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Eine Euroabwertung wird in der Regel als Chance für die europäische Exportindustrie angesehen, ihre Umsätze zu erhöhen. Dem liegt die Vorstellung zugrunde, dass die Preise für die Exportgüter in Euro ausgehandelt werden. In der Autoindustrie ist die Lage aber anders: Starre Listenpreise in US-Dollar führen zu einem Gewinnschub bei den Autobauern.

Die deutschen Autobauer können sich im Jahr 2010 und darüber hinaus über hohe Gewinne freuen. Zwei Gründe sind dafür ausschlaggebend. Zum einen der Aufschwung an den Weltautomobilmärkten. Zum zweiten erzeugt die Abwertung des Euro einen deutlichen Gewinnschub für die deutschen Hersteller. Autobauer sind bei Wechselkursänderungen besonderen Effekten ausgesetzt. Im Gegensatz zu anderen Branchen sind die Listenpreise von Fahrzeugen in den verschiedenen Ländern starr. Damit lassen sich Gewinnwirkungen der Euroabwertung ohne zusätzliche Informationen über Preiselastizitäten ermitteln. Insgesamt ermöglicht die Euroabwertung den deutschen Autobauern ein jährliches Zusatzgewinnpotential von über 6 Mrd. Euro, das nach drei Jahren vollständig ausgeschöpft sein dürfte.

Euroabwertung bei starren Listenpreisen

In den meisten Branchen wirkt sich eine Abwertung auf Preise und Absatzmengen aus. Ein Beispiel ist die Mineralölindustrie. Fällt der Eurokurs, erhöhen sich simultan die Preise für Kraftstoffe im Euroraum. Bei einer Abwertung des Euro wird Benzin an der Tankstelle entsprechend teurer und es stellen sich ein Preiseffekt (Preiserhöhung) und ein Nachfrageeffekt (Rückgang) ein. Das ist der übliche Zusammenhang.

Daneben gibt es eine zweite Gruppe von Produkten, die bei Wechselkursänderungen weder Änderungen in den Marktpreisen noch in der Nachfrage zeigen. Ein wichtiges Beispiel hierfür ist die Autoindustrie.

  • Erstens sind Automobile Gebrauchsgüter, die auch auf Second-Hand-Märkten – also Gebrauchtwagenmärkten – gehandelt werden. Ein hektisches Auf und Ab der Preise aufgrund von Wechselkursänderungen bringt Gebrauchtwagenpreise – und damit auch die Restwerte für Leasingfahrzeuge – kräftig durcheinander und erzeugt unvorhergesehene Verluste bei den Autobanken.
  • Zweitens ist Wertstabilität bei Automobilen einer der wichtigen Kaufgründe – etwa für Premiumfahrzeuge. Eine „unvorhergesehene“ Entwertung aufgrund von Wechselkurseffekten verunsichert die Käufer von Automobilen. Verunsicherte Käufer sind schlechte Kunden.
  • Drittens verkaufen die Autobauer ihre Fahrzeuge an Händler, die gerade in den USA die Fahrzeuge in größerer Zahl auf ihren Höfen vor dem Verkauf an den Endkunden „zwischenlagern“. Große zyklische Bewegungen in den Neuwagenpreisen – etwa aufgrund von Wechselkursänderungen – würden die Vertriebsnetze der Autobauer destabilisieren. Deshalb schultern die Autobauer die Risiken aus Wechselkursänderungen vollständig in den eigenen Unternehmen und unterdrücken die Preiseffekte.

Tabelle 1 illustriert den Zusammenhang am Beispiel der Mercedes E-Klasse. Das Fahrzeug hat im Juni 2010 einen Händlereinkaufspreis von 44 686 US-$. Dies entspricht einem Listenpreis für den Endkunden von 48 050 US-$. Hätte Mercedes die 44 686 US-$ zum Jahreswechsel in Euro beim Wechselkurs von 1,50 US-$
/Euro umgetauscht, hätte der Autobauer 29 791 Euro für das Fahrzeug erlöst. Da der Euro zwischenzeitlich auf unter 1,25 US-$/Euro gesunken ist, erlöst jetzt der Autobauer für dasselbe Fahrzeug 35 749 Euro beim Verkauf in den Dollarraum (vgl. Tabelle 1). Das ist ein Gewinnsprung von 5958 Euro oder 20%.

