es eben durch das hier entwickelte Verfahren geschieht.
(Ein zweiter Aufsatz folgt.)
- 1 Die in Klammern angegebenen Ziffern bedeuten Seitenzahlen der im Verlag der Frankfurter Societäts-Druckerei erschienenen Übersetzung des Sachverständigengutachtens.
- 2 In der Tagespresse begegnen neuerdings gelegentlich abweichende Ansichten,
die besonders den Verzicht auf die Festsetzung einer Maximalgrenze des Notenumlaufs
für bedenklich halten. Diese Befürchtungen sind doch wohl unbegründet,
solange darauf geachtet wird, daß nur einwandfreie Handelswechsel diskontiert
werden und daß bei Preisgabe der Dritteldeckung, bzw. einer anderen festen Relation
zwischen Banknoten und Goldreserve, die vorgesehene progressive Notensteuer
bestehen bleibt. Eine zu reichliche Goldbasis werden wir uns mit und
ohne Anleihe in Zukunft ohnedies nicht leisten können. Und das ist gut so, da
schließlich die Goldreserven den Charakter unproduktiver Anlagen tragen. - 3 Die Übersetzung der "Frankf. Ztg." konnte hier nicht herangezogen werden,
da sie an dieser Stelle (S. 41) einen sinnstörenden Fehler enthält.