Tabelle 1
Beispiel Mercedes E-Klasse
Mercedes E 350
US-Preis in US-$ (Händlereinkauf) 44 686 US-$
US-Preis in Euro (1,50 US-$/Euro) 29 791 Euro
US-Preis in Euro (1,25 US-$/Euro) 35 749 Euro
Gewinn durch Euro Abwertung 5 958 Euro
Abbildung 1
Nachfrage nach Mercedes in den USA bei starren Listenpreisen und Euro-Abwertung
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Aufgrund der Preisrigiditäten versuchen die Autobauer Wechselkursrisiken durch Devisen-Hedging und Natural Hedging auszugleichen. So war etwa der hohe Eurokurs bis Jahresende einer der wesentlichen Gründe für Daimler, seine C-Klasse ab dem Jahr 2012 auch in den USA zu produzieren. Die Abbildung 1 illustriert die Umsatzwirkungen bei starren Listenpreisen bei einer Euroabwertung.

Da der Dollarpreis des deutschen Fahrzeugs in den USA auch bei einer Euroabwertung konstant bleibt, verändert sich die abgesetzte Menge an deutschen Fahrzeugen in den USA durch die Euroabwertung nicht (vgl. Abbildung 1). Vor der Abwertung betrug der korrespondierende Europreis für das Beispiel-Fahrzeug Mercedes E-Klasse in den USA 29 791 Euro und der Punkt A der Abbildung 1 auf der Nachfragekurve nach Mercedes-E-Klasse-Fahrzeugen wurde realisiert. Nach der Euroabwertung stellt sich der Punkt B auf der nach außen gedrehten Nachfragekurve ein. Der Punkt B ist in der Regel suboptimal, da kein Preissenkungspotential genutzt wird und damit erhöhte Absatzmengen vereitelt werden. Im dargestellten Fall wäre der optimale Punkt C. Mit anderen Worten, die starren Listenpreise verhindern, dass der vollständige Vorteil der Abwertung für die deutschen Autobauer zum Tragen kommt. Trotzdem erzielen die deutschen Autobauer beachtliche Gewinnzuwächse durch die Euroabwertung.

Potentieller Gewinn aus der Euroabwertung durch Exporte in den Dollarraum

Wesentlich für den Windfall-Profit durch den schwachen Euro sind bei den deutschen Autobauern die Exporte aus deutscher Produktion in den Dollarraum. Tabelle 2 zeigt, dass im Jahr 2008 in die Marktgebiete Amerika, Asien, sonstiges Europa, Australien/Ozeanien und Afrika 1,629 Mio. Pkw aus deutscher Produktion exportiert wurden.

Da sich der Markt Europa im Jahr 2010 im Abschwung befindet, wurden in der Prognose der Tabelle 2 für die Exporte aus deutscher Produktion in das Marktgebiet „sonstiges Europa“ 280 000 Pkw unterstellt. Ebenfalls geringer prognostiziert – wenn auch nicht in einem so starken Ausmaß wie die Exporte in das sonstige Europa – sind die Exporte nach Amerika, Australien, Afrika. Damit ist die Prognose in Tabelle 2 konservativ.

Bei der Analyse des Exportvolumens außerhalb des Euroraums sind die Autobauer Audi, BMW, Mercedes und VW von besonderer Bedeutung. Porsche ist mit weltweit etwa 100 000 verkauften Fahrzeugen von der Volumenseite für die Exporte außerhalb des Euroraums weniger von Bedeutung. Ähnliches gilt für die Produktionen von Opel und Ford in Deutschland und im Euroraum, die überwiegend in Kontinentaleuropa – und damit im Euroraum – verkauft werden.

Tabelle 2
Pkw-Export deutscher Autobauer außerhalb des Euroraums
  2008 2010 Prognose
Amerika 649 386 590 000
davon:  
NAFTA (USA, Kanada, Mexiko) 612 586
Asien 450 822 480 000
davon:  
China 217 705
Japan 85 394
Südkorea 26 298
Ver. Arabische Emirate 23 071
Sonstiges Europa 403 240 280 000
davon:  
Russland 178 178
Schweiz 80 653
Türkei 46 931
Australien/Ozeanien 65 327 60 000
Afrika 60 704 50 000
Summe 1 629 479 1 460 000

Anmerkung: Einschließlich von zerlegten kompletten Fahrzeugen
Quelle: CAR Universität Duisburg-Essen.

Tabelle 3
Durchschnittspreise der Autobauer
in Euro
  Audi BMW-Mini Mercedes Car Group Porsche Marke VW
Auslieferungen in 1000 Fahrzeugen 1 183 1 286 1 094 99 3 459
Umsatz in Mio. Euro 29 840 43 737 41 318 7 466 65 368
Durchschnittspreis in Euro 25 224 34 010 37 768 75 414 18 898

Quelle: Geschäftsberichte. Eigene Berechnung.

Bedeutsam für den Gewinnschub durch die Euroabwertung sind neben den Verkaufsvolumen die Durchschnittspreise der deutschen Autobauer. Tabelle 3 zeigt die Durchschnittspreise in Euro im Überblick. Mit 75 414 Euro hat Porsche den höchsten Durchschnittspreis vor dem Durchschnittsfahrzeug der Mercedes-Car-Group, der BMW-Group und der Marke VW.

Bei Berücksichtigung der Daten aus der Tabelle 3 wurde in der vorliegenden Analyse ein durchschnittlicher Exportpreis von 36 000 US-$ für das Jahr 2010 hochgerechnet. Damit ergibt sich eine Prognose für den Umsatz der Exporte aus deutscher Produktion von 52,56 Mrd. US-$. Rechnet man diesen Umsatz mit dem Eurokurs vom Jahresende von 1,50 US-$/Euro um, erhält man einen Umsatz von 35,04 Mrd. Euro. Beim einem Wechselkurs von 1,25 US-$/Euro ergibt sich ein Umsatz von 42,02 Mrd. Euro. Der Unterschied von knapp 7 Mrd. Euro ist damit der maximale Zusatzgewinn aus der Euroabwertung. Da der Euroverfall in den ersten vier Monaten des Jahres noch deutlich geringer war, wurden bei der Errechnung des maximalen Zusatzgewinns für das Jahr 2010 die ersten vier Monate ausgeklammert. Damit ergibt sich ein potentieller Gewinn aus der Euroabwertung für den Export aus deutscher Fahrzeugproduktion in den Nicht-Euroraum von 4,8 Mrd. Euro.

Berücksichtigung des Importeffektes

Dem potentiellen Gewinn von 4,8 Mrd. Euro für das Jahr 2010 müssen Fahrzeugimporte der deutschen Hersteller aus dem Dollarraum gegenübergestellt werden. So produzierten BMW und Mercedes Fahrzeuge in den USA, BMW seinen Mini in Großbritannien und VW in Brasilien etwa das Modell Fox. Ein Teil dieser Fahrzeuge werden in den Euroraum exportiert. Damit wirkt die Euroabwertung „gewinnschmälernd“, denn die Preise dieser Fahrzeuge änderten sich etwa in Deutschland nicht aufgrund der Euroabwertung. Berücksichtigt man den Importeffekt von Fahrzeugen außerhalb des Euroraums, ergibt sich ein potentieller Gewinn aus der Euroabwertung für das Jahr 2010 von 4 Mrd. Euro für die deutschen Autobauer.

Die Autobauer nutzen zu großen Teilen die Zulieferindustrie. Zwei Drittel der Umsatzkosten entfallen bei den deutschen Autobauern auf Vorprodukte und Dienstleistungen, also Zulieferunternehmen. Theoretisch könnte daher durch eine wechselkursbedingte Importpreiserhöhung der Währungsgewinn für die deutschen Autobauer zu großen Teilen aufgebraucht werden. Dies kann aber aus zwei Gründen ausgeschlossen werden.

  • Zum einen vereinbaren die Autobauer für ihre Deutschland-Produktion mit ihren Zulieferern feste Einkaufspreise, die in Euro fakturiert werden. Diese Einkaufspreisfestlegung gilt üblicherweise über den gesamten Produktlebenszyklus des Fahrzeugs. Damit sind Importpreiseffekte durch Wechselkursänderungen für die Autobauer ausgeschlossen. Allerdings hat sich bei den hohen Stahlpreissteigerungen vor zwei Jahren gezeigt, dass die Autobauer in Extremsituationen durchaus bereit sein können, zur wirtschaftlichen Aufrechterhaltung ihrer Lieferkette entsprechende Ausgleichszahlungen zu leisten. Autobauer könnten also „gezwungen“ werden, die Importpreiseffekte auszugleichen.
  • Zum anderen gilt, dass die Zulieferteile für die Fahrzeug-Produktion in Deutschland überwiegend (bis zu 95%) aus West- und Osteuropa angeliefert werden. Westeuropa ist für die vorliegende Analyse unproblematisch, da die Länder im Euroraum liegen. Großbritannien spielt bei der Zulieferanlieferung eine untergeordnete Rolle. Die Zulieferungen aus Osteuropa kommen fast ausschließlich aus den EU-12-Ländern, wobei Ungarn, die Tschechische Republik, die Slowakei und Polen die wesentlichen Zulieferstandorte sind. Der polnische Zloty bewegte sich im Juni 2010 auf dem Niveau des Dezember 2009. Es liegt keine Dollar-Kopplung vor. Für die tschechische Koruna gilt Ähnliches. Beim ungarischen Forint ist gar eine Abwertung gegenüber dem Euro im Juni aufgetreten. Zusätzlich gilt, dass die großen und stark wertschaffenden Teile bei den Premiumherstellern überwiegend aus deutschen Zulieferwerken kommen. Bei Stahl, Achsen und ähnlichen Dingen sind die Transportkosten zu hoch, um allzu weit vom Montageort des Autobauers entfernt anzuliefern. Damit kann der Importpreiseffekt vernachlässigt werden. Weder für die Autobauer direkt noch für die Zulieferunternehmen sind nennenswerte Lieferumfänge vorhanden, die durch die Dollaraufwertung tangiert werden.

Berücksichtigung der Devisenterminabsicherung

Da die Autobauer einen Großteil ihrer Wechselkurspositionen mit Devisentermingeschäften absichern, ist es den deutschen Autobauern nicht möglich, den potentiell möglichen gesamten Zusatzgewinn der Euroabwertung im Jahre 2010 „einzufahren“. Allerdings nutzen die Autobauer jetzt den billigen Euro, um Devisentermingeschäfte für die nächsten Jahre abzuschließen. Damit fallen über einen längeren Zeitraum deutlich höhere Gewinne aus der Euroabwertung an als im Jahr 2010. Nach unserer Einschätzung wird 2012 der Spitzenwert des Wechselkursgewinns erreicht, denn dann werden die Devisentermingeschäfte vollständig durch den „billigen“ Euro abgesichert sein. Die Abwertungsgewinne steigern sich im Zeitverlauf und werden – nach konservativer Rechnung – im Jahr 2012 6 Mrd. Euro betragen (vgl. Abbildung 2).

In der Analyse wurde unterstellt, dass die Hälfte des Exportwerts in den Dollarraum durch Devisentermingeschäfte abgesichert ist. Bei den restlichen 50% wurde angenommen, dass Devisenoptionsgeschäfte und offene Positionen eingegangen werden. Da Optionsgeschäfte nicht ausgeführt werden müssen, kann man davon ausgehen, dass zum aktuellen Kurs Dollar in Euro getauscht werden. Dies bedeutet, dass im Jahre 2010 die deutschen Autobauer durch die Euroabwertung einen zusätzlichen Gewinn von 2 Mrd. Euro realisieren.

Dieser Windfall-Profit bleibt nicht auf das Jahr 2010 beschränkt, sondern erhöht sich über die nächsten Jahre. So wird nach vorliegender Prognose im Jahre 2012 das gesamte Gewinnpotential aus der Euroabwertung ausgeschöpft werden. Dies illustriert Abbildung 2.

Abbildung 2
Gewinne deutsche Autobauer durch Euroabwertung1
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1 Gewinne deutscher Autobauer durch Euroabwertung auf 1,25 US-$/Euro.

Zusätzlicher Gewinnschub durch Aufschwung auf dem Weltmarkt

Nach dem Krisenjahr 2009 haben sich die Weltautomobilmärkte sehr schnell wieder erholt. Zusätzlich zu den Euroabwertungseffekten kann im Jahr 2010 gegenüber dem Vorjahr mit einem weiteren Gewinnschub aufgrund der guten Marksituation gerechnet werden. Tabelle 4 zeigt, dass nach dem Nachfrageeinbruch des Jahres 2009 mittlerweile eine deutliche Erholung auf den Automobilmärkten zu spüren ist. Ausnahme ist der Markt Westeuropa, der an den Folgen und Vorzieheffekten der Abwrackprämie auf dem deutschen Automarkt in besonderer Weise leidet. Dagegen schwingen die Märkte in Nordamerika wieder auf ihr langfristiges Marktniveau zurück (jährlich ca. 17 Mio. Pkw-Verkäufe) und die ungesättigten Märkte Asiens setzen ihren Wachstumskurs fort. Bereits im Jahr 2011 wird ein neuer weltweiter Absatzrekord auf dem Automobilmarkt erwartet.

Die Gewinnentwicklung der deutschen Autobauer profitiert überproportional von der Marktentwicklung, dies auch deshalb, weil das Premiumsegment sowohl auf den gesättigten Märkten als auch in den neuen Marktblöcken wächst, während im sogenannten Volumensegment in den gesättigten Märkten Verdrängungswettbewerb vorliegt. Die zusätzlichen Gewinne aufgrund der Nachfragesteigerung sind dabei deutlich höher als aus der Euroabwertung.

Tabelle 4
Pkw-Verkäufe
in 1000 Fahrzeugen
  2007 2008 2009 20101 20111 20121
Westeuropa 14 793 13 562 13 633 12 659 13 324 13 773
Neue EU-Länder 1 159 1 179 849 817 915 997
Osteuropa 3 236 3 620 1 696 2 139 2 637 3 014
Nordamerika 18 926 15 909 12 648 14 430 15 629 16 495
Lateinamerika 3 204 3 988 4 191 4 354 4 130 4 007
Asien 13 639 13 868 16 439 19 205 20 020 21 385
Mittlerer Osten 2 198 2 114 2 143 2 166 2 253 2 343
Afrika 912 840 680 687 701 715
Ozeanien 745 738 666 677 691 704
Welt 58 811 55 818 52 944 57 135 60 299 63 433
Differenz in % 4,10 -5,10 -5,10 7,90 6,30 5,20

1 Prognose.

Quelle: CAR Universität Duisburg-Essen.

Dollaraufwertung verbessert Arbeitskosten

Ein Problem der deutschen Autobauer sind seit längerer Zeit die hohen deutschen Arbeitskosten. So fallen nach Berechnungen des Branchenverbandes VDA1 (Verband der Automobilindustrie) in Deutschland mit 46,40 Euro weltweit die höchsten Arbeitskosten pro Stunde (einschließlich Lohnnebenkosten) an. Der schwache Euro verbessert die Arbeitskosten in Deutschland gegenüber den Ländern des Nicht-Euroraums. Tabelle 5 zeigt hierzu Beispiele.

Betrug etwa im Dezember der Arbeitskostenvorteil in Japan gegenüber Deutschland noch 6,90 Euro pro Stunde oder umgerechnet 34%, hat sich dies durch die Euroabwertung auf 19% reduziert. Würden der US-Dollar und der japanische Yen weiter gegenüber dem Euro aufgewertet – Aufwertung von Dollar und Yen im gleichen Verhältnis – wären bei einem Dollarkurs von einem Dollar pro Euro die Arbeitskosten in Japan und Deutschland in der Autoindustrie gleich.

Tabelle 5
Kosten der Arbeitsstunde

inklusive Nebenkosten

  Stand in Euro Differenz zu Deutschland in %
  Dezember 2009 Juni 2010 Dezember 2009 Juni 2010
Deutschland 46,40 46,40 0,0 0,0
Japan 30,70 37,60 -34,0 -19,0
USA 26,10 32,70 -43,7 -29,6
Großbritannien 25,90 28,10 -44,2 -39,5

Quelle: VDA: VDA-Analysen zur Automobilkonjunktur 2009; eigene Berechnungen.

Die Euroabwertung macht Arbeitsplätze in der deutschen Autoindustrie wettbewerbsfähiger. Ein Beispiel erläutert den Zusammenhang. Wurden etwa beim Autobauer für die Produktion eines 25 000 Euro teuren Fahrzeugs in Japan im Dezember Arbeitsaufwendungen in Höhe von 1993 Euro benötigt, ist durch die Euroabwertung der Betrag auf 2444 Euro, also um 451 Euro gestiegen. Ähnliches gilt für die USA. Dort sind mittlerweile die Arbeitskosten der Autobauer zur Herstellung eines 25 000 Euro teuren Fahrzeugs um 427 Euro gestiegen. In Großbritannien sind die Arbeitskosten der Autobauer durch die Euroabwertung im Schnitt um 154 Euro für ein 25 000 Euro teures Auto gestiegen.

Die starke Wirkung des Arbeitskosten-Effekts erklärt sich durch die Preisstarrheit der Neuwagen. Mit dem Dollarkurs ändern sich die – in Dollar umgerechneten – Bruttolohnkosten in Deutschland. Dies trifft auch die Lohnnebenkosten. Diese bezahlt ja quasi der US-Amerikaner, wenn er das deutsche Auto kauft. Die deutschen Lohnkosten in Dollar werden durch die Dollaraufwertung für den US-Bürger billiger. Da der Dollarpreis der Fahrzeuge immer konstant ist – eben weil wir fixe Preise im Autogeschäft haben – sinken die Lohnkosten in Dollar stärker als bei der sonst üblichen Preis- und Mengenreaktion, wie in Abbildung 1, illustriert. Die in Dollar gesunkenen Lohnkosten erhöhen den Gewinnbeitrag pro Fahrzeug.

Fazit: Windfall-Profits bis zu 6 Mrd. Euro

Die Euroabwertung steigert in deutlichem Maße die Profitabilität der deutschen Autobauer. Mittelfristig kann mit einem Zusatzgewinn durch die Dollaraufwertung in Höhe von 6 Mrd. Euro für die deutschen Autobauer gerechnet werden. Der Konjunkturaufschwung auf den Weltautomobilmärkten erzeugt weitere Gewinnsteigerungen, die deutlich über den Euroabwertungsgewinnen liegen. Sollten sich keine ganz großen Überraschungen in der Weltwirtschaft ergeben, kann in den nächsten drei Jahren mit einer hohen Profitabilität bei den deutschen Autobauern gerechnet werden.

  • 1 VDA: VDA-Analysen zur Automobilkonjunktur 2009, S. 69.


DOI: 10.1007/s10273-010-1126-